Wahlsysteme

mac

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Teil 3
In den USA stellen sich immerhin z. B. bei den Republikanern bei Vorwahlen etwa ein Dutzend Kandidaten dem Volk zur Wahl. Dort gibt es zwar nur zwei Parteien, dafür aber mehr innerparteiliche Demokratie und weniger Fraktionszwang.
Hm, es ‚klingt‘ mir gerade noch in den ‚Ohren‘
Es liegt vor allem an der begrenzten Auswahl der Kandidaten und am Wahlsystem. Trump und Clinton sind doch beide ein Witz. (Viel mehr als eine Verhinderung eines neuen kalten Krieges und einem "Fuck you" für das Establishment würde ich von Trump auch nicht erwarten.) Alle anderen Kandidaten waren komplett chancenlos aufgrund des Parteiensystems/Wahlsystems. Und in Deutschland haben wir es mit einem Medien- und Parteienkartell zu tun, das abweichende Meinungen systematisch ignoriert oder bekämpft. Und die Fünfprozenthürde sorgt für den Rest, dass neue vom Mainstream abweichende Parteien meist im Keim ersticken. Aber siehe da: Kaum schafft es eine abweichende Partei wie die AfD ins Parlament steigt auch die Wahlbeteiligung auf allen Seiten. Warum haben vorher weniger gewählt? Weil es für die AfD-Wähler vorher aussichtslos war, etwas zu bewegen, und auf der anderen Seite, weil sich die Unterstützter des Mainstreams ihrer unangefochtenen Herrschaft sicher sein konnten auch ohne zu wählen.
Irgendwie kommt es mir vor, daß Du Dich hier gerade etwas veheddert hast?

Abgesehen davon, ja, es gibt noch mehr (Parteien), aber die bekommen auch nicht genug Kreuzchen zusammen. Ob ich aber das dortige Wahlsystem hier bei uns haben möchte? Führst Du es denn als erstrebenswerte Alternative an, oder meinst Du es im Sinne von Rosinenpickerei? Soweit wie ich das verstehe, haben wir durch Bundestag und Bundesrat eine ganze Reihe gesetzlicher Kontrollorgane, die nicht einfach aneinander vorbeiregieren können. Und das finde ich, im Sinne von Gewaltenteilung, wesentlich besser, weil Macht kontrollierender.

Und da Du hier Personenwahl ansprichst. Mit der Erststimme kannst Du gezielt Personen wählen, welche Deine Interessen im Bundestag vertreten können, nicht müssen, es sei denn sie wollen von Dir und genügend vielen anderen die auch diese Interessen haben, wieder gewählt werden. Nur den König/die Königin oder so, können wir nur indirekt wählen. Das war schon bei Conrad Adenauer ein Problem (auf den Kanzler kommt es an) - für die Anderen. Das ist aber, rein menschlich, in den USA auch nicht anders. (Präsidentenbonus) Nur vielleicht, vielleicht auch nicht, besser gelöst (maximal 2 Amtszeiten). Kommt immer darauf an, wer als Nächste/r kommt.



Ich staune gerade, wie schnell bei Dir aus
Ein anderer Faktor ist das zunehmende Desinteresse der hedonistischen Jugend heutzutage.
ein
Aber heute sind doch typische Fernseh, Handy- oder Computersüchtige alles andere als politikinteressiert.
wird.
Ich vermute mal, daß die typisch drogensüchtigen in Deiner und in meiner Generation währen ihrer Suchtphase daran auch nicht besonders interessiert waren?

Was mich aber eigentlich erschreckt, ist Dein hier kundgetanes Bild der Jugend. Ich frage mich, was ein heranwachsender Mensch im Alter von, was weiß ich, 14,16 Jahren empfindet, wenn ein ihr/ihm nahe stehender Erwachsener ihm/ihr solch eine Verachtung entgegenbringt?

Sich in Spiel-/Chatsucht flüchten?

Um dieses zweifellos existierende Problem mal wenigstens etwas auf den Boden der Tatsachen zu holen:
http://www.schattenblick.de/infopool/medizin/soziales/m7su0639.html

Daß es in meiner Familie gelungen ist diese Klippe zu umschiffen, ist vielleicht einfach nur Glück gewesen, vielleicht hatte es auch damit zu tun, daß ich durch glückliche Umstände nicht zu den, darauf bezogen weniger Glücklichen in meiner Generation gehöre, die dem aufkommenden IT-Boom zunächst mal ziemlich hilflos ausgeliefert waren und ihnen etwas passierte, wofür es, soweit ich weiß, in der Geschichte kein Beispiel gab, nämlich daß Kinder eine Technik (scheinbar) schon relativ jung, viel besser beherrschten, als ihre Eltern und sie daher auch ihre Eltern als weit unterlegen sahen und auch ihre Eltern sie nicht wie sonst eher normal, mit den Risiken und Chancen dieser Technik vertraut machen konnten. Wem willst du das vorwerfen? Und wieviel Erfahrung und Wissen gibt es auf diesem Gebiet, daß wir uns ein Urteil anmaßen könnten, über den ‚selbst verschuldeten‘ Anteil dieser Form von Sucht? (Je tiefer man sich mit einer solchen Thematik befaßt, um so fragwürdiger wird auch der Begriff ‚Schuld‘ in diesem Bereich)

Es wurde uns z.B. auch nicht in die Wiege gelegt, uns im heutigen Straßenverkehr (auch eine, biologisch gesehen, neuere Entwicklung) einigermaßen risikoarm zu verhalten. Das muß man mühsam und aufwändig lernen und selbst Erwachsene die in verkehrsarmen Regionen aufgewachsen sind, sind unsicher, wenn sie sich ab und an mal in sehr verkehrsreichen Gebieten bewegen müssen. Und versuch mal mit Deinen so mühsam erlernten Reflexen z.B. in London zu Fuß eine größere Kreuzung auf eigene Faust und ohne die erst in neuerer Zeit existierenden Hinweise auf dem Boden zu lesen, unbeschadet und mit Ruhepuls zu passieren. Oder vielleicht doch besser nicht.

