Stirlingmotoren auf der ISS

elnolde

Registriertes Mitglied
Ich bin schon vor einiger Zeit darüber gestolpert, dass die ISS gekühlt werden muss. Ich hatte mir seit meiner Jugend immer vorgestellt dass es extrem schwierig sein müsste, gegen die paar Kelvin des Weltraums anzuheizen. In diesem Zusammenhang erinnerte ich mich immer an Apollo 13. Aber weit gefehlt!

Klar ist natürlich dass die ISS sehr gut abgedichtet sein muss, nicht nur gegen Sauerstoffverlust, Strahlung, Eiseskälte und weiteren Unbilden sondern auch gegen den Unterdruck. Es müsste auch so sein, dass der Sonnenwind eine Wärmewirkung auf der Aussenhaut der ISS erzeugt, durch die Dämmung allerdings nicht nach innen heizt (so meine vorstellung).

Klar ist auch dass die ganzen elektrischen Anlagen sowie die Körperwärme der Astronauten sehr viel Hitze erzeugen und die ISS also aufheizen. Ich meine gelesen zu haben dass ohne Kühlsystem dort oben, die Astronauten im eigenen Saft schmoren würden (müssten dann halt die Fenster aufreißen :D). In Wiki steht, dass überschüssige Hitze von bis zu 106,8 kW (pro was?) in den Weltraum abgegeben werden können. Das ist eine ganze Menge.

Warum werden dort eigentlich nicht Stirlingmotoren eingesetzt? Der Ort dafür ist doch prädestiniert. Stirlingmotoren verbrauchen keinen Sauerstoff, je höher die differenz zwischen kalt und warm ist, desdo höher (unter anderem) der Wirkungsgrad.

Meine Frage lautet also: Wenn auf der ISS gekühlt werden muss, betseht durch das Temperaturgefälle doch ein erhebliches Energiepotential. Warum wird dieses Temperaturgefälle eigentlich nicht genutzt, sondern über Kühlgruppen mittels Ammoniak in den Weltraum verblasen? Oder haben die da oben zu viel Energie?

Liebe Grüße


elnolde

PS: Kennt jemand eine Schnittzeichnung durch die Aussenhaut der ISS? würd mich mal interessieren wie die den Taupunkt in den Griff kriegen, die müssten doch Schimmel ohne Ende in den Wänden haben.
 

MGZ

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Ich bin schon vor einiger Zeit darüber gestolpert, dass die ISS gekühlt werden muss. Ich hatte mir seit meiner Jugend immer vorgestellt dass es extrem schwierig sein müsste, gegen die paar Kelvin des Weltraums anzuheizen. In diesem Zusammenhang erinnerte ich mich immer an Apollo 13. Aber weit gefehlt!

Klar ist natürlich dass die ISS sehr gut abgedichtet sein muss, nicht nur gegen Sauerstoffverlust, Strahlung, Eiseskälte und weiteren Unbilden sondern auch gegen den Unterdruck. Es müsste auch so sein, dass der Sonnenwind eine Wärmewirkung auf der Aussenhaut der ISS erzeugt, durch die Dämmung allerdings nicht nach innen heizt (so meine vorstellung).

Klar ist auch dass die ganzen elektrischen Anlagen sowie die Körperwärme der Astronauten sehr viel Hitze erzeugen und die ISS also aufheizen. Ich meine gelesen zu haben dass ohne Kühlsystem dort oben, die Astronauten im eigenen Saft schmoren würden (müssten dann halt die Fenster aufreißen :D). In Wiki steht, dass überschüssige Hitze von bis zu 106,8 kW (pro was?) in den Weltraum abgegeben werden können. Das ist eine ganze Menge.

Warum werden dort eigentlich nicht Stirlingmotoren eingesetzt? Der Ort dafür ist doch prädestiniert. Stirlingmotoren verbrauchen keinen Sauerstoff, je höher die differenz zwischen kalt und warm ist, desdo höher (unter anderem) der Wirkungsgrad.

Meine Frage lautet also: Wenn auf der ISS gekühlt werden muss, betseht durch das Temperaturgefälle doch ein erhebliches Energiepotential. Warum wird dieses Temperaturgefälle eigentlich nicht genutzt, sondern über Kühlgruppen mittels Ammoniak in den Weltraum verblasen? Oder haben die da oben zu viel Energie?

Liebe Grüße


elnolde

PS: Kennt jemand eine Schnittzeichnung durch die Aussenhaut der ISS? würd mich mal interessieren wie die den Taupunkt in den Griff kriegen, die müssten doch Schimmel ohne Ende in den Wänden haben.

