Nun, obwohl das Gehirn wohl das faszinierendste Organ eines jeden Lebewesens ist, wissen wir vom Rest des Organismus fast alles, und vom Gehirn im Vergleich dazu fast nichts. Wir können Herzen transplantieren, aber keine Querschnittslähmung heilen. Ich will nicht ausschließen, daß irgendwann die Medizin auch das Gehirn enträtseln kann, jedoch zeigt der Rückstand der Kenntnisse über das Gehirn gegenüber anderen Teilen des Körpers, daß es da möglicherweise Hindernisse gibt, die weitaus schwieriger zu überwinden sind.Bynaus schrieb:Ich sehe keinen Grund - das wollte ich damit eigentlich sagen - das Gehirn auf eine ganz andere Stufe zu stellen wie den Rest des Körpers, zu sagen, "auch wenn wir den Körper erneuern können, für das Gehirn geht das nicht" erscheint mir unplausibel.
Gut, daß wir hier eine Basis zur Einigung haben. Denn ich glaube, daß das Gehirn mit seiner rein biologischen Funktion nicht ausreichend beschrieben ist, sondern es vor allem auf seine individuelle Struktur ankommt.Bynaus schrieb:Volle Zustimmung. Vielleicht habe ich deine Aussage zu sehr biologisch, zu wenig soziologisch interpretiert.
Tja, da haben wir schonmal unterschiedliche individuelle Erfahrungen Wenn ich da an meinen Professor Sinn denke, so redet er heute als Leiter des IFO Instituts noch genauso wie damals während seiner Vorlesungen und Seminare. Seine grundlegende Denkstruktur hat sich offenbar so verfestigt, daß er neue Strömungen (wie z.B. die Spieltheorie) überhaupt nicht mehr aufnehmen kann.Bynaus schrieb:Denk mal an das Wissen und die Erfahrung, die ein aktiver Professor am Ende seiner Karriere angehäuft hat: er sieht Dinge und Zusammenhänge, die ein Wissenschaftler am Anfang seiner Laufbahn gar nicht sehen kann, weil ihm die Grundlage, die Tiefe und Breite dafür fehlt (diese Beobachtung habe ich immer wieder gemacht).
Das wollte ich in keiner Weise in Abrede stellen. Jeder junge Geist braucht einen erfahrenen Lehrer, ohne den Innovationen auch sehr bald stagnieren würden. Man würde ständig das Rad neu erfinden müssen, wenn einem niemand mehr beibringt was ein Rad ist.Bynaus schrieb:Naive Fragen, "frische Geister" sind gut, aber ich vermute, der Erfahrungsschatz eines Menschen, der sich ein Leben lang mit einem Thema auseinandergesetzt hat, dürfte ebenfalls eine wichtige Rolle bei jeglicher Innovation spielen.
Es ist beides nötig: Erfahrung der Alten und Widerspruchsgeist der Jungen (oder nenne es Neugier, Drang es selbst mal auszuprobieren). Beide Dinge müssen in einem guten Verhältnis zueinander stehen.