Herzliche Grüße

MAC
 

mac

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Hallo Ich,

Das vergleiche man mit dem unverholen angewendeten Fraktionszwang. ...
https://www.tagesschau.de/inland/fraktionszwang104.html
Was bitteschön nicht bedeutet, daß ich mit der gängigen Praxis einverstanden bin.

Aber zwischen Deinem Kommentar und dem Inhalt des Links liegt für mich schon ein relevanter qualitativer Unterschied. Und es würde das hiesige Thema nochmal deutlich ausweiten.
Ja, es gehört zwar dazu, aber es befasst sich mehr mit der gängigen Praxis, als mit der ursprünglichen Intention. Und da ist es halt so wie immer, der Teufel steckt im Detail. Sprich, diese Details hier sauber auszuarbeiten, kostet nochmal sehr viel mehr Zeit.



Zu Deinem Vorschlag:
Ich habe mich unabhängig von meiner Entscheidung, besonders auch wegen Deiner Komplimente, sehr darüber gefreut. :)

Dafür: Ich könnte sehr wahrscheinlich wesentlich einfacher und frustärmer mehr zu der Thematik lernen und Deine Posts sind, wenn auch oft recht knapp, aber wenn ich sie verstehe, doch meistens sehr erhellend!

Dagegen: Der Zeitaufwand. Der gleitet mir jetzt schon wieder ziemlich aus der Hand (siehe Uhrzeiten)

So geplant vielleicht in ein paar Monaten, wenn ich ab Mai die potentiell möglichen 'Papa ante portas' Turbulenzen in den Griff kriege ;)

Herzliche Grüße

MAC
 

Ich

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Am Ende müßtest ‚du‘ mit einer solchen Forderung bei unplanbaren Fluchtbewegungen abwägen, zwischen Kontrolle und sterben lassen.
[...]
Hm. Sogar die Mauer in Berlin meinte man nur noch mit Waffengewalt unüberwindbar machen zu können. Und da mußte, soweit ich weiß, keiner ums nackte Überleben willen drüber. Glaubst Du im Ernst, daß Du Menschen die um ihr Überleben kämpfen, allein mit einem Zaun oder einer Mauer aufhalten kannst? Du wirst Männer, Frauen und Kinder in großer Zahl töten müssen, um sie aufzuhalten. Oder glaubst Du wirklich, daß sich die Flüchtlinge die in diesen völlig überladenen Nussschalen auf den Weg über das Mittelmeer machen, nicht wissen wie groß ihr Risiko ist auf diesem Wege zu sterben?
Das ist jetzt zwar bescheuert, mitten rein zu platzen, aber das hier sehe ich als einen absoluten Knackpunkt in der ganzen Debatte. Ich gebe mal meine Meinung dazu, bloß als Denkanstoß, nicht um eine Paralleldiskussion zu starten.

Wenn es so wäre, wie du schreibst, dann wäre die Haltung der einen Seite voll verständlich. Man hat die Möglichkeit, unschuldige Leben zu retten, man rettet Kinder aus dem Bombenhagel und bietet ihnen bei uns Unterschlupf. Und dann gibt es tatsächlich Leute, die würden die Kriegsflüchtlinge abweisen und verrecken lassen und wollen an den Grenzen auf Frauen und Kinder schießen. Das sind natürlich ganz widerliche Gesellen, gegen solche Tendenzen muss man mit allen Mitteln ankämpfen, da müssen alle an einem Strang ziehen, Politik, Medien und Bürger. Und das ist umso dringlicher, da diese Nazis und Rattenfänger hier einen beispiellosen Rechtsruck vollziehen und erhebliche Bevölkerungsteile in diese moralische Verrohung gehetzt haben. Natürlich nur die "Abgehängten", aber da heißt es nicht mehr "wehret den Anfängen", sondern man muss mit äußerster Entschlossenheit gegen eine mögliche Rechtsdiktatur kämpfen. Undsoweiter.
Auf jeden Fall ist es absolut, vollkommen undenkbar, dass ein normal denkender Mensch anderer Meinung ist. Eine Verständigung ist ausgeschlossen, mit solchen Leuten will man auch nichts zu tun haben.

Die andere Seite allerdings sieht eine andere Realität. Die Flüchtlinge, die sich im letzten Jahr auf den Weg nach Europa machten, waren in überwältigender Mehrheit vorher in Nordafrika und der Türkei keiner unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt. Sie waren dem Krieg schon entkommen (nicht, dass es z.B. in Marokko oder auf dem Balkan überhaupt Krieg gegeben hätte). Hätte man sie abgewiesen bzw. dort belassen, wäre keiner ums Leben gekommen. Gestorben sind die Leute beim massenhaften Versuch, von der sicheren Türkei ins sichere Europa zu gelangen. Es sind auch Leute gestorben beim Versuch, von Griechenland nach Mazedonien oder von Frankreich nach England zu gelangen. Daraus zieht die andere Seite den Schluss, dass hier vorrangig wirtschaftliche Motive vorliegen - durchaus legitime womöglich, ein Flüchtlingslager in der Türkei ist sicher kein Ort, wo man sich auf Jahre einrichten möchte. Dazu kommt noch, dass man ja nicht davon spricht, Flüchtlingen temporär Unterschlupf zu gewähren, sondern von Integration und Migration, bis hin zu den angeblich positiven Auswirkungen für die Rentenkasse. Immigration ist sicher eine ganz andere Sache als das Retten von Menschen aus unmittelbarer Gefahr.

Ich denke, wenn man hier miteinander reden will, muss man die Sichtweisen angleichen. Es ist vollkommen klar, dass beide Seiten über grundverschiedene Probleme reden. Das, was du skizziert hast, entspricht definitiv nicht der Wahrheit. Das, was ich skizziert habe, vielleicht auch nicht. Aber es ist klar, dass es zu "Irritationen" kommt, wenn das, was für den einen Begrenzung illegaler Wirtschaftsmigration (zusammen mit erheblich effektiverem Gebrauch von Hilfsgeldern) ist, für den anderen Mord an Frauen und Kindern gleichkommt. Es lohnt sich nicht, über Lösungen zu diskutieren, so lange man nicht wenigstens halbwegs eine gemeinsame Basis in der Realität hat. Also beide Seiten nochmal mal zur Problemanalyse, und dann erst zu Lösungen und notwendigen Maßnahmen (und moralischen Bewertungen derselben).
 
