Kernreaktor im Zentrum der Erde ?

albert

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Na das ist ja wohl ein sehr interessantes Thema:

PUSH

Würde Herndons Theorie sich als richtig herausstellen, dann müssten nicht nur unsere Vorstellungen vom Erdkern umgeschrieben werden, sondern auch die Geschichte von der Entstehung des Sonnensystems bekäme eine überraschende Wendung: Die Erde und die anderen inneren Planeten wären demnach nicht aus dem Zusammenstoß von Myriaden von Meteoriten entstanden – wovon die Standardtheorie ausgeht, sondern sie wären die mickrigen Überreste von Jupiter-ähnlichen Gasriesen.

:rolleyes:
 
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Bynaus

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Bynaus weiss bestimmt einiges zu diesem Thema zu sagen.

Oh ja... :)

Gegen die Annahme, die Erde sei aus Enstatit-Chondriten aufgebaut worden statt aus gewöhnlichen Chondriten kann ich nichts grosses sagen, ausser, dass man sich das im Detail anschauen müsste. Die Sache ist ohnehin nicht ganz so klar, so wie es scheint, kann man die Erde aus keiner heute bekannten Meteoritengruppe direkt aufbauen, das heisst, irgend eine Art von Mischung muss da sein. Zudem ist die Verteilung zwischen den Meteoritenklassen, die auf die Erde niedergehen, im Allgemeinen nicht unbedingt repräsentativ für die Verteilung der Meteoritenklassen im Asteroidengürtel oder gar in der protoplanetaren Scheibe. Es wäre sehr gut möglich, dass die Erde aus einer Meteoritenklasse entstanden ist, die es heute nicht mehr gibt bzw. die heute nicht mehr auf die Erde runterfällt.

Der grösste Schnitzer an der "Theorie" des Georeaktors ist die Sache mit der Idee, die heutigen terrestrischen Planeten seien die Übrigbleibsel von 300-Erdmasse Gasriesen, quasi deren Kerne, wobei die Hüllen der Gasriesen vom Stern weggefegt wurden. Dies ist nötig, um im Kern der Erde eine genügend hohe Urankonzentration zu erreichen, die für den Georeaktor nötig ist. Dagegen sprechen vor allem zwei Dinge:

1. Modelle von Atmosphärenverlust durch Sonneneinstrahlung. Man kann berechnen, ob ein Planet seine Atmosphäre über längere Zeit behalten kann: das ist eine Funktion aus Masse / Fluchtgeschwindigkeit des Planeten, der Zusammensetzung der Atmosphäre und der Strahlungsintensität des Sterns. Daraus ergibt sich alleine schon, dass ein Gasriese von 300 Erdmassen seine Atmosphäre problemlos sollte behalten können, auch in den heftigen Strahlungsausbrüchen, die sich während der T-Tauri-Phase ergeben. Es ist theoretisch einfach nicht möglich, einem Gasriesen 299/300stel seiner Masse in ein paar hunderttausend Jahren (T-Tauri-Phase) zu entreissen.

2. Es gibt Hot Jupiter Planeten, also Planeten, die schwer wie Jupiter sind, aber ihren Stern in 0.05 AU Entfernung umkreisen. Diese Planeten dürfte es dann natürlich nicht geben, denn diese Hot Jupiters umkreisen allesamt Sterne, die ihre T-Tauri-Phase hinter sich haben. Wenn ein Planet in 1 AU Entfernung 299/300stel seiner Masse verlieren soll, wie sieht denn das erst bei einem Planeten in einer Entfernung von 0.05 AU aus? Dass die Planeten später erst dorthin gekommen sind, ist nicht besonders plausibel, denn es gibt kaum Mechanismen, die sie dorthin bringen können (und die, die es gibt - Begegnungen zwischen Gasriesen im Sternsystem - machen es viel wahrscheinlicher, dass der Planet in den Stern fällt oder in den interstellaren Raum geschleudert wird, als dass er sich in einem winzigen, kreisförmigen Orbit um den Stern wiederfindet). Bleibt nur noch die Idee, dass die heutigen Hot Jupiters die Kerne von sehr viel grösseren Planeten / Braunen Zwergen / Sternen waren, aber auch das halte ich für unglaubwürdig: einige haben zwar einen recht hohen Anteil von schweren Elementen (was sogar auf den ersten Blick in die Theorie des Gasverlustes passen würde!), aber für die meisten gilt das eben nicht: sie haben eine ähnliche Massenverteilung (Anteil schwere / Anteil leichte Elemente) wie die Gasplaneten des Sonnensystems (das alles weiss man aus der Beobachtung von Transitplaneten), was dagegen spricht, dass sie die Verdampfungsprodukte sehr viel grösserer Körper darstellen (die leichten Elemente würden schneller entfliehen als die schweren).

