Was passiert mit einem Neutronenstern am Ende seiner Lebensdauer?

fbam

Registriertes Mitglied
Hallo Forum,

meine Frage könnt ihr ja schon im Titel lesen.

Was passiert mit einem Neutronenstern am Ende seiner Lebensdauer?

Mir ist bekannt, dass ein Neutronenstern ein letztes Stadium in der Lebensdauer eines Sterns ist, aber was passiert denn danach? Irgendwann muss doch auch die gesamte Energie des Neutronensterns aufgebraucht sein.
Konnte leider bisher online dazu nichts finden. Hab vor längerer Zeit, die Frage auch schon mal bei "frag astronews" gestellt, aber kam nie eine Antwort.

Hoffe Ihr könnt mir helfen.

VG
fbam
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
Was passiert mit einem Neutronenstern am Ende seiner Lebensdauer?
Hallo fbam,

ein völlig isolierter Neutronenstern (NS) wird sich wohl hauptsächlich abkühlen und zwar runter bis zur Fermi-Temperatur. Da ein NS praktisch kugelrund ist, kann er keine Energie in Form von Gravitationswellen abgeben. Somit bleibt seine Rotationsenergie abgesehen von Drehimpulsübertragungen auf seine harte Hülle erhalten.
MfG
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Soweit ich mich erinnere, "verdampfen" Neutronensterne sehr langsam durch Abstrahlung von Neutrinos. Das heisst, irgendwann werden sie so viel Masse verloren haben, dass sie in den degenerierten Zustand "zurückspringen" (dh, zu Weissen Zwergen werden). Und als solche kollidieren sie dann irgendwann mit anderen Weissen Zwergen und gehen dabei als Variante der Typ-Ia Supernova hoch.
 

pane

Registriertes Mitglied
Warum sollten weiße Zwerge miteinander kollidieren? Das tun die nur, wenn genügend weiße Zwerge in der Nähe sind, das können die aber auch schon als Neutronensterne tun.

Was heißt "zurückspringen"? Macht es dann "Plopp" und aus dem Neutronenstern ist dann ein weißer Zwerg geworden? Oder geht das langsam vom Rand zur Mitte? Und bestünde der weiße Zwerg dann nicht hauptsächlich aus Eisen und wäre vielmehr ein schwarzer Zwerg? Oder glüht er dann erst richtig? Aber das hört sich sowieso nach sehr sehr langer Zeit an, auch im kosmischen Maßstab.

So viel ich weiß sind alle Neutronensterne, die wir kennen realativ jung. Höchstens ein paar Millionen Jahre. Was ist mit den Sternleichen, die vor meheren Milliarden Jahren entstanden sind?

Gibt es eigentlich eine Entwicklung bei Neutronensternen? Alle Pulsare sind Neutronensterne, aber sind alle Neutronensterne auch Pulsare? Ein Pulsar wird doch nur als solcher erkannt, wenn die Strahlung uns erreicht. Wenn sie woanders hinstrahlt, dann erkennen wir einen Pulsar doch gar nicht. Wenn es der Normafall wäre, dass Magnetpol und Drehachse nahe beieinander liegen, dürfte dies häufig der Fall sein, wenn es aber normal ist, dass sie weit auseinander liegen, dann müssten wir fast jeden Pulsar erkennen.

Jedenfalls passiert es, dass Pulsare sich plötzlich viel langsamer drehen.

mit freundlichen Grüßen
pane
 

ralfkannenberg

Registriertes Mitglied
Warum sollten weiße Zwerge miteinander kollidieren? Das tun die nur, wenn genügend weiße Zwerge in der Nähe sind, das können die aber auch schon als Neutronensterne tun.
Hallo pane,

es handelt sich hier um Zeiträume, die um Zehnerpotenzen das bisherige Alter des Universums übersteigen. Und da steigt dann die Wahrscheinlichkeit, dass Braune Zwerge zusammenstossen und Hauptreihensterne bilden und dass eben auch Weisse Zwerge zusammenstossen.

Was heißt "zurückspringen"? Macht es dann "Plopp" und aus dem Neutronenstern ist dann ein weißer Zwerg geworden?
Analog passiert sowas jetzt schon, dass Weisse Zwerge wieder zu gearteter Materie zurückspringen, weil irgendwo nochmal ein Heliumflash auftritt.