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Dgoe

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Hallo,

vorab vielen Dank @Mac für die viele Mühe, insbesondere diverser Richtigstellungen von Tatsachen mit Quellenangaben und Zitaten.

Ich habe heute morgen einen Artikel gelesen, mit einigen Berührungspunkten zum Verlauf der Diskussion die letzten Tage. Schwerpunkt @Ich & @Nathan.


http://app.wiwo.de/politik/deutschl...fstand-gegen-merkel-wagt/14913684.html?mwl=ok
(3 Seiten, vom 01.12.2016, 06:38 Uhr)


Hieraus einige Ausschnitte und dortige Zitate:

[...]
... die wenigen Abgeordneten, die offene Worte über den Zustand ihrer Partei nicht scheuen ...
[...]
Er [Willsch] gehört zu den ganz wenigen, die öffentlich Kritik üben am Kurs der Bundesregierung und der Parteiführung. Er kritisiert nicht nur das unbedingte Festhalten an der Euro-Rettung, die de facto eine Umwandlung der Währungsunion in eine Transferunion bedeutet, sondern auch die Flüchtlingspolitik.
[...]
[Zitat Krah:]"Niemand ist der CDU beigetreten für eine Politik der unbegrenzten Zuwanderung. Niemand für eine Finanzierung der italienischen Staatsschulden durch die Europäische Zentralbank. Niemand für eine Energiewende, die über die Pläne von Rot-Grün hinausläuft. Niemand hat je einen CDU-Aufnahmeantrag gestellt, damit die Türkei EU-Mitglied wird ..."
[...]
So etwas [anderer Kontext] kann sich natürlich nur jemand wünschen, der nicht von einem Mandat lebt und an keinem politischen Amt hängt. „Berufspolitiker zeigen sich nicht bei uns aus Angst, dass sie das ihren Listenplatz kosten würde“, sagt Wagener. „Die große Mehrheit der Berufspolitiker sind Menschen, die in ihrem erlernten Beruf wesentlich weniger Geld verdienen würden als mit ihrem Bundes- oder Landtagsmandat. Für die ist es eine ökonomische Frage, sich anzupassen.“
[...]
Aber natürlich sind Parteien auch das, und zwar in steigendem Maße: Macht- und Postenzuteilungsorganisationen.
[...]
Wer etwas aus der Reihe tanzt und sich wie Klaus-Peter Willsch bei einer Bundestagsabstimmung offen gegen die eigene Fraktion und Parteivorsitzende stellt, muss mit dem Gefühl einer großen Einsamkeit fertig werden. Und wer über eine Landesliste ins Parlament kam, also vom Wohlwollen zahlreicher Parteifreunde abhängig ist, unterzeichnet damit fast sicher seinen Abschied von der Berufspolitik. Nur wer felsenfest sitzt, weil er ein Direktmandat gewonnen und Rückhalt in seinem Wahlkreis für die nächsten Wahlen besitzt, kann sich das erlauben.
[...]
„Du hast eigentlich Recht“, hätten ihm manche Fraktionskollegen gesagt, „aber ich kann es mir nicht erlauben.“ Andere warfen ihm, vor, sich zu Lasten der Truppe zu profilieren. [...]
Die Fraktionsführung versetzte ihn aus dem Haushaltsausschuss in den Wirtschaftsausschuss.


So gibt es auch bei anderen Parteien und Politikern solche Probleme, alles eng mit dem Wahlsystem verknüpft.


Gruß,
Dgoe

P.S.: @Mac: Kann Dich keiner vertreten zwischendurch? ;)
 

Dgoe

Gesperrt
@Ich:

diesem Post #104 schließe ich mich ebenso an, mit einem Vorbehalt, was das Thema Wahrheit betrifft, im Sinne von Wirklichkeit. Dazu möchte ich Paul Watzlawicks 'philosophisches Standardwerk': "Wie wirklich ist die Wirklichkeit" in Erinnerung rufen (der Link führt zu einem Hörspiel bei Youtube, allerdings mit guten 50 Minuten deutlich kürzer, als ich gebraucht hatte für das Buch).



@Mac:

Gehört das auch zur Schwarmintelligenz? Ach nee, das war ja Dgoe.

Ähm, moment, ich bin einzig in dem zweiten langen Post von Aries auf einen einzigen Punkt abmildernd eingegangen, hinterher gewesen (auch @RPE: nicht allgemein). Ansonsten bin ich, soweit erinnern könnend, buchstäblich anderer Meinung, mehr oder weniger.
Nur wie schon einmal ausgedrückt, kann ich nicht darauf eingehen, auf 10-20 neue Themen. Dazu bräuchte ich viel zu viel Zeit zu.

Dir bin ich dankbarer, als Du womöglich dachtest.


Nicht desto trotz finde ich ja dennoch meine Krümmelchen:

Mac schrieb:
man muß halt nur zur Wahl gehen und seine Kreuzchen malen.

Genau dies, jedoch ist die Auswahl äußerst unbefriedigend und demotivierend und damit meine ich nicht die Menge an Parteien und Repräsentanten.


Soweit wie ich das verstehe, haben wir durch Bundestag und Bundesrat eine ganze Reihe gesetzlicher Kontrollorgane, die nicht einfach aneinander vorbeiregieren können. Und das finde ich, im Sinne von Gewaltenteilung, wesentlich besser, weil Macht kontrollierender.

Moment, die angesprochenen Organe sind lediglich Bestandteil des hiesigen repräsentativen Wahlsystems. Gewaltenteilung (Lesislative, Judikative, Exekutive) wie auch der konkrete Inhalt der Menschenrechte, stehen hier überhaupt nicht zur Debatte, null, kein bißchen.