Was aus meiner Sicht für den Georeaktor sprechen würde: Die genannten He-3 Werte, wobei, da gibts auch andere Erklärungsansätze. Zudem, wenn der Georeaktor der Erde bald ausgehen würde und das Erdmagnetfeld tatsächlich vom Georeaktor erzeugt werden würde, dann wäre es plausibel, dass die Venus, die etwas kleiner ist, ihren Georeaktor bereits verloren hätte und damit auch kein Magnetfeld mehr hätte (was der Fall ist). Allerdings erklärt sich dann das Magnetfeld von Merkur nicht mehr, und das fehlende Magnetfeld der Venus passt auch gut zu ihrer geringen Rotation im herkömlichen Geodynamomodell, wo die Rotation eine wichtige Rolle spielt.

Fazit: Scheitert zumindest an der 300-Erdmassen-Sache.

Wenn man sich die Seiten des "Autors" dieser Georeaktorthese anschaut, erkennt man, dass er eine Form von Erdexpansion vertritt, die zwar weniger drastisch ist als die "klassische" Erdexpansion (mit der ich mich hier: http://www.final-frontier.ch/Erdexpansion befasst habe), aber trotzdem an den gleichen Problemen leidet. Masse kann der Georeaktor nämlich nicht produzieren, mit der Folge, dass die Gravitation auf der früheren Erde stärker gewesen wäre, zudem gibt es dann da ein Problem mit der Rotationsgeschwindigkeit. Auch, dass die Expansion der Erde "seit kurzem" abgeschlossen ist, scheint mir ein allzu grosser Zufall zu sein... Auch die Sache mit den "Decompression Cracks", die er auf seiner Webseite vertitt, funktioniert so nicht: denn die Cracks würden sich (aufgrund Aufschmelzung durch Dekompression) schnell mit Material (Magma) von unten füllen, lange bevor eine überliegende Platte darin abtauchen könnte.
 
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albert

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Hi Bynaus

merci vielmaal !

Da scheint mir die Wahrscheinlichkeit des Georeaktors eher klein zu sein. Aber eben, man müsste nachschauen...

Die Geschichte mit der Erdexpansion ist irgendwie reizvoll ( wie das Ballonmodell des Alls...) aber sicher falsch.

Aber schon interessant, wie auch heute noch die unglaublichsten Theorien im Äther herumgeistern

:)
 

hardy

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Was aus meiner Sicht für den Georeaktor sprechen würde: Die genannten He-3 Werte, ...

Um welche Art Reaktor geht es eigentlich?

Zunächst dachte ich an einen Kernspaltungsreaktor, weil in früherer Zeit, vor mehr als zwei Mrd. Jahren, die U-235-Anreicherung mehr als 3 % betrug und somit ein homogener Kernspaltungsreaktor realisierbar gewesen wäre (vgl. Oklo-Reaktor). Dann hätte der Erdkern genügend Uran enthalten müssen, was nicht auszuschliessen ist.

Nun lese ich aber von He-3, was auf einen Fusionsreaktor hindeuten würde. Diese Vorstellung erscheint mir mehr als abenteuerlich. Die Erde - eine verhinderte Sonne? Dann wohl eher Jupiter!

Die heutige Physik ist in der Lage, die Bedingungen für eine Kernfusion anzugeben. Ich jedenfalls sehe die Bedingungen für eine Kernfusion im Erdinnern als nicht erfüllt an.

Gruss
hardy
 

Bynaus

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Um welche Art Reaktor geht es eigentlich?

Um einen Kernspaltungsreaktor auf der Basis von Uran. Die dabei entstehenden freien Neutronen könnten mit Wasserstoffatomen kollidieren und so Tritium bilden, das mit einer Halbwertszeit von 12.5 Jahren zu He-3 zerfällt.

Nach herkömlicher Auffassung kann es Dinge wie den Oklo-Reaktor nur in der Erdkruste geben: 70% allen Urans der Erde befinden sich hier. Dies liegt daran, dass es sich bei Uran um ein sehr "inkompatibles" Element handelt, das sich schlecht in Kristalle einbauen lässt und das deshalb immer mit der Restschmelze weiter in Richtung Oberfläche aufsteigt. Die Krustengesteine sind deshalb, verglichen mit dem Rest der Erde, stark mit Uran angereichert.

Deshalb kann man eigentlich so viel Uran im Erdkern ausschliessen (selbst, wenn die Erde aus Enstatit-Chondriten entstanden wäre, auch diese enthalten nicht die kritische Menge Uran für einen Reaktor! - daher auch der "Umweg" über die angebliche 300-Erdmassen-Erde...).
 
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