mathematischer Beweis

serafin

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Hallo!

Ich weiss nicht, ob das hier das richtige Forum für meine Frage ist. Es geht mir, um die Universalität/Sicherheit des strengen mathematischen Beweises. Ohne auf Details einzugehen, was diesen ausmacht, finde ich darin immer folgende Lücke in der Argumentation. Die Wahrscheinlichkeit ist >0, aber nicht =0, dass alle, die einen Beweis nachvollziehen und prüfen, einen logisch fehlerhaften Schritt übersehen, weil sie die Konzentration nicht vollständig beisammen hatten oder ihr Gehirn gerade falsch schaltete. Egal wie oft man es auch prüfte, es gelänge nie diese Wahrscheinlichkeit auf 0 zu bringen, was den Beweis allgemein gültig (vom Menschen unabhängig) machte. Problematisch finde ich, dass dann selbst die Mathematik nur ihre Berechtigung in der Menschenwelt hat und auf der Evolution, Biologie oder Programmierung der Menschen aufbaut.
Teilt ihr diese Ansicht?

MfG serafin

PS: Dass Mathematik ein höheres Abstraktionsniveau und auch eine exaktere
Beweisführung als andere Naturwissenschaften hat, bestreit ich nicht, sondern ich zweifele die universelle Allgemeingültigkeit an.
 

Kunibert

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Die Ungenauigkeit kann man vernachlässigen! Ist doch sehr unwahrscheinlich, daß gerade derjenige der einen Beweis führt und seine Mitstreiter alle pennen.
 

Miora

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...natürlich machen Menschen Fehler, doch selbst bei komplizierten Beweisen würde ich diesen Fehler als klein erachten, schliesslich werden diese Sätze immerwieder überprüft. Solange sich die Mathematiker nicht sicher sind, nennen sie es in der Regel "Vermutung".

Aber der mathematische Beweis ist an sich "dicht". Es ist etwas ganz anderes als eine naturwissenschaftliche Theorie, die tausendmal überprüft wurde, und nie ein Beweis, sondern nur ein gutes Modell sein kann. Eben so lange, bis es versagt...

Zitat Serafin:
Problematisch finde ich, dass dann selbst die Mathematik nur ihre Berechtigung in der Menschenwelt hat und auf der Evolution, Biologie oder Programmierung der Menschen aufbaut.
Teilt ihr diese Ansicht?
Was meinst Du damit? Warum problematisch, warum auf Menschen beschränkt?

Gruss,
Miora
 

ralfkannenberg

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serafin schrieb:
dass alle, die einen Beweis nachvollziehen und prüfen, einen logisch fehlerhaften Schritt übersehen, weil sie die Konzentration nicht vollständig beisammen hatten oder ihr Gehirn gerade falsch schaltete. Egal wie oft man es auch prüfte, es gelänge nie diese Wahrscheinlichkeit auf 0 zu bringen, was den Beweis allgemein gültig (vom Menschen unabhängig) machte.
Das ist richtig, Irrtümer sind kaum auszuschliessen. Doch die "einfachen" Beweise werden von jungen hungrigen Studenten im Studium durchgeackert; dass sie alle auf den gleichen Trugschluss hineinfallen, ist unwahrscheinlich. Komplexere Beweise indes haben nicht so viele "Kontrolleure", dass hier könnte sich ein Irrtum leichter einschleichen. Doch diese Kontrolleure sind oftmals extrem ehrgeizig und lauern nur darauf, einen Fehler zu finden, um sich selber etablieren zu können. So gesehen ist die Wahrscheinlichkeit ebenfalls gering, dass sie einen Trugschluss übersehen.

Somit ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Beweise falsch sind, in der Tat echt grösser als 0 ! Allerdings dürfte diese Zahl sehr in der Nähe von 0 liegen :)


serafin schrieb:
Egal wie oft man es auch prüfte, es gelänge nie diese Wahrscheinlichkeit auf 0 zu bringen
Selbst wenn Du die Wahrscheinlichkeit auf =0 bringen könntest, könnte immer noch ein Fehler vorhanden sein: Man kann aus einer Wahrscheinlichkeit 0 nicht auf die Nicht-Existenz eines Ereignisses schliessen. Das gilt nur bei endlichen Mengen !

