Die Frage und insbesondere ihre Antworten werfen sehr fundamentale Fragen der menschlichen Existenz auf, die hier im Forum schon oft und vielfältig diskutiert wurden. Die Frage "wie weit wird der Mensch gehen" ist sehr gut geeignet dafür, die Begrenztheit menschlicher Existenz (und manchmal auch menschlicher Hubris...) aufzuzeigen: genauso wie jedes menschliche Leben irgendwann beginnen und enden wird, wird auch die Menschheit (oder alles, was aus ihr hervorgehen sollte) irgendwo beginnen und enden. Wir haben unseren gesamten Planeten in unseren Spielplatz verwandelt - aber das wird uns mit dem Universum, nur schon aus fundamentalen Gründen wie der beschleunigten Expansion, der Begrenztheit der Lichtgeschwindigkeit oder der Unmöglichkeit von Zeitreisen, nicht gelingen. Irgendwo, irgendwann wird die Menschheit deshalb an eine echte, letzte "final frontier" treffen, die sie danach nie mehr überschreiten wird (ich hoffe schwer, dass Neil Armstrong's Fussabdrücke auf dem Mond eben nicht diese "final frontier" repräsentieren).
Die Frage ist nun natürlich, wie gross das Gebiet der Raumzeit ist, die von dieser final frontier umrissen wird. Wenn wir annehmen, dass wir nie schneller als mit Lichtgeschwindigkeit reisen werden, dann ist das Gebiet auf jeden Fall auf unseren Zukunftslichtkegel begrenzt, also den Bereich des Universums, den wir mit Unterlichtgeschwindigkeit erreichen können. Aber welche Gebiete werden Menschen innerhalb dieses doch sehr gewaltigen Raumes noch erreichen? Zunächst einmal muss man realisieren, dass die Anzahl Menschen begrenzt ist - wir können uns gar nicht genug "verdünnen", um alle Welten dort draussen auch nur zu besuchen (oder auch nur aus der Nähe - z.B. durch ein Teleskop - zu sehen!). Gäbe man jedem Menschen, der je gelebt hat, seinen eigenen Stern, dann würden wir damit noch nicht einmal alle Sterne unserer eigenen Galaxis abdecken. Nun sind wir Menschen aber auch soziale Wesen, und Zivilisation ist auch kein Ein-Personen-Unternehmen: die Technologie, die nötig ist, um da draussen zu überleben oder die Distanzen zwischen den Sternen zu überbrücken, kann nicht von einer einzelnen Person aufrecht erhalten werden. Deshalb scheint es mir, dass man alle Menschen, die je gelebt haben (etwa 100 Milliarden), wohl höchstens auf ein paar Tausend bis Millionen Sterne verteilen könnte.
Nun könnte man natürlich argumentieren, dass die Anzahl Menschen, die in der Zukunft leben werden, sehr viel grösser sein könnte als die Anzahl Menschen, die schon gelebt haben. Wie in diesem Forum schon oft diskutiert, ist das aus unserer Sicht kein besonders wahrscheinliches Szenario, weil es uns heute lebende Menschen zu extremen statistischen Ausreissern machen würde (was natürlich nicht ausgeschlossen ist, aber in der Abwesenheit von klaren Hinweisen für das Gegenteil ist die Annahme, dass wir wohl eher typische Vertreter der Menschheit sind, klar die realistischere Alternative). Ich würde deshalb annehmen, dass wir innerhalb einer Grössenordnung typische Vertreter der Menschheit sind (dh, zwischen 10% und 90% der Menschheitsgeschichte, bzw. genauer aller Geburten liegen noch vor uns). Damit würde ich die Anzahl Welten, die wir noch besuchen oder besiedeln werden, auf zwischen 0 (nur die Erde) und höchstens ein paar Tausend bis Millionen Sternsystemen ansetzen (ob sich diese in Sonnennähe befinden, oder über das gesamte Universum (im Zukunftslichtkegel) verteilt sind, ist natürlich eine ganz andere Frage, deren Antwort u.a. von der Frage abhängt, ob wir jemals Wurmlöcher bauen werden etc).
Es ist nun jedoch sehr schwierig, sich vorzustellen, wie eine solche Zivilisation, die über einige Tausend bis Millionen Sternsysteme ausgebreitet ist, einfach aussterben könnte. So lange zumindest einige Kolonien das "Feuer der Zivilisation" weitertragen und zerstörte Welten neu besiedeln, gibt es eigentlich doch keine Ereignisse, die eine derart dezentralisierte Menschheit als ganzes zerstören könnten. Oder doch? Ich sehe eigentlich (sehr langfristig gesehen) nur Lösungen dieses "Problems", die durch zwei extreme Szenarien begrenzt werden: 1) Die Menschheit zerstört sich relativ bald selbst, also bevor sie auch nur irgend eine autarke Kolonie da draussen aufgebaut hat. Das ist eine einfache und angesichts des gegenwärtigen Zustands der Welt nicht ganz unrealistische Lösung. Aber natürlich einigermassen deprimierend. 2) Eine Katastrophe, die irgendwann das Leben im ganzen Universum zerstört. Entweder, weil das Universum eine Simulation ist, die irgendwann abgeschaltet wird. Oder, weil es sich in einem falschen Vakuum-Zustand befindet, der sich irgendwann destabilisiert und alle Materie zerstrahlt wird. Oder, weil hocheffiziente, selbstreplizierende Maschinen alle Materie im Universum auffressen. Etc. Könnte man nun natürlich genauso deprimierend finden.
Anderseits muss man sagen, dass auch jede Biographie irgendwann endet. Jede Beschreibung eines Menschenlebens endet irgendwann, entweder mit Krankheit, Unfall, Verbrechen, Verschwinden oder auch nur einem sanften Einschlafen. Ist das nicht genauso "deprimierend"? Wir haben können vernünftigerweise akzeptieren: irgendwann stirbt jeder Mensch. Deshalb sehen wir den Tod in der Regel nicht als deprimierend, sondern als natürlicher Teil des menschlichen Daseins an (was nicht heisst, dass es nicht legitim ist, zu versuchen, Krankheiten oder die biologische Alterung zu stoppen - zu "Unsterblichkeit" im transzendenten Sinn führt das natürlich nicht, so lange es andere Todesursachen gibt, und die wird es immer geben. Aber das nur am Rande.). Genauso muss man das Ende der menschlichen Zivilisation als natürlichen Teil ihres Daseins begreifen. Entscheidend ist nicht, dass der Tod (des Menschen oder der Zivilisation) irgendwann kommt - entscheidend ist, was zwischen Geburt und Tod geschieht.