Dunkle Materie im Sonnensystem

Bynaus

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Habe auf arxiv.org gerade ein interessantes Paper (wieder mal von Lorenzo Iorio) gesehen:

PDF-Link: http://arxiv.org/PS_cache/arxiv/pdf/1001/1001.1697v1.pdf

Er berechnet, wie die Sonne beim Flug durch den galaktischen DM-Halo DM aufpickt, was in den letzten 4.5 Mrd Jahren 2-5% ihrer Masse ausmacht (unter der Aufnahme, dass die DM nicht selbst-zerstrahlend ist). Dies hat einen Einfluss auf die Bahnen der Planeten und könnte nach ihm die säkuläre Erhöhung der Astronomischen Einheit (= Schrumpfen des Orbits der Erde) erklären. Wenn das so weiter geht, dann wird der Orbit der Erde bis zum Ende der Sonne nochmals um 0.21 - 0.54 AU schrumpfen, was natürlich Konsequenzen auf ihr Überleben in der Rote Riesen Phase der Sonne hat. Das gleiche gilt für die Vergangenheit: als die Sonne entstand, muss der Orbit der Erde entsprechend bei 1.13 bis 1.32 AU gelegen haben (was das Faint Young Sun Paradox nur noch grösser macht!). Neptun kann bis zu 10 AU gewandert sein, was nicht zuletzt wegen dem Nizza-Modell interessant ist (wo eine solche Wanderung ohnehin vorgeschlagen wird - allerdings aufgrund von anderen Ursachen. Wenn diese Massenerhöhung der Sonne aber so eine grosse Rolle spielt, sollte dies auch für das Nizza-Modell nicht ohne Konsequenzen sein...).

Auf Masse von Planeten (und die Orbits ihrer Satelliten) hat die Akkretion von DM jedoch praktisch keinen Einfluss - im Maximum wenige 10 km.
 

Bynaus

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Welche Beobachtung meinst du? Die dort genannten Zuwachsraten der AE betragen 15+-4 und 7+-2 m pro Jahrhundert, im Artikel steht etwas von 0.05 m/Jahr (=5 m/Jahrhundert), das ist durchaus die gleiche Grössenordnung.

Wie ich mich kürzlich belehren lassen musste, bedeutet ein Wachstum der AE nach der Definition der IAU gleichzeitig ein Schrumpfen der eigentlichen Orbits.
 

DELTA3

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Erhöhung der Astronomischen Einheit (= Schrumpfen des Orbits der Erde)

Ich bin etwas verwirrt!:confused: Wie passt das zusammen?

Er sagt einerseits, dass sich der Erdorbit um 0.05 m/jahr vergrössert, was auch der Beobachtung entspricht, und kommt dann zu der Schlussfolgerung, dass "der Orbit der Erde bis zum Ende der Sonne nochmals um 0.21 - 0.54 AU schrumpfen wird".

Wie gross ist denn der Massenverlust der Sonne durch Sonnenwind und Strahlung durch Wasserstofffusion?

Im Übrigen frage ich mich, wie man solche Berechnungen anstellen kann, wenn man bisher noch nicht mal weiss, woraus DM besteht. Oder ist das alles nur hypothetisch?

Gruss, Delta3.
 

Orbit

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Hallo mac
Zu dieser Formulierung in dem von dir verlinkten Wikiartikel...
Wikipedia schrieb:
Auswertungen von Radarmessungen aus dem Zeitraum von 1961 bis 2003 scheinen anzudeuten, dass der Skalenfaktor des Sonnensystems langsam zunimmt.
...sehe ich keinen Widerspruch zu Bynaus' Zusammenfassung:
Bynaus schrieb:
und könnte nach ihm die säkuläre Erhöhung der Astronomischen Einheit (= Schrumpfen des Orbits der Erde) erklären.
Wenn der Masstab wächst, schrumpfen die Distanzen, welche man damit misst.
Orbit
 

Bynaus

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@Delta3: Wie Orbit sagte: Wenn der Massstab wächst, schrumpfen die Distanzen. Er sagt, dass die Astronomische Einheit pro Jahr um 5 cm wächst, deshalb schrumpft die grosse Halbachse der Erdbahn.

Die Frage mit dem Massenverlust durch Fusion und Sonnenwind kannst du dem Artikel entnehmen, den Mac verlinkt hat.

