Warum ist die Sonne kein Roter Zwerg?

Mahananda

Registriertes Mitglied
Hallo Jonas,

Wenn ein in der Rotation gebundener Planet seinem Stern immer nur eine Seite zuwendet und diese dadurch deutlich mehr Wärme empfängt als bei einem rotierenden Planeten an seiner Stelle, dann ist das allein mitnichten ein Problem. Die beschienene Seite kann ja trotzdem "genau richtig" beheizt werden, sodass Durchschnittstemperaturen von 15-18 Grad Celsius herrschen. Das ist dann eine Frage des Abstandes. Ein rotierender Planet auf der selben Umlaufbahn wäre möglicherweise zu kalt.

Das klappt aber nur, wenn der Treibhausgasgehalt konstant bleibt. Angenommen, wir haben einen Planeten mit Plattentektonik, dann stellt sich mit der Zeit ein dynamisches Gleichgewicht ein, das lebensfreundliche Temperaturen gewährleistet. So weit, so gut - aber wenn dann Lebewesen entstehen, werden sie über kurz oder lang das CO2 als Kohlenstoffquelle anzapfen, so dass eine Senke entsteht, die über Vulkanismus nicht mehr hinreichend ausgeglichen werden kann. Folge ist, dass der Planet vereist (Schneeballepisode) und möglicherweise nie mehr auftaut, da ein roter Zwerg wesentlich energieärmer strahlt als die Sonne. Dann liegt es an der Effizienz der Plattentektonik, ob sich genügend CO2 wieder anreichert. Falls ja, macht die Biosphäre nach einer Erholungsphase wiederum einen Strich durch die Rechnung, so dass der Planet im Abstand von einigen Millionen Jahren zwischen Vereisung und Überhitzung oszilliert. Das mag für eine Evolution beflügelnd wirken, aber es ist zweifelhaft, ob sich unter diesen Bedingungen höherentwickeltes Leben herausbilden kann, da stabile Klimazonen fehlen, in denen Landpflanzen und Landtiere überleben können. Wenn Lebewesen entstehen, werden sie allenfalls in den Riftzonen ein untermeerisches Habitat besiedeln und dort beschränkt bleiben. Während der Warmzeiten treiben vielleicht Analoga zu unseren Algen auf der Meeresoberfläche und arbeiten via CO2-Verbrauch auf die nächste Vereisung zu, aber für Landleben, das als Voraussetzung für eine Zivilisation gelten muss, die langfristig in der Lage ist, eine Hochtechnologie zu entwickeln, besteht unter diesen Bedingungen keine Chance.

Kurz gesagt: nix passiert, denn es baut sich binnen kürzester Zeit in der Atmosphäre ein eigenes Magnetfeld auf.

Das kann ich allerdings nicht nachvollziehen, denn das Magnetfeld entsteht doch durch die Bewegungen des äußeren Erdkerns. Und wenn ich mir die Magnetfelder der übrigen terrestrischen Planeten ansehe, dann sind sie extrem schwach, was entweder daran liegt, dass der Eisenkern sehr klein und/oder bereits erstarrt ist (Merkur, Mars) bzw. keine Bewegungen stattfinden (Venus), weil die Eigenrotation sehr langsam ist. Ich vermute, dass bei der Erde die Gezeitenkräfte des Mondes einen nicht unwesentlichen Teil dazu beitragen, dass Magnetfeld und Plattentektonik noch aktiv sind. Hätte die Venus einen ähnlich großen Mond wie die Erde besessen, sähe es dort heute bestimmt ganz anders aus.

Bedenkt man weiterhin, dass der Theia-Impakt, der ja ca. 30 Millionen Jahre nach der Formierung des Erdkörpers stattfand, für einen zusätzlichen Energieschub sorgte, der zur Aufheizung des Erdinnern führte, dann kann man vermuten, dass die Erde auch darin eine Sonderstellung im Sonnensystem einnimmt. Hinzu kommt, dass der Mond sich ursprünglich viel näher zur Erde befunden hatte und dadurch der Auskühlungseffekt infolge Gezeitenreibung noch wirksamer als heute verzögert wurde. Vergleichbares müsste man für einen Planeten um einen roten Zwerg annehmen, damit die Plattentektonik in Gang gehalten und die magnetfelderzeugende Bewegung des Eisenkerns aufrechterhalten wird. Ohne großen Mond scheint das nicht zu funktionieren.

Doch angenommen, es geht ohne Plattentektonik und Magnetfeld: Das CO2 würde in den Meeren als Kalkstein ausfällen und wäre der Atmosphäre entzogen. Auch hier entsteht bereits auf abiogenem Weg eine Senke, die langfristig zur totalen Vereisung führt. Ohne Plattentektonik besteht allerdings überhaupt keine Chance, dass sich CO2 in der Atmosphäre wieder anreichern kann. Wie man es auch dreht und wendet: eine gebundene Rotation um einen Stern wirkt sich lebensfeindlich aus. Einerseits schade, aber andererseits wird einem mal wieder klar, was für ein Glück wir mit unserer Erde haben ...

Viele Grüße!
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Mac schrieb:
Ja, hier fehlen mir die genaueren Informationen was z.B. mit dem CO2-Gehalt auf einem (noch) sterilen Planeten geschieht, wenn die Tektonik nachläßt oder aufhört.

Siehe Venus oder Mars. Keine Tektonik mehr, aber immer noch innere Wärme und damit immer noch Reste von Vulkanismus (=CO2 Emission). Der CO2-Gehalt der Atmosphäre kann nur noch zunehmen.

Mahananda schrieb:
Hmm, das Venus-Beispiel hinkt etwas, weil wir hier keine echte gebundene Rotation haben, sondern einen 243 Erdtage langen Venustag. Bei einer gebundenen Rotation nach Art unseres Mondes dauert der Tag viele Milliarden Jahre. Auf der Nachtseite gibt es dann zwar einen Kältepol, der einen Teil der Atmosphäre stabilisiert, aber langfristig müsste die Atmosphäre infolge der Aufheizung auf der Tagseite ausdünnen. Von der Nachtseite strömt zwar kaltes Gas nach, aber auch dieses wird langfristig über die aufgeheizte Tagseite in das Weltall diffundieren.

Es gibt eben keinen Kältepol und keinen Hitzepol: sieh dir die Venus an: ihre Atmosphäre ist isotherm, weil sie einmal in vier Tagen um den ganzen Planeten rotiert. Die Temperatur wird allein durch die Atmosphäre geregelt, über Treibhauseffekt und Reflektivität der Wolken, die Venusoberfläche hat da überhaupt keinen Einfluss. Genauso könnte es auch auf einem "bewohnbaren" Planeten eines M-Zwerges sein, bloss müssten die Parameter derart sein, dass die Oberflächentemperatur statt 700 K etwa 300 K beträgt.

