Relativitätstheorie - eine Frage

julian apostata

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Und warum sollte da von geschwindigkeitsabhängiger Zeitdilatation die Rede sein ?

In the 1970s, it became clear that the clocks participating in TAI were ticking at different rates due to gravitational time dilation,

Und warum gravitationale ZD? Warum nicht gravitationale und geschwindigkeitbedingte Zd? Oder allgemein relativistische Zd?

Ich sehe nicht, wie Du aus dem vorliegenden Text diesen Rückschluss ziehst.

Starting from Julian Date 2443144.5 (1 January 1977 00:00:00), corrections were applied to the output of all participating clocks, so that TAI would correspond to proper time at mean sea level (the geoid

Also diesen Satz interpretiere ich so, dass die TAI-Uhren mit der Zeit auf Meereshöhe abgestimmt werden. Von einem bestimmten Breitengrad ist da nicht die Rede.
 

ralfkannenberg

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Und warum gravitationale ZD? Warum nicht gravitationale und geschwindigkeitbedingte Zd? Oder allgemein relativistische Zd?
Hallo Julian,

weil die geschwidigkeitsbedingte Zeitdilatation vermutlich nicht das Thema war. Wenn man wie von Dir vorgeschlagen die "allgemein relativistische Zeitdilatation" betrachten möchte, so sei auf diesen sehr guten Beitrag verwiesen.

Also diesen Satz interpretiere ich so, dass die TAI-Uhren mit der Zeit auf Meereshöhe abgestimmt werden. Von einem bestimmten Breitengrad ist da nicht die Rede.
Das interpretierst Du korrekt. Allerdings interpretierst Du noch etwas, nämlich dass daraus folgt, dass die Zeit auf der Meereshöhe für jeden Breitengrad gleich sei. Das steht aber in Deiner Quelle nicht drin. Somit hast an sich Du mit Deiner Grundanahme, dass dem nicht so sei, meines Erachtens recht, aber Du referenzierst auf eine Quelle, die zwar korrekte Aussagen macht, sich zu diesem Thema aber gar nicht äussert.

Warum, das weiss ich natürlich nicht, nur soviel: wenn Du einen Meter nach Osten beiseite trittst, so ergibt sich astronomisch gesehen bereits ein Zeitunterschied: habe die Erde der Bequemlichkeit halber nur einen Äquatorumfang von 36000 km, so macht das pro Stunde 1500 km. Pro 4 Minuten also 100 km, macht pro Kilometer 2.4 Sekunden, wenn ich mich nicht verrechnet habe. Bei einem Meter sind das 2.4 Millisekunden. Selbst wenn Du da noch einen Sinus wegen der Breite drauflegen musst, so sind das mehrere Zehnerpotenzen mehr als relatvistische Effekte verursachen. Es stellt sich also schon die Frage, was genau Deine Quelle bezwecken will, und ob sie wirklich zum Ziel hat, relativistische Effekte der geschwindigkeitsbedingten Zeitdilatation zu berücksichtigen.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Ich

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Soll das denn tatsächlich bedeuten, dass Atomuhren auf Meereshöhe gleich ticken, unabhängig vom Breitengrad?
Ja.
Aber jetzt beim Schreiben kommt mir gerade ein Geistesblitz.

Ich stell mir vor, wir haben zwei Uhren im Erdinnern. Eine wollen wir an die Oberfläche bringen. Dann müsste sie an der Oberfläche schneller ticken und zwar wegen der gravitativen Zd:

$$t-t_0=\frac{t_0}{c^2}\cdot \int_{0}^{r}gdr$$

Und um die Rotationsgeschwindigkeit braucht man sich nicht mehr extra kümmern, weil die praktisch schon im Kraftwegintergral drinsteckt...

(Zentrifugalkraft erleichtert Aufstieg)

Ist mein Gedankengang wenigstens nicht komplett falsch?
Der ist komplett richtig. Die gravitative Zeitdilatation wird vom Potential der vorhandenen Scheinkräfte bestimmt. Im rotierenden System kommt zur Gravitation noch die Zentrifugalkraft dazu, die wirkt genauso.* Und die Erdoberfläche (d.h. das Geoid, also das, was du "Meereshöhe" nennst) formt sich nach genau diesem Potential aus, weil die Erde dafür plastisch genug ist. Also ist die Erdoberfläche eine Äquipotentialfläche im rotierenden Bezugssystem und hat deswegen überall dieselbe Zeitdilatation.


* Nur in einem nichtrotierenden System müsste man sich stattdessen um die Geschwindigkeit kümmern. Der Ansatz mit dem Zentrifugalpotential ist aber schöner, weil dann unmittelbar einsichtig wird, warum die Erdoberfläche überall dieselbe Zeitdilatation hat.
 

ralfkannenberg

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Und die Erdoberfläche (d.h. das Geoid, also das, was du "Meereshöhe" nennst) formt sich nach genau diesem Potential aus, weil die Erde dafür plastisch genug ist. Also ist die Erdoberfläche eine Äquipotentialfläche im rotierenden Bezugssystem und hat deswegen überall dieselbe Zeitdilatation.
Hallo Ich,

ach so, das ist es: ich war davon ausgegangen, dass 0 müNN für jede Breite gleichweit vom Erdmittelpunkt entfernt ist und dem ist natürlich nicht so, was man ja beim Saturn und auch beim Jupiter sehr schön sehen kann.

