@fbam
– willkommen im Forum.
Das Zwillingsparadoxon besagt ja, dass der Zwilling, der zB einem Raumschiff fliegt, welches sich mit annähernd Lichtgeschwindigkeit fortbewegt, langsamer altert als der Zwilling, der auf der Erde bleibt und sich nicht bewegt.
Das ist ein Knackpunkt in der Formulierung, der zum Zwillingsparadoxon führt.
Die
Zeitdilatation besagt, dass ein Beobachter einem zweiten, zu ihm relativ bewegten Beobachter, zu jedem Zeitpunkt einen langsameren Zeitverlauf
zuschreibt. Das trifft tatsächlich auf beide Beobachter zu, ist also symmetrisch.
Woher weiß man aber jetzt, dass der Zwilling im Raumschiff nicht der ruhende Beobachter ist und sich die Erde mit annähernd Lichtgeschwindigkeit entfernt?
Man weiß es nicht.
Sollte man im Raum nicht das Raumschiff ebenso als Bezugssystem heranziehen können?
Jein.
Man kann die Sichtweise durchaus umkehren, aber die Wahl eines Bezugssystems ist
irrelevant. Jede Argumentation, die das Paradoxon mittels eines bestimmten Bezugssystems lösen möchte, ist
falsch.
Der Kern der Argumentation ist, dass zwar jeder der beiden Beobachter dem jeweils anderen einen langsameren Zeitverlauf im Sinne einer
Zeitkoordinate zuschreiben darf, dass dies jedoch
nichts mit dem über die gesamte Reise kumulierten Zeitverlauf im Sinne der jeweiligen
Eigenzeit zu tun hat.
Das Paradoxon resultiert aus einer schlampigen Formulierung bzw. einer Verwechslung von Begriffen. Dummerweise leiden auch diverse Erklärungen an der selben Krankheit.
Um das zu lösen betrachtet man am besten zwei Reiserouten, in denen kein Zwilling jemals ein Inertialsystem definiert; damit vermeidet man das "
dieser Zwilling ruht immer, der andere nicht, er kehrt um". Diese Aussage trifft zwar zu, liefert jedoch nur eine scheinbare, im Kern jedoch falsche Erklärung.
Es gilt, die Eigenzeiten auf den Borduhren zu ermitteln. Diese existieren
unabhängig von Zeitkoordinaten, und sie bedürfen nicht der Existenz des jeweils anderen Zwillings. Sie sind im Rahmen der Relativitätstheorie je Reiseroute = Weltlinie definiert.
Leider benötigt man zur konkreten Berechnung – nicht zur Messung auf der Borduhren – wieder ein Koordinatensystem. Es ist jedoch wichtig, dass dieses nicht mit einem der Bezugssysteme der Zwillinge verknüpft sein muss; es ist eine reine Hilfskonstruktion.
Am besten vergleicht man das mit der Länge einer Wanderung, berechnet mittels eines GPS-Trackers: die zurückgelegte Strecke ist einzig die Eigenschaft des exakten Wegverlaufs und könnte auch mittels eines mitgeführten Schrittzählers bestimmt werden. Die Nutzung des Trackers und der GPS-Koordinaten ist lediglich ein Hilfsmittel, um die Streckenlänge einfacher zu ermitteln. Das Referenzsystem zur Berechnung der Eigenzeiten entspricht sozusagen dem GPS-Koordinatensystem, die Eigenzeit selbst ist einzig eine Messgröße der jeweiligen Borduhr.
Wenn die Idee soweit klar ist, können wir das für ein konkretes und einfaches Beispiel durchrechnen.