1. kW ist kJ pro Sekunde ;)

2. Die Abgabe von Wärme erfolgt in jedem Fall mit einer Variante der Wärmekraftmaschine. Das Problem ist, dass das Weltall nur bedingt als Wärmereservoir betrachtet werden kann, weil da ja schließlich keine Teilchen sind. Die Abgabe von Wärme erfolgt also nur über die ziemlich ineffiziente Wärmestrahlung. Die ist proportional zur Oberfläche und zur Temperaturdifferenz.
Wenn die Sonne auf die ISS scheint und die Astronauten auf ihren Trainingsgeräten schwitzen, dann muss mehr Wärme als üblich ans Weltall abgegeben werden. Ich nehme an, man hat dafür eine Wärmekraftmaschine an der Außenhaut, welche mit der Wärme aus der ISS eine Metallplatte an der Außenhaut auf einige hundert Kelvin heizt. Von der Platte strahlt die Energie dann in den Weltraum.
 

elnolde

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Hallo MGZ

1. kW ist kJ pro Sekunde ;)

au Backe, lang ist's her (wie peinlich) :(

Stimmt natürlich, dass mit den fehlenden Energieträgern für die Abwärme. Aber ich glaub' man kann sicher sein dass solche Überlegungen mit vielen anderen Parametern abgewogen werden mussten (Kosten/Nutzen/Gewicht usw.).

cu

elnolde
 

Redmond

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Die zum Abstrahlen benutzen Geräte nennt man Radiatoren, diese werden, wie schon erwähnt erhitzt und strahlen dadurch die Wärme ab.

Zum Stirling Motor, jegliche schnell drehenden Teile, die nicht zur Lageregelung genutzt werden, gibt es meist nicht XD

Es bringt so einige Probleme mit sich, schnell drehende Teile mit sich zu führen.
-Vibration, (will man bei Mikro-Gravitationsforschung nicht haben)
-die Variation in der Geschwindigkeit, kann zum drehen der Station führen.
es gibt sicherlich noch mehr, aber die fallen mir gerade net ein.

http://science.nasa.gov/science-news/science-at-nasa/2001/ast21mar_1/

Das ist eine Seite, die die Abkühlung ganz gut erklärt.
 

elnolde

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Hallo Redmond

Zum Stirling Motor, jegliche schnell drehenden Teile, die nicht zur Lageregelung genutzt werden, gibt es meist nicht XD

das ist natürlich ein absolut schlagendes Argument, an dass ich überhaupt nicht gedacht habe.:eek:

Es gibt allerdings Stirling-Maschinen die mit Platten arbeiten und wenige bewegliche Teile haben, z.B. den Flachplatten-Stirlingmotor von Prof. Dr. Ivo Kolin ( Ökobuch 2007, Stirling-Maschinen, S.53 ff). Aber auch der hat natürlich ein Schwungrad.

Aber Deine Argumente, sowie die zusätzliche Nutzlast, machen die Anwendung unbrauchbar. Die Solarmodule erzeugen wohl genug Energie für die ISS. (Und dann haben die ja noch das lange Stromkabel nach unten:D)

Wo ich schon dabei bin: wie lösen die eigentlich das Problem der unterschiedlichen Aufladungen der ISS und eines andockenden Raumschiffs? Gibt's da keine Probleme? Oder stellt sich da kein Problem?

Grüße

elnolde
 
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jonas

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Naja, das mit dem Drehimpuls, der die Lageregelung der ISS stören könnte, kann man sehr einfach in den Griff bekommen, indem man den Sterlingmotor zwei Wellen antreiben lässt, die - austariert - sich gegensinnig drehende Schwungräder antreiben. Allerdings bleibt das Problem der Vibration (neben dem wohl viel zu geringen Wirkungsgrad)
 

elnolde

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Hallo Jonas

(neben dem wohl viel zu geringen Wirkungsgrad)

das stimmt so nicht ganz, der Carnot-Wirkungsgrad liegt im Industriellen Umfeld heutezutage bei über 50% (siehe Wiki http://de.wikipedia.org/wiki/Stirlingmotor#Wirkungsgrad ). Der reale Wirkungsgrad durch Reibungsverluste u.ä. liegt darunter. Der hohe Wirkungsgrad moderner Stirlingmotoren wird zum Beispiel in U-Booten genutzt, da sie keinen Sauerstoff verbrauchen und einen wesentlich leiseren Betrieb als Dieselmotoren ermöglichen (USA, Frankreich, Schweden).

