Jede einzelne dieser Hypothesen verursacht eine Gänsehaut, denn sie laufen alle darauf hinaus, dass womöglich irgendetwas falsch ist an unserem bisherigen Verständnis der Naturgesetze.
Ist der Effekt ein erster unfreiwilliger experimenteller Nachweis heute noch spekulativer und hypothetischer Elemente einer neuen Physik? Ist die Pioneer-Anomalie vielleicht das Resultat von Kräften wie der mysteriösen Dunklen Materie und der Dunklen Energie? Müssen wir in die Konstanten von Masse und Gravitation in unserem Sonnensystem eine weitere Größe einfügen?
Wissenschaftler von der Universität von Portsmouth in England vermuten, dass das Pioneer-Rätsel etwas mit der Feinstrukturkonstante des Weltalls, kurz Alpha, zu tun haben könnte. Von nur wenigen Zahlen hängt das Schicksal des gesamten Universums stärker ab als von dieser. Wäre ihr Wert nur ein wenig anders, dann gäbe es keine Atome und somit kein Leben im Universum.
Interessant ist, dass der Wert der Anomalie in etwa dem Produkt aus der Hubble-Konstanten und der Lichtgeschwindigkeit entspricht. Damit stellt sich die Frage, ob sie in irgendeiner Weise mit der kosmischen Expansion zusammenhängt.
Oder kann man sie in Verbindung mit den Überlegungen der letzten Jahre bringen, die eine Ergänzung des Newtonschen Gravitationspotenzials durch einen weiteren Anteil vorschlagen? In der Teilchenphysik gibt es so etwas in Form des Yukawa-Potenzials, das die Abschirmung des elektrischen Felds eines geladenen Teilchens beschreibt. Womöglich könnte die Pioneer-Anomalie dadurch korrekt beschrieben werden.
Feintuning der Schwerkraft
Auch die Anpassung des Newtonschen Gravitationsgesetzes an die Beobachtungsdaten in einer Weise, dass bei Beschleunigungen unterhalb eines bestimmten Werts eine veränderte Formel gilt, könnte hier passen. Ein solcher Ansatz wurde ursprünglich vorgeschlagen, um die rätselhaften Rotationskurven der Galaxien zu erklären. Diese weichen durch das Vorhanden sein Dunkler Materie von dem ab, was nur durch die Schwerkraft der Sterne zu erwarten wäre. Setzt man den zusätzlichen Parameter so an, dass die Zentrifugalbeschleunigung in den äußeren Galaxienbereichen konstant wird, so kommt man auf einen Wert, der sehr gut zu dem passt, was die Forscher bei den "Pioneer"-Sonden gemessenen haben.