Wenn DM gravitativ interagiert und eine bestimmte, mittlere Dichte hat (was beides auf jeden Fall zutrifft), muss man nicht wissen, woraus sie genau besteht, um abzuschätzen, wie viel das Sonnensystem davon aufliest, wenn es durch den DM-Hintergrund fliegt. Die einzige Annahme, die einfliesst: DM zerstrahlt sich nicht selbst (wovon einige DM-Theorien allerdings ausgehen).
 

mac

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Die Formulierung im Wiki-Artikel lautet:

Wiki schrieb:
Dieser Effekt verursacht zwar aufgrund der Abnahme der von der Sonne ausgeübten Gravitationskraft eine Vergrößerung der Abstände der Planeten von der Sonne und untereinander, aufgrund der Abnahme der Sonnenmasse M☉ jedoch gleichzeitig wegen Gleichung (34) eine Verringerung[24] der AE nach IAU-Definition.

Die Formulierung bei Bynaus lautet:
Bynaus schrieb:
Dies hat einen Einfluss auf die Bahnen der Planeten und könnte nach ihm die säkuläre Erhöhung der Astronomischen Einheit (= Schrumpfen des Orbits der Erde)
Der Vergleich von rot 1 und rot 2 untereinander und der Vergleich von fett schwarz 1 zu fett schwarz 2 untereinander bleibt trotz gegenteiliger Versicherungen von Euch ;) in meinen Augen ein Widerspruch.


Herzliche Grüße

MAC
 
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Bynaus

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Es ist ein Widerspruch, aber beachte, was der von dir aus dem Wiki zitierte Abschnitt wirklich beschreibt: Die Wirkung der Massenabnahme der Sonne!

Die AE wächst und die Planetenbahnen schrumpfen, das ist 1) Beobachtung und 2) Konsequenz eines DM-pickups, zumindest in Iorios Paper.

Orbit schrieb:
In 44.3 Millionen Jahren verliert also die Sonne eine Erdmasse.

Holla. Das war mir nie so bewusst. Als die letzten Dinosaurier ihren letzten Atemzug taten, war die Sonne noch volle anderhalb Erdmassen schwerer als heute (vermutlich noch mehr, da Verlust durch Sonnenwind auch eine Rolle spielt).
 

mac

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Hallo Bynaus,

Die AE wächst und die Planetenbahnen schrumpfen, das ist 1) Beobachtung und 2) Konsequenz eines DM-pickups, zumindest in Iorios Paper.
Wenn das Beobachtung ist, dann steht sie im Widerspruch zu den im Wiki-Artikel zusammengefaßten Beobachtungen und Messungen, deshalb hatte ich ja gefragt, ob der Autor Deines Links auf diesen Widerspruch eingeht.

Herzliche Grüße

MAC
 

Bynaus

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Nocheinmal:

1) Die Beobachtung ist, die AE wächst, rund 5 cm / Jahr. Das heisst, der Orbit der Erde schrumpft um denselben Betrag.

2) Der von dir verlinkte Abschnitt heisst: Veränderlichkeit der AE. Das kann sowohl Schrumpfen als auch Wachsen umfassen. Neben dem beobachteten Wachstum der AE gibt es einen weiteren Effekt, der die AE beeinflusst: die Schrumpfung derselben durch den Massenverlust der Sonne. Macht etwa 3 mm / Jahr aus (BTW: müsste in diesem Abschnitt nicht auch noch von Gezeiteneffekten die Rede sein?).

1) und 2) zusammen genommen heissen: Die AE wächst (steht auch im Wiki-Artikel, oben im Abschnitt, den du verlinkt hast:

Wiki schrieb:
Auswertungen von Radarmessungen aus dem Zeitraum von 1961 bis 2003 scheinen anzudeuten, dass der Skalenfaktor des Sonnensystems langsam zunimmt. Es werden Änderungsraten von (15 ± 4) Meter/Jahrhundert[22] und (7 ± 2) Meter/Jahrhundert[23] genannt; die Ursache ist bislang unbekannt.

), niemand weiss warum, "naiv" würde man, wegen dem Massenverlust der Sonne, vom Gegenteil, nämlich von einem Schrumpfen ausgehen. Statt 3 mm Schrumpfung / Jahr sieht man aber 5 cm Wachstum. Das ist kein Widerspruch, sondern ein Rätsel.