Ein Beispiel möge das erläutern: Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, bei der zufälligen Auswahl einer natürlichen Zahl die Zahl 12 zu treffen? Diese Wahrscheinlichkeit ist natürlich gleich 0. Und für alle natürlichen Zahlen ist diese Wahrscheinlichkeit gleich gross, d.h. gegeben eine natürliche Zahl n, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie gezogen wird, =0. Dennoch ist es sicher, dass bei der Auswahl eine natürliche Zahl getroffen wird.

Fazit: Trotz Wahrscheinlichkeit 0 tritt ein Ereignis ein !

Ja, auch die Wahrscheinlichkeit, aus der Menge der reellen Zahlen einen Bruch zu ziehen, ist gleich 0, und das, obgleich die Menge der rationalen Zahlen (d.h. der Brüche) sogar unendlich gross ist !

Man kann auch ein physikalisches Beispiel nehmen: Die Wahrscheinlichkeit, dass alle Luft-Moleküle des Raumes, indem ich mich befinde, zufällig in die rechte obere Ecke wandern und ich ersticke, ist zwar extrem gering und das Alter des Universums reicht um Zehnerpotenzen von Zehnerpotenzen nicht aus, um so ein Ereignis mit 50% Wahrscheinlichkeit eintreten zu lassen, aber sie ist echt grösser als 0 ;)
 
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Miora

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Zitat Ralf:
Ein Beispiel möge das erläutern: Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, bei der zufälligen Auswahl einer natürlichen Zahl die Zahl 12 zu treffen? Diese Wahrscheinlichkeit ist natürlich gleich 0. Und für alle natürlichen Zahlen ist diese Wahrscheinlichkeit gleich gross, d.h. gegeben eine natürliche Zahl n, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie gezogen wird, =0. Dennoch ist es sicher, dass bei der Auswahl eine natürliche Zahl getroffen wird.
Schönes Beispiel, habe darüber noch gar nicht nachgedacht!

Gruss,
Miora
 

Sky Darmos

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serafin schrieb:
Egal wie oft man es auch prüfte, es gelänge nie diese Wahrscheinlichkeit auf 0 zu bringen, was den Beweis allgemein gültig (vom Menschen unabhängig) machte.

Doch, das gelingt indem man ein formales System entwickelt und die zu beweisende Aussage algorithmisch aus den logischen Schlussregeln und den Axiomen dieses Systems ableitet.

Eine falsche Schlussfolgerung beruht ganz wesentlich darauf einen logischen Schritt zu übergehen. Dies kann nach einer formalisierung nicht mehr geschehen, da hier jeder Schritt nur mit entsprechenden Ableitungsregeln erfolgen kann.
 

ralfkannenberg

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Miora schrieb:
Schönes Beispiel, habe darüber noch gar nicht nachgedacht!

Gruss,
Miora
Was ich sagen wollte - man kann aus einer Wahrscheinlichkeit = 0 nicht unbedingt zwingende Schlussfolgerungen ziehen. Solche nicht-leere Mengen, die salopp formuliert eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 0 haben, heissen übrigens "Nullmengen".

Ich vermute, dass man wegen all' solcher Probleme auch das Auswahlaxiom hat einführen müssen. Ich meine, was bedeutet das, aus einem Topf aller natürlichen Zahlen eine herauszuziehen ? Geht sowas überhaupt ? :confused:

Aber ich bin nur ein Mathematiker und kein Logiker - gerne überlasse ich solche Fragestellungen den Kollegen der ganz reinen Lehre :)
 

Sky Darmos

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ralfkannenberg schrieb:
Ein Beispiel möge das erläutern: Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, bei der zufälligen Auswahl einer natürlichen Zahl die Zahl 12 zu treffen? Diese Wahrscheinlichkeit ist natürlich gleich 0. Und für alle natürlichen Zahlen ist diese Wahrscheinlichkeit gleich gross, d.h. gegeben eine natürliche Zahl n, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie gezogen wird, =0. Dennoch ist es sicher, dass bei der Auswahl eine natürliche Zahl getroffen wird.