Ein erdähnlicher Planet in gebundener Rotation weist mit großer Wahrscheinlichkeit kein bzw. nur ein sehr schwaches Magnetfeld auf, so dass die Oberfläche nicht vor dem Sternenwind geschützt ist - und damit auch nicht die Atmosphäre vor "Erosion". (...) Weiterhin wird Wasser durch den einfallenden Teilchenstrom in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten, wobei Wasserstoff entweicht.

Es ist das UV-Licht, welches das Wasser spaltet - das lässt sich vom Magnetfeld aber nicht besonders beeindrucken. Die Erosion durch den Teilchenwind ist real, spielt für so grosse Planeten wie die Erde oder Venus IIRC nur eine kleine Rolle (bei Mars hingegen ist das etwas anderes...), auch hier wieder, sieh dir die Venus als Beispiel an: obwohl sie 2/3 so nahe an der Sonne ist (=doppelt so starke Strahlung und Teilchenwind), eine geringere Masse aufweist und zudem kein nennenswertes Magnetfeld besitzt, kann sie trotzdem eine fast hundert Mal so massive Atmosphäre wie die Erde halten.

Wird sie aber zu dicht, sind Wasserkreisläufe nicht mehr möglich

Wie meinst du das? Verdampfung, Transport und Kondensation ist genauso möglich.

Außerdem besteht bei einer dichteren Atmosphäre ein höheres Risiko eines ausufernden Treibhauseffektes

Das kann man so nicht sagen. Ein "ausufernder Treibhauseffekt" entsteht, wenn Treibhausgase und Wärme positiv rückkoppeln (mehr TG -> mehr Wärme -> mehr TG -> etc.) . Das kann auf allen möglichen Arten von Planeten und Atmosphären der Fall sein. Wäre die Venus an der Position von Mars, wäre ein "ausufernder Treibhauseffekt" eine gute Sache...

komet007 schrieb:
Lt. Lesch besteht kein Grund zur Sorge, da unsere Atmosphäre den Teilchenwind und hochenergetische Strahlung von der Sonne auch ohne Magnetfeld abzuschirmen vermag.

Genau. Ohne Magnetfeld wächst einfach die Ionosphäre und übernimmt den Part der Abschirmung, zum Preise einer etwas erhöhten (aber immer noch sehr geringen!) Erosion.

Mahananda schrieb:
Angenommen, wir haben einen Planeten mit Plattentektonik, dann stellt sich mit der Zeit ein dynamisches Gleichgewicht ein, das lebensfreundliche Temperaturen gewährleistet.

Plattentektonik allein ist kein Garant für lebensfreundliche Temperaturen. WENN Plattentektonik, Planetengrösse, Abstand zum Stern, Treibhausgase, Ausmass der Ozeane, innere Wärme etc. GENAU RICHTIG zusammenspielen, KANN sich ein selbstregulierendes System entwickeln, das die Temperatur und die Treibhausgaskonzentration über Jahrmilliarden auf lebensfreundlichem Niveau halten kann, SO DASS sich dann vielleicht eine Zivilisation entwickelt kann, die dieses System dann beobachten kann. Nur WEIL sich auf der Erde ein solches System bilden KONNTE (weil alle Parameter richtig waren), konnten wir uns entwickeln und es überhaupt beobachten. Es ist keinesfalls gesagt (sogar recht unwahrscheinlich), dass auf anderen Planeten mit Plattentektonik sich ebenfalls ein solches System bilden würde, geschwiege denn dass dies sogar der "Regelfall" wäre...

Folge ist, dass der Planet vereist (Schneeballepisode) und möglicherweise nie mehr auftaut, da ein roter Zwerg wesentlich energieärmer strahlt als die Sonne.

Der Planet ist aber auch näher dran (sonst wirds ja nie was mit der lebensfreundlichkeit...). Insofern ist das kein Argument gegen Rote Zwerge per se...

Ich vermute, dass bei der Erde die Gezeitenkräfte des Mondes einen nicht unwesentlichen Teil dazu beitragen, dass Magnetfeld und Plattentektonik noch aktiv sind.

Die Gezeitenwärme die die Erde durch den Mond induziert bekommt ist vernachlässigbar klein gegenüber der Abwärme aus dem Inneren. Die Erde ist einfach der massivste terrestrische Planet im Sonnensystem und deshalb noch immer vulkanisch aktiv / magnetfeldbesitzend (die Venus ist höchstwahrscheinlich auch vulkanisch aktiv, sogar bei Mars dürfte es von Jahrmilliönchen zu Jahrmilliönchen für ein vulkanisches Rülpserchen reichen). Die vergleichsweise schnelle Rotation der Erde ist für das Magnetfeld entscheidend, und es ist natürlich gut möglich, dass diese letztlich auf die "geglückte" Erde/Theia-Kollision zurück geht, insofern würden Mond und Magnetfeld zumindest auf einen gemeinsamen Ursprung zurück gehen. Es stimmt allerdings, dass der Mond möglicherweise hilft, die differenzielle Rotation des Eisenkerns zu gewährleisten, in dem er eben "an der Kruste zieht" und sie so gegenüber dem Kern verzögert.

Bedenkt man weiterhin, dass der Theia-Impakt, der ja ca. 30 Millionen Jahre nach der Formierung des Erdkörpers stattfand, für einen zusätzlichen Energieschub sorgte, der zur Aufheizung des Erdinnern führte, dann kann man vermuten, dass die Erde auch darin eine Sonderstellung im Sonnensystem einnimmt.

Sooo speziell vermutlich auch wieder nicht. Theia war der letzte von vielen Super-Einschlägen, von denen auch die anderen Planeten viele gesehen haben. Die langsame Rotation der Venus, die hohe Dichte von Merkur, vielleicht auch die nördlichen Tiefebenen von Mars - sie alle könnten durch verbliebene Planetesimale geformt worden sein, und alle bildeten sich vermutlich irgendwann in dieser Zeit.

Ohne Plattentektonik besteht allerdings überhaupt keine Chance, dass sich CO2 in der Atmosphäre wieder anreichern kann.

Plattentektonik und CO2-Anreicherung haben nichts direkt miteinander zu tun: siehe die Venus (oder Mars), sie hat keine Plattentektonik (mehr?) und hat doch eine Menge CO2 in der Atmosphäre. Vulkanismus gibt es auch unabhängig von Plattentektonik: Plattentektonik ist einfach eine effiziente Form von Wärmeabbau, die unter bestimmten äusseren Umständen auftritt und bei Änderung dieser Umstände auch wieder aufhören kann. Zusätzlich entfernt sie CO2 aus der Atmosphäre.

Wie man es auch dreht und wendet: eine gebundene Rotation um einen Stern wirkt sich lebensfeindlich aus.