Iorio bietet mit seiner Arbeit erstmals eine Erklärung dafür.
 

mac

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Hallo Bynaus,

Das:
Wiki schrieb:
Auswertungen von Radarmessungen aus dem Zeitraum von 1961 bis 2003 scheinen anzudeuten, dass der Skalenfaktor des Sonnensystems langsam zunimmt. Es werden Änderungsraten von (15 ± 4) Meter/Jahrhundert[22] und (7 ± 2) Meter/Jahrhundert[23] genannt; die Ursache ist bislang unbekannt.
habe ich nicht übersehen, es aber wegen
Wiki schrieb:
Bislang lässt sich nicht ausschließen, dass es sich lediglich um systematische Fehler in den Beobachtungen handelt.
nicht so ernst genommen wie das:
Wiki schrieb:
149 597 870 684 m ± 30 m JPL DE102, Newhall 1983[11]
149 597 870 660 m ± 2 m JPL DE118, DE200, Standish 1990[12][13]
149 597 870 620 m ± 180 m Krasinsky 1993[14]
149 597 870 691 m ± 6 m JPL DE405, Standish 1998[15]
149 597 870 691,2 m ± 0,2 m IAA EPM2000, Pitjeva 2000[16]
149 597 870 697,4 m ± 0,3 m JPL DE410, Standish 2003[17]
149 597 870 696,0 m ± 0,1 m IAA EPM2004, Pitjeva 2004[18]
149 597 870 700,85... m JPL DE414, Standish 2006[19]
Was ich als den, durch die Umlaufzeiten errechneten Abstand der Erde von der Sonne auffasse.



niemand weiss warum, "naiv" würde man, wegen dem Massenverlust der Sonne, vom Gegenteil, nämlich von einem Schrumpfen ausgehen. Statt 3 mm Schrumpfung / Jahr sieht man aber 5 cm Wachstum. Das ist kein Widerspruch, sondern ein Rätsel.

Iorio bietet mit seiner Arbeit erstmals eine Erklärung dafür.
Damit ich Dich nicht mißverstehe, Du meinst doch: „Wegen des Massenverlustes der Sonne, vom Gegenteil, nämlich von einem Schrumpfen der AE bzw einem Wachsen des Abstandes Planeten – Sonne ...“

Rechne ich mir mit Iorio’s Zahlen den Betrag in m pro Jahr aus,
Table 2: Increment _r of the planetary orbits for ˙M /M = 4.4−11 ×10−12
yr−1 [39] and _t = −4.5 Gyr according to eq. (13).
...
Planet _r (au)
...
Earth 0.13 − 0.32
Delta Meter/Jahr = 149E9m * 0,32 / 4,5E9 Jahre = 1060 m/Jahrhundert (Abnahme des Abstandes Erde Sonne.) Also ein rundum sorglos Packet, das vom moderaten Abstandswachstum bis hin zu 10 m / Jahr Abstandsschrumpfung alles erklärt, oder doch erklären könnte.

Ich gebe zu, das hat was! :cool:

Herzliche Grüße

MAC
 
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Orbit

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Abgesehen davon, dass ich mich frage, ob ein solches Absorptions-Prozedere nicht eine elektromagnetische Wechselwirkung zwischen BM und DM voraussetzen würde, wovon man auf Grund von Beobachtungen nicht ausgeht, komme ich auf eine horrende DM-Dichte, welche im Korridor vorhanden gewesen sein müsste, welchen die Sonne in 4,5 Milliarden Jahren durchpflügte.
Die müsste nämlich rund ein Milliarde mal so hoch gewesen sein wie die mittlere BM-Dichte in der galaktischen Scheibe heute und das auch nur, wenn die Sonne während der ganzen Dauer 100% der im Weg stehenden DM akkreditiert hätte, was kaum anzunehmen ist. Und auch dann wäre die Sonne erst zu 2% mehr Masse gekommen. Iorio spricht aber von 2 bis 5%. Das müsste bei Deep-Sky-Beobachtungen doch auffallen. Galaxien im frühen Universum müssten völlig andere Rotationskurven aufweisen.
Orbit
 
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Bynaus

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Was ich als den, durch die Umlaufzeiten errechneten Abstand der Erde von der Sonne auffasse.

Ich denke nicht, dass das den Sonnenabstand darstellt (wie willst du den so genau messen?). Ich denke, dass ist die Länge der AE, nach Definition der IAU. Und wenn die wächst, schrumpft der Abstand.

Damit ich Dich nicht mißverstehe, Du meinst doch:

Ja, das meine ich.

