@ipsom:
Falsch, es gibt auch andere Stimmen (wie die des einen Teilnehmers - Umweltphysiker Augusto Mangini von der Heidelberger Akademie der Wissenschaften - in dem Disput, den ich gerade höre)
Ja, richtig, es gibt einzelne abweichende Stimmen. Aber es gibt einen Konsens, der überwiegenden Mehrheit, und dieser ist ziemlich eindeutig. Dazu später mehr.
Mir wäre es viel lieber gewesen, du wärst auf das eingegangen, was ich tatsächlich schon zu dem Artikel geschrieben hatte: Er belegt lediglich, dass die Sonne einen Einfluss auf Wettermuster hat - und keineswegs, dass der Mensch jetzt irgendwie "entlastet" sei. Diese Interpretation aus dem Artikel zu ziehen, ist definitiv falsch.
@jonas:
(vornweg: Das Video selbst muss ich mir noch anschauen)
Beide stimmen zu, daß der CO2/Temperatur Chart, der in Al Gores "Eine unbequeme Wahrheit" verwendet wurde, eine Korrelation suggeriert, die so nicht zu belegen ist. Denn die Veränderung der CO2 Werte dieses Charts folgen den Änderungen der Temperatur mit einem Abstand von 1000 Jahren.
Al Gore ist plakativ, und es ging / geht ihm darum, die generelle Idee rüberzubringen.
Es stimmt, dass die CO2-Werte der Temperaturkurve hinterher hinken. Das ist folgendermassen zu erklären und unter Klimawissenschaftlern auch so akzeptiert:
Der "Trigger" der Temperaturschwankungen der letzten Jahrmillionen sind die Milankovic-Zyklen: Die Veränderungen in der Neigung der Erdachse, der Erdachsenausrichtung und der Exzentrizität der Umlaufbahn. Letztere hat den stärksten Einfluss und dominiert derzeit den Eiszeitzyklus (~100000 Jahre). Letztlich führt die Überlagerung der drei Zyklen in halb-regelmässigen Abständen zu einer Erhöhung und Erniedrigung der Sonneneinstrahlung auf der Erde (bzw. der nördlichen Hemisphäre, die mit ihren grossen Kontinentalmassen für die Entstehung von Eiszeiten verantwortlich ist).
Berechnet man nun die daraus resultierende Erwärmung, wird klar, dass das den Verlauf der Temperaturkurve bei weitem nicht erklären kann: Die Erwärmung ist viel zu gering. Nun setzt aber auch eine geringfügige Erwärmung der Erde CO2 frei: ein wärmerer Ozean speichert weniger CO2, destabilisiert Methanhydrate, etc. Deshalb folgt auf die Erwärmung durch die Sonne eine Freisetzung von CO2. Diese wiederum führt zu einer zusätzlichen Erwärmung, womit noch mehr CO2 ins System zurück gelangt. Diese sich selbst verstärkende Entwicklung hält an, bis mit der "Zwischeneiszeit" (wie wir sie heute haben) ein neuer, einigermassen stabiler Zustand eintritt: das System setzt nun nicht mehr so viel CO2 frei, wenn man es weiter erwärmt, und so tritt eine Stabilisierung ein. Über die Jahrtausende verringert sich dann die Sonneneinstrahlung, und der Ozean kühlt dadurch etwas ab, bindet mehr CO2, womit weniger Wärme in der Atmosphäre gebunden bleibt, etc. Der Abstieg ist deutlich "schwieriger" und langsamer als der Anstieg, und genau das sieht man im Verlauf der Temperaturkurve: Das Auftauen aus der Eiszeit war jeweils relativ zügig, der Abstieg in die Eiszeit relativ langsam.
Man sieht also, dass das CO2 in der Vergangenheit nicht das "Timing" der Warm-Kalt-Wechsel dominiert (warum auch sollte ohne Grund plötzlich so viel CO2 freigesetzt werden?), sondern es bestimmt lediglich die Temperatur, die in der Zwischeneiszeit erreicht wird. Der menschliche Beitrag, der heute dazu kommt, ist nun eine neue, zusätzliche CO2-Quelle, die sonst gar nie angezapft oder freigesetzt wird, auf jeden Fall nicht in diesem Umfang.
Und in diesem Kontext macht diese Aussage durchaus Sinn:
Die Tatsache, daß die historische Enwicklung des CO2 den Temperaturänderungen im Abstand von 1000 Jaheren nachfolgt, wird durch den IPCC Wissenschaftler mit den Worten gekontert, daß man Äpfel mit Birnen vergleichen würde, denn er rede nicht von den natürlichen CO2 Schwankungen, sondern von dem zusätzlichen Eintrag von CO2 während der letzten 150 Jahre.
Natürlich kann man bei einem solch komplexen System wie dem Klimasystem mit all seinen Feedbacks nie ganz sicher sein, dass man keine entscheidende Komponente vergessen hat. Aber schauen wir uns doch einfach die Fakten an:
- Die Menschheit hat der Atmosphäre ca. 150 ppm CO2 aus fossilen Quellen hinzugefügt.
- Die mittlere Temperatur der Erde steigt, und zwar nahezu parallel zu den Emissionen.
- In der Erdgeschichte korrellieren hohe CO2-Werte in der Atmosphäre eindeutig mit höheren Temperaturen.
- Die Strahlungsleistung der Sonne ist im betreffenden Zeitraum praktisch stabil geblieben.
Allein schon der gesunde Menschenverstand sollte einem sagen, dass der Schluss, dass die beobachtete Klimaerwärmung menschgemacht ist, absolut naheliegend und vernünftig ist - oder, dass dies zumindest die Nullhypothese sein sollte, die es allenfalls zu widerlegen gilt.