Das sehe ich nicht so - eine etwas dichtere Atmosphäre verteilt die Wärme, das Magnetfeld wird dann auch nicht benötigt (wozu auch?). Statt eines Mondes kannst du auch einen weiteren Planeten im System haben, der über Exzentrierung der Umlaufbahn des lebensfreundlichen Planeten diesem Gezeitenwärme induziert.
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
So, jetzt nochmal zu etwas ganz anderem, nämlichs Macs Einwand mit der breite der bewohnbaren Zone (sorry, der obige Beitrag war zu lang, deshalb die Aufteilung in zwei Beiträge...). Je schmaler diese Zone, desto kleiner die Wahrscheinlichkeit, dass sich irgend ein bewohnbarer Planet darin bildet.

Fazit meiner Berechnungen: Es hilft, aber wir sind noch nicht ganz am Ziel.

Wie habe ich gerechnet?

Die Breite der bewohnbaren Zone steigt etwa quadratisch mit der Sternmasse. Für einen sonnenähnlichen Stern beträgt ihre Breite (1.37 - 0.98 = 0.39 AU) * M^2 (wie breit die Zone wirklich ist, spielt für die unten genannten Prozentangaben für die verschiedenen Spektralklassen keine Rolle, lediglich ihre Abhängigkeit von der Masse (Exponent) hat einen Einfluss). Integriert man das nach der Masse, erhält man (1/3)*(0.39)*M^3. Ich berechne also pro Spektraltyp (abgegrenzt über die Masse) die Fläche unter der Kurve der Breite der Bewohnbaren Zone, das gibt dann einen Ausdruck für die Wahrscheinlichkeit, dass sich dort ein bewohnbarer Planet befindet.

Als Grenzen für die Integrationen habe ich eingesetzt:
G: 0.8 bis 1 Sonnenmasse (noch massivere Sterne leben noch kürzer und wir (die Menschheit) wären schon gar nie entstanden - die Zahlen ändern sich aber nicht gross, wenn wir hier z.B. 1.1 einsetzen)
K: 0.5 bis 0.8 Sonnenmassen
M: 0.08 bis 0.5 Sonnenmassen

Die erhaltenen Flächen multipliziere ich mit der empirisch bestimmten Häufigkeit der verschiedenen Klassen, also grob 5% für G, 10% für K, 80% für M.

Mit diesen Zahlen schaut folgendes Ergebnis heraus: Der Heimatstern eines bewohnbaren Planeten ist zu 23% ein G-Stern, zu 26% ein K-Stern und zu 51% ein M-Stern.

Macs Ansatz ist wirklich bemerkenswert, weil er die grosse Überzahl der M-Sterne zu einem Grossteil kompensiert. Nun hat ein bewohnbarer Planet immerhin mit ca. 50% Chance keinen M-Stern als Heimatstern. 23% ist schon ein bemerkenswert "kleines" Glück, verglichen mit 5% (dem Anteil der G-Sterne an der Sternpopulation).

Hier kommt aber nun die begrenzte Lebensdauer der planetaren Biosphäre, und zwar von Seiten Planet her, ins Spiel. Sagen wir, egal wie alt der Stern wird, ein lebensfreundlicher, erdähnlicher Planet hat ohnehin nur ca. 5 Mrd Jahre Zeit, um eine Zivilisation hervorzubringen, weil er sonst zu stark ausgekühlt ist, die Plattentektonik erstarrt und die biosphärenkritischen Kreisläufe zum erliegen kommen (natürlich kann diese Zahl mal ein bisschen nach oben oder unten schwanken, je nach ursprünglicher Konzentration von radioaktiven Elementen oder je nach Planetenmasse, aber insgesamt sollten wir mit der Erde auch hier - einmal mehr - nicht allzu untypisch sein).

Stellt euch nun vor, ihr müsstet einen potentiell lebensfreundlichen, zivilisationshervorbringenden Planeten in einem Sternsystem beliebiger Spektralklasse "einsetzen", wobei die Entwicklung einer Zivilisation als "Gewinn" gilt, wo hättet ihr die grösste Gewinnchance? (letztendlich entspricht die Antwort auf diese Frage der gesuchten Antwort auf die Frage nach dem typischen Heimatstern, den eine Zivilisation beobachtet.) Bei einem Stern, der massiver ist als die Sonne, wäre die Zeit, die der Stern der Biosphäre zur Verfügung stellt (bei der Sonne ebenfalls ca. 5 Mrd Jahre), kleiner als die Lebensdauer, die der Planet von sich aus bereit stellen würde: man würde also seine Gewinnchancen unnötig schmälern. Bei einem Stern, der deutlich kleiner ist und deshalb eine längere Flare-Phase besitzt, geht kostbare Zeit verloren, weil die Uhr der Entwicklung hin zur Zivilisation wegen der Flare-Phase erst später zu laufen beginnt: wenn also z.B. die Flare-Phase 1 Mrd Jahre dauert, dann hat man von Seiten Planet her nur noch 4 Mrd Jahre für die Entwicklung einer Zivilisation. Man braucht also einen Stern, dessen Flare-Phase so kurz wie möglich ist, das heisst, er muss so massiv sein wie nur irgend möglich. Weiter wird die Breite der bewohnbaren Zone, wie von Mac erklärt, kleiner mit kleinerer Masse, so dass auch hier grössere Sterne bevorzugt werden (das müsste man noch quantifizieren, siehe unten).

Das heisst, die Gewinnchance ist dort am grössten, wo 1) die Flare-Phase so kurz wie möglich ist, 2) die bewohnbare Zone so breit wie möglich ist, aber 3) die Lebensdauer, die der Stern der Biosphäre gewährt, nicht kleiner ist als die Lebensdauer, die der Planet der Biosphäre gewährt. Die ersten beiden Punkte favorisieren massive Sterne, der dritte limitiert die Masse des Sterns nach oben: am Ende ist der ideale Stern jener, der der Biosphäre die gleiche Lebensdauer einräumt wie der Planet selbst. Da es kaum Planeten geben wird, die ihren Biosphären eine Lebensdauer von einigen 100 Mrd Jahren ermöglichen, können M-Sterne keine typischen Heimatsterne von Zivilisationen sein, ja es ist sogar zu bezweifeln, ob es überhaupt Zivilisationen um M-Sterne geben kann (ausser solche, die sich hyperschnell entwickelt haben, kurz bevor sich das Türchen der planetar begrenzten Biosphärenlebensdauer schliesst - die dürften aber nicht besonders häufig sein). Wenn wir sagen, die typische Lebensdauer, die Planeten ihrer Biosphäre gewähren, ist ca. 5(+-2) Mrd Jahre, dann müssten wir also auf Sterne setzen, die den Biosphären ihrer Planeten ebenfalls eine Lebensdauer von 5(+-2) Mrd Jahre einräumen, und das wären dann wohl eben G Sterne. Und das allein mit den Annahmen, dass die Flare-Phase die Entwicklung von Zivilisationen verhindert und Planeten die Lebensdauer ihrer eigenen Biosphären begrenzen.