Grüße,
Dgoe
 
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Aries

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“Weimarer Reichsverfassung von 11. August 1919 schrieb:
Artikel 145
(1) Es besteht allgemeine Schulpflicht.
Soweit ich weiß, waren Ausnahmen dazu bis 1938 noch zulässig. Siehe: http://www.netzwerk-bildungsfreiheit.de/pdf/Geschichte_Schulzwang.pdf

Ich habe jetzt allerdings nicht selbst alle Gesetze dazu von damals genau durchgelesen. Also geschenkt.

mac schrieb:
Da solltest Du mal nachlesen, wie z.B. die erzkatholische bayrische Landbevölkerung diese Sache gesehen hat.
Von meiner Mutter weiß ich aus einem anderen Teil Deutschlands, dass die ostdeutschen Vertriebenen damals sehr ausgegrenzt waren. Aber schon eine Generation später waren sie integriert. Heute gibt es keinerlei Paralellgesellschaften, die auf ostdeutsche Heimatvertriebene zurückgehen. Anders ist es bei den Gastarbeitern aus dem islamischen Kulturraum gelaufen.

mac schrieb:
das ist ein interessantes Argument!

Für mich setzt Du damit, unter Einbeziehung Deine sonstige Argumentation (machbar) allerdings Recht vor Gewissen.
Die Aufnahme der damaligen Heimatvertrieben ist für mich kein Beispiel einer unmachbaren Aufgabe, sondern ein Beispiel einer schweren Aufgabe, die allerdings langfristig zu keinen Problemen geführt hat (vollkommen gelungene Integration), und zu der wir nicht nur rechtlich sondern auch moralisch in besonders erhohtem Maße verpflichtet waren. Es ist für mich schlicht nicht mit der heutigen Flüchtlingsthematik vergleichbar.

mac schrieb:
Zum ersten Teil: Ende 2015 gut 65 Millionen https://www.uno-fluechtlingshilfe.d...kten/wc/J102?gclid=CKGspJWX0dACFRA8GwodffIEzw waren weltweit auf der Flucht vor Krieg und Vertreibung.
Es gibt auch Menschen die nicht auf der Flucht sind, aber dennoch politisch verfolgt werden und eine Asylgrund hätten.

mac schrieb:
1,15 Millionen Menschen https://www.bpb.de/politik/innenpolitik/flucht/218788/zahlen-zu-asyl-in-deutschland haben bei uns in diesem Jahr Schutz gesucht. (Ich weiß nicht, ob sich diese Anzahl nur aus den oben genannten gut 65 Millionen Kriegs- und Vertreibungsopfern zusammensetzt, aber wenn nicht, dann wird das Ganze in meinen Augen nur noch blamabler. Diese 1,15 Millionen wären 1,7% von all diesen Flüchtlingen.
Es ist keineswegs fair, die quasi stärksten 1,15 Millionen aufzunehmen, die in der Lage sind sich selbst bis nach Deutschland durchzuschlagen, während wir den Rest im Stich lassen. Und es wäre fahrlässig, es dem Schicksal zu überlassen, ob es 1,15 Millionen oder 65 Millionen schaffen, sich bis nach Deutschland durchzuschlagen.

Wir müssen eine Zahl bestimmen, wieviele Verfolgte wir bereit sind aufzunehmen, und diese sollten wir selbst auswählen, anstatt einfach die erstbesten zu nehmen, die in Österreich (einem Land in dem ihnen mit Sicherheit keine Verfolgung droht) für unserer Tür stehen. 65 Millionen aufzunehmen wäre höchstwahrscheinlich nicht machbar, mit Sicherheit aber so oder so nicht einmal ansatzweise akzeptabel.

mac schrieb:
Schau‘ doch einfach mal nach, wie die dazu vergleichbaren Zahlen da bei den Nachbarländern z.B. Syriens, aussehen. Und setze das doch bitte auch mal zum zweiten Teil Deines hier zitierten Absatzes ‚Machbar?‘ in Bezug.
Die Golfstaaten gewähren, soweit ich weiß, kein Asyl, und das obwohl sie als Araber den Syrern, die ja großenteils ebenfalls Araber sind, kulturell am nächsten stehen. Die Türkei hingegen nimmt viele Flüchtlinge auf, aber auch für die Türkei als sunnitisches Land ist die Aufnahme sunnitischer Flüchtlinge weniger problematisch als für uns. Zudem trägt die Türkei auch einen Teil der Verantwortung für die Situation in Syrien.

mac schrieb:
Bonin muß also Ausgaben des Verteidigungshaushaltes dazuzählen, um daraus eine Verlustbilanz ziehen zu können? Ist das fair? Um das beurteilen zu können, müßte ich verstehen, warum unser Verteidigungshaushalt mit der Anzahl der bei uns Schutz suchenden Menschen wachsen muß? Und beim Straßenbau müßte ich verstehen, wie sich die Kosten der neu zu bauenden Straßen zwischen Flüchtlingen und Einheimischen aufteilen, also wieviele Straßen neu gebaut werden müssen für die Flüchtlinge und wieviele Brücken und Straßen zusätzlich saniert werden müssen, wegen der Flüchtlinge. Und das auch vor dem Hintergrund, daß wirtschaftlich schwächer Menschen auch weniger zum Verkehrsaufkommen beitragen.
Ja, aber wenn wenn es um Flüchtlinge geht, steht eh außer Frage, dass diese erstmal jede Menge Geld kosten, aufgrund der ganzen Lager und Heime etc.

mac schrieb:
Und wenn wir schon dabei sind, wo wollen wir die Produktivitätserhöhung durch niedrigere Löhne für die Flüchtlinge die hier arbeiten dürfen, in dieser Rechnung auftauchen lassen?
Wenn diese Lohndrückerei zu erhöhter Arbeitslosigkeit unter der einheimischen Bevölkerung führt, wäre das nun wirklich nicht positiv zu bewerten. Selbst wenn es nur dazu führt, dass die Einheimischen weniger verdienen.

mac schrieb:
Ja, das ist möglich, aber wieso gilt das auch für ihre Kinder und Kindeskinder?
Bei den bisherigen Migranten sind Probleme mit den Generationen gewachsen. Parallelgesellschaften entwicklen sich sicherlich nicht positiv, indem man sie einfach noch vergrößert.

