Verschränkte Photonen und Informationsübertragung

SRMeister

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Hallo,

ich wollte mal wissen, warum es bei folgendem Gedankenexperiment (das sich real durchführen ließe) keine Information mit über-Lichtgeschwindigkeit übertragen ließe.

Vorab ein Zitat aus Wikipedia:
Die beiden Gammaquanten der Vernichtungsstrahlung bilden ein verschränktes Photonenpaar. Die Verschränkung betrifft sowohl die Flugrichtungen, die einzeln beliebig sein können, aber zusammen (im Schwerpunktsystem) einander exakt entgegengesetzt sind, als auch die Zirkularpolarisation – bei jedem der Photonen rechts und links gleich häufig, aber bei beiden Photonen immer beide rechts oder beide links. Die Richtungsverschränkung ist Grundlage der verbreiteten medizinischen Anwendung in der Positronen-Emissions-Tomographie (PET).
Man beachte die Verschränkung der Flugrichtung.

Zum Experiment:
Man baut einen Erzeuger für verschränkte Photonen auf, genau zentral zwischen A und B.
Am Ort A und B sind nun jeweils ein Doppelspaltexperiment aufgebaut und zwar genau so, dass jeweils ein Spalt bei A dem anderen Spalt bei B exakt gegenüberliegt, so dass ein verschränktes Photonenpaar, wenn es auf einen Spalt trifft, gleichzeitig im anderen Doppelspalt auch auf einen Spalt trifft.
Es werden genug Photonen gesendet, damit zu einem sehr kurzen Zeitpunkt bestimmt werden kann, ob an einem der beiden Orte ein Interferenzmuster entsteht.

Information wird von A zu B übertragen, indem bei B ein Interferenzmuster entsteht (Bit-wert 0) oder kein Interfernzmuster entsteht (Bit 1).
Wenn A jetzt das Interfernzmuster bei sich zerstört, durch eine Messung vor dem Doppelspalt (einfaches Abdecken des Doppelspaltes sollte reichen - so gesehen ist bei A kein Doppelspalt notwendig) so müsste bei B auch kein Interferenzmuster mehr erscheinen, da die Verschränkung gebrochen ist und prinzipiell von A vorhergesagt werden kann durch welchen Spalt das gleichzeitige Photon bei B geht.
So kann A entscheiden, ob bei B ein Interferenzmuster entsteht oder nicht, während B instantan sieht, ob ein Muster vorliegt und damit die Information instantan erhalten hat.

Was ist falsch daran?

MfG
SRM.
 

TomS

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Man baut einen Erzeuger für verschränkte Photonen auf, genau zentral zwischen A und B.
Am Ort A und B sind nun jeweils ein Doppelspaltexperiment aufgebaut und zwar genau so, dass jeweils ein Spalt bei A dem anderen Spalt bei B exakt gegenüberliegt, so dass ein verschränktes Photonenpaar, wenn es auf einen Spalt trifft, gleichzeitig im anderen Doppelspalt auch auf einen Spalt trifft.
Also bei A existiert ein Doppelspalt, und bei B ebenfalls, richtig?

Es werden genug Photonen gesendet,
Wir reden als z.B. von zwei sehr kurzen Laserpulsen, einen zu A, einen zu B, wobei im Laserpuls zu A jedes einzelne Photon mit jeweils einem Partner im Laserpuls zu B verschränkt ist, richtig?

Anmerkung: ein einzelnes Photon erzeugt nie ein Interferenzmuster, aber das hier nicht die Frage, oder?

... damit zu einem sehr kurzen Zeitpunkt bestimmt werden kann, ob an einem der beiden Orte ein Interferenzmuster entsteht.
Bei A und/oder B entstehen also aufgrund dieser Laserpuls an den jeweiligen Doppelspalten Interferenzmuster, richtig?

Information wird von A zu B übertragen, indem bei B ein Interferenzmuster entsteht (Bit-wert 0) oder kein Interfernzmuster entsteht (Bit 1).
Wenn A jetzt das Interfernzmuster bei sich zerstört ... so müsste bei B auch kein Interferenzmuster mehr erscheinen, da die Verschränkung gebrochen ist ...
Die Begründung verstehe ich nicht. Warum genau sollte die Zerstörung des Interferenzmusters bei A auch das bei B zerstören?
 

ralfkannenberg

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Was ist falsch daran?
Hallo SRMeister,

ich denke, "falsch" ist nicht die richtige Wortwahl.

Kennst Du das No Communication-Theorem ?

Dennoch ist die Wahrscheinlichkeit (...) unabhängig von β (also keine Funktion von β), d. h., Alice merkt nichts, wenn Bob seinen Detektor dreht. Da weder Alice noch Bob sich aussuchen können, ob sie jeweils |↑⟩ oder |↓⟩ messen, erscheinen die Ergebnisse für beide völlig zufällig (je mit Wahrscheinlichkeit ½) und die Korrelationen werden ihnen erst auffallen, wenn sie sich nach dem Experiment wieder treffen, um ihre Aufzeichnungen zu vergleichen. Keiner von beiden kann folglich irgendeine Messung an seinem Teilsystem zur Kommunikation mit dem anderen Teilsystem nutzen. Dies ist die Essenz des No-Communication-Theorems.