So viel ich weiß sind alle Neutronensterne, die wir kennen realativ jung. Höchstens ein paar Millionen Jahre. Was ist mit den Sternleichen, die vor meheren Milliarden Jahren entstanden sind?
Die Millisekunden-Pulsare sind mehrere Milliarden Jahre alt. Jung sind die Neutronensterne, die man im optischen Licht sehen kann; von denen kennt man meines Wissens aber nur 14 Exemplare.

Gibt es eigentlich eine Entwicklung bei Neutronensternen? Alle Pulsare sind Neutronensterne, aber sind alle Neutronensterne auch Pulsare? Ein Pulsar wird doch nur als solcher erkannt, wenn die Strahlung uns erreicht. Wenn sie woanders hinstrahlt, dann erkennen wir einen Pulsar doch gar nicht. Wenn es der Normafall wäre, dass Magnetpol und Drehachse nahe beieinander liegen, dürfte dies häufig der Fall sein, wenn es aber normal ist, dass sie weit auseinander liegen, dann müssten wir fast jeden Pulsar erkennen.
Spannend wird es, wenn so ein Neutronenstern Masse eines nahen Begleiters akkretiert; dann dreht er sich wieder schneller, so schnell, dass er sich im Millisekunden-Bereich dreht.

Jedenfalls passiert es, dass Pulsare sich plötzlich viel langsamer drehen.
Ich weiss, dieses Zitat habe ich aus dem Kontext herausgerissen; es gehört noch zu Deinem vorherigen Abschnitt. Der Regelfall ist der, dass Neutronensterne im Verlaufe der Zeit immer langsamer drehen. Diese "Drehverlangsamung" ist sogar einer der Parameter, die bei den physikalischen Daten von Neutronensternen ebenfalls angegeben werden.

Noch ein Wort zur Entartung: meist denkt man, dass sei ein Phänomen bei besonders massereichen Sternen. Tatsächlich sind aber auch die schwereren Exemplare der Braunen Zwerge entartet, so dass sie aus physikalischer Sicht "ultraleichte Weisse Zwerge" sind, allerdings ist diese Wortwahl astronomisch irreführend, weil solche Sterne ja weder jemals ein leuchtender Stern waren noch einen Gravitationskollaps erlitten haben.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

pane

Registriertes Mitglied
Die Millisekunden-Pulsare sind mehrere Milliarden Jahre alt. Jung sind die Neutronensterne, die man im optischen Licht sehen kann; von denen kennt man meines Wissens aber nur 14 Exemplare.

Mit dem Alter meinte ich natürlich das Alter als Neutronenstern, nicht das des Vorgängersterns. Es müßte aber auch schon vor Milliarden Jahre Neutronensterne gegeben haben, was ist aus denen geworden?

Mit freundlichen Grüßen
pane
 

ralfkannenberg

Registriertes Mitglied
Mit dem Alter meinte ich natürlich das Alter als Neutronenstern, nicht das des Vorgängersterns.
Hallo pane,

ich auch. Ein Millisekunden-Pulsar entsteht aus einem "normalen" Pulsar. Manche Autoren verwenden die eher esoterisch anmutenden Begriffe "erstgeborene "Pulsare und "wiedergeborene" Pulsare, andere sprechen bei letzteren von rezyklierten Pulsaren.


Es müßte aber auch schon vor Milliarden Jahre Neutronensterne gegeben haben, was ist aus denen geworden?
Selbstverständlich, zumal es ja die massereicheren Sterne sind, die die Hauptreihe zuerst verlassen. Die meisten von denen sind "verstummt", weil sich ihre Drehung so stark verlangsamt hat, dass es nicht mehr ausreicht, energiereiche Pulse abzusenden. Nur wenige von denen konnten dann von einem hinreichend nahestehenden Partnerstern, der sich inzwischen zu einem Roten Riesen aufgebläht hat, Masse absaugen, also akkretieren; bei diesem Prozess werden sie kleiner - entartete Materie hat ja die Eigenschaft, dass sie kleiner wird, je massereicher sie ist, so dass der Pirouetten-Effkt sie schneller macht, und überdies wird bei der Masseakkretierung irgendwie auch noch Drehimpuls übertragen (musst Du bei Interesse einen Physiker fragen, der kann Dir das dann explizit vorrechnen).