Fazit: Trotz Wahrscheinlichkeit 0 tritt ein Ereignis ein !

Hier stimme ich nicht zu. Eine solche Zufällige Auswahl muss zwangsläufig mit einem Gerät erfolgen das endlich viele Zustände aufweist. Es kann daher auch nur endlich viele Zahlen zufällig oder pseudozufällig auswählen. Die Anzahl der Zahlen die Ausgewählt werden können muss daher endlich sein. Weiterhin kann auch die Wahrscheinlichkeit bei einem echten Physikalischen Gerät nicht für alle Zustände gleich sein.

Du vermischst hier eine rein mathematische Überlegung mit einer physikalischen. Eine (platonische) Unendliche Menge mit der willkürlichen Auswahl eines Elements aus dieser Menge. Eine solche Auswahl ist nicht durch mathematische Axiome bestimmt und kann daher nicht im Rahmen einer rein mathematischen Betrachtung einbezogen werden - nur in einer physikalischen.
 

Sky Darmos

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ralfkannenberg schrieb:
Solche nicht-leere Mengen, die salopp formuliert eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 0 haben, heissen übrigens "Nullmengen".

In der reinen Mathematik gibt es keine Eintrittswahrscheinlichkeiten.
Um aber mal nach deiner Ausführung zu gehen müssten ja alle unendlichen Mengen Nullmengen sein. Nullmengen sind aber was ganz anderes. Unendliche Mengen sind keinesfalls gleich Nullmengen.

ralfkannenberg schrieb:
Ich vermute, dass man wegen all' solcher Probleme auch das Auswahlaxiom hat einführen müssen. Ich meine, was bedeutet das, aus einem Topf aller natürlichen Zahlen eine herauszuziehen? Geht sowas überhaupt?

Nur physikalisch, aber nicht rein mathematisch. Eine Auswahlfunktion ist ja bei endlichen Mengen durchaus sinnvoll, bei unendlichen Mengen erscheint sie mir aber absurd. Das Auswahlaxiom behauptet lediglich die Existenz einer solchen Auswahlfunktion ohne ihre Konstruktion zu ermöglichen. Ich bin zwar kein Anhänger des mathematischen Konstruktivismus, doch sehe ich nicht ein was für einen sinn dieses Axiom machen soll - vor allem wenn man wiederspruchsfrei darauf verzichten kann.
 

serafin

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Guten Tag

Herzlichen Dank für Eure reichhaltigen Antworten in so kurzer Zeit.

Zitat von Kunibert: Die Ungenauigkeit kann man vernachlässigen! Ist doch sehr unwahrscheinlich, daß gerade derjenige der einen Beweis führt und seine Mitstreiter alle pennen.
sehr ist nicht ganz
Zitat von Miora: Was meinst Du damit? Warum problematisch, warum auf Menschen beschränkt?
Wahrscheinlich meine ich das viel profaner, als Du es zu verstehen versucht hast. Es geht mir einzig um den Ursprung und den damit einhergehenden Wahrheitswert von mathematischen Aussagen. Mir missfällt die Vorstellung einer Aussage, die über einen Beweis als objektiv wahr verifiziert wurde, da gerade eben die Wahrscheinlichkeit besteht, dass sich die Individuen, die diesen Beweis führten, verkalkuliert hatten. Wie kann ich mir also der "objektiven Wahrheit", die ein von Menschen geführter Beweis liefert, sicher sein?
Zitat von ralfkannenberg: Fazit: Trotz Wahrscheinlichkeit 0 tritt ein Ereignis ein !
Hm, danke ralfkannenberg, für Deine Ausführungen. Einleuchtend, wenn es einem jemand vordenkt. :)

Herzlich grüsst
serafin
 
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Kunibert

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Sky Darmos schrieb:
...Eine solche Zufällige Auswahl muss zwangsläufig mit einem Gerät erfolgen das endlich viele Zustände aufweist. Es kann daher auch nur endlich viele Zahlen zufällig oder pseudozufällig auswählen. Die Anzahl der Zahlen die Ausgewählt werden können muss daher endlich sein...

