Hallo Ralf,
die Frage, ob es eine Illusion ist, die Kernfusion jemals technisch nutzen zu können oder ob einfach der Durchbruch noch nicht erreicht ist, scheint mir eher eine Frage für Spezialisten, die kann ich nicht wirklich beantworten.
Was sich aber z.B. beantworten lässt, ist wieviel Energie sich aus einer Kernfusionsreaktion maximal gewinnen lässt, falls sie technisch nutzbar, zuverlässig und nicht zu teuer ist. Und zwar aus der Verfügbarkeit des Brennstoffs.
Der Eindruck, dass Kernfusion eine praktisch unbegrenzte Energiequelle darstellt, ist nicht immer zutreffend.
Die mit Abstand einfachste Fusions-Reaktion (mit positiv geladenen Kernen) ist offenbar D+T.
Deuterium (D) ist im Meerwasser in mehr als ausreichender Menge enthalten und die Gewinnung ist billig. 300 € soll ein Liter schweres Wasser heute kosten, das Deuterium kostet also bestenfalls 1500 €/kg.
Die Schwierigkeit in der Brennstoffbeschaffung liegt hier im Tritium (T). Das ist heute sehr teuer und wird nur in geringen Mengen gewonnen. Außerdem zerfällt es rasch zu He3. Für eine Kernfusion mit D+T soll es aus Lithium gewonnen werden, durch Spaltung mittels der bei der Kernfusion erzeugten Neutronen. Vermutlich braucht man noch Be9 oder ein Bleiisotop als Neutronenvervielfacher. Die verfügbare Menge an Lithium, Blei und Be9 begrenzt die Energieproduktion. Reichen die verfügbaren Mengen aus um 1 Milliarde EJ zu produzieren?
Die anderen Kernfusionsreaktionen sind viel schwerer zu erreichen.
Wenn wir D+D schaffen und das einigermaßen preiswert, sind wir tatsächlich durch, denn das Deuterium ist im Meerwasser mehr als ausreichend vorhanden.
Bei D+He3 ist es schon schwieriger, da es an He3 mangelt. Auch die populäre Vorstellung He3 aus dem Sonnenwind auf dem Mond abzubauen funktioniert nicht richtig, da nur wenige Millionen Tonnen He3 auf dem Mond vorhanden sind.
In den Atmosphären der 4 Gasplaneten ist sehr viel He3 vorhanden. Fragt sich nur, wie man es herausbekommt. Hier hat Bynaus etwas dazugeschrieben:
https://www.final-frontier.ch/helium-3-vom-mond-lohnt-sich-das
siehe auch die Kommentare.
Bei anderen Fusionsreaktionen sind noch schwerer und zumindest in dünnen Plasma wohl nicht ohne äußere Energiezufuhr selbst erhaltend.
Bei den erneuerbaren Energien ist eine Unterscheidung wichtig, da sehr unterschiedliche Energieformen wie Windenergie, Biomasse, Sonnenenergie, Geothermie oder Wasserkraft zusammengefasst werden.
Nehmen wir als Beispiel die Wasserkraft in Deutschland. Gegenwärtig erzeugen wir ungefähr 600 TWh an elektrischer Energie pro Jahr, davon 21 TWh aus Wasserkraft. Würden wir die Heizung und den Verkehr elektrifizieren würden wir nahezu 1600 TWh benötigen. Könnten wir das alles durch Wasserkraft erzeugen, so wie in Norwegen?
Überschlag: Deutschland hat 357100 km² und 789 mm Niederschlag im Jahr. Davon sind ungefähr 37% Abfluss, der Rest verdunstet. Vom Abfluss ist ein Teil (1/3 bis 1/2) unterirdisch, fraglich ab er genutzt werden kann, nehmen wir an 60% oberirdisch, bleiben 175 mm nutzbarer Abfluss im Jahr. Bei einer mittleren Höhe von 287 Metern sind das 357100*1e6*175*287*9.81 = 1.76e17 J an potentieller Wasserenergie. Bei 90% Wirkungsgrad werden daraus 44 TWh elektrischer Energie pro Jahr, die theoretisch erzeugbar wären, falls man den gesamten Abfluss nutzte.
OK, vielleicht sind es etwas mehr, weil es im Gebirge mehr regnet und da auch der Abfluss höher ist, oder sich auch etwas des unterirdischen Abflusses nutzen lässt. Trotzdem wird schnell klar, dass man 600 oder gar 1600 TWh im Jahr in Deutschland nicht aus Wasserkraft erzeugen kann. Es regnet zu wenig und der Höhenunterschied ist zu klein. Wasserkraft allein geht in Deutschland nicht. Auch nicht als nennenswerter Anteil. In der Schweiz dürfte es besser aussehen, weil der Höhenunterschied größer ist. Wie wäre dort die maximale Menge an elektrischer Energie aus Wasserkraft?
Dagegen wären selbst 1600 TWh pro Jahr in Deutschland durch Photovoltaik mit heutiger Technik zu erzeugen kein Problem. 1700 GW an Photovoltaikanlagen würden ausreichen und nur einen geringen Anteil der Landfläche benötigen. Das Problem liegt hier in der zeitlichen Verteilung der Stromerzeugung. Im Winter ist der Strombedarf höher. Und ob man die Module recyceln kann.
Eine ähnliche Rechnung kann man für die Wasserkraft der Welt aufmachen. Bei 37500 km³ Abfluss, davon die Hälfte unterirdisch, einer mittleren Höhe von 797 m, kommt man (bei 100% Wirkungsgrad) auf 146 EJ pro Jahr oder 40000 TWh maximal. Ungefähr 4100 TWh werden gegenwärtig aus Wasserkraft tatsächlich erzeugt, und man vermutet einen Anstieg auf 6000 TWh bis 2050, wobei sich maximal vielleicht etwa 10000 (?) TWh pro Jahr sich praktisch und wirtschaftlich gewinnen ließen.
Wieviel Platz benötigte Biomasse?
Würde Geothermie funktionieren?
Was ist mit fossilen Brennstoffen? Die heute bekannt Mengen reichen natürlich nicht. Was aber wenn man wesentlich mehr finden würde? Könnte man dann mit fossilen Brennstoffen 1 Milliarde EJ erzeugen? Oder geht das prinzipiell nicht?
Grüße UMa