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
weil sich ihre Drehung so stark verlangsamt hat
Laut T. Fließbach sind die Gründe dieser Abbremsung noch nicht ganz geklärt. Entweder der Pulsar besitzt keine exakte Kugelform (was ja aufgrund der schnellen Drehung möglich wäre) oder, was wahrscheinlicher ist, der Drehimpuls wird über elektromagnetische Strahlung abtransportiert. Die Rechnungen dazu sind relativ kompliziert.
 

ralfkannenberg

Registriertes Mitglied
Laut T. Fließbach sind die Gründe dieser Abbremsung noch nicht ganz geklärt. Entweder der Pulsar besitzt keine exakte Kugelform (was ja aufgrund der schnellen Drehung möglich wäre) oder, was wahrscheinlicher ist, der Drehimpuls wird über elektromagnetische Strahlung abtransportiert. Die Rechnungen dazu sind relativ kompliziert.
Hallo Bernhard,

ich habe mich bei meinen Bemerkungen zu diesem Thema auf die hier genannte Literaturliste bezogen, vor allem auf die beiden ersten.


Aktuelle Links zu diesem Thema wird man auch hier finden können, vor allem auch in der von mir genannten Arbeit:

Formation of the Galactic Millisecond Pulsar Triple System PSR J0337+1715 - A Neutron Star with two Orbiting White Dwarfs (Thomas Tauris, Ed van den Heuvel)


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Ich

Registriertes Mitglied
Ich möchte noch zwei Korrekturen zu den Beiträgen #2 und 3 von Bernhard und Bynaus anbringen:
- Der Neutronenstern kühlt asymptotisch auf 0 K ab. Wegen der Entartung haben die Teilchen dennoch Bewegungsenergie. Die Fermi-Temperatur ist eigentlich nur eine (sehr hohe) Vergleichstemperatur, bei der die "Fermi-Kante" in der Energieverteilung quasi nicht mehr vorhanden ist. In diesem Sinne kann man alle Temperaturen, die deutlich kleiner sind, als "kalt" bezeichnen und wie am absoluten Nullpunkt rechnen, auch wenn es sich um viele Millionen Grad handelt.
- Neutrinokühlung ist ein wichtiger Prozess in der Früphase eines Neutronensterns. Hier kann es auch zu signifikanten Änderungen in der Struktur kommen. Später hört das auf, die Neutronensterne verdampfen nicht.
 

ralfkannenberg

Registriertes Mitglied
Da ein NS praktisch kugelrund ist, kann er keine Energie in Form von Gravitationswellen abgeben.
Hallo Bernhard,

hierzu habe ich noch eine Frage: man konnte ja - wenngleich nur indirekt - die Gravitationswellen bei Neutronensternen nachweisen.

Ein Schwarzes Loch strahlt meines Wissens auch Gravitationswellen ab (meinetwegen von seinem Ereignishorizont, wobei dieser auch "kugelrund" ist, wenn man mal die kerr-Metrik ausser acht lässt), zumindest aber sehe ich hier qualitativ keinen so grossen Unterschied zwischen der Kugelrundheit der Neutronensterne und der Schwarzen Löcher und der Abstahlung von Gravitationswellen.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
man konnte ja - wenngleich nur indirekt - die Gravitationswellen bei Neutronensternen nachweisen.
Hallo Ralf,

man weiß scheinbar (s. Literatur) aus Messungen, dass die Rotationsperiode von Pulsaren tatsächlich mit einer gewissen Rate abnimmt. Der Drehimpuls muss also irgendwie abgestrahlt werden und das geht per Gravitationswelle nur mit einem nichtverschwindenden Quadrupolmoment der Masseverteilung.

Ein Schwarzes Loch strahlt meines Wissens auch Gravitationswellen ab (meinetwegen von seinem Ereignishorizont, wobei dieser auch "kugelrund" ist, wenn man mal die kerr-Metrik ausser acht lässt), zumindest aber sehe ich hier qualitativ keinen so grossen Unterschied zwischen der Kugelrundheit der Neutronensterne und der Schwarzen Löcher und der Abstahlung von Gravitationswellen.
Das ist meiner Meinung nach Unsinn. Eine kugelsymmetrische Masseverteilung mit Ereignishorizont strahlt lediglich als thermischer Strahler (Hawking-Strahlung). Sowohl Schwarzschild- als auch Kerr Metrik haben keine Anteile, die Drehimpuls vom Schwarzen Loch entfernen. Bei der Kerr-Metrik ist der Drehimpuls eine Konstante. Bei Schwarzschild ist es auch eine Konstante, die eben gerade gleich Null ist. Ferner sind die Komponenten der Schwarzschildmetrik in Schwarzschildkoordinaten alle zeitunabhängig. Da ist also absolut "nix, nada, niente" mit G-Wellen.
MfG
 