Du meinst damit, man muss die Zeit, die zur Auswahl steht, begrenzen, um irgendwann eine Auswahl angeboten zu bekommen, aber damit kann nur eine endliche Menge berücksichtigt werden?
 

Sky Darmos

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Kunibert schrieb:
Du meinst damit, man muss die Zeit, die zur Auswahl steht, begrenzen, um irgendwann eine Auswahl angeboten zu bekommen, aber damit kann nur eine endliche Menge berücksichtigt werden?

Ich will es etwas salopper formulieren: Stell dir ein Gerät mit einer Anzeigentafel vor. Die größe der Zahlen die diese Tafel anzeigen kann, muss endlich sein, wenn das Gerät endlich sein soll. Selbst wenn man die Potenzschreibweise nutzt, kann man nicht beliebig große Zahlen auf die Anzeigentafel bannen.

Da ich meinen Einwand allgemeiner formulieren wollte hab ich von "endlich vielen Zuständen des Geräts" gesprochen statt speziell von "endlich vielen möglichen Anzeigen auf einer Anzeigentafel".
 

Sky Darmos

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Bitte Komentiere auch meinen ersten Einwand aus Beitrag 6. Er lautete:

"Doch, das gelingt indem man ein formales System entwickelt und die zu beweisende Aussage algorithmisch aus den logischen Schlussregeln und den Axiomen dieses Systems ableitet.

Eine falsche Schlussfolgerung beruht ganz wesentlich darauf einen logischen Schritt zu übergehen. Dies kann nach einer formalisierung nicht mehr geschehen, da hier jeder Schritt nur mit entsprechenden Ableitungsregeln erfolgen kann."
 

Emil

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Ich bin mir nicht sicher, ob die meisten hier wirklich verstanden haben, worum es serafin geht? Ich vermute einmal, er/sie meint folgendes:
serafin schrieb:
Mir missfällt die Vorstellung einer Aussage, die über einen Beweis als objektiv wahr verifiziert wurde, da gerade eben die Wahrscheinlichkeit besteht, dass sich die Individuen, die diesen Beweis führten, verkalkuliert hatten. Wie kann ich mir also der "objektiven Wahrheit", die ein von Menschen geführter Beweis liefert, sicher sein?
Tja, das ist eine gute Frage. Zuerst einmal muß man sich bewußt sein, daß jede Theorie ein Modell ist. Sogar unser Zahlensystem, Brüche, reelle und sonstige Zahlen sind nichts weiter als ein Modell. Den Mathematikern erzähle ich sicherlich nichts Neues, dennoch erlaube ich mir eine Auffrischung: Zu Beginn steht ein Axiom, das nicht "verhandelbar" ist. Darauf baut man ein riesiges Gerüst an Modellen/ Theorien auf, das in sich schlüssig sein muß. Ob man damit eine "objektive Wahrheit" geschaffen hat, ist beinahe schon eine philosophische Frage.

Ich frage mal zurück: Könnte man sich denn eine außerirdische Mathematik vorstellen, die unsere Modelle ganz anders sieht bzw. als falsch betrachtet?
 
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Miora

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Zitat Emil:
Ich frage mal zurück: Könnte man sich denn eine außerirdische Mathematik vorstellen, die unsere Modelle ganz anders sieht bzw. als falsch betrachtet?
Ich würde vermuten, dass die Ausserirdischen die selbe Mathematik benutzen sollten wie wir. Ich sehe die Mathemtaik von unserer Wahrnehmung entkoppelt. Genau deshalb können wir mit ihr Dinge beschreiben, die wir uns mit unserem Geist nicht vorstellen können (zB Mehrdimensionalität).