Aber ich will Tom und seiner didaktischen Erklärung nicht vorgreifen, sondern freue mich schon darauf.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

TomS

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Soweit war ich noch gar nicht, ich versuche erst noch zu verstehen 😉

Vielleicht noch ein paar Anmerkungen zu "gewöhnlichen" Effekten:
  • Ein Interferenzmuster entsteht durch das Sammeln vieler einzelner Detektor-Ereignisse; ein einzelnes Photon erzeugt kein Interferenzmuster sondern immer nur einen einzelnen Messpunkt.
  • D.h., wir können zunächst einzelne verschränkte Photonenpaare betrachten: jedes Photon ist "mit sich selbst" interferenzfähig; das erkennt man anhand einzelner polarisierter Photonen sowie einem geeignet rotierten Polarisationsfilter bzw. Strahlteiler.
  • Dies ist auch das Vorgehen in Bell-artigen Experimenten zum Nachweis der Verschränkung: durch Messung der Polarisation eines Photons wird die des verschränkten Partners sozusagen festgelegt; es existiert also eine Korrelation der noch nicht gemessenen Polarisation mit der bereits gemessenen (spukhafte Fernwirkung) wobei dies nicht auf eine vorherige Festlegung beider Polarisationen bei der gemeinsamen Erzeugung der Photonen zurückgeführt werden kann (Nicht-Lokalität).
  • Bei einem Bell-artigen Experiment bleibt ein einzelnes, nicht gemessenes Photon mit sich selbst interferenzfähig; dies ist eine lokale Eigenschaft.
  • Die Messung der Polarisation bei Bob zerstört nicht die Interferenzfähigkeit des Photons bei Alice, sie legt lediglich die Polarisation bei Alice fest. Misst man die Polarisation dagegen nichtdetektiert Bob also nur den Ort, so wie du vorschlägst – legt das die Polarisation bei Alice nicht fest.
Ich denke, man muss dies für einzelne Photonenpaare diskutieren, denn die Messung erfolgt jeweils an einzelnen. Photonen. Anstatt viele paarweise verschränkte Photonen in zwei Laserpulsen zu betrachten, kann man viele einzelne Photonenpaare in vielen zeitgleich stattfindenden Experimenten betrachten, deren Detektor-Ereignisse man addiert.
 

SRMeister

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Also bei A existiert ein Doppelspalt, und bei B ebenfalls, richtig?
Ja richtig.
Wir reden als z.B. von zwei sehr kurzen Laserpulsen, einen zu A, einen zu B, wobei im Laserpuls zu A jedes einzelne Photon mit jeweils einem Partner im Laserpuls zu B verschränkt ist, richtig?
Genau das würde gut passen.
Anmerkung: ein einzelnes Photon erzeugt nie ein Interferenzmuster, aber das hier nicht die Frage, oder?
Ja
Bei A und/oder B entstehen also aufgrund dieser Laserpuls an den jeweiligen Doppelspalten Interferenzmuster, richtig?
Ja
Die Begründung verstehe ich nicht. Warum genau sollte die Zerstörung des Interferenzmusters bei A auch das bei B zerstören?
Weil ich bei A messen kann, welches Photon durch welchen Spalt geht und damit, wie üblich beim Doppelspalt, das Interferenzmuster an A zerstöre. Kollaps der Wellenfunktion. Folglich müsste nach Kopenhagen auch das zugehörige verschränkte Photon an B örtlich genau bestimmt sein und auch an B das Interferenzmuster verschwinden.
Wie gesagt ist der Messaufbau so, dass jeder Spalt bei A einem Spalt bei B "gegenüberliegt". Also ein Photon eines Photonpaares was bei A in einen Spalt geht(oder gehen würde), geht auch bei B in einen Spalt.
Laut wikipedia, siehe erster Beitrag, sind verschränkte Photonen auch örtlich oder räumlich verschränkt.
 
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SRMeister

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Hallo SRMeister,

ich denke, "falsch" ist nicht die richtige Wortwahl.

Kennst Du das No Communication-Theorem ?



Aber ich will Tom und seiner didaktischen Erklärung nicht vorgreifen, sondern freue mich schon darauf.


