Urknall

Tharsis

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Liebe Astrofans,

wenn es den Urknall gab, was vielen als unbestritten gilt, stellt sich mir die Frage, ob wir Menschen nicht wieder den Fehler machen, uns als den Mittelpunkt des Ganzen zu betrachten. Das hatten wir ja schon mal (Ptolemäus und Co).
Das Weltall dehnt sich aus - behaupten wir. Aber wie kommen wir darauf?
Worauf will ich hinaus?
1. Dehnt sich das Weltall von uns aus gesehen zu allen Seiten hin gleich aus? Dann hieße es ja, wir seien "wieder" der Mittelpunkt, was ich als Irrsinn bezeichne.
2. Neutral gesehen: Wo begann der Urknall? Gibt es überhaupt eine Theorie darüber?
3. Wenn Urknall, dann ist die "Welle" der Ausdehnung doch gewiss nur an uns vorbeigeschwappt, hat die Entstehung unserer Galaxie ausgelöst und sich weiter fortbewegt, oder?
4. Ist es letztlich nicht so, dass der Urknall lediglich unser Urknall ist - eben diese Urknallwelle, die vor 14 Milliarden Jahren an uns vorbeirauschte? Und der eigentliche Urknall viel viel früher und ganz woanders stattgefunden hat?

Was sagt Ihr dazu? Welche Kenntnisse habt Ihr?
Freu mich über Anregungen und wünsche noch frohe Ostern.

Tharsis:eek:
 

Bynaus

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Hallo Tharsis, willkommen im Forum!

1. Dehnt sich das Weltall von uns aus gesehen zu allen Seiten hin gleich aus? Dann hieße es ja, wir seien "wieder" der Mittelpunkt, was ich als Irrsinn bezeichne.

Das wäre Irrsinn, aber das "heisst" es nicht - deine Schlussfolgerung ist falsch. Nimm einen Ballon, mal ein paar Dutzend Punkte drauf, und blas ihn dann langsam auf, wobei du das Geschehen auf der Ballonoberfläche aus der Sicht eines beliebigen Punktes verfolgst. Wie du schnell feststellen wirst, entfernen sich alle Punkte von allen anderen, und es gibt keinen Mittelpunkt.

2. Neutral gesehen: Wo begann der Urknall? Gibt es überhaupt eine Theorie darüber?

Siehe das Ballon-Modell: Überall und nirgends. Der ganze Raum dehnt sich aus, ohne, dass es ein spezifisches Zentrum der Expansion gäbe.

3. Wenn Urknall, dann ist die "Welle" der Ausdehnung doch gewiss nur an uns vorbeigeschwappt, hat die Entstehung unserer Galaxie ausgelöst und sich weiter fortbewegt, oder?

Es ist keine Welle, die durch den Raum schwapt. Sondern der extrem dichte und heisse Urzustand, als die gesamte Energie des heutigen sichtbaren Universums noch auf ein winziges Volumen beschränkte.

4. Ist es letztlich nicht so, dass der Urknall lediglich unser Urknall ist - eben diese Urknallwelle, die vor 14 Milliarden Jahren an uns vorbeirauschte? Und der eigentliche Urknall viel viel früher und ganz woanders stattgefunden hat?

Dafür gibt es keinerlei Hinweise. Wenn es so ist, dann hat "unser" Urknall - wie gesagt, die Vorstellung als "Welle" ist falsch - jegliche Spur davon zerstört.
 

10Andi10

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Ich bin der Meinung man sollte offen sein für andere Theorien und sich nicht so auf den Urknall verbeißen. Es wäre ja nicht die erste Theorie die man widerlegt hätte. (Beispiel die Erde ist eine Scheibe!). Mich erinnert das schon fast an die Religion: "Du sollst keine anderen Theorien neben mir haben" Es gibt durchaus Rätsel der modernen Physik. Pioneer Anomalie ist eine davon. Oder wie ich in einem Astronews Artikel gelesen habe, dass man am "angeblichen" Rande des Universums eine Galaxie entdeckt hat, welche viel größer ist, als es die Theorie vom Urknall erlaubt. Ich möchte keinen persöhnlich angreiffen. Ich möchte nur dass man offener sein soll für andere Theorien.
 