Zitat Serafin:
Mir missfällt die Vorstellung einer Aussage, die über einen Beweis als objektiv wahr verifiziert wurde, da gerade eben die Wahrscheinlichkeit besteht, dass sich die Individuen, die diesen Beweis führten, verkalkuliert hatten. Wie kann ich mir also der "objektiven Wahrheit", die ein von Menschen geführter Beweis liefert, sicher sein?
Und doch ist der mathematische Beweis dasjenige, welches wir Menschen als sicherste Grundlage überhaupt haben. Der Satz des Pythagoras ist sicherer als Deine Existenz ;)

Gruss,
Miora
 

Sky Darmos

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Emil schrieb:
Ich frage mal zurück: Könnte man sich denn eine außerirdische Mathematik vorstellen, die unsere Modelle ganz anders sieht bzw. als falsch betrachtet?

Nicht falsch, aber unvollständig in dem Sinne dass es nicht den formalen Beweis aller Theoreme zulässt. Weiterhin unvollständig in dem Sinne dass nicht alle innerhalb des Systems konstruierbaren Sätze oder ihre Negationen, mit den Ableitungsregeln des Systems bewiesen werden können.

Das Parallelenaxiom der euklidischen Geometrie existiert in der Riemanschen und der Lobatschewskischen Geometrie nicht mehr. Die entsprechenden Formalen Systeme unterscheiden sich also in ihren Axiomen voneinander. Was aber immer gleich bleibt sind die Ableitungsregeln. Sie representieren die Absolute Logik. Deren triviale Regeln erstmals Aristoteles systematisch niedergeschrieben hat.
 
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ralfkannenberg

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Sky Darmos schrieb:
Doch, das gelingt indem man ein formales System entwickelt und die zu beweisende Aussage algorithmisch aus den logischen Schlussregeln und den Axiomen dieses Systems ableitet.

Eine falsche Schlussfolgerung beruht ganz wesentlich darauf einen logischen Schritt zu übergehen. Dies kann nach einer formalisierung nicht mehr geschehen, da hier jeder Schritt nur mit entsprechenden Ableitungsregeln erfolgen kann.
Ich bin in den Ferien und kann deswegen nur rudimentäre Beiträge machen.

Fangen wir einmal an: Auch bei der Entwicklung des formalen Systemes besteht ein Restrisiko echt grösser 0, dass sich ein Irrtum einschleicht, der von allen Menschen übersehen wurde: Jeder Mensch hat ein Irrtum-Risiko echt grösser als 0 und die Wahrscheinlichkeit, dass sich alle Menschen gleichzeitig irren, ist in grober Abschätzung das Produkt obiger Irrtum-Risiken; und das Produkte von echt positiven Zahlen ist echt grösser als 0.
Selbst wenn man alles programmiert, besteht das - deutlich höhere ! - Risiko eines Programmier- oder gar Konzeptfehlers; falls man einen Roboter all' diese Arbeiten machen lässt, besteht das ebenfalls höhere Restrisiko eines Konstruktionsfehlers.
Sky Darmos schrieb:
Hier stimme ich nicht zu. Eine solche Zufällige Auswahl muss zwangsläufig mit einem Gerät erfolgen das endlich viele Zustände aufweist. Es kann daher auch nur endlich viele Zahlen zufällig oder pseudozufällig auswählen. (...)
Du vermischst hier eine rein mathematische Überlegung mit einer physikalischen. Eine (platonische) Unendliche Menge mit der willkürlichen Auswahl eines Elements aus dieser Menge. Eine solche Auswahl ist nicht durch mathematische Axiome bestimmt und kann daher nicht im Rahmen einer rein mathematischen Betrachtung einbezogen werden - nur in einer physikalischen.
Ich verstehe nicht, warum Du eine physikalische Komponente ins Spiel bringst: Du kannst ohne jede Physik und auch ohne das Wort "unendlich" zu verwenden beweisen, dass die Wahrscheinlichkeit, eine bestimmte Zahl aus den natürlichen Zahlen auszuwählen, gleich 0 ist. Wäre sie nämlich echt grösser als 0, sagen wir z, könntest Du eine natürliche Zahl finden, sagen wir m, sowie eine zugehörige Menge aller natürlichen Zahlen kleiner gleich m betrachten und hier die Wahrscheinlichkeiten berechnen. Falls Du m > (1/z) wählst, ist die Auswahlwahrscheinlichkeit kleiner als die Auswahlwahrscheinlichkeit z aus den natürlichen Zahlen selber, im Widerspruch dazu, dass die Menge der natürlichen Zahlen kleiner gleich m eine echte Teilmenge der natürlichen Zahl ist. Vermutlich wirst Du noch irgendwo die Menge der natürlichen Zahlen kleiner gleich (m+1) betrachten müssen und eine geeignete vollständige Induktion drüberlegen, aber dann ist der Beweis hieb- und stichfest.