Ausserdem gibt es die Temperaturdifferenz auf der ISS gegenüber dem Weltraum ja für Lau. Das Argument zweier gegenläufiger Schwungräder geht nicht auf, man hat dann eine Taumelbewegung, ganz zu schweigen von den höheren Transportkosten für die, dann benötigten, Kotztüten.

Grüße

elnolde
 

elnolde

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Guckt mal was ich in Wikipedia gefunden habe:

Zitat aus Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Stirlingmotor#Anwendungen:

Für zukünftige Raumfahrtprojekte wird unter anderem von der NASA ein Generator mit radioaktiven Wärmequellen (z. B. Plutonium-238) entwickelt. Das als ASRG (Advanced Stirling Radioisotope Generator) bezeichnete Aggregat zur Energieversorgung von Satelliten und Landern soll gegenüber herkömmlichen Radioisotopengeneratoren einen bis zu viermal höheren Wirkungsgrad haben, was Gewicht und Kosten spart, da weniger Plutonium mitgeführt werden muss.

(ich hoffe das ist ok so, wenn ich das so zitiere. Bitte Nachricht, falls nicht)

LG

elnolde

hier nochwas zum Wirkungsgrad von Stirlingmotoren: http://www.heise.de/tr/artikel/Strom-aus-der-Schuessel-950302.html

++++ MEIN HUNDERTSTER BEITRAG ++++
 
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jonas

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Hi Elnolde

Deine Eingangsfrage war, ob man die Abwärme der ISS nicht per Sterlingmotor nutzen könnte. Und das heißt also die Innentemperatur von rund 20° Celsius gegenüber der Kälte des Weltraums zu nutzen. Diese Temperaturdifferenz ist weitaus geringer als die, die bei nuklear beheizten Sterlingmotoren zur Anwendung kommt. Oder willst Du die ISS Besatzung verdampfen? ;)

Zu Deiner Frage
elnolde schrieb:
Wo ich schon dabei bin: wie lösen die eigentlich das Problem der unterschiedlichen Aufladungen der ISS und eines andockenden Raumschiffs? Gibt's da keine Probleme? Oder stellt sich da kein Problem?
Es ist in der Tat ein Problem in der Raumfahrt, allerdings scheinbar kein spezifisches während des Andockmanövers, sondern generell. Ein abstract bezüglich der ISS habe ich hier gefunden, einen weiteren Artikel hier: static electricity in space
 

elnolde

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Hallo Jonas

Deine Eingangsfrage war, ob man die Abwärme der ISS nicht per Sterlingmotor nutzen könnte. Und das heißt also die Innentemperatur von rund 20° Celsius gegenüber der Kälte des Weltraums zu nutzen. Diese Temperaturdifferenz ist weitaus geringer als die, die bei nuklear beheizten Sterlingmotoren zur Anwendung kommt. Oder willst Du die ISS Besatzung verdampfen? ;)

Im Wiki-Artikel zur ISS steht, dass dort "Überschüssige Hitze von bis zu 106,8 kW" abgeführt werden kann und ich hab auch irgendwo mal was gelesen über die ungeheure Hitze die die abführen müssen....

Ein ganz großer Vorteil vom S-Motor ist, dass nicht unbedingt hohe Hitze zugeführt werden muss sondern über die Temperaturdifferenz (beim Kolin reichen 16Grad delta T) gearbeitet werden kann. Also 20 Grad gegenüber 0 Grad reichen völlig aus um ein Radio zu betreiben. Und da "draußen" ist es bekanntlich ja noch "etwas" kälter.

Danke für die Links zum Thema "Spannung im Weltraum"

LG

elnolde
 

jonas

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elnolde schrieb:
Im Wiki-Artikel zur ISS steht, dass dort "Überschüssige Hitze von bis zu 106,8 kW" abgeführt werden kann und ich hab auch irgendwo mal was gelesen über die ungeheure Hitze die die abführen müssen....

Ein ganz großer Vorteil vom S-Motor ist, dass nicht unbedingt hohe Hitze zugeführt werden muss sondern über die Temperaturdifferenz (beim Kolin reichen 16Grad delta T) gearbeitet werden kann. Also 20 Grad gegenüber 0 Grad reichen völlig aus um ein Radio zu betreiben. Und da "draußen" ist es bekanntlich ja noch "etwas" kälter.

Die 106,8 kW sind eine Leistung, die abgeführt wird. Das hört sich zunächst nach einer ganzen Menge an, aber bevor man dies z.B. wieder in Strom umzuwandeln kann hat der Herrgott den Wirkungsgrad gesetzt (und die Thermodynamik und die Strahlungsgesetze ;))

Damit der Stirlingmotor überhaupt anläuft, brauchst Du eine Temperaturdifferenz. Das heißt, du musst erst mal ein Kühlmittel in einen Kühlkörper nach draußen schicken, wo es durch Wärmeabstrahlung langsam kälter wird. Die Kapazität dieses Kühlkörpers zur Wärmeabgabe hängt unter anderem von seiner Wärmeleitfähigkeit und seiner Oberflächengröße ab.