Das ist nicht mit einer solch einfachen Überlegung lösbar. Dafür spricht akut die nötige Unterkunft. Dagegen spricht später, das vorhandene Arbeitsangebot. Es muß also auch möglich sein, dem Arbeitsangebot zu folgen.
Wenn es in einer Gemeinde keine Unterkunft oder keine Arbeitsmöglichkeiten gibt, dann nimmt diese Gemeinde eben keine Flüchtlinge auf. Es sind die konkreten Gemeinden, die die Probleme eventuell betreffen, also sollten sie auch über die Aufnahme entscheiden, und nicht irgendwelche Gutmenschen von ganz oben. In meiner Gemeinde wurden die Bewohner einer Unterkunft für Senioren mehr oder weniger vertrieben, um Platz für Flüchtlinge zu schaffen, die von oben verordnet wurden.

mac schrieb:
Am Ende müßtest ‚du‘ mit einer solchen Forderung bei unplanbaren Fluchtbewegungen abwägen, zwischen Kontrolle und sterben lassen.
In keinem Nachbarland Deutschlands droht Flüchtlingen der Tod, wenn wir unsere Grenzen schließen würden.

Es ist kaum vorstellbar, dass beispielsweise syrische Flüchtlinge auf dem Weg nach Deutschland, auf dem Weg nirgendwo einen Ort finden, an dem sie nicht verfolgt werden, und stattdessen nicht etwa aus wirtschaftlichen Gründen das Luxusaufnahmeland Deutschland vorziehen.

mac schrieb:
Wieviel ist relevant, bei einer Bevölkerung von 80 Millionen?
Am besten lässt man darüber das Volk entscheiden.

mac schrieb:
Radikalisierung gibt überall dort, wo es willkürliche, existentielle Ungleichbehandlung gibt. Warum beschränkst Du das auf Moslems? Was ist mit den Mordanschlägen durch deutsche auf Schutzsuchende? Bei denen erwarten wir zu Recht eine auf die Person bezogene rechtsstaatliche Behandlung, aber bei Moslems dürfen wir es uns einfacher machen?
Wenn ein Moslem oder Ausländer eine Straftat begeht, bekommt er ein auf die Person bezogenes rechtsstaatliches Verfahren wie jeder andere. Bei der Entscheidung, wen wir in Deutschland aufnehmen, wird allerdings meist mangels Kenntnis der genauen Person kein Weg daran vorbei führen, aus allgemeinen Informationen wie der Herkunft Rückschlüsse auf Gefahrenpotenziale zu ziehen. Wir wissen momentan nicht, ob in zehn Jahren zehn mal mehr oder zehn mal weniger Dschihadisten mordend durch Kneipenviertel ziehen und Promenadenbesucher mit LKWs umfahren. Eine Einstellung "Wird schon gut gehen!" und "Weiter so!" wäre fahrlässig.

mac schrieb:
Hm. Sogar die Mauer in Berlin meinte man nur noch mit Waffengewalt unüberwindbar machen zu können. Und da mußte, soweit ich weiß, keiner ums nackte Überleben willen drüber. Glaubst Du im Ernst, daß Du Menschen die um ihr Überleben kämpfen, allein mit einem Zaun oder einer Mauer aufhalten kannst? Du wirst Männer, Frauen und Kinder in großer Zahl töten müssen, um sie aufzuhalten.
In Mazedonien wurde der Flüchtlingsstrom aufgehalten, ohne dass irgendwer getötet wurde.
 
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Aries

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mac schrieb:
Na ja, das hängt jetzt davon ab, was Du unter ‚leichter‘ verstehst. Ich vermute mal, daß das, um mal nur einen zu nennen, Gerhard Schröder (teilweise zum Glück) ganz anders empfunden hat.
In der Weimarer Republik gab es ganze 15 Wechsel von Reichskanzlern in 14 Jahren. In einem geringen Maße wären die Regierungen wohl mit einer Prozenthürde stabiler gewesen. Aber jede Medizin hat auch ihre Risiken und Nebenwirkungen.

mac schrieb:
Aries, das hat aber nur wenig mit unserem aufgeschriebenen Wahlsystem zu tun, sondern viel mehr mit seiner praktischen Gestaltung. Wenn wir als Wähler sowas tolerieren, dann üben wir unsere Souveränität vielleicht nicht klug genug aus? Diese Entwicklung hatte ich weiter oben bereits als gefährlich für unsere Souveränität (Macht) bezeichnet. Unklug wäre in diesem Falle allerdings mit dem Feuer zu spielen, indem man eine Gruppierung wählt, deren Bekenntnis zur Demokratie nicht völlig überzeugend ist)
Zumindest erschwert die Fünfprozenthürde es Abweichler in Parteien sowie für den Wähler sich gegen Parteiobere zu wehren. Es gibt eben momentan z. B. keine ansatzweise aussichtsreiche Möglichkeit zwischen CDU und AfD, obwohl viele in der CDU unzufrieden mit Merkel sind aber nicht zur AfD wollen. Es gibt die Partei Alfa/neuerdings Liberal-Konservative Reformer, die inhaltlich wunderbar koalitionsfähig mit Union und FDP wäre, aber innerhalb dieses liberal-konservativen Lagers eben doch eine Alternative zum Merkelkurs wäre. Die liegen vielleicht bei 0.5% bundesweit, und so werden sie von den Medien missachtet, sodass sie auch nicht wachsen. Dabei würden 0.5% für 3 Sitze im Bundestag reichen ohne Hürde, sodass eine Mindestrelevanz für eine Berichterstattung gegeben wäre, sodass die Partei langsam wachsen könnte.

mac schrieb:
wie war das doch gleich mit z.B. den Piraten, der AFD, wurden alle totgeschwiegen, oder?
Die Piraten waren tatsächlich eine Ausnahme, die anfangs nur leicht missachtet, dann aber schnell sehr wohlwollend hochgehypt wurde zu einer meines Erachtens geradezu unberechtigten Größe, die etwas aussagt.

Die Piraten haben es geschafft an den Medien vorbei vor allem durch das Internet eine gewisse Kernwählerschaft aufzubauen (etwa 2%). Dies entsprach im für sie günstigsten Bundesland Berlin 3-4%, was sie in die Nähe eines Parlamentseinzugs brachte und die Medien auf den Plan ruf. Diese Medienpräsenz spülte sie promt auf 9% bei der Berlinwahl und durch die sich dadurch noch verstärkende Medienpräsenz auf über 10% in bundesweiten Umfragen. Das Problem war allerdings, dass die Piraten mit ihren Kernthemen Urheberrecht, Internet etc. nicht wirklich genug für ihre Wähler zu bieten hatten. Ihre Stärke entsprang stattdessen dem bloßen Wunsch der Bevölkerung nach einer neuen Partei. Innerhalb von 1-2 Jahren merkte die Bevölkerung, dass die Partei nicht wirklich etwas für sie zu bieten hatte, und so sank die Partei wieder auf die Stärke ihrer Kernwählerschaft von etwa 2%. Das schneller Auf- und Abstieg der Piratenpartei ist auf Wähler zurückzuführen, die erstens mit den etablierten Parteien unzufrieden waren, für die zweitens die wirklich richtigen Parteien durch die Fünfprozenthürde unterdrückt wurden, und die sich drittens aus Mangel an Alternativen kurzfristig den Piraten zugewendet haben.