Sky Darmos schrieb:
Um aber mal nach deiner Ausführung zu gehen müssten ja alle unendlichen Mengen Nullmengen sein.
Mein lieber Sky Darmos, wenn ich ein Beispiel bringe, dass auch eine unendliche Menge eine Nullmenge sein kann, so heisst das noch lange nicht, dass alle unendlichen Mengen Nullmengen seien. Ausserdem muss man immer noch mit angeben, in Bezug auf was eine Menge eine Nullmenge ist.

Sky Darmos schrieb:
Das Auswahlaxiom behauptet lediglich die Existenz einer solchen Auswahlfunktion ohne ihre Konstruktion zu ermöglichen. Ich bin zwar kein Anhänger des mathematischen Konstruktivismus, doch sehe ich nicht ein was für einen sinn dieses Axiom machen soll - vor allem wenn man wiederspruchsfrei darauf verzichten kann.
Erst dieses Jahr wurde ein Gesetz gefunden, dass unterschiedliche Resultate aufweist, je nachdem ob man das Auswahlaxiom voraussetzt oder z.B. ein sogenanntes "schwaches Auswahlaxiom" in Kombination mit der axiomatisch geforderten Messbarkeit gewisser Funktionen. Die Widerspruchsfreiheit war bislang auch nur vermutet worden !
Emil schrieb:
Ich frage mal zurück: Könnte man sich denn eine außerirdische Mathematik vorstellen, die unsere Modelle ganz anders sieht bzw. als falsch betrachtet?
Ganz anders schon; falsch indes nicht (es sei denn, diese Ausserirdischen hätten einen der zu Beginn diskutierten Fehler in einem der "etablierten" Beweise entdeckt), da die Schlussfolgerungen ja auf Axiomen beruhen. Es kann aber sein, dass diese Auserirdischen völlig andere Axiome verwenden. Also ich will ein extreme Beispiel nennen: Vielleicht sind diese Ausserirdischen gar nicht auf Axiomen aufgebaut, sondern bestehen aus elektrischen Wellen; ich könnte mir vorstellen, dass solche "Lebewesen" einen ganz andere "Mathematik" benötigen als wir primitive, aus Atomen aufgebaute Lebewesen :)
Sky Darmos schrieb:
Nicht falsch, aber unvollständig in dem Sinne dass es nicht den formalen Beweis aller Theoreme zulässt. Weiterhin unvollständig in dem Sinne dass nicht alle innerhalb des Systems konstruierbaren Sätze oder ihre Negationen, mit den Ableitungsregeln des Systems bewiesen werden können.

Das Parallelenaxiom der euklidischen Geometrie existiert in der Riemanschen und der Lobatschewskischen Geometrie nicht mehr. Die entsprechenden Formalen Systeme unterscheiden sich also in ihren Axiomen voneinander.
Das ist eine sehr schöne Begründung ! :)

Sky Darmos schrieb:
Was aber immer gleich bleibt sind die Ableitungsregeln. Sie representieren die Absolute Logik. Deren triviale Regeln erstmals Aristoteles systematisch niedergeschrieben hat.
Hmmm - also bezüglich der Herleitungsregeln (Ableitung könnte missverstanden werden) bin ich mir nicht so sicher. Das müsste man sich einmal in Ruhe und sehr gründlich überlegen.
Miora schrieb:
Ich würde vermuten, dass die Ausserirdischen die selbe Mathematik benutzen sollten wie wir. Ich sehe die Mathemtaik von unserer Wahrnehmung entkoppelt. Genau deshalb können wir mit ihr Dinge beschreiben, die wir uns mit unserem Geist nicht vorstellen können (zB Mehrdimensionalität).
Ich würde das auch vermuten, bin mir aber nicht sicher. :confused:
 