Das könnte man nun noch versuchen zu quantifizieren. Die Breite der bewohnbaren Zone, die Häufigkeiten der verschiedenen Sternklassen, die Lebensdauer ist alles mehr oder weniger einfach, die Sache mit der Flare-Phase schwieriger, bisher habe ich da noch nichts gutes gefunden, vielleicht, wenn jemand mitsuchen will, gesucht wäre ein Diagramm, das die Dauer der Flare-Phase gegen die Sternmasse aufträgt.
 

Mahananda

Registriertes Mitglied
Hallo Bynaus,

Plattentektonik allein ist kein Garant für lebensfreundliche Temperaturen.

Nein sicher nicht. Das war auch nur als Kann-Szenario gemeint. Wenn der Abstand günstig ist, kann sich außerhalb der habitablen Zone mit Hilfe der Plattentektonik eine Temperatur einstellen, die lebensfreundlich ist. Muss aber nicht. Das war von mir missverständlich ausgedrückt worden.

Der Planet ist aber auch näher dran ...

Ja, aber die Vereisung würde ja zeitlich nach der Entstehung von Lebewesen einsetzen, so dass die ursprünglich vorhandene Lebensfreundlichkeit wieder verloren geht (außer vielleicht in den Riftzonen). Ob dann der CO2-Gehalt wieder einen kritischen Wert erreicht, der zum Auftauen führt, ist zumindest fraglich.

Sooo speziell vermutlich auch wieder nicht.

Im Zusammenhang mit der Mondentstehung schon. Es stimmt zwar, dass auch anderswo heftige Einschläge stattfanden, aber unser Mond hat eben dafür gesorgt, dass das Erdinnere wesentlich länger in Bewegung blieb als bei den anderen terrestrischen Planeten.

Vulkanismus gibt es auch unabhängig von Plattentektonik ...

Das ist unbestritten. Aber Plattentektonik sorgt dafür, dass es mehr Vulkane über einen längeren Zeitraum sind - und damit ein kontinuierlicher Rückfluss von CO2 in die Atmosphäre erfolgt. Inwieweit auf Venus und Mars von einem kontinuierlichen Vulkanismus gesprochen werden kann, der die Atmosphäre mit CO2 anreichert, ist mir nicht bekannt. Ich vermute, dass es in unregelmäßigen Abständen Phasen der Aktivität gegeben hat, die jeweils nicht lange andauerten. Entscheidend dürfte sein, dass über Plattentektonik CO2 nicht abgereichert wird, sondern im Gegenteil, dass als Kalkstein abgereichertes CO2 in den Kohlenstoffkreislauf wieder eingespeist wird. Ohne diesen Mechanismus würde die Atmosphäre auskühlen.

... kann sie trotzdem eine fast hundert Mal so massive Atmosphäre wie die Erde halten.

Ja, weil nur noch das schwere CO2 übriggeblieben ist. Das hatte ich weiter oben in meinem Beitrag als mögliche Option für einen stabilen Endzustand ausgeführt.

Genauso könnte es auch auf einem "bewohnbaren" Planeten eines M-Zwerges sein, bloss müssten die Parameter derart sein, dass die Oberflächentemperatur statt 700 K etwa 300 K beträgt.

Aber diese Überlegung geht nicht auf, denn bei 300 K und einem ausreichend hohen Atmosphärendruck ist Wasser flüssig und löst CO2. Selbst wenn wir Wasserdampf als Treibhausgas mit einbeziehen und ein abiogen entstandenes Gleichgewicht erwägen, ergibt sich spätestens mit der Bindung von CO2 durch Lebewesen eine Senke, die bei einem derart labilen Gleichgewicht langfristig zur Vereisung führt.

Es ist das UV-Licht, welches das Wasser spaltet - das lässt sich vom Magnetfeld aber nicht besonders beeindrucken.

O.K., diesen Part nehme ich zurück ... :)

Viele Grüße!
 

Miora

Registriertes Mitglied
Treibhauseffekte

...da sich das Ganz bezüglich Treibhauseffekte stark ums CO2 dreht, ein paar Anmerkungen.

Das ganze Modell "CO2 wird in Lebewesen eingebaut, führt zur CO2-Senke und die Plattentektonik sorgt durch wohldosierte CO2-Gaben für eine Konstanz" erscheint mir extrem vereinfachend überzogen.

Dass insgesamt mehr CO2 verbraucht wird als durch Verrotten hinzukommt mag sein, dennoch ist dies zu einfach, will man dadurch Vorhersagen für den Treibhauseffekt machen.

Allein schon wenn bei den biologische Vorgängen auch Methan entsteht, ist es nicht mehr so simpel. Methan ist ein viel besseres Treibhausgas als CO2 (glaube 27fach). Dann werden die Abbauprodukte wahrscheinlich auch bei ausserirdischen Stoffwechseln von den Bedingungen abhängen, sprich einmal mehr Methan, dann wieder weniger. Nun nehmen wir noch Schwefelverbindungen hinzu (biologisch, vulkanisch), Ozon, diverse FCKW, Ammoniak, alles was ich jetzt vergessen habe und natürlich Wasserdampf. All das wirkt auf den Treibhauseffekt!

Aber das ist noch nicht alles: Auch Partikel (modern: Feinstaub) sind entscheidend. Haben wir viele Tröpfchen oder wenig, sind diese gross oder klein, welche Moleküle sind in diesen flüssigen Phasen vorhanden. Und wie ist die Reflexionsfähigkeit der Plantenoberfläche? Dann natürlich noch die Dichte der Atmosphäre. Auch hier von der Absorption des Lichts allgemein über unterschiedlich grosse Tröpfchen durch Oberflächeneffekte je nach Dichteunterschieden der Phasen (Zusammensetzung, Druck, Temperatur, oberflächenaktive Stoffe etc.) und Einfluss der Brechungsindizes...

Zudem scheinen mir die Startbedingungen wichtig. Ich bin kein Geologe, aber manche Planeten mögen über Tektonik mehr CO2 abgeben, andere einlagern, je nachdem was für Verbindungen (Kristallite etc) bevorzugt entstehen/entstanden/vorhanden sind...)

Allein Meerwasser als CO2-Senke ist mannigfaltig. Die CO2-Aufnahme ist abhängig von Temperatur, CO2-Partialdruck, pH-Wert und gelösten Mineralien (lösliche, unlösliche Carbonate)

Ich glaube, für das eigentliche Thema ist es fruchtbar, hier Treibhauseffekte aussen vor zu lassen und gegebenenfalls die vielen Möglichkeiten in der Breite der habitablen Zone zu berücksichtigen, wenn man mag.