Und nun zur AfD:

Auch hier ist ein schneller Aufstieg zu beobachten, der es unwahrscheinlich erscheinen lässt, dass diese Wähler vor fünf oder zehn Jahren bei den etablierten Parteien richtig aufgehoben waren, anstatt das schon damals eine der AfD entsprechende Partei diesen Wählern eher entsprochen hätte. Auch ein Blick ins Ausland lohnt. So gibt es z. B. in Österreich bei ansonsten sehr ähnlichem Parteiensystem mit der FPÖ schon seit 30 Jahren eine der AfD entsprechende Patei zwischen 10% und 25% (neuerdings 33%). Unwahrscheinlich ist es, dass es in Deutschland eine solche Strömung die ganze Zeit über unter den Wählern nicht gab. Viel wahrscheinlicher ist es, dass sie durch Fünfprozenthürde und Medienboykott unterdrückt wurde. Auch in anderen Ländern wie Frankreich, den Niederlanden oder skandinavischen Ländern gibt es schon länger ähnliche Parteien bei insgesamt größeren Differenzen zum deutschen Parteiensystem.

mac schrieb:
Meinst Du das ernst? Was hat denn Deine These zur 5% Hürde mit der Personalpolitik der CDU zu tun?
Es gibt eben für Leute wie Bosbach und viele andere kaum Druckmittel gegen Merkel, weil Neugründungen wie die Alfa/LKR meist chancenlos sind.

mac schrieb:
Nö, man muß halt nur zur Wahl gehen und seine Kreuzchen malen. Wer am Ende die meisten Kreuzchen hinter sich scharen kann, regiert. Repräsentative Demokratie eben. Und die mit den wenigeren Kreuzchen sind vorläufig Opposition. Ich verstehe nicht, warum Du das im Zusammenhang mit Demokratie beklagst. Das mag zwar nicht Dein bevorzugtes Ergebnis sein und damit stehst Du auch sicher auch nicht allein, aber solange die Zahl der Kreuzchen nicht für eine entscheidend andere Zusammensetzung des Parlaments sorgt, müssen wir alle damit leben. Die, die es so wollten, ebenso wie die, die es nicht wollten aber nicht ausreichend viele waren, um es zu ändern.
Das eine mittige Partei wie die CDU letztlich den Kanzler stellt, ist für mich kein Problem. Aber dass Merkel CDU-intern trotz Unzufriedenheiten über diverse Entscheidungen von Ihr in den letzten Jahren unangefochten ist, schon.

Hm, es ‚klingt‘ mir gerade noch in den ‚Ohren‘Irgendwie kommt es mir vor, daß Du Dich hier gerade etwas veheddert hast?
Die innerparteiliche Demokratie ist in den USA relativ gut. Aber dass es nur zwei ernstzunehmende Parteien gibt, ist ein Defizit. Und auch wenn der innerparteiliche Prozess demokratisch ist, heißt das nicht, dass das Ergebnis kein Witz sein kann. Donald Trump als Präsident ist wie Dieter Bohlen als Bundeskanzler. Er hat es durch Medienpräsenz, Reichtum und einen guten Riecher geschafft. Der Prozess war demokratisch, aber die Gesellschaft ist mir zu oberflächlich.

mac schrieb:
Ob ich aber das dortige Wahlsystem hier bei uns haben möchte? Führst Du es denn als erstrebenswerte Alternative an, oder meinst Du es im Sinne von Rosinenpickerei?
Ich bin mir nicht sicher, ob ein Mehrheitswahlrecht wie im Kaiserreich oder heute in Großbritannien, besser wäre. Ich würde es erst einmal mit einer Verbesserung des Verhältniswahlrechts versuchen, weil man da eigentlich kaum etwas gegen einwenden kann, sofern es nicht sowas wie eine Fünfprozenthürde gibt.

mac schrieb:
Und da Du hier Personenwahl ansprichst. Mit der Erststimme kannst Du gezielt Personen wählen, welche Deine Interessen im Bundestag vertreten können, nicht müssen, es sei denn sie wollen von Dir und genügend vielen anderen die auch diese Interessen haben, wieder gewählt werden.
Die Hälfte von den chancenreichen Erststimmenkandidaten ist doch so oder so über die Landeslisten abgesichert. Es ist kein gutes System.

Was man machen könnte, sind etwas größere Wahlkreise in denen etwa 3-7 Kandidaten nach Verhältniswahl gewählt werden, wobei der Wähler auch zwischen den Kandidaten derselben Partei seine 3-7 Stimmen nach Belieben verteilen und anhäufen kann. Das Ganze ohne irgendwelche landes- oder bundesweiten Listen und Verrechnungen.

mac schrieb:
Ich vermute mal, daß die typisch drogensüchtigen in Deiner und in meiner Generation währen ihrer Suchtphase daran auch nicht besonders interessiert waren?
Die 68er waren nicht meine Generation, aber ich würde den damaligen Drogenkonsum in Teilen als politischen Akt des Protestes einordnen. Beim Vergleich von, sagen wir, Konrad Adenauer mit einem Drogen konsumierenden Hippie, fällt mir nichts ein, was größeren Protest hätte ausdrücken können. Hingegen protestiert ein Computerspieler, Dauerchater, oder RTL 2-Zuschauer an sich doch gegen garnichts. Vielmehr hat sich die 68er-Generation doch durchgesetzt, und geht ganz laissez-faire mit allem um.