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prim_ass

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ralfkannenberg schrieb:
Das ist richtig, Irrtümer sind kaum auszuschliessen. Doch die "einfachen" Beweise werden von jungen hungrigen Studenten im Studium durchgeackert; dass sie alle auf den gleichen Trugschluss hineinfallen, ist unwahrscheinlich. Komplexere Beweise indes haben nicht so viele "Kontrolleure", dass hier könnte sich ein Irrtum leichter einschleichen. Doch diese Kontrolleure sind oftmals extrem ehrgeizig und lauern nur darauf, einen Fehler zu finden, um sich selber etablieren zu können. So gesehen ist die Wahrscheinlichkeit ebenfalls gering, dass sie einen Trugschluss übersehen.

Somit ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Beweise falsch sind, in der Tat echt grösser als 0 ! Allerdings dürfte diese Zahl sehr in der Nähe von 0 liegen :)


Selbst wenn Du die Wahrscheinlichkeit auf =0 bringen könntest, könnte immer noch ein Fehler vorhanden sein: Man kann aus einer Wahrscheinlichkeit 0 nicht auf die Nicht-Existenz eines Ereignisses schliessen. Das gilt nur bei endlichen Mengen !

Ein Beispiel möge das erläutern: Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, bei der zufälligen Auswahl einer natürlichen Zahl die Zahl 12 zu treffen? Diese Wahrscheinlichkeit ist natürlich gleich 0. Und für alle natürlichen Zahlen ist diese Wahrscheinlichkeit gleich gross, d.h. gegeben eine natürliche Zahl n, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie gezogen wird, =0. Dennoch ist es sicher, dass bei der Auswahl eine natürliche Zahl getroffen wird.

Fazit: Trotz Wahrscheinlichkeit 0 tritt ein Ereignis ein !

Ja, auch die Wahrscheinlichkeit, aus der Menge der reellen Zahlen einen Bruch zu ziehen, ist gleich 0, und das, obgleich die Menge der rationalen Zahlen (d.h. der Brüche) sogar unendlich gross ist !

Man kann auch ein physikalisches Beispiel nehmen: Die Wahrscheinlichkeit, dass alle Luft-Moleküle des Raumes, indem ich mich befinde, zufällig in die rechte obere Ecke wandern und ich ersticke, ist zwar extrem gering und das Alter des Universums reicht um Zehnerpotenzen von Zehnerpotenzen nicht aus, um so ein Ereignis mit 50% Wahrscheinlichkeit eintreten zu lassen, aber sie ist echt grösser als 0 ;)

Nein, Kollege, da muss ich widersprechen. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte natürliche Zahl zufällig aus der Menge der natürlichen Zahlen (die unendlich viele natürliche Zahlen enthält) ausgewählt wird, ist ungleich Null. Deine Behauptung, dass es gleich Null sein soll, müsstest Du beweisen.

Aus einer Grenzwertbetrachtung kann ich Dir zeigen, dass zwar der Grenzwert der Wahrscheinlichkeit die 0 ist, dieser Grenzwert wird aber nie erreicht. Mithin ist die Wahrscheinlichkeit stets größer Null.

(Ich wundere mich, dass Du für Deine Überlegung ausgerechnet N nimmst, die ja nur eine Mächtigkeit von aleph_null hat, so dass Deine Aussage noch leichter zu widerlegen ist. Für aleph_eins (zum Beispiel bei R) oder höher wäre die Idee der Nullwahrscheinlichkeit zwar schon nachvollziehbarer, aber immer noch mit dem gleichen Beweis zu widerlegen).

Der Beweis, dass zum Beispiel in N unendlich viele Primzahlen vorhanden sind, ist absolut gegeben und richtig und sicher.
 