MichaMedia

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Hallo 10Andi10
Ich bin der Meinung man sollte offen sein für andere Theorien und sich nicht so auf den Urknall verbeißen. Es wäre ja nicht die erste Theorie die man widerlegt hätte. (Beispiel die Erde ist eine Scheibe!).
Du machst einen entscheidenen Fehler, eine Theorie ist das Resultat von Beobachtungen, Messungen, Forschung. Das Urknallmodel ist eben in den ganzen Jahren nie wiederlegt worden, im Gegenteil, jegliche Experimente haben vieles dieser Theorie bestätigt und das bis auf einen so hohem Mass, das man sich schon Sicher sein kann. Denoch bleibt es eine Theorie, da nun mal noch kleine Lücken offen sind. Diese Lücken reichen aber nicht für andere Modelle aus.
Mich erinnert das schon fast an die Religion: "Du sollst keine anderen Theorien neben mir haben"
Wieder dieser Fehler, Gott, Alah oder sonst wie wurde nicht Beobachtet und nachgewiesen, keiner sagte: "Das da muß ein Gott sein".
Es gibt durchaus Rätsel der modernen Physik. Pioneer Anomalie ist eine davon.
Mach mal ein Puzzle, mit dem Bild eines Segelschiffes, 1000 Teile, nimm wahlos 20 Teile raus und lege sie beiseite. Wenn das Puzzle fertig ist, erkennst du denoch das Segelschiff, es fehlen nur kleine Details, würdest Du behaupten das es kein Segelschiff ist?
Oder wie ich in einem Astronews Artikel gelesen habe, dass man am "angeblichen" Rande des Universums eine Galaxie entdeckt hat, welche viel größer ist, als es die Theorie vom Urknall erlaubt.
Unglücklicherweise fehlen da 2 oder 3 Puzzleteile die nebeneinander liegen, das Segelschiff ist aber immer noch eindeutig zu Erkennen.
Ich möchte keinen persöhnlich angreiffen. Ich möchte nur dass man offener sein soll für andere Theorien.
Macht man doch, wir sind alle offen dafür, Gegen-den-Mainstream Theorien sind aber immer schnell wiederlegt. Beschäftige dich mal Detailreich mit der Urknall-Theorie, dann stell dir selbst mal die Frage, wie alle Beobachtungen und Ergebnisse in diese Theorie passen und Überlege ob es auch anders geht.
Eher sollte man nicht etwas anzweifeln, was tausende von Wisseschaftler an Arbeit geleistet haben.

Gruß Micha.
 

Bynaus

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Ich bin der Meinung man sollte offen sein für andere Theorien und sich nicht so auf den Urknall verbeißen.

Natürlich sollte man offen sein. Aber es hat schon einen Grund, warum praktisch alle Fachleute (sprich: Kosmologen) weltweit die Urknalltheorie für die beste Erklärung halten: alle Beobachtungen sprechen dafür.

Es wäre ja nicht die erste Theorie die man widerlegt hätte. (Beispiel die Erde ist eine Scheibe!)

Das war aber nie eine wissenschaftliche Theorie, sondern eine populäre (und naheliegende) Vorstellung... Wissenschaftliche Theorien werden angepasst, wenn sich neue Fakten auftun, aber alle bisherigen Beobachtungen passen sehr gut ins Bild der Urknalltheorie, die allerdings auch immer wieder angepasst wurde (Inflation, beschleunigte Expansion...).

Es gibt durchaus Rätsel der modernen Physik. Pioneer Anomalie ist eine davon.

Sicher, aber bloss weil wir nicht alle Antworten auf alle Detailfragen kennen, bleiben die Beobachtungen, die für den Urknall sprechen, die selben.

Oder wie ich in einem Astronews Artikel gelesen habe, dass man am "angeblichen" Rande des Universums eine Galaxie entdeckt hat, welche viel größer ist, als es die Theorie vom Urknall erlaubt.

Das Problem ist, dass man als Laie nicht wirklich das nötige Hintergrundwissen hat, um eine solche Meldung einzuschätzen. Wie weit ist die Galaxie wirklich entfernt? Wie gross ist der dazugehörige Fehlerbereich? Woher kommt die Grössenangabe, wie schätzt man die Wachstumsrate von Galaxien im frühen Universum ein, und wie sehen die Fehlerbereiche hier aus?

Ich möchte nur dass man offener sein soll für andere Theorien.

Du kannst dir sicher sein, wenn es eine bessere Alternative zum Urknall gibt (was ich für unwahrscheinlich halte) wird sie aus der Wissenschaft kommen und wir werden es dann erfahren, wenn die Beobachtungen vorliegen, die zeigen, dass die Alternative besser ist als das Urknallmodell. Viel wahrscheinlicher jedoch wird das Urknallmodell immer wieder etwas verbessert und angepasst werden, aber am grundsätzlichen Konzept wird sich nichts mehr ändern.
 

