Es heißt: „Jeder sieht die Welt mit anderen Augen“.
Es heißt: „Jeder lebt in seiner eigenen Realität“.
Oder wie es AdMon sehr treffend formulierte:
Realität ist immer an den individuellen Wahrnehmungshorizont gebunden.
AdMon
Aber hier wird der Begriff „Realität“ für etwas eingesetzt, was eigentlich dem genauen Gegenteil dessen entspricht, wofür er meines Erachtens steht. Realität ist doch keine Ermessensfrage - oder?
Vielleicht haben ich den Begriff ja auch falsch verstanden? Denn nach meinem Empfinden bedeutet Realität das
absolute Soseins der Welt.
Die Realität steht also für den
tatsächlichen Zustand der Welt.
Sie steht für die
unabhängige und
absolute Wirklichkeit.
In ihr offenbart sicht das
wirkliche und
unverfälschte Wesen aller Dinge.
Realität steht für die Tatsächlichkeit von Existenz in seiner
ureigensten Wesenheit.
Sie besitzt einen
universell gültigen Anspruch auf Wahrheit und ist unabhängig von jeder Interpretation - sie kann daher auch nicht gebeugt werden.
Realität ist niemals relativ, aber Relativität ist eine Realität.
Nach meiner Definition kann es daher nichts geben, was nur ein bisschen real oder halbreal ist.
Der allgemeine Sprachgebrauch allerdings lässt zu, dass man diesen Begriff sehr großzügig anwendet, da wir unterstellen, dass das, was wir wahrnehmen, der Realität entspricht.
Wir können die (echte) Realität aber niemals über unsere Sinneswahrnehmungen erfassen. Sinne kodieren lediglich auf elektochemischem Wege gefilterte Außeninformationen, die über Nerven unserem Gehirn zugeleitet werden, damit dieses daraus ein (für uns brauchbares)
Abbild generiert. Dabei greift das Gehirn zusätzlich auf bereits früher gespeicherte Gedächtnisinhalte aus verschiedenen Bereichen zurück und kompletiert somit das zunächst bruchstückhafte Bild.
Die Träger der Außeninformation sind dabei völlig wesensfremd vom späteren Wahrnehmungseindruck.
Die zeitlosen Photonen, die beispielsweise unseren Sehsinn mit der Außeninformationen "Baum" versorgen, sind generell unsichtbar. Sie können im ereignislosen, ungestörten Zustand durch nichts nachgewiesen werden.
Erst durch die Energieübertragung (gleichbedeutend mit der Vernichtung des Photons) durch das Auftreffen auf die entsprechenden Sinneszellen der Netzhaut kommt es zu einem Ereignis = Informationsweitergabe.
Das Grün des Baumes ist nicht etwa eine eigenständige, unabhängige Wesenheit. Grün ist das, was das Gehirn anhand der eintreffenden Nervenimpulse daraus macht. Die dafür verantwortlichen Photonen, bzw. deren Frequenzen sind ja nicht von sich aus grün.
Beim Geruch sind es Moleküle, die erst durch eine chemische Reaktion mit den Riechzellen einen entsprechenden Nervenimpuls auslösen, durch den das Gehirn die Wahrnehmung eines Duftes erzeugt. Die Moleküle selbst haben keinen Geruch.
Beim Schmecken ist es dasselbe. In beiden Fällen verändern sich die Moleküle durch die Reaktion.
Luftdruckschwankungen vermitteln uns über das Ohr auf bekanntem Wege den Eindruck von Geräusch. Auch hierbei erfährt der Informationsträger eine Veränderung gegenüber seines Ursprungszustandes (Druckwellen geben Energie an das Trommelfell ab).
Allein dadurch und die Wesensfremdheit der Informationsträger scheint es schon unmöglich zu sein, die Welt so wahrzunehmen, wie sie wirklich ist.
Kurz: Unsere Vorstellung der uns umgebenden Welt basiert auf den vom Gehirn erzeugten Bildern und subjektiven Eindrücken. Bilder, die zwar nicht die Realität zeigen können, die uns aber die Orientierung in der Welt erst ermöglichen.
Aber da stellt sich einem doch allmählich die Frage nach dem wahren Wesen der Außenwelt.
Der ungestörten Außenwelt außerhalb unseres denkenden Gehirns. Der Realität.
Keine Farben, kein Licht, keine Geräusche, kein Geruch, kein Geschmack, etc.? Aber was dann? Wie ist sie wirklich die Welt? Die Welt außerhalb unseres denkenden und bildgebenden Gehirns?
Ist sie etwa kontur- und substanzlos und nimmt erst Form an, wenn ein Beobachter diesen Grundzustand durch erzwungene Interaktion stört?
Man kann diesen Gedankengang natürlich noch weiterführen und stetig verfeinern - bis hin in den subatomaren Bereich. Die Frage aber wird bestehen bleiben:
"Wie real ist unsere Welt"
Etwas Endgültiges, etwas Reales muss es ja geben, ansonsten gäbe es keine Realität. Und was das bedeuten würde lässt sich gar nicht mehr fassen:
"In der Realität gibt es keine Realität". Paradox?
Wenn nichts real ist, dann muss es eben virtuell sein?
Na dann, gute Nacht allerseits.