mac schrieb:
Daß es in meiner Familie gelungen ist diese Klippe zu umschiffen, ist vielleicht einfach nur Glück gewesen, vielleicht hatte es auch damit zu tun, daß ich durch glückliche Umstände nicht zu den, darauf bezogen weniger Glücklichen in meiner Generation gehöre, die dem aufkommenden IT-Boom zunächst mal ziemlich hilflos ausgeliefert waren und ihnen etwas passierte, wofür es, soweit ich weiß, in der Geschichte kein Beispiel gab, nämlich daß Kinder eine Technik (scheinbar) schon relativ jung, viel besser beherrschten, als ihre Eltern und sie daher auch ihre Eltern als weit unterlegen sahen und auch ihre Eltern sie nicht wie sonst eher normal, mit den Risiken und Chancen dieser Technik vertraut machen konnten. Wem willst du das vorwerfen? Und wieviel Erfahrung und Wissen gibt es auf diesem Gebiet, daß wir uns ein Urteil anmaßen könnten, über den ‚selbst verschuldeten‘ Anteil dieser Form von Sucht? (Je tiefer man sich mit einer solchen Thematik befaßt, um so fragwürdiger wird auch der Begriff ‚Schuld‘ in diesem Bereich)
Ich mache zunächst einmal niemandem einen Vorwurf. Weder der Jugend noch den Eltern. So etwas gab es in der Tat noch nicht, deswegen ist es vermutlich ganz menschlich, dass es Probleme verursacht.
 
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mac

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Hallo Ich,

ja, es ist richtig, daß ich diesen Komplex verkürzt habe, für Dein Empfinden wohl so sehr, daß Du es für objektiv falsch oder unfair hältst. Ich hätte wohl besser doch noch viel mehr, als nur diese gut 20000 Worte schreiben müssen, um nicht in dieses Missverständnis zu geraten.

Und um dem Vorzubeugen, das war weder zynisch, noch ironisch gemeint, sondern nur genauso, wie es da steht und mit dem Eingeständnis, daß ich zu wenig Zeit aufgewendet habe, um es möglicherweise mit weniger Informationsverlust kürzen zu können.

Deshalb hier der Versuch es differenzierter zu beschreiben:
Zu der einen Seite.
Meine Auffassung zu diesem Thema versuche ich mir aus mehreren Quellen zusammenzusetzen. Die wichtigste Quelle für mich ist, was die betroffenen Menschen tatsächlich tun. Die anderen Quellen mit den entsprechenden Bildern sind allzu leicht manipulierbar und deshalb nur sehr vorsichtig einzubeziehen, auch wenn sie auf der emotionalen Seite eine sehr große Wirkung haben.

Auf den Nussschalen im Mittelmeer sind nicht nur junge Männer, denen man Abenteuerlust unterstellen könnte. Dort gibt es nicht wenige Familien mit, auch kleinen Kindern.

Bei uns kommen als Flüchtlinge nicht nur arbeitsfähige junge Männer an, sondern auch sehr viele Kinder, einige sogar unbegleitet.

Dann frage ich mich, was müßte mir, meiner Familie geschehen, daß ich meine auch kleinen Kinder solch einem Risiko aussetze, wo ich doch nach Deiner Beschreibung aus einer Gegend komme, in der ich dem unmittelbaren Kriegsrisiko schon entkommen bin.

Das ist die eine Seite, auch immer noch sehr verkürzt. (Nachträglicher Einschub an Aries: Die Abschottung unserer deutschen Grenzen löst das Problem nicht, es verlagert es nur)

Die andere Seite, die ich sehr wahrscheinlich auch mit meiner Auffassung zu den Folgen der Agenda 2010 nicht genügend würdige ist die, die Du hier als die ‚Abgehängten‘ bezeichnet hast. Und ja, ich glaube, daß ich da befangen bin, wenn ich allzu oberflächlich nur die Situation dieser beiden Seiten gegenüberstelle. Und nein, es ist nicht so, daß ich diese Seite gar nicht kenne – meine Frau arbeitet als gesetzliche Betreuerin und der weitaus überwiegende Teil ihrer Klienten ist auf die Grundsicherung angewiesen und sie erzählt mir sehr detailliert von den Problemen, die die davon betroffenen Menschen haben und die sie in stabile Bahnen zu lenken versucht (übrigens in meinen Augen sehr erfolgreich, gemessen an den Rückmeldungen ihrer Klienten)

Meine eigene Erfahrung aus der Zeit in der es meinen Eltern mit zwei kleinen Kindern (meiner Schwester und mir) objektiv wirtschaftlich schlechter ging, als den Menschen heute, die von der Grundsicherung leben müssen, ist besonders psychologisch nicht wirklich vergleichbar, weil meine Eltern zwar für sich, nicht aber für uns Kinder das Gefühl von Perspektivlosigkeit hatten. Und das wirtschaftliche Gefälle zwischen uns und unseren 'Nachbarn' nicht so groß war, wie es heute ist. Und ich gebe auch zu, daß es mir bei dem Versuch mich in die eine und in die andere Gruppe hinein zu versetzen, nicht leicht fällt, bis vielleicht sogar unmöglich ist, sie objektiv zu vergleichen. Subjektiv schäme ich mich für die Eiseskälte, die in unserem Land für diese ‚Abgehängten‘ und für die, auch von uns wirtschaftlich ausgebeuteten Menschen weltweit herrscht. Das ist in meinen Augen ein schier unerträglicher Machtmissbrauch.

Andererseits beklage ich seit bald 50 Jahren die politische Untätigkeit angesichts schon damals absehbarer längerfristiger Entwicklungen (Demoskopie) Das das umso schwerer wird, je länger man damit wartet, war garantiert zu allen Zeiten den dafür politisch Verantwortlichen mindestens so klar wie mir, wurde aber auch immer vertagt, bis es dann eben zu diesem bekannten Einschnitt mit seinen hiesigen aber auch europaweiten Auswirkungen kam.

Ich lasse es damit zunächst mal ‚gut‘ sein, wie man es hier so unpassend sagen könnte. In der Hoffnung, daß ich wenigstens den Kern Deiner berechtigten Kritik zu diesem Aspekt getroffen habe. Wenn ich eine einfache funktionierende Lösung hätte, dann wäre sie bestimmt schon gefunden und ich würde sie hier vehement vertreten.

