Jeder Stern hat doch einmal so angefangen?
Nein. Wie gesagt, Sterne entstehen, wenn Fragmente von interstellaren Molekülwolken unter ihrem eigenen Gewicht kollabieren. Manchmal zerfallen sie in einen, manchmal in zwei, drei, neun "Sub-Fragmente". Auf diese Weise entstehen Sterne und z.T. auch Braune Zwerge (wobei Braune Zwerge vermutlich auch aus der protoplanetaren Scheibe des Sterns wachsen können), für Planeten in der Scheibe wird diese Entstehungsweise ebenfalls diskutiert, ist aber äusserst umstritten.
Deswegen gibt es ja die Überlegungen, dass, wenn ein frisch gezündeter Stern das restliche Gas aus seiner näheren Umgebung hinausbläst (dies funktioniert aber nur bis zu einer bestimmten Entfernung, bei der Sonne wahrscheinlich bis hinter den Asteroidengürtel), dieses von den äußeren Planeten sozusagen im Vorbeiflug aufgesammelt wird. Dann könnte auf jeden Fall ein ohnehin schon sehr massereicher Gasriese seine Masse bis zur kritischen Masse erhöhen und es zur Zündung eines weiteren Sterns in dem betreffenden System kommen. Auf diese Art und Weise sind (meinem bisherigen Kenntnisstand zufolge) viele Doppel- oder Mehrfachsterne entstanden.
Nein. Siehe oben. Das "Einfangen" von Gas, das vom Stern weggeweht wird, durch einen Planeten ist - sorry - völliger Blödsinn, weil der Planet, gemessen am gesamten Raum, der den Stern umgibt, extrem klein ist und das Gas diesen Raum aber, vor allem, wenn es mit Fluchtgeschwindigkeit unterwegs ist (sonst könnte man ja nicht von "herauswehen" sprechen), sehr schnell durchquert hat...
Das Problem liegt aber woanders: Die gesamte Scheibe enthält in der Regel nicht genug Material, um einen zweiten Stern zu bilden (der protoplanetare Nebel hatte allerhöchstens 0.1 Sonnenmassen (wahrscheinlich viel weniger) - das würde knapp für ein kleines Sternchen reichen, wenn da nicht die Akkretion des Nebels auf die Sonne wäre).
Selbst, wenn man das beiseite schiebt und halsbrecherisch hohe Akkretionsraten auf den Gasplaneten, der zum Stern werden will annimmt (man bedenke: je schneller die Akkretion, desto heisser das Objekt, desto ineffizienter die Akkretion - der Prozess ist also selbstlimitierend), bringt man in der Zeit, in der die Gasscheibe vorhanden ist, keinen Stern zu stande. Maximal einen leichten Braunen Zwerg.
Warum sollten dann anschließend alle diese Sterne eines Mehrfachsystems um einen gemeinsamen Schwerpunkt kreisen? Und wie werden sie dabei ihren Drehimpuls los?
Warum nicht? Wenn sie nahe genug beieinander entstehen? Die Sterne in einer Sternentstehungsregion sind sehr dicht gepackt - innerhalb eines Lichtjahrs kannst du einige 1000 Sterne haben... Und wer sagt, dass sie ihren "Drehimpuls" verlieren müssen? Die Sache mit dem Drehimpuls lässt sich auf die Sonne anwenden, weil die Sonne zwar den grössten Teil der Masse, aber den kleinsten Teil des Drehimpulses hat - irgendwie muss sie also ihren Drehimpuls "losgeworden" sein. Eine solche Erklärungsnot hat man bei Doppelsternen nicht, denn sie umkreisen sich ja bereits und müssen folglich keinen Drehimpuls mehr verlieren - es sei denn, sie nehmen in ihrem jeweiligen "Untersystem" wiederum den kleinsten Teil des Drehimpulses ein, womit man wieder erklären müsste, wo der hin ist (z.B. Planeten). Aber wenn zwei Unterfragmente einer Wolke zu zwei Sternen, die sich umkreisen kollabieren, dann gibt es keinen Drehimpuls, den man "wegerklären" muss...
Unter anderem durch "Injektion" dieser Wolke mit schwererem Material aus einer SN-Explosion.