MichaMedia

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@Bynaus
Soviel zum Thema "Gleichzeitigkeit" (Post erstellen in ähnlicher Form)
Nur ich war etwas schneller, wie Relativ sowas sein kann ;)

:D

Gruß Micha.
 

Bynaus

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Stimmt, ich wollte sogar zuerst die Puzzle-Analogie auch verwenden, aber man muss etwas vorsichtig damit sein, denn die Wissenschaft kennt nicht, was es erlauben würde, zu sagen, "so, jetzt ist das Puzzle fertig".
 

MichaMedia

Registriertes Mitglied
Stimmt, ich wollte sogar zuerst die Puzzle-Analogie auch verwenden, aber man muss etwas vorsichtig damit sein, denn die Wissenschaft kennt nicht, was es erlauben würde, zu sagen, "so, jetzt ist das Puzzle fertig".
Gut das Du es noch zusätlich erwähnst, ich wollte zuerst noch beischreiben, dass das Wissenschaftliche Puzzle keinen glatten Rand hat und sich vergrößern kann, aber ich denke mir, das er versteht wie es gemeint ist.

Gruß Micha.
 

elnolde

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@Tharsis: Willkommen im Forum. Zu Deiner Frage hat Bynaus eigentlich alles gesagt.

@10andi10,

in der Tat, es bleibt eine Restunsicherheit, nur ist die sehr sehr klein und jemand der eine Alternative zur Urknalltheorie entwickeln wollte, müsste mehrere hundert Dinge erklären können.

Gerade habe ich ein Interview mit einem Forscher gelesen der sich damit beschäftigt (ich schaue nach wo ich das gelesen habe). Der Interviewer begann damit auf einen anderen Kollegen zu verweisen der sich 100% sicher war, das Universum hätte mit dem Urknall begonnen. Darauf sagte der Physiker, soweit würde er nicht gehen aber zu 99,99% wäre er sich dessen sicher.

Du siehst selbst Leute die dieser Frage Ihr Leben widmen sind offen für eine andere Idee doch wäre die Aufgabe alle Evidenzen anders zu erklären überwältigend.

Das Puzzlebeispiel von MichaMedia trifft es genau, es fehlen zum Segelschiff nur wenige Teichen, allerdings hat das Puzzle keinen Rand und es könnte noch eine ganze Armada anderer Segelschiffe hinzukommen. Aber das Segelschiff ist eindeutig erkennbar. Wenn die 20 Teile noch hinzukommen werden wir nicht auf einmal eine Mickeymouse erkennen.

Beste Grüße

elnolde
 

10Andi10

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Am liebsten wäre mir natürlich wenn irgendeine Theorie bewiesen wird. Also dass man z.b. den Urknall im Labor nachstellt, das dürfte aber unmöglich sein.... Ich fürchte wir werden es nie 100% genau wissen...... Schade eigentlich..... Grundsätzlich habe ich nix gegen den Urknall nur die ungewissheit, gab es ihn oder vielleicht doch nicht^^
 

MichaMedia

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Am liebsten wäre mir natürlich wenn irgendeine Theorie bewiesen wird. Also dass man z.b. den Urknall im Labor nachstellt, das dürfte aber unmöglich sein....
Ja und Nein, sicher kann man ihn nicht in einem Rutsch wie es war nachstellen, aber die einzellnen Phasen und Übergänge, so wie es sich mit den Teilchen verhalten hat etc., hat man nachgestellt. Daher wurde der Nachweis immer größer. Mittlerweile soweit, das die Beweislage für einen Richter so hoch ist, das er den Urknall verdonnern kann ;)

Ich fürchte wir werden es nie 100% genau wissen...... Schade eigentlich..... Grundsätzlich habe ich nix gegen den Urknall nur die ungewissheit, gab es ihn oder vielleicht doch nicht^^
In ein paar Jahren werden wir es zwar nicht zu 100% wissen, aber zu 99,99% und das dürfte doch schon für Gewissheit sorgen, den so mystisch ist das Universum nicht. Wir wissen es ja jetzt schon zu einem hohem Prozentsatz, was zur Gewissheit führt, wir suchen nur noch nach paar Puzzleteil ;)

Gruß Micha.
 

Tharsis

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Danke Euch allen für die regen Antworten.