Gruss,
Miora
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Mahananda schrieb:
Ja, aber die Vereisung würde ja zeitlich nach der Entstehung von Lebewesen einsetzen, so dass die ursprünglich vorhandene Lebensfreundlichkeit wieder verloren geht (außer vielleicht in den Riftzonen). Ob dann der CO2-Gehalt wieder einen kritischen Wert erreicht, der zum Auftauen führt, ist zumindest fraglich.

Warum? Die eingestrahlte Energie vom Stern ist dieselbe. Was du hier geschrieben hast, gilt auch genauso für die Erde im Orbit um die Sonne...

Ja, weil nur noch das schwere CO2 übriggeblieben ist.

Nein, das stimmt so nicht: Die Venusatmosphäre enthält z.B. auch ca. vier Mal mehr Stickstoff (N2) als die Erdatmosphäre (bloss ist der prozentuale Anteil an der Gesamtzusammensetzung des Atmosphäre natürlich sehr viel kleiner), dazu viele weitere Gase.

ergibt sich spätestens mit der Bindung von CO2 durch Lebewesen eine Senke, die bei einem derart labilen Gleichgewicht langfristig zur Vereisung führt.

Auf der Erde funktioniert das Gleichgewicht, "trotz" Leben. Ich sehe nicht, warum das auf einem gebunden rotierenden Planeten nicht funktionieren sollte.

Anders gesagt: Leider kennen wir nur ein einziges solches Gleichgewicht (einen "Sweetspot") - nämlich die Erde. Ich bin sicher, es gibt noch weitere solche "Sweetspots" im Parameterraum, die eine über jahrmilliarden stabile Biosphäre ermöglichen, und ich sehe keinen Grund warum sich nicht einige davon im Paramter-Unterraum "gebundene Rotation" befinden sollen.
 

Mahananda

Registriertes Mitglied
Hallo Bynaus und Miora,

Die Venusatmosphäre enthält z.B. auch ca. vier Mal mehr Stickstoff (N2) als die Erdatmosphäre (bloss ist der prozentuale Anteil an der Gesamtzusammensetzung des Atmosphäre natürlich sehr viel kleiner), dazu viele weitere Gase.

Stickstoff ist im Vergleich zu Wasserstoff 14 mal schwerer. CO2 ist 23 mal schwerer. Argon als einatomiges Gas ist wie Wasserdampf 9 mal schwerer. Der prozentuale Anteil des schwersten Gases CO2 liegt bei 96%, N2 folgt mit etwa 3%, Argon etwa 1%. Wasserdampf existiert nur in den oberen Atmosphärenschichten. Relevant in Bezug auf den Treibhauseffekt ist demnach allein CO2, das bei vorhandenen Wasserflächen infolge des Wasserkreislaufs gelöst und gebunden wird. Demzufolge wird sich der Treibhauseffekt abschwächen. Befindet sich der Planet weit außerhalb der habitablen Zone, führt das bei Unterschreitung eines kritischen Wertes (wobei konkurrierende Effekte wie z.B. andere Treibhausgase, Aerosole usw. durchaus eine Rolle spielen, aber in der Summe einen festen Wert ergeben) zu einer fortschreitenden Vereisung globalen Ausmaßes.

Befindet sich der Planet näher an der habitablen Zone ist es zwar möglich, dass sich die Lage bei 300 K stabilisiert, aber dann müsste entstehendes Leben auf CO2 entweder verzichten oder infolge des Stoffwechsels für gleichwertigen Ersatz sorgen. Methan kann sich zwar anreichern, ist aber andererseits reaktionsfreudiger als CO2 und dürfte ebenfalls als "Futter" willkommen sein.

Auf der Erde funktioniert das Gleichgewicht, "trotz" Leben.

Die Erde hat auch keine gebundene Rotation und bedarf deshalb keiner dichten Atmosphäre, die in der Lage ist, die Temperaturen zwischen Tag- und Nachtseite dauerhaft auszugleichen. Die vergleichsweise dünne Erdatmosphäre ist viel flexibler als eine einmal "ins Rutschen" gekommene dichte Venusatmosphäre, die bei einer gebundenen Rotation nötig wäre.

Ich glaube, für das eigentliche Thema ist es fruchtbar, hier Treibhauseffekte aussen vor zu lassen ...

Warum? Die scheinen bei gebundener Rotation ausschlaggebend für die Abschätzung der Entwicklung höheren Lebens zu sein.

Viele Grüße!
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Stickstoff ist im Vergleich zu Wasserstoff 14 mal schwerer. CO2 ist 23 mal schwerer. Argon als einatomiges Gas ist wie Wasserdampf 9 mal schwerer.

Richtig - aber wo ist die Relevanz? Wie schon erwähnt, die Spaltung von Wasserdampf in Sauerstoff und Wasserstoff geschieht unter UV-Licht. Davon haben die Roten Zwerge weniger, das heisst, die Spaltung geht sehr viel langsamer von statten. Die Flucht aus dem Gravitationsfeld ist entweder thermisch (da spielt ein Magnetfeld keine Rolle) oder über den Sonnenwind. Rote Zwerge haben im Vergleich zur Sonne einen vernachlässigbaren Sternwind. Das heisst, das Fehlen eines planetaren Magnetfelds ist bei einem Roten Zwerg als Heimatstern kein Problem.

Befindet sich der Planet näher an der habitablen Zone ist es zwar möglich, dass sich die Lage bei 300 K stabilisiert, aber dann müsste entstehendes Leben auf CO2 entweder verzichten oder infolge des Stoffwechsels für gleichwertigen Ersatz sorgen.

Das ist hier auf der Erde auch nicht geschehen. Die Planeten von denen ich spreche, befinden sich in der habitablen Zone - eines Roten Zwergs!

Zudem, selbst auf der Erde nimmt das Leben nur einen winzigen Teil des CO2 für sich ein. Der mit Abstand grösste Teil ist in Kalk gespeichert (ca. 50 bar).

Die Erde hat auch keine gebundene Rotation und bedarf deshalb keiner dichten Atmosphäre, die in der Lage ist, die Temperaturen zwischen Tag- und Nachtseite dauerhaft auszugleichen.

Stimmt nicht ganz - die Atmosphäre (und die Ozeane) gleichen durchaus Temperaturen zwischen Tag- und Nachtseite aus. Ich glaube, der Denkfehler, den du begehst, ist die Annahme, dass eine dichtere Atmosphäre automatisch einen höheren Treibhauseffekt bedeuten muss.