ralfkannenberg

Registriertes Mitglied
Das ist meiner Meinung nach Unsinn. Eine kugelsymmetrische Masseverteilung mit Ereignishorizont strahlt lediglich als thermischer Strahler (Hawking-Strahlung). Sowohl Schwarzschild- als auch Kerr Metrik haben keine Anteile, die Drehimpuls vom Schwarzen Loch entfernen. Bei der Kerr-Metrik ist der Drehimpuls eine Konstante. Bei Schwarzschild ist es auch eine Konstante, die eben gerade gleich Null ist. Ferner sind die Komponenten der Schwarzschildmetrik in Schwarzschildkoordinaten alle zeitunabhängig. Da ist also absolut "nix, nada, niente" mit G-Wellen.
Hallo Bernhard,

ich dachte, jeder ruhemassebehafteter Körper strahle Gravitationswellen ab ...


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Ich

Registriertes Mitglied
Hallo Ralf,

In einer Multipolentwicklung ist die niedrigst mögliche Ordnung für Gravitationswellen ein Quadrupol. Der Monopol ist wegen der Massenerhaltung verboten, der Dipol wegen Impulserhaltung. Deswegen ist es minsdestens nötig, dass sich das Quadrupolmoment eines Körpers zeitlich ändert, damit Gravitationswellen entstehen können.
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
ich dachte, jeder ruhemassebehafteter Körper strahle Gravitationswellen ab ...
Hallo Ralf,

ich vermute, Du verwechselst hier "Gravitationswelle" mit "gekrümmter Raumzeit".

Es gilt:

1) Jeder ruhemassebehafteter Körper erzeugt eine gekrümmte Raumzeit
2) Gravitationswellen sind sehr spezielle (dynamische) gekrümmte Raumzeiten. Man rechnet mit ihnen (von Ausnahmen abgesehen) eigentlich nur innerhalb eines sehr speziellen theoretischen Rahmens, d.h. den linearisierten Feldgleichungen. Es gibt dabei vermutlich noch gar keine mathematisch exakte Definition, welche Raumzeiten G-Wellen enthalten.

Deswegen ist Deine Annahme mit Vorsicht zu genießen und innerhalb einer Fachdiskussion mMn falsch.
MfG
 

ralfkannenberg

Registriertes Mitglied
Hallo Ralf,

ich vermute, Du verwechselst hier "Gravitationswelle" mit "gekrümmter Raumzeit".

Es gilt:

1) Jeder ruhemassebehafteter Körper erzeugt eine gekrümmte Raumzeit
Hallo Bernhard,

das weiss ich.

Nein, ich denke, mein Irrtum liegt an einer anderen Stelle: ich dachte bislang, man könne die Gravitation auch als "Austausch" von Gravitonen verstehen, die ja auch im Standardmodell vorkommen.

Und danach habe ich - und hier dürfte mein Irrtum liegen - diese Gravitonen mit Gravitationswellen gleichgesetzt.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
ich dachte bislang, man könne die Gravitation auch als "Austausch" von Gravitonen verstehen
Hallo Ralf,

wenn das so einfach wäre, hätte man sich wohl (TomS wird hier eventuell widersprechen) die gesamte Loop-Quantengravitation sparen können.

die ja auch im Standardmodell vorkommen.
Hm. Na, ob das richtig ist, wage ich zu bezweifeln. Wie gesagt: Die Existenz der "Gravitonen" ist teilweise umstritten.
MfG
 

mac

Registriertes Mitglied

Bynaus

Registriertes Mitglied
@Ich, danke für die Korrektur, da hatte ich was verwechselt.

Die Frage, was mit Neutronensternen geschieht, hängt auch davon ab, ob es einen Protonen-Zerfall gibt oder nicht. Wenn ja, dann wird dies am Ende das Schicksal des Neutronensterns besiegeln. Siehe dazu: http://arxiv.org/abs/astro-ph/9701131
 
Oben