Sagen wir mal Du schaffst es tatsächlich auf diese Weise das Kühlmittel um 100 Grad innerhalb vernünftiger Zeit herunterzukühlen (was schon einen ziemlich großen Kühlkörper erfordern würde, bin jetzt aber zu faul das auszurechnen), dann kannst Du mal auf die Wirkungsgrad-Grafik in Wiki schauen: Carnot-Wirkungsgrad. Die höchste der drei Kurven entspricht der Temperatur von 200 K (-73°C) für die untere Temperatur. Auf der Abszisse liest Du jetzt die Innentemperatur der ISS ab, also etwa 300 K (27° C). Dann kannst Du an der Ordinate den Carnot-Wirkungsgrad ablesen, in diesem Beispiel ca. 35%.

Dieser Wirkungsgrad ist aber wegen anderer technischer Verluste (Reibung, Wärmeentwicklung des Generators, etc.) nicht erreichbar. Vielleicht würde die NASA 30% schaffen. Dies entspräche etwa 30 kW "Rückgewinnung" der 106 kW abgeführter Wärmeleistung.

Meine letzte Schulaufgabe in Thermodynamik ist schon ein Weilchen her, deswegen wird der eine oder andere Physiker bei meiner Rechnung jetzt vielleicht entsetzt die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Aber selbst wenn diese Maximalrechnung einigermaßen richtig ist, würde eine technische Anwendung des Stirlingmotors auf der ISS allein an der notwendigen Größe des Kühlkörpers scheitern, der für eine permanente Temperaturdifferenz innen/außen von 100 Grad sorgen könnte.
 
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elnolde

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guten morgen Jonas,

das sehe ich genauso, dass damit "allerallerhöchstens" 30kW erzeugt werden könnten. Leider steht im Wiki-Artikel nichts über die benötigte Energie auf der ISS. Es wird letztendlich billiger sein da rein auf Solarmodule zu setzen, zumahl die ja auch noch Treibstoff einsparen helfen. Und das Thema mit den rotierenden Teilen und den Vibrationen schließt die Anwendung von Stirlingmotoren leider aus. Aber ich sehe in dieser Technik noch durchaus Potential in der Raumfahrt, allerdings nicht für alle Anwendungen. Die haben nämlich auch Nachteile (gegrillte Astronauten und so, Du weisst schon..:D)

Aber ich verstehe nicht warum Du sagst dass das allein an der notwendigen Größe des Kühlkörpers scheitern würde, wenn die doch genau das machen:
Mit großen (zwei dreireihigen) Kühlgruppen (HRS) Wärme abführen bei einer Gesamtfläche von 220 m^2 und einem Gewicht von 3,7 Tonnen sowie Photovoltaic Radiators (PVR) mit 44 m^2 und 800kg Gewicht. Als Kältemittel dient flüssiger Ammoniak. Über beide Systeme werden bis zu 71 kW abgestrahlt. Also an der notwendigen Größe des Kühlkörpers kann es nicht scheitern, oder was meinst Du damit?

Will da aber jetzt nicht lang drauf rumreiten. Wenn ich das jetzt so nochmal durchlese und auch meine Bücher zum Thema befragt habe, liegt der mögliche Wirkungsgrad bei Niedertemperatur-S-Motoren wohl eher bei 10%. Also könnten die max 10kW erzeugen. Lächerlich wenig für den Aufwand den man betreiben müsste.

Allerdings würde mich dennoch eine Schnittskizze zur Aussenhaut interessieren, kennst Du 'ne Stelle wo das beschrieben ist. Ich such mir hier die Finger wund.

cu
elnolde
 

jonas

Registriertes Mitglied
Hi elnolde

Nochmal kurz zum Kühlkörper: Es ist ein Unterschied ob ich nur die Wärme abtransportieren will, oder ob ich darüberhinaus noch einen möglichst großen Temperaturunterschied entstehen lassen will (was ja für die Effizienz des Stirlingmotors entscheidend ist).

Was die Schnittskizze betrifft, so habe ich hier ein Schnittmodell des Forschungsmoduls Columbus gefunden, in high resolution hier. Die Columbus Broschüre als PDF mit 92 Seiten und einigen Bildern kannst Du Dir auch runterladen.
 
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