Auch ich bin ein Freund der Urknalltheorie - nicht jedoch ein Freund von kategorischem Ablehnen anderer möglicher Ideen.
Die Gleichzeitigkeit und -räumlichkeit des Urknalls ist mir übrigens nicht schlüssig genug. Wäre es tatsächlich so gewesen, besteht kein Grund für eine Ausdehnung. Wenn gleichzeitig und überall der Big Bang stattgefunden haben soll, wohin sollte sich dann das daraus entstandene Etwas ausdehnen? Wobei Ausdehnung vielleicht sowieso zu räumlich dargestellt ist. Fortbewegen wäre wohl eher zulässig, da wir ja noch nicht einmal wissen, ob sich das Universum in einer Art "Raum" befindet. Die Verschiedenheit der Dimensionen sind mir übrigens geläufig - nur schon einmal im Voraus.


Tharsis:eek:
 

Ich

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Auch ich bin ein Freund der Urknalltheorie - nicht jedoch ein Freund von kategorischem Ablehnen anderer möglicher Ideen.
Na, da kommt wohl noch was.
Die Gleichzeitigkeit und -räumlichkeit des Urknalls ist mir übrigens nicht schlüssig genug.
Schlüssig genug wofür?
Wenn gleichzeitig und überall der Big Bang stattgefunden haben soll, wohin sollte sich dann das daraus entstandene Etwas ausdehnen?
In dieselbe Richtung, in die es sich bei Gegenwart von Masse krümmt.
 

Orbit

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wohin sollte sich dann das daraus entstandene Etwas ausdehnen?
'Wohin?' impliziert einen Hyperraum. Von dem geht man im Standardmodell nicht aus. Das Universum expandiert überall - überall vor Ort.
Fortbewegen wäre wohl eher zulässig
Nein, diese Vorstellung ist nicht zulässig.
da wir ja noch nicht einmal wissen, ob sich das Universum in einer Art "Raum" befindet
Es 'befindet' sich nicht in etwas, es IST die Raumzeit.
 

elnolde

Registriertes Mitglied
Ja Tharsis,

diese Dinge sind wirklich sehr schwer vorstellbar. Wenn Du die neusten Publikationen über Theorien der Stringtheorie lesen würdest, könntest Du völlig verzweifeln. Die Urknalltheorie gilt heute wirklich als gesichert.

Aus einer Singularität (oder einer Branenkollision im Calabi-Yau-Raum) hat sich in unvorstellbar kurzer Zeit die Materie entwickelt, danach ist in unvorstellbar kurzer Zeit der Raum angewachsen.

Kennst Du ein Apfelmänchen oder eine Kochsche-Schneeflocke? Dies sind Gebilde mit begrenzter Fläche aber unendlichem Umfang. Ähnlich hat man sich den Raum vorzustellen, in sich gekrümmt, unendlich dennoch begrenzt. Das ist in der Tat nicht leicht sich vorzustellen.

Der Raum hat kein Zentrum und kein Ende. Die Galaxien bewegen sich (naja nicht ganz) gleichförmig von uns weg.

Beste Grüße

elnolde
 

jonas

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Hi elnolde
Kennst Du ein Apfelmänchen oder eine Kochsche-Schneeflocke? Dies sind Gebilde mit begrenzter Fläche aber unendlichem Umfang.
Die fraktale Struktur befriedigt mich leider nicht als Erklärung dafür, dass keine höhere Raumdimension benötigt wird, und zwar aus zwei Gründen:
1. Der Umfang kann zwar unendlich sein bei endlicher Fläche, aber er kann nicht unendlich + 1 werden, ohne doch die Fläche zu verändern.

Mit anderen Worten: ich kann einen unendlichen Raum in einen vierdimensionalen Raum (plus Zeit) pressen, ohne dass die vierte Dimension auch unendlich konsumiert wird, sie also auch Null sein kann, und damit obsolet. Aber ich kann den unendlichen Raum nicht expandieren lassen ohne dass in der vierten Raumdimension etwas passiert.

2. Die fraktale Struktur mit unendlichem Umfang stösst bei begrenzter Flache irgendwann auf die Heisenbergsche Unschärfe. Das heisst, bei jeder gegebenen Fläche gibt es einen maximalen Umfang kleiner unendlich, bei dem ich das Fraktal nicht mehr in die nächste Ebene erheben kann. Denn diese nächste fraktale Strukturebene würde verschwimmen und nicht mehr erkennbar sein und nicht mehr messbar.
 
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