Hallo Sebastian,
so richtig ernstnehmen muß man das nicht.
De Sitter weist darauf hin, daß man bei Doppelsternen merkwürdige Bewegungen wahrnehmen könnte, wenn ihr Licht gemäß der Ritzschen Hypothese mal schneller und mal langsamer zu uns unterwegs wäre, je nach der momentanen Relativbewegung des Sterns zu uns.
Als Beispiel rechnet er vor, daß bei gewissen geometrischen Verhältnissen das Licht aus beiden maximalen Elongationen sogar gleichzeitig hier ankäme. Er folgert weiter, daß bei Gültigkeit der Ritzschen Hypothese bei Doppelsternen scheinbare Bewegungen auftreten müßten, die nicht mit Keplerbahnen in Einklang zu bringen seien, und empfiehlt, diese zu verwerfen, wenn sich keine solchen Doppelsterne finden ließen.
Solche Sterne konnten auch nicht gefunden werden, und so gehört die Ritzsche Hypothese längst in die Schublade "widerlegte Hypothesen aus der Geschichte der Physik".
Sekerin versucht nun, diese Sache wieder aufzuwärmen, allerdings mit wenig tauglichen Mitteln:
Er rechnet vor, daß bei den üblichen Bahngeschwindigkeiten von Doppelsternen es nicht möglich sein könnte, solche Sterne, wie de Sitter sie postuliert hat, zu beobachten. Denn wenn das Licht von "links" und "rechts" gleichzeitig hier ankommen sollte, dann wären die geometrischen Verhältnisse so, daß man Stern und Begleiter gar nicht trennen könnte, weil sie zu weit entfernt wären und nur einen Maximalabstand von 1/3 Bogensekunde hätten. (1)
Dann weist er darauf hin, daß die unterschiedlichen Geschwindigkeiten des Lichts bei uns aber trotzdem einen beobachtbaren Effekt hätten. Denn es käme durch den Überholeffekt mal mehr und mal weniger Licht bei uns an, und das könnten wir als variable Helligkeit wahrnehmen. Er schlägt vor, daß manche periodischen Veränderlichen in Wirklichkeit solche Doppelsternsysteme sein könnten, die optisch zwar nicht trennbar seien, aber sich durch ihren Intensitätswechsel verrieten. (2)
Dazu meine Kommentare:
zu (1): Der von de Sitter postulierte Effekt mit den merkwürdigen Keplerbewegungen träte ja nicht nur auf, wenn das Licht um eine volle Halbperiode verschoben ankäme. Auch schon bei wesentlich geringeren Verschiebungen ließe er sich schon beobachten. Und dann gäbe es problemlos rechnerische Beispiele für Doppelsterne, deren Maximaldistanzen im Bereich von mehreren Bogensekunden lägen. Außerdem (aber das konnte Sekerin 1987 noch nicht wissen) sind heute Auflösungen bis 0,01 Bogensekunden möglich (z. B. interferometrisch mit dem VLT).
zu (2): Wenn es sich bei den von Sekerin genannten variablen Sternen um Doppelsternsysteme handelte, dann müßten diese sich bei Gültigkeit der Ritzschen Hypothese dadurch verraten, daß sich die Spektrallinien im Maximum aufspalteten. Denn wenn das Lichtmaximum dadurch hervorgerufen würde, daß sich dort Licht überlagert, welches der Begleiter an zwei verschiedenen Stellen seiner Bahn aussendet, dann müßten die Spektrallinien passend zu den Relativgeschwindigkeiten dopplerverschoben sein, und das eben zur gleichen Zeit in entgegengesetzte Richtungen. Auch das wird nicht beobachtet.
Gruß, mike
P.S.:
Warum Du daneben noch "Jenseits der Lichtgeschwindigkeit" zitierst, ist mir nicht klar. Erstens hat dieses Papier mit Deiner Fragestellung nichts zu tun. Zweitens handelt es sich dabei angeblich um einen alten Jugend-Forscht-Beitrag, zu dem sich der Urheber aber nicht ans Licht traut (auch wenn ich so meine Hinweise habe, um wen es sich dabei handelt).
Und drittens wird für den dort beschreibenen "Darwin-Versuch" immer wieder unter verschiedenen Pseudonymen von Oleg Stolz aus Köln Reklame gemacht.
Und ein anonymes Papier, das von einem anderen propagiert wird, der sich dabei unverhohlen eines Nazi-Vokabulars bedient, ist für mich keiner Diskussion würdig (auch wenn ich dazu einiges Inhaltliches zu sagen hätte).
mike