Raven schrieb:
Ich bin mit dieser Antwort nicht ganz einverstanden. Meiner Meinung nach dreht sich der Mond nicht um die eigene Achse, sondern nur um den Mittelpunkt seiner Umlaufbahn. Würde er sich pro Drehung um die Erde genau einmal um die eigene Achse drehen, würden wir auf der Erde pro Mondumlauf die gesamte Mondoberfläche betrachten können, was ja definitiv nicht der fall ist. Würde sich der Mond pro Drehung um die Erde genau einmal um die eigene Achse drehen, würde eine außenstehender Betrachter (zum Beispiel auf dem Mars) stets die gleiche Seite des Mondes sehen. Dies ist ebenfalls nicht der Fall.
Kann es vielleicht sein, dass du dir vielleicht einfach eine falsche Vorstellung über den Rotationsvektor des Mondes macht?
Die Eigenrotation des Mondes erfolgt
prograd zu seiner Rotation um den gemeinsamen Systemschwerpunkt von Erde und Mond. Würde der Mond eine
retrograde Eigenrotation haben, wie z. B. der Neptunmond Triton, machen deine Überlegungen einen Sinn.
Dann wäre von der Erde aus betrachtet während eines Mondumlaufs die ~ vollständige Mondoberfläche betrachtbar. Und zwar - die gleiche Eigenrotationsperiode des Mondes unterstellt, zweimal pro Umlauf. Von einem (ruhenden) Punkt außerhalb des Erde-Mond-Systems ist dagegen in beiden Fällen immer die vollständige Mondoberfläche sichtbar.
Raven schrieb:
Da gebe ich dir nicht recht. Ich drehe mich nur um den Mittelpunkt meiner "Umlaufbahn". Es scheint nur, als ob ich mich um die eigene Achse drehe. Lass mich das Gedankenexperiment erweitern:
Ich bin mit einem Seil an dem Stuhl festgebunden. Wenn ich fest auf einem Punkt stehe und mich um meine eigene senkrechte Achse drehe, wickel ich das Seil um meinen Körper. Wenn ich aber so um den Stuhl laufe, dass ich immer der Person, die auf diesem Stuhl sitze meine Körperfront zuwende, wickel ich das Seil nicht um meinen eigenen Körper, sondern um die Person, die auf dem Stuhl sitzt. Also drehe ich mich um den Mittelpunkt meiner Umlaufbahn, dem Stuhl und nicht um meine eigene senkrechte Achse.
Wäre die Eigenrotation des Mondes retrograd, würde er das Seil ~ zweimal (konst. Rotationsperioede unterstellt) um sich selbst wickeln. Bei einer prograden Rotation entspricht die Abwicklung durch die Kreisbahn ~ der Aufwicklung durch die Eigenrotation.
Raven schrieb:
Nein, es reicht alleine aus, wenn man den Mittelpunkt der Umlaufbahn des Mondes betrachtet. Das ist die einzige Größe, die hier eine Rolle spielt. Für eine Person, die so weit von Erde und Mond entfernt ist, dass die Umlaufbahn des Mondes für sie so klein aussieht wie ein Punkt, nur für diese Person dreht sich der Mond um die eigene Achse, da in diesem Fall der Mittelpunkt der Umlaufbahn genau im Mittelpunkt des Mondes ist (das in diesem Fall der Mond eigentlich so klein ist, dass die Person ihn nicht sehen kann, vernachlässigen wir an dieser Stelle mal).
Sorry, so funktioniert nicht einmal ein Gedankenexperiment. Du veränderst hier nur die Auflösung, wenn überhaupt, aber nicht die kinematischen Bedingungen des Erde-Mond-Systems.
Raven schrieb:
Nehmen wir an, der Mond würde nicht um die Erde kreisen, sondern um nichts. Er kreist um den Mittelpunkt seiner Umlaufbahn. Mit jeder Umdrehung verkleinert sich die Umlaufbahn. Irgendwann würde die Umlaufbahn ein einzelner Punkt sein, der Mittelpunkt der Umlaufbahn, dieser Punkt wird dann zur Eigenrotationsachse des Mondes.
Demnach ist die Drehung des Mondes um die Erde vergleichbar mit einer Drehung um sich selbst, allerdings liegt die Rotationsachse dann nicht im Körper des Mondes, sondern Außerhalb, nämlich im Mittelpunkt der Umlaufbahn. Der Mond dreht sich dann nur nicht mehr um sich selbst, da diese Rotationsachse nicht mehr der Eigenrotationsachse entspricht.
Man kann also nur eine Bewegung betrachten, eine Kombination beider Bewegungen hätte die in meinem ersten Posting beschriebenen Folgen.
Diese Bewegungen sind allerdings für unser Problem und das Bezugssystem Erde-Mond irrelevant.
Auch das verletzt die grundlegenden kinematischen Bedingungen des Erde-Mond-Systems. Und ich weiß auch ganz ehrlich nicht, warum du diese Umbiegung anstrebst. Wo ist das Problem? Wir bewegen uns hier im Bereich der klassischen Mechanik. Und nach der lässt sich jede beliebige Bewegung eines Körpers aus Translations- und Drehbewegungen zusammensetzen. Deren einfachste Kombination ist die Rollbewegung.
Vielleicht hilft die folgende Vorstellung, unterschieden in zwei Fälle:
- Stellen wir uns die Bahnbewegung des Mondes als gleichförmige Bewegung vor (z. B. wenn der Mond das Sonnensystem auf einer linearen Bahn verlassen würde, wie bei 'Mondbasis Alpha 1'). Aufgrund seines Drehimpuls bleibt seine Eigenrotation erhalten. In diesem Fall würde er einfach "davonrollen".
- Die Bahnbewegung des Mondes ist aber keine gleichförmige, sondern eine beschleunigte Bewegung. Die Translationsbewegung des Mondes folgt einer Bahn um den gemeinsamen Schwerpunkt des Erde-Mond-Systems. Die gebundene prograde Eigenrotation des Mondes sorgt nun dafür, dass die Verlängerung der großen Halbachse des Rotationssystems immer durch dieselben erdnächsten und -fernsten Punkte verläuft (im Idealfall der Kreisbahn).
Wenn du noch einen empirischen Beweis für die Eigenrotation des Mondes brauchst, sollte dich die Libration des Mondes auf die richtige Spur bringen. Mit der Libration bezeichnet man eine scheinbare Taumelbewegung des Mondes. Während eines Mondumlaufs sehen wir etwa 59% der Mondoberfläche. Die wichtigsten Effekte der Libration in Länge und Breite kommen daher, dass der Mond keine perfekte Kreisbahn, sondern eine elliptische Bahn umläuft und dass seine Eigenrotationsachse gegenüber der Bahnebene um den Schwerpunkt Erde-Mond-System leicht geneigt ist.
Da die Rotationsgeschwindigkeit (Drehbewegung) des Mondes konstant ist und unabhängig von der Bahnbewegung (Translationsbewegung) rotiert der Mond daher in den erdnäheren Bahnpunkten etwas zu langsam gegenüber seiner Bahngeschwindigkeit, in erdferneren Bahnpunkten etwas zu schnell. Daher die Libration in der Länge (~ 7° 53' nach Ost oder West).
Die Libration in der Breite (~ 6° 47' nach Nord oder Süd) aufgrund der Neigung der Eigenrotationsachse des Mondes führt dazu, dass wir je nach Zeitpunkt immer ein wenig über die Mondpole hinaussehen können. Das entspricht den Mitternachtssonnen auf der Erde.
Eine sehr schöne animierte Grafik zum Librationseffekt gibt es z. B. auf Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Libration