149E9m * 0,32 / 4,5E9 Jahre = 1060 m/Jahrhundert

Stimmt. Hatte ich nicht nachgerechnet. Vielleicht hat er sich vertan. Ich schreib ihm eine Mail, mal sehen, was er antwortet. Im Paper steht nämlich was von 5 m / Jahrhundert, was natürlich im eklakanten Widerspruch zu den dort präsentierten Zahlen steht.

EDIT: Mail geschickt. :)
 
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mac

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Hallo Bynaus,

Ich denke nicht, dass das den Sonnenabstand darstellt (wie willst du den so genau messen?). Ich denke, dass ist die Länge der AE, nach Definition der IAU. Und wenn die wächst, schrumpft der Abstand.
Du hast recht. An dieser Stelle lag mein Mißverständnis. Der Abstand Erde Sonne ist nicht mehr die Definition der AE.
Wiki schrieb:
Die große Halbachse aE der Erdbahn verlor damit ihren definierenden Status: sie hatte in Astronomischen Maßeinheiten nicht mehr strikt die Länge 1 AE. Die Längeneinheit, bezüglich welcher aE den die Gleichung erfüllenden Zahlenwert annahm, war die neue AE. Da die Definition der AE damit aber ohnehin nicht mehr unmittelbar durch die Erdbahn gegeben war, löste sich die IAU auch von der Erdmasse μE und bezog die neue Definition auf einen fiktiven Körper mit vernachlässigbar kleiner Masse:

Herzliche Grüße

MAC
 

mac

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Hallo Orbit,

Wahrscheinlich sollen das Prozentanteile sein. Dann kommt man auf 4,3 bis 10,7 m in 100 Jahren.
vielleicht hast Du recht. Er verändert die Masse der Sonne in 4,5E9 Jahren um 2 bis 5 %, das paßt in der Tat nicht zu seinem angegebenen delta r von 0,13 bis 0,32 AU.

Herzliche Grüße

MAC
 

DELTA3

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Jetzt bin ich völlig durcheinander!:confused: Hat man nun durch Radarmessungen den Abstand Erde-Sonne gemessen oder hat man die AE gemessen?

Nimmt nun der Abstand Erde-Sonne zu oder nimmt er ab? Was hat man gemessen und was ist Hypothese?

Der Abstand Erde Sonne ist nicht mehr die Definition der AE.

Die einzige eindeutige Information, die ich dieser Diskussion entnehme, ist die, dass der Abstand Erde-Sonne (bzw. grosse Halbachse der Erdbahn) nicht mehr als AE gilt und diese sich verändert.

Wenn aber alle Masseinheiten auf veränderlichen Grössen aufgebaut sind, wie will man dann noch zuverlässige Berechnungen anstellen? Wenn sich die AE verändert, dann ändert sich auch das Parsec. Das Lichtjahr ist auch nicht konstant, denn es beruht auf der Bahnperiode der Erde. Die Zeit ist auch nicht absolut, sondern relativ nach der ART. Gibt es dann überhaupt noch ein vernünftiges System von Masseinheiten?

Gruss, Delta3.
 

Nathan5111

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1) Die Beobachtung ist, die AE wächst, rund 5 cm / Jahr. Das heißt, der Orbit der Erde schrumpft um denselben Betrag.
Klar, wie beim alten Rechenschieber (die Älteren werden sich erinnern): Wenn ich die Zunge um eine bestimmte Strecke nach links verschiebe, rutscht automatisch der Körper um die gleiche Strecke nach rechts!

Jetzt bin ich völlig durcheinander!

Das ist kein Widerspruch, sondern ein Rätsel.

Gibt es dann überhaupt noch ein vernünftiges System von Maßeinheiten?
Ja: Zunge einfetten, Systeme entkoppeln.

Neu formuliert: Die AE wächst, rund 0,x% / Jahr. Das heißt, der Orbit der Erde schrumpft um denselben Betrag, bleibt aber 'Zentimetermäßig' gleich (jedenfalls für diesen Grund)!

Warum also ein Rätsel?
Nathan
 

Bynaus

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Die AE wächst, rund 0,x% / Jahr.

Das heisst, etwas verändert sich. Was? Der Orbit der Erde kann deshalb "Zentimetermässig" nicht gleich bleiben.

BTW, ich habe eine Antwort von Iorio bekommen, aber ich versuche gerade noch, daraus schlau zu werden, bevor ich mich wieder melde.
 
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