Ich habe aber keine Patentlösung für dieses menschliche und politische Desaster. Und es ist auch wenig hilfreich das hier zu beklagen.

Noch immer dürfen wir alle wählen!

Ich möchte mich mit diesem Post aus dieser für mich sehr zeitaufwändigen Debatte zurückziehen, weil ich inzwischen dafür mehr Zeit aufwende, als ich habe und diese Zeit von meiner Nachtruhe ab geht. Mehrere Nächte hintereinander nur 3 bis 4 Stunden Schlaf, dazu bin ich schon längere Zeit zu alt. Es wäre zwar vernünftig hier mit größeren zeitlichen Abständen zu reagieren, aber die Themen sind so arbeitsaufwändig, daß ich dann wiederum Motivationsprobleme hätte.
Nur noch einige kurze Antworten zu Fragen, die inzwischen hier aufgetaucht sind.
Dein Vorschlag Dgoe, mit den weniger als 1 Abstimmung pro Monat: Ich würde Dir gerne aufschreiben welcher Aufwand für mich die Petition zur Wasserversorgung war, aber auch das Aufschreiben allein ist mir jetzt zu lang. Eine solche Antwort wäre ja auch sehr davon abhängig, wieviel Zeit mir für solche Recherchen zur Verfügung steht und ich müßte mich ja dann für alle, auch vorher unabsehbare Zeiten festlegen. Wie man sowas vernünftig ausgestalten soll, ist mir immer noch nicht klar.
@Ich: Die kurze Antwort: Ja, von ganzem Herzen.

@Aries: Ich Danke Dir, besonders für Deinen letzten Post (auf den ich bis auf Weiteres nicht mehr eingehen möchte und das wirklich nur aus Zeitgründen) Du hast Dich in meinen Augen sehr fair in dieser Debatte verhalten.
Herzliche Grüße

MAC
 

TomS

Registriertes Mitglied
Das ist jetzt zwar bescheuert, mitten rein zu platzen ... Ich denke, wenn man hier miteinander reden will, muss man die Sichtweisen angleichen.
Nein, das ist keineswegs bescheuert. Ich möchte dir stattdessen für deine kluge und moderate Analyse des Problems danken.

Leider ist es jedoch so, dass viele Menschen nicht zu einer Analyse willens oder fähig sind, deren Resultat ein "sowohl als auch", Kompromisse oder gar offene Fragen und nicht-eindeutige Optionen beinhaltet. Viele Menschen benötigen einfache Antworten, was dann letztlich zu extremen Positionen führt, die natürlich gerade von populistischen Kräften bedient werden.

So klug dein Beitrag sein mag, im Kern wollen viele Menschen eben genau keine Angleichung der Sichtweisen. Dein Anspruch - der auch der meinige ist - geht leider am Anspruch vieler vorbei.

Das Problem, das ich heute sehe ist, dass sachorientierte, moderate Politik, die einen Interessenausgleich schafft - was m.E. Aufgabe der Politik ist - an populistischen Strömungen zu scheitern droht, einfach weil sie eben moderat und sachorientiert ist. Wie soll denn konkret eine sachorientierte Analyse stattfinden und deren Konsequenzen auch mehrheitsfähig sein, wenn eine zunehmend größer werdende (oder erscheinende) Gruppe keine sachorientierte Analyse will? Die Schwierigkeit ist doch gerade, dass der überparteiliche Konsens bzgl. unserer Demokratie und unserer Werte zunehmend in Frage gestellt wird. Es wird eben gerade nicht hart in der Sache gestritten, sondern es werden Werte untergraben, die über Jahrzehnte unantastbar erschienen. Dummheit, Hass und Hetze erhalten bzw. fordern für sich ein Podium ein.

Ein x-beliebiger Ausschnitt aus einem x-beliebigen Artikel der "Lügenpresse"

Die Teilnehmer rufen "Wir sind das Volk" wie einst die friedlichen Demonstranten der DDR, und sie glauben sich auch in dieser Tradition. Nur dass es jetzt nicht gegen das SED-Regime geht. Sie wollen "Widerstand" leisten gegen die "Volksverräter" der "Merkel-Diktatur", die mit einer "Umvolkung" die Nation "vernichten", sich dabei der bezahlten "Lügenpresse" bedienen und zu Handlangern der verhassten USA und der "Weltfinanz" machen.

Mit dem im Nationalsozialismus juristisch verankerten Begriff "Volksverräter" wurden Menschen wie Hans und Sophie Scholl u.v.a.m. von Freisler beschimpft, bevor sie "im Namen des Volkes" ermordet wurden.

Die Gefahr, die im Erstarken derartiger Strömungen liegt, ist sicher größer als die konkrete Flüchtlingsproblematik; letztere wird lediglich instrumentalisiert.
 
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Dgoe

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Die Gefahr, die im Erstarken derartiger Strömungen liegt, ist sicher größer als die konkrete Flüchtlingsproblematik; letztere wird lediglich instrumentalisiert.

Das sind doch genau solche Befürchtungen, die sich auf-tuen an dem starren System.


Fällt das denn nicht wie Schuppen vor den Augen?

Aber gut, manchmal muss sich erst die Geschichte mehrmals wiederholen, bis es auch dem Uneinsichtigsten klar wird.


Gruß,
Dgoe
 
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Dgoe

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Hingegen protestiert ein Computerspieler, Dauerchater, oder RTL 2-Zuschauer an sich doch gegen garnichts.
Wieso das denn nicht, voll Banane. Das eine schließt das andere doch überhaupt nicht aus. Ich würde sogar davon ausgehen, dass solche Wähler eher überhaupt wählen und wissen, was sie tun. Ausserdem sind sie in guter Gesellschaft mit noch viel mehr Internetusern inkl. TV.


Gruß,
Dgoe
 

RPE

Registriertes Mitglied
Theorie hin oder her, wir sind auch bald an der Reihe. Mit Breitbart hat man ja auch schon Kontakt aufgenommen, und hewhomustnotbenamed wird hierzulande öffentlich für seine "Rhetorik" gelobt.

Wir hinkten den Amis (und anderen) ja gewöhnlich immer einige Jahre bis Jahrzehnte hinterher, gespannt bin ich trotzdem, wieviel es bei uns schon ausschlagen wird.
 
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