Freundliche Grüsse, Ralf
Bei Messung der Polarisation sind die Messungen so überlagert, dass eine zufällige Polarisation entsteht und im Nachhinein kann man seine Messergebnisse zwischen A und B korrelieren und die Verschränkung feststellen.
ABER:
Bei der Messung eines Interferenzmusters, kann man feststellen, mit etwas Glück auch bei einem einzelnen Photon(aber darum geht es nicht) ob Interferenz erfolgt ist oder nicht. Man kann das "lokalisierte" Muster der beiden einzelnen Spalte nicht überlagern so dass sich ein Interferenzmuster ergibt. Sollte klar sein. So kann man schon VOR dem Austausch über die Korrelation zwischen A und B, bei B feststellen, ob eine Messung bei A erfolgt ist oder nicht.
 

SRMeister

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Ein Interferenzmuster entsteht durch das Sammeln vieler einzelner Detektor-Ereignisse; ein einzelnes Photon erzeugt kein Interferenzmuster sondern immer nur einen einzelnen Messpunkt.
Nur um nochmal kurz drauf einzugehen, damit keine Missverständnisse entstehen. Man kann zwar kein Interferenzmuster bei einem einzelnen Photon messen, ABER man kann möglicherweise schon feststellen ob das Photon mit sich selbst interferiert hat, denn so ein Photon kann Positionen auf dem Detektor erreichen, die ein Photon ohne Interferenz nicht erreichen kann. Die Muster überlagern sich natürlich teilweise, weswegen man für eine sichere Aussage darüber, evtl. viele Photonen am Detektor messen muss.

Aber wie gesagt geht es mir darum nicht so sehr. Bei meinem Beispiel soll es wie du sagtest um kurze starke Laserpulse gehen.

Vielen Dank
 

TomS

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Weil ich bei A messen kann, welches Photon durch welchen Spalt geht und damit, wie üblich beim Doppelspalt, das Interferenzmuster an A zerstöre. Kollaps der Wellenfunktion. Folglich müsste nach Kopenhagen auch das zugehörige verschränkte Photon an B örtlich genau bestimmt sein und auch an B das Interferenzmuster verschwinden.
Ok, du argumentierst nicht mit Polarisations- sondern Ortsmessungen … muss ich mal drüber nachdenken.
 

Major Tom

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Ich denke man bekommt es hier mit dem verrückten Effekt des verzögerten Quantenradierers zu tun, welcher bewirkt, daß Position und Teilchen/Wellen Charakter erst durch die Messung des Empfängers festgelegt wird - und das scheinbar rückwirkend in der Zeit !
 

SRMeister

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Erstens, ich sehe keinen Zusammenhang. Beim Quantenradierer geht es ja um Polarisation. Vielleicht kannst du mir den Zusammenhang erklären?

Zweitens, "rückwirkend" in der Zeit wurde ja schon widerlegt, der Quantenradierer ist nichts besonders spektakuläres, wenn man bei der Kopenhageninterpretation bleibt.

Mittlerweile bin ich selber etwas weitergekommen mit dem Problem.
Das Experiment was ich vorgeschlagen habe, nennt sich Double-Double-Slit und wurde schon experimentell durchgeführt. Dadurch, dass die verschränkten Photonen ein genau entgegengesetztes Moment haben, ist ihr Moment und damit die Flugbahn genau festgelegt. Dadurch verschwindet aber am Doppelspalt das Interferenzmuster. Es entsteht also garkeins, egal wie man das Experiment durchführt. Das liegt daran, dass durch festgelegtes Moment(Impuls), die Phaseninformation vollkommen "aufgelöst" wird, und ohne Phase keine Interferenz. Impuls und Phase sind gegensätzliche Größen in der Unschärferelation.
So habe ich das jedenfalls verstanden.

Hier ein Paper ohne Paywall.

Zeilinger soll wohl das Gedankenexperiment auch theoretisch durchgearbeitet haben.

MfG
 

SRMeister

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Um meine Gedanken dazu mal niederzuschreiben:

1. Bei der Erzeugung der Photonenpaare entstehen verschränkte Photonen mit immer demselben Winkel zwischen den Flugbahnen der Photonen des Paars. Die Art der Erzeugung ist also immer dieselbe. Aus einem Eingangsphoton mit Wellenlänge x entstehen 2 Ausgangsphotonen mit Wellenlänge x*2. Das lässt darauf schließen, dass die Photonen(das Photonenpaar) am selben Ort im Kristall entstehen.
2. Da aber der Ort im Kristall zufällig ist, hat die Gruppe der so erzeugten Paare (des kurzen Laserimpuls) überhaupt keine festgelegte Phase. Die Photonen überlagern sich also zufällig und das Interferenzmuster am Detektor verschmiert.
3. Wenn man jedes einzelne Photon an einem Detektor (zb A) mit dem verschränkten Partnerphoton am anderen Detektor (also B) korreliert, erscheint wieder ein Interferenzmuster, da für diese nachträgliche Korrelation keine Phaseninformation notwendig ist, oder die Phase zwischen den beiden Photonen rekonstruiert wird. Dazu ist aber die externe Datenübertragung notwendig, also wie beim Polarisationsexperiment ist keine Übertragung mit Überlichtgeschwindigkeit möglich.
 
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