Neutrinos - Masse - oder was?
Hallo,
In diesem Thread steht viel falsches und einiges richtiges.
Also: In Experimenten sind inzwischen sehr viele Teilchen nachgewiesen worden (am DESY, CERN, SLAC, oder sonstwo). Es existiert heute ein sogenannter "Teilchenzoo". Man weiß von Wechselwirkungen zwischen diesen Teilchen, die möglich sind, und von Wechselwirkungen, die nicht geschehen. Man hat keine Ahnung, warum die elektrische Elementarladung ihren Wert hat, warum das Elektron genau seine Ruhemasse hat, warum das Proton soviel schwerer ist, etc. pp.
Die Theoretiker lieben Symmetrie-Überlegungen (links-rechts, davor-danach, vorwärts-rückwärts, ...) und versuchen damit, den Teilchen-Zoo irgendwie zu ordnen. Es gibt viele Erfolge, aber noch mehr Rätsel.
Sie sind auf der Suche nach einer einfachen Erklärung aller dieser Fragen (die Suche nach der sogenannten "Weltformel"). Eine moderne Theorie ist zur Zeit die Stringtheorie (hier werden Teilchen nicht als "Bälle", sondern als mehrdimensionale "Gummiringe" angesehen).
In diesem Teilchen-Zoo fand man so ziemlich als erstes das Elektron als Träger der elektrostatischen Ladung (vgl. Millikan, Tröpfchenversuch). Heute gehört es zur Familie der Leptonen. Denn es gibt insgesamt drei Leptonen (das Elektron ist eines davon, das leichteste).
Seit der Entdeckung der schwachen Wechselwirkung (radioaktiver Zerfall) weiß man, dass es das Neutrinos gibt, ein Teilchen ohne Ruhemasse und ohne elektrostatische Ladung.
Na ja, es gibt ja drei verschiedene Leptonen, also gibt es auch drei verschiedene Neutrino-Typen.
Und dann entdeckte man, dass es (beinahe) zu allen Teilchen auch noch Anti-Teilchen gibt (das Anti-Elektron nennt man auch Positron), also auch noch drei Anti-Neutrinos.
So, jetzt haben wir schon 12 Mitglieder der Leptonen-Familie.
Das "Neutrino", von dem alle im allgemeinen sprechen, ist eigentlich ein "Anti-Elektronen-Neutrino".
Hoffentlich vermeldet nicht eines Tages ein Experimentalphysiker die Existenz eines weiteren Leptons ... *g*
Es gibt eine riesige Liste von Wechselwirkungen zwischen Teilchen, die beoabachtet wurden. Viele andere - teilweise erwartete - Reaktionen dagegen bleiben aus.
Das lässt sich heute im sogenannten "Standardmodell" durch Eigenschaften beschreiben, die Teilchen haben - oder nicht. Bei Wechselwirkungen (die beobachtbar sind) geht es um diese Eigenschaften und um Erhaltungssätze (die Eigenschaft und ihre Menge davon kann durch die Wechselwirkung nicht verschwinden oder aus dem Nichts erzeugt werden).
Diese Eigenschaften nennt man Ladungen oder Spin oder Farbe oder Geschmack - das ist historisch bedingt oder Sprachkreation der Physiker (z.B. kann ein Quark charmed mit Spin up sein und den Geschmack rot haben).
Es gibt (neben Ruhemasse und Spin) also nicht nur die elektrostatische Ladung als Eigenschaft eines Teilchens.
Wenn wir von Masse sprechen, meinen wir Ruhemasse. Ein Teilchen ohne Ruhemasse (also Null) - wie das Photon - muss sich mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegen. Das Photon ist der Vermittler der elektromagnetischen Kraft.
Hätte das Photon doch eine Ruhemasse, so müsste es sich langsamer fortbewegen, und die elektromagnetische Kraft hätte eine endliche Reichweite (wäre also irgendwo zu Ende).
Die messbare Masse eines Teilchen (bzw. nach E = mc² dessen Energie) setzt sich zusammen aus Ruhemasse und kinetischer Energie.
Nach heutigem Wissensstand gilt folgende Aussage: Das Neutrino hat die Ruhemasse Null. Sollte sie doch größer als Null sein, dann ist sie geringer als unsere Messgenauigkeit feststellen kann.
Dass Neutrinos mit Materie kaum reagieren, liegt an ihrem geringen Wirkungsquerschnitt, d.h. an der sehr geringen Wahrscheinlichkeit einer Wechselwirkung. Man bedenke, dass auch die Erde aus Atomen besteht, die wiederum im wesentlichen leeren Raum darstellen.
Das Neutrino trägt keine elektrostatische Ladung, kann also auch nicht auf elektromagnetische Felder reagieren. Im leeren Raum ist es also schon sehr schwer, ein anderes Teilchen zu treffen. Wenn es dann ein anderes Teilchen trifft (z.B. ein Proton oder Neutron), dann müsste ein dem radioaktiven Zerfall umgedrehter Prozess erfolgen. Es wird also außerdem ein einschlagendes Elektron benötigt (extrem unwahrscheinlich), oder aus der Aufschlagenergie muss ein Elektron-Positron-Paar erzeugt werden. Man beginnt jetzt zu verstehn, warum Neutrinos so glatt durch die Erde gehen ...