Meine Freude über diese Entscheidung ist nicht ganz ungetrübt. Gerade nach dem, was über Cassini-Huygens zu Titan und Enceladus bekannt geworden ist, besteht hier die Aussicht auf größeren Wissenszuwachs als bei Europa und Ganymed. Gerade deshalb, weil die eigentlich interessanten Objekte, die für die Rekonstruktion einer eventuellen chemischen Evolution nicht kilometerdick zugefroren sind, sondern unmittelbar an der Oberfläche präsent sind (Titan) bzw. nur unter einer wenige Meter (!) dicken Eisschicht in flüssigem Wasser verteilt sind (Enceladus).
Um eventuelles Leben auf Europa ausfindig zu machen, müsste man auf Europa landen, Eisproben nehmen und ggf. die Eisdecke durchstoßen, um Ozeanwasser zu entnehmen bzw. bis zum Ozeangrund tauchen, um evtl. vorhandene Vulkanschlote zu untersuchen. Von einer Landeeinheit ist im Artikel nicht die Rede, schon gar nicht von einer Kryobot-Mission. Auf Ganymed verschärft sich das Problem durch die noch dickere Eisdecke.
Der dicke Eispanzer stellt vermutlich sicher, dass Leben auf Europa nicht von der Erde eingeschleppt werden konnte.
Sagen wir es mal so: Die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering - schon weil Meteoriten, die von der Erde stammen, bevorzugt zur Sonne hin treiben als von ihr weg. Ganz auszuschließen ist es jedoch nicht, dass sich z.B. Deinococcus radiodurans bis zur Europa durchgeschlagen hat und via Eisspalt den Ozean kontaminiert hat - Nährstoffe dürften an der Eisunterseite genügend vorhanden sein; Nachschub kommt ja von unten. Aufregend wäre das allemal, aber für die autochthone Entstehung von Lebewesen befürchte ich, das dazu zuviel Wasser vorhanden ist.
Interessanter scheint mir zu sein, was in den Uferregionen der Methanssen auf Titan passiert, die episodisch trockenfallen. Wie weit ist dort die chemische Evolution vorangekommen (Membranbildungen? Matrizenmoleküle?) - auch und gerade wegen der niedrigen Temperaturen dort. Für Leben wird es vielleicht nicht reichen, aber die Vorstufen dahin sind für die Beurteilung, ob Leben einfach und notwendig entsteht, möglicherweise viel aufschlussreicher als Deinococcus auf Europa.
Weiterhin dürfte die Aufklärung der Natur der mysteriösen Wärmequelle am Südpol von Enceladus ebenfalls von nicht geringem Interesse sein ...