Die vergleichsweise dünne Erdatmosphäre ist viel flexibler als eine einmal "ins Rutschen" gekommene dichte Venusatmosphäre, die bei einer gebundenen Rotation nötig wäre.

Eben das meine ich - nochmals: wie kommst du darauf?

Ich weiss nicht, ob du diesen Artikel öffnen kannst:
http://www.springerlink.com/content/g7g53n2123275l32/fulltext.pdf

Zitat: "Recent work by Haberle et al. (1996) and Joshi et al. (1997) has shown that for a planet receiving insolation equal to that on Earth (Ie), a 100 mb pure CO2 atmosphere would ensure sufficient heat flux to the dark side of a SRP (synchronously rotating planet) to preclude atmospheric collapse. For a 1500 mb pure CO2 atmosphere and 0.8 Ie, liquid water (essential for life as we know it) could exist over much of the planet".

Weiter unten heisst wird dann die Temperaturverteilung in drei Fällen betrachtet: 100 mb, 1000 mb (bei Ie), 1500 mb (bei 0.8 Ie):

"On the other hand, the 1000 mb case is a good approximation to Earth’s atmosphere;with tau=0.9* instead of 1.0, temperatures would be just a few degrees lower than those predicted here. This would mean that temperatures suitable for Earth’s arboreal forms could pertain over most of the lit hemisphere. The same is true of the temperature regimes predicted for the 1.5 bar case. A wide, equatoriallycentred strip of the dark side will be > 0°C."

*tau=0.9 ist die "optische Dicke" der Atmosphäre und ist ein Mass für den Treibhauseffekt. Die Erdatmosphäre hat tau=0.9, eine 1 bar CO2-Atmosphäre hat tau=1.0. Scheinbar ist es also so, dass eine pure CO2-Atmosphäre von 1 bar Druck keinen grossen Unterschied zu einer mit der Erdatmosphäre vergleichbaren Atmosphäre macht (der Grund liegt darin, dass in der Erdatmosphäre auch noch andere Treibhausgase aktiv sind).

Im Endeffekt heisst das, dass sogar die Atmosphäre der Erde (!) ausreichend wäre, um ein Ausfrieren der Atmosphäre zu verhindern: kein Punkt auf der Rückseite ist in diesem Fall kälter als -30°C. Mit 1.5 bar CO2 (tau=1.5) und 0.8 Ie (weniger Strahlung als auf der Erde!) schafft man es sogar, dass praktisch die ganze Oberfläche >0°C hat.

EDIT: http://en.wikipedia.org/wiki/Habitability_of_red_dwarf_systems
 
Zuletzt bearbeitet:

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Bynaus,

Im Endeffekt heisst das, dass sogar die Atmosphäre der Erde (!) ausreichend wäre, um ein Ausfrieren der Atmosphäre zu verhindern: kein Punkt auf der Rückseite ist in diesem Fall kälter als -30°C.
interessant! Besonders für das Rechenmodell für McSteve. Ich bin ja qualitativ schon zur gleichen Schlußfolgerung durch die Dunkelphasen der Pole gekommen, wußte aber quantitativ nicht recht, wo ich den Durchschnittswert hin legen soll. Hätte, mehr so aus dem Bauch heraus, -40° gewählt.

Es kann sich allerdings nur um eine Durchschnittstemperatur handeln, da auch auf der Erde Temperaturen gemessen wurden, die nochmal deutlich niedriger sind. (mein etwas veralteter Stand: -78°C)

Herzliche Grüße

MAC
 

Mahananda

Registriertes Mitglied
Hallo Bynaus,

ich fange mal von hinten an:

Im Endeffekt heisst das, dass sogar die Atmosphäre der Erde (!) ausreichend wäre, um ein Ausfrieren der Atmosphäre zu verhindern: kein Punkt auf der Rückseite ist in diesem Fall kälter als -30°C.

Vom Ausfrieren der Atmosphäre war bei mir niemals die Rede. Ich schrieb immer von Vereisung und meinte damit das Ausfrieren der Wasservorkommen an der Oberfläche, also eine globale Eiszeit, die auch die Meere zufrieren lässt. Die Atmosphäre bleibt dabei natürlich erhalten. Dein Zitat belegt zudem das, was ich vorher schon sagte: Die Schattenseite kühlt sich unter 0°C ab, so dass eine globale Eiszeit ausgelöst wird. Aber das ist nicht der Punkt, um den es mir geht, sondern dieser:

... wenn dann Lebewesen entstehen, werden sie über kurz oder lang das CO2 als Kohlenstoffquelle anzapfen, so dass eine Senke entsteht, ...

Das bedeutet, dass das in der Atmosphäre verfügbare CO2 abgereichert wird, so dass sich der Treibhauseffekt abschwächt. Ich gehe dabei davon aus, dass das vorhandene Wasser den größten Teil des ursprünglich vorhanden gewesenen CO2 gelöst und als Kalkstein ausgefällt hat. Das restliche CO2 sorgt nunmehr für angenommene stabile 300 K. Danach entstehen Lebewesen, die CO2 verbrauchen und anderweitig binden, so dass der Gehalt an CO2 in der Atmosphäre wiederum abnimmt. So lange das Wasser flüssig bleibt, werden sich die Lebewesen vermehren und entwickeln, mit der Folge, dass die CO2-Abnahme langfristig sich verstärkt. Irgendwann wird die 273 K-Grenze unterschritten und die Wasserflächen frieren zu. Die hohe Albedo des Wassereises verhindert wirksam ein Wiederauftauen, wenn der CO2-Gehalt nicht deutlich wieder ansteigt. Leben kann sich dann nur noch unter der Eisdecke entfalten.

Die Planeten von denen ich spreche, befinden sich in der habitablen Zone - eines Roten Zwergs!

Die habitable Zone ist der Bereich, in dem flüssiges Wasser möglich ist - gemessen in Bezug auf die Strahlung des Sterns. Durch Treibhauseffekte kann sich ein Planet außerhalb der habitablen Zone befinden und dennoch flüssiges Wasser besitzen. Und ich glaube, in diesem Sinne hatte sich Mac ziemlich am Anfang dieses Threads geäußert. Natürlich kann man das auch so interpretieren, dass sich die habitable Zone unter Berücksichtigung des Treibhauseffekts weiter nach außen erstreckt. Ich vermute, du meinst das in dieser Bedeutung. Meine Überlegungen beziehen sich auf den Fall, dass ein Planet ausschließlich aufgrund von Treibhauseffekten habitabel ist, aber ansonsten außerhalb der habitablen Strahlungsleistung des Sterns liegt.

Ich glaube, der Denkfehler, den du begehst, ist die Annahme, dass eine dichtere Atmosphäre automatisch einen höheren Treibhauseffekt bedeuten muss.