Niemals. Das "schwere Material" hat, im Vergleich zur Wolke, eine vernachlässigbar geringe Masse. Der Kollaps kann verschiedene Ursachen haben, er kann durch eine Supernovaexplosion (bzw. deren "Schockwellen") beschleunigt werden, funktioniert aber auch so. Molekülwolken sind nun mal dynamische Gebilde, die von Dichtewellen durchlaufen werden - steigt die Dichte in einem bestimmten Bereich über einen Grenzwert, kollabiert dieser Bereich.
und trotzdem werden es nicht weniger!
Sicher werden es weniger - noch nie etwas von "High Velocity Stars" gehört (es gab da auch einige Astronews-Artikel dazu)? Das kommt immer wieder vor. Sternentstehungsgebiete sind noch wesentlich dichter gepackt als das Zentrum der Galaxis, oder Kugelsternhaufen.
Und dies hängt definitiv mit der in der Antwort an galileo beschriebenen CD-ROM zusammen.
Du willst also im Ernst eine bereits ein paar Jahre alte, populärwissenschaftliche Visualisierung der Entstehung des Sonnensystems als Referenz einbringen, bloss, weil diese so gestaltet war, dass sie dir "plausibel" vorkam? Schau dir mal all die Arbeiten, die zu diesem Thema Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr erscheinen. Das Gebiet entwickelt sich! Diese 1000enden von Arbeiten, das lässt sich nicht so einfach zusammenfassen, vor allem nicht in erschöpfender Tiefe und Breite. Eine solche populärwissenschaftliche Darstellung muss ein stark vereinfachtes, krudes Abbild des damaligen Wissensstandes gewesen sein - wenn überhaupt (das würde bedingen, dass die Macher sich sehr gut mit der Materie und den damals aktuellen Arbeiten auskannten - was ich bei der TV-Sendung Galileo ehrlichgesagt schwer bezweifle...).
Planetare Kerne und der zentrale solare Kern entstanden danach gleichzeitig aus der sich immer schneller drehenden und zusammenziehenden Ur-Wolke. Die Verwirbelungen, die sich dabei in verschiedenen Abständen vom Zentrum bildeten, erwirkten schließlich die Entstehung der planetaren Kerne.
Das ist etwa so, wie wenn ich die Geschichte des zweiten Weltkrieges etwa so zusammenfassen würde: "Deutscher Bösewicht greift alle anderen an, diese schlagen zurück und töten ihn. Viele Tote." Weder besonders richtig, noch besonders detailliert, noch vollständig, noch repräsentativ dafür, was alles an Forschung zu diesem Thema geschieht. Mir ist schon klar, dass du hier aus Platzgründen nicht mehr schreiben kannst, aber die selbe Aussage gilt natürlich für die CD-ROM.
Wird er einfach nur schneller auf seiner Bahn?
Er wird nicht schneller - zumindest nicht in erster Näherung. Du kannst dir das folgendermassen veranschaulichen: Was passiert, wenn Space Shuttle und ISS aneinander docken? Die ISS ist wohl etwa 200 Tonnen schwer, das Shuttle rund 100 - die Masse nimmt also beträchtlich zu. Antwort: gar nichts. Die beiden kreisen immer noch mit derselben Geschwindigkeit um die Erde. Das gleiche gilt für Planeten: Wenn ihre Masse wächst, ändert das ihre Bahn nicht.
Die Formel, die dir mac gegeben hat, ist eine Umschreibung des dritten Keplergesetzes:
http://de.wikipedia.org/wiki/Keplergesetz#Drittes_Keplersches_Gesetz
"Die Quadrate der Umlaufzeiten der Planeten sind Proportional zu den Kuben ihrer Entfernungen."
Du kannst natürlich für die Planetenmasse (M2) auch einen etwas höheren Wert einsetzen - aber weil diese so klein ist gegenüber der Sternmasse, spielt das keine Rolle: die Umlaufzeit bleibt praktisch gleich. Zudem darfst du nicht vergessen, dass die Masse, z.B. von Theia, nicht plötzlich aus dem Nichts auftaucht, sondern schon da war und, wollte man das ganz korrekt machen, auch in die Berechnung mit einbezogen werden müsste. In der einfachsten Vereinfachtung steht in der Klammer (M1 + M2) einfach die Gesamtmasse des Sonnensystems.