Sky Darmos

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ralfkannenberg schrieb:
Auch bei der Entwicklung des formalen Systemes besteht ein Restrisiko echt grösser 0, dass sich ein Irrtum einschleicht, der von allen Menschen übersehen wurde

Mir geht es um folgendes:
Als ich sagte dass Fehler bei logischen Schlussfolgerungen immer nur darauf beruhen dass man eine logische Operation übergeht, wollte ich damit zum Ausdruck bringen, dass man nur dann von etwas unlogischem überzeugt sein kann, wenn man die Argumentation nicht in all ihren Details aufgelöst hat. Das Aufstellen eines Beweises beruht ja ganz wesentlich auf der Tätigkeit des Bewusstseins. Bewusstsein liegt unserem Zugang zu mathematischer Wahrheit zugrunde. Diese Irrt nur dann wenn man einen logischen Schritt übergeht. Dann ist zwar alles gedachte immernoch logisch, gründet sich aber auf falschen Annahmen die auf der Übergehung eines logischen Schritts beruhen.

ralfkannenberg schrieb:
Ich verstehe nicht, warum Du eine physikalische Komponente ins Spiel bringst:

Deine Answahl ist eine physikalische Komponente. Vielleicht hab ich mich zu kompliziert ausgedrückt. Die sache ist einfach die dass deine rein mathematische Betrachtung uns eine FALSCHE wahrscheinlichkeit von Null bringt. Du kannst ja nicht sagen, ich kann eine Zahl auswählen obwohl die Wahrscheinlichkeit dafür Null ist.
Über was diskutieren wir hier eigentlich?? Das wird dir doch auch klar sein. Ich weiss dass man rein mathematisch auf Null kommt, aber eine Auswahl erfolgt nunmal durch ein real exisiterendes Gerät oder einen Menschen und bei dem ist die Wahrscheinlichkeit für die Auswahl einer natürlichen Zahl eben nicht für jede solche Zahl gleich groß.

ralfkannenberg schrieb:
Erst dieses Jahr wurde ein Gesetz gefunden, dass unterschiedliche Resultate aufweist, je nachdem ob man das Auswahlaxiom voraussetzt oder z.B. ein sogenanntes "schwaches Auswahlaxiom" in Kombination mit der axiomatisch geforderten Messbarkeit gewisser Funktionen. Die Widerspruchsfreiheit war bislang auch nur vermutet worden!

Könntest du bitte mal ausfühlich darauf eingehen was es mit diesem Auswahlaxiom auf sich hat?
 

ralfkannenberg

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prim_ass schrieb:
Nein, Kollege, da muss ich widersprechen. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte natürliche Zahl zufällig aus der Menge der natürlichen Zahlen (die unendlich viele natürliche Zahlen enthält) ausgewählt wird, ist ungleich Null. Deine Behauptung, dass es gleich Null sein soll, müsstest Du beweisen.
Die Beweis-Idee habe ich in meinem vorletzten Beitrag angedeutet.

prim_ass schrieb:
Aus einer Grenzwertbetrachtung kann ich Dir zeigen, dass zwar der Grenzwert der Wahrscheinlichkeit die 0 ist, dieser Grenzwert wird aber nie erreicht. Mithin ist die Wahrscheinlichkeit stets größer Null.
Ich würde mich sehr für diesen Wert > 0 interessieren - hier liegt m.E. noch eine Fieldsmedaille für Dich drin ! Also ok - ich argumentiere "klassisch", also ohne Hinzunahme der Nicht-Standard-Analysis; ich kann mir aber kaum vorstellen, dass sie ein anderes Resultat liefert.

prim_ass schrieb:
Ich wundere mich, dass Du für Deine Überlegung ausgerechnet N nimmst, die ja nur eine Mächtigkeit von aleph_null hat, so dass Deine Aussage noch leichter zu widerlegen ist.
Ich bevorzuge möglichst einfache Situationen.

prim_ass schrieb:
Der Beweis, dass zum Beispiel in N unendlich viele Primzahlen vorhanden sind, ist absolut gegeben und richtig und sicher.
Ich sehe keinen Zusammenhang zu vorigen Aussagen und der Nicht-Endlichkeit der Primzahlen.
 
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