Ich kann darin keinen Denkfehler erkennen, räume aber ein, dass ich den Grad der Zunahme des Treibhauseffektes in Bezug auf die Zunahme der Atmosphärendichte möglicherweise überschätze.

Wie schon erwähnt, die Spaltung von Wasserdampf in Sauerstoff und Wasserstoff geschieht unter UV-Licht. Davon haben die Roten Zwerge weniger, das heisst, die Spaltung geht sehr viel langsamer von statten.

Dafür ist der Planet aber auch näher dran, so dass die Strahlungsdichte größer ist als in 1AE. Außerdem haben wir eine gebundene Rotation, so dass die Spaltung auf der Tagseite langfristig sehr effizient sein dürfte. Auch der Teilchenstrom ist in größerer Nähe intensiver als in 1 AE, so dass der freiwerdende Wasserstoff möglicherweise doch "abgetragen" wird, wenn ein Magnetfeld fehlt.

Viele Grüße!
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Mahananda,

ich habe nur noch wenig Zeit vor unserer Abreise nach Köln, deshalb nur kurz zu
Dafür ist der Planet aber auch näher dran, so dass die Strahlungsdichte größer ist als in 1AE. Außerdem haben wir eine gebundene Rotation, so dass die Spaltung auf der Tagseite langfristig sehr effizient sein dürfte. Auch der Teilchenstrom ist in größerer Nähe intensiver als in 1 AE, so dass der freiwerdende Wasserstoff möglicherweise doch "abgetragen" wird, wenn ein Magnetfeld fehlt.
um bei einem roten Zwergstern genügend Energie (für 300 K) zu empfangen, muß der Planet näher an ihm dran sein. Das ist richtig. Aber die spektrale Verteilung dieser Energie ist um so mehr ins rote verschoben, je niedriger die Temperatur der Sternoberfläche ist. Damit nimmt der UV-Anteil am Strahlungsspektrum überproportional ab. Zum Sternenwind hatte Bynaus schon alles nötige geschrieben.

Die Bedeutung eines Magnetfeldes wird, für die Auswirkungen auf die Atmosphäre und Oberfläche oft völlig überschätzt. Auch mit Magnetfeld treffen die eingefangenen, geladenen Partikel die Planetenatmosphäre, sogar wesentlich konzentrierter als ohne (siehe Nordlichter)

Herzliche Grüße

MAC
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Mahananda schrieb:
Meine Überlegungen beziehen sich auf den Fall, dass ein Planet ausschließlich aufgrund von Treibhauseffekten habitabel ist

Das gilt auch für die Erde! Ohne Treibhausgase wäre sie genauso eine Eiswüste...

Wie gezeigt: Sogar die Erdatmosphäre oder eine nur leicht dichtere Atmosphäre (1.5 bar) reicht schon aus, um auf dem grössten Teil des gebunden rotierenden Planeten die Temperaturen konstant über 0° zu halten.

Wir reden anscheinend aneinander vorbei, ein Grund dafür könnte das hier sein:

Die habitable Zone ist der Bereich, in dem flüssiges Wasser möglich ist - gemessen in Bezug auf die Strahlung des Sterns. Durch Treibhauseffekte kann sich ein Planet außerhalb der habitablen Zone befinden und dennoch flüssiges Wasser besitzen.

Die habitable Zone wird heute eigentlich anders definiert, denn es ist allen klar, dass man bei einem erdähnlichen Planeten die Atmosphäre nicht einfach vernachlässigen kann... Die Innere Grenze ist dort, wo ein Planet wie die Erde aufgrund der erhöhten Sonnenstrahlung so viel Wasserdampf produzieren würde, dass er durch ein sich selbst verstärkendes Treibhaus die Ozeane verlieren würde. Diese Grenze liegt bei etwa 0.98 AU. Die äussere Grenze der habitablen Zone ist dort, wo ein sich selbst verstärkender Eishauseffekt die Erde würde permanent zufrieren lassen (a la Snowball Earth, bloss permanent, weil sich weisse CO2-Eiswolken bilden würden, so dass die Treibhauswirkung des Gases stets neutralisiert wird): 1.37 AU. Ich rede immer nur von diesem Bereich, und nur von Planeten, die sich in diesem Bereich aufhalten. Wenn wir von solchen Planeten um rote Zwerge sprechen, dann werden deren Orbits entsprechend der geringeren absoluten Strahlungsleistung derart skaliert, dass sie die gleiche Einstrahlungsintensität erhalten. Also nichts von "höherer Energiedichte".

Also nochmals: Ein gebunden rotierender, erdähnlicher Planet in der habitalben Zone eines Roten Zwergs kann global die Temperaturen über 0° halten und so ein permanentes Ausfrieren seiner Wasservorkommen verhindern (möglicherweise braucht er dafür etwas mehr Wasser als ein rotierender erdähnlicher Planet), so lange seine Atmosphäre auch nur die 1.5fache optische Dicke der Erdatmosphäre hat, was ungefähr der Erdatmosphäre bei 1.5 bar Oberflächendruck entspricht. Das scheint mir keine unlösbare "Aufgabe" zu sein.
 

Mahananda

Registriertes Mitglied
Hallo Bynaus und Mac,

Damit nimmt der UV-Anteil am Strahlungsspektrum überproportional ab.

Heißt das, dass der Planet vom roten Zwerg quantitativ weniger UV-Strahlung abbekommt als die Erde, obwohl er näher dran ist? Müsste die geringere UV-Dosis nicht durch die größere Nähe kompensiert werden?

Weiterhin: Wie würde sich die länger dauernde Permanent-Bestrahlung mit UV auf der Tagseite auswirken? Müsste es nicht so sein, dass der atmosphärische Wasserdampf über kurz oder lang dennoch gespalten wird, obwohl möglicherweise eine geringere Nettodosis pro Zeiteinheit vom roten Zwerg abgegeben wird?

Wir reden anscheinend aneinander vorbei, ...

Ja, aber nun haben wir das ja geklärt. :)

Das scheint mir keine unlösbare "Aufgabe" zu sein.

Schwer zu sagen. Auf einem wasserreichen Planeten würde das CO2 komplett gelöst werden und Vulkane scheiden neues CO2 wieder aus - wenn das Gleichgewicht stimmt - warum nicht? Aber dann wäre Plattentektonik schon vonnöten, damit der CO2-Nachschub kontinuierlich erfolgt. Inwieweit Lebewesen das Gleichgewicht stören könnten, hatte ich schon erwähnt - schwer kalkulierbar, weil andere Gase (z.B. CH4 oder N2O) die CO2-Senke kompensieren könnten. Aber auch das Gegenteil kann der Fall sein, so dass der Planet vereist. Unklar ist, wie sich die lange UV-Bestrahlung auf der Tagseite auswirkt. Wenn das Wasser gespalten wird, dann wird es für Lebewesen eng, rechtzeitig einen Ozonschild aufzubauen. Gelingt es nicht, wird gebundenes CO2 wieder frei und der Treibhauseffekt ufert aus. Alles in allem: sehr viele Unwägbarkeiten, die es schwierig machen, einen Regelfall abzuschätzen ...

Viele Grüße!
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Müsste die geringere UV-Dosis nicht durch die größere Nähe kompensiert werden?

Nein. Bedenke, die grössere Nähe ist so berechnet, dass der Stern die gleiche Energiemenge von seinem Stern bekommt wie die Erde. Punkt. Nun kommt noch das bei Roten Zwergen verschobene Spektrum hinzu: in diesem sind, verglichen mit der Erde, IR-Wellenlängen übervertreten und UV-Wellenlängen untervertreten. Das heisst, der Planet bekommt etwas mehr IR ab als die Erde, aber etwas weniger sichtbares Licht und etwas weniger UV. Die über alle Wellenlängen eingestrahlte Gesamtenergie bleibt sich aber gleich.

Müsste es nicht so sein, dass der atmosphärische Wasserdampf über kurz oder lang dennoch gespalten wird, obwohl möglicherweise eine geringere Nettodosis pro Zeiteinheit vom roten Zwerg abgegeben wird?

Der Wasserdampf folgt ja der Atmosphäre, er ist gasförmig. Auf der Erde ist auch eine Seite "immer" permanent beschienen, bloss dreht sich der Boden darunter weg. So lange man nicht Aussagen macht, die spezifisch mit dem Boden zu tun haben, sind der gebunden rotierende Planet und die Erde äquivalent.

Alles in allem: sehr viele Unwägbarkeiten, die es schwierig machen, einen Regelfall abzuschätzen ...

Sicher. Aber diese Unwägbarkeiten sind alle nicht unbedingt Rote-Zwerge-spezifisch (bzw. gebunde-Rotation-spezifisch): das gilt einfach für jeden potentiell lebensfreundlichen, erdähnlichen Planeten.
 

Mahananda

Registriertes Mitglied
Hallo Bynaus,

Der Wasserdampf folgt ja der Atmosphäre, er ist gasförmig. Auf der Erde ist auch eine Seite "immer" permanent beschienen, bloss dreht sich der Boden darunter weg. So lange man nicht Aussagen macht, die spezifisch mit dem Boden zu tun haben, sind der gebunden rotierende Planet und die Erde äquivalent.

Aber die Atmosphäre rotiert doch mit der Erde mit. Bei einem gebunden rotierenden Planeten müsste sich die beschienene Oberfläche stärker aufheizen als die Nachtseite. Die Atmosphäre sorgt dann für den "Abtransport" der Wärme durch Winde und damit für den Temperaturausgleich. Im Unterschied zur Erde bleiben die bodennahen Luftschichten jedoch ortsfest (wenn wir ähnliche Windverhältnisse wie auf der Venus annehmen) und somit der UV-Strahlung ständig ausgesetzt. Könnte das nicht ausreichend sein, um den Wasserdampf zu spalten?

Viele Grüße!
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Im Unterschied zur Erde bleiben die bodennahen Luftschichten jedoch ortsfest (wenn wir ähnliche Windverhältnisse wie auf der Venus annehmen) und somit der UV-Strahlung ständig ausgesetzt.

Auf der Venus sind die bodennahen Luftschichten nicht ortsfest: die Windgeschwindigkeit nimmt ab, je näher man der Oberfläche kommt, aber auch dort ist die Atmosphäre letztlich stetig in Bewegung. Zudem, gerade wenn die Venus als Beispiel gelten kann: die Aufspaltung in Wasserstoff und Sauerstoff geschieht in den hohen Atmosphärenschichten, und die bewegen sich ja (bei der Venus) in 4 Tagen um den Planeten...

Ich würde zudem vermuten, dass die Gewässer auf einer solchen Welt ohnehin nicht in der Nähe des Hitzepols zu finden sind, sondern in den gemässigten "Zwielichtzonen".
 

Mahananda

Registriertes Mitglied
Hallo Bynaus,

... dass die Gewässer auf einer solchen Welt ohnehin nicht in der Nähe des Hitzepols zu finden sind, sondern in den gemässigten "Zwielichtzonen".

Bei einer ähnlichen Land/Wasser-Verteilung wie auf der Erde spielen die Beleuchtungszonen wahrscheinlich keine Rolle. Interessant dürfte die Biosphäre einer solchen Welt sein, wo aufgrund der Tag- und Nachtseite zwei grundverschiedene Ökosysteme entstehen würden, die in der Dämmerungszone Mischformen hervorbrächten, die langfristig auf beiden Hemisphären heimisch werden könnten. Jedenfalls haben wir hier völlig andere Evolutionsbedingungen als auf der Erde - eine bipolare Welt eben.

Nun gut, da meine wichtigsten Einwände ausgeräumt worden sind, würde mich der andere Diskussionsstrang interessieren, der die Wahrscheinlichkeit des Vorkommens geeigneter Planeten in der habitablen Zone eines roten Zwergs betrifft. Welche Schlussfolgerungen lassen sich aus den Berechnungen ableiten?

Viele Grüße!
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Welche Schlussfolgerungen lassen sich aus den Berechnungen ableiten?

Du meinst jene Berechnungen, die ich angestellt hatte, und zum Schluss gekommen war, dass, wenn alle anderen Dinge gleich sind, ein erdähnlicher Planet zu ~50% der Fälle um einen Roten Zwerg zu finden wäre sowie zu rund ~25% je um einen Orangen oder Gelben Zwerg?
 

Mahananda

Registriertes Mitglied
Ja, und das hier:

Das könnte man nun noch versuchen zu quantifizieren. Die Breite der bewohnbaren Zone, die Häufigkeiten der verschiedenen Sternklassen, die Lebensdauer ist alles mehr oder weniger einfach, die Sache mit der Flare-Phase schwieriger, bisher habe ich da noch nichts gutes gefunden, vielleicht, wenn jemand mitsuchen will, gesucht wäre ein Diagramm, das die Dauer der Flare-Phase gegen die Sternmasse aufträgt.

Hat sich da schon etwas Neues ergeben?
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Nein, ausser, dass ich herausgefunden habe, dass in Sachen Flare-Aktivität die "e-folding-time" (die Zeit, bis die Flare-Aktivität um den Faktor 1/e abgefallen ist) etwa 1 Mrd Jahre beträgt - allerdings ist diese Aussage nicht Sternmassenspezifisch und hilft somit wenig weiter... (gilt wohl für einen "mittleren" Roten Zwerg von vielleicht 0.3 Sonnenmassen, oder so...)
 
Oben