Und das gleicht es aus.

* Nur in einem nichtrotierenden System müsste man sich stattdessen um die Geschwindigkeit kümmern. Der Ansatz mit dem Zentrifugalpotential ist aber schöner, weil dann unmittelbar einsichtig wird, warum die Erdoberfläche überall dieselbe Zeitdilatation hat.
Was im vorliegenden Fall aber nicht nötig ist. Elegant :)


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Herr Senf

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Ich habe die Diskussion im Mahag, auf die sich Julian bezog, verfolgt und in meinem "Einwand" #40 zur "Kugel in der SRT" geantwortet,
das bezog sich ua auf folgendes Zitat bzgl Hafele&Keating:
Im Übrigen hätten sie sich den ganzen Aufwand sparen können. Die Geschwindigkeitsdifferenz infolge Erdrotation beträgt zwischen Oslo und Kairo so um die 300m/s. Hätten sie jeweils dort eine Atomuhr installiert, hätten sie ihren erwarteten Effekt auch messen können. Er tritt aber nicht auf. An diese Orte verbrachte Superpräzisionsuhren laufen keine ps unterschiedlich. So wird tagtäglich tausendfach an tausenden Orten mit Atomuhren die nichtvorhandene ZD und falsche SRT Aussage bestätigt.
Diese Schlußfolgerung zur SRT ist schlichtweg falsch, wiewohl die Uhren untereinander keine "summarische" ZD zeigen müssen.
Der Grund ist, daß dort die Verbindung ART-SRT nicht gesehen wird, und die Ursache "gleicher Zeit" am Geoid liegt, nicht "am Fehler" der SRT.
Sie zeigen nur gleiche Zeit, weil die relative ZD der SRT durch den Effekt der gravitativen Zentripetalkraft des Geoiden vs Kugel sich aufhebt.

Klarstellend - Senf
 

julian apostata

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Vielen Dank für die Antworten und vor Allem für das eindeutige "Ja" von "Ich".

Dann könnte man es doch auch so formulieren.

$$t-t_0=\frac{t_0}{c^2}\cdot \int_{0}^{r}gdr-t_0\cdot \frac{v_e^2}{2\cdot c^2}$$

Ich setze beim Kraftwegintegral das g ein, welches sich ergäbe, wenn die Erde nicht rotieren würde. Und rechts vom "-" die Rotationsgeschwindigkeit der Erde auf Meereshöhe (Breitengrad ist wurst!!!)

Und ich erhielte die Zd gegenüber dem Erdmittelpunkt (t_0). Und die ist auf Meereshöhe überall gleich!

Oberflächlich betrachtet zunächst mal ein glatter Verstoß gegen das kleine Einmaleins der SRT. Aber wenn man genauer hinschaut, dann passt es.

So, ich hoffe dass ich es jetzt komplett verstanden habe und ich mich beruhigt schlafen legen kann.
 

TomS

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Ein Teil der Verwirrung resultiert aus der verbreiteten Darstellung zum Haefele-Keating-Experiment. Ein Beispiel aus Wikipedia:

... werden beim Hafele-Keating-Experiment beide Effekte zugleich nachgewiesen ... Die Zeitdilatation ergibt sich als Summe dreier Beiträge ... Beitrag der Geschwindigkeit gemäß der SRT ... Beitrag der Gravitation gemäß der ART ... Beitrag aus dem Sagnac-Effekt ...

Dies suggeriert, es lägen getrennte Effekte vor - und das ist falsch! In der ART werden alle diese Effekte auf eine gemeinsame Ursache zurückgeführt und in einer einzigen Formel vereint. Sie sind im allgemeinen überhaupt nicht voneinander separierbar! Die Auftrennung in einzelne Effekte, die additiv beitragen, resultiert zum einen in der Wahl eines speziellen Bezugssystems, zum anderen in einer (in diesem Falle gültigen) Näherung.

Der Wikipedia-Artikel (und andere) unterschlagen, dass lediglich ein spezieller Lösungsansatz verwendet wird und interpretieren dann genau diesen Spezialfall. Das ist didaktisch natürlich völlig abwegig.

In der ART folgt die Zeitdilatation aus dem Vergleich zweier Eigenzeiten tau_i zweier Beobachter i = 1,2 entlang ihrer zwei Weltlinien C_i mit ihren Vierergeschwindigkeiten u_i. Diese ist koordinatenfrei und bezugssystemunabhängig. Die allgemeine Darstellung lautet

$$\tau = \int_{C_i} d\tau = \int_{C_i}dt \, \sqrt{g_{\mu\nu}u^\mu u^\nu}$$

Wie man leicht erkennt, sind Effekte der Metrik G sowie der Geschwindigkeit u nicht separierbar
 
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julian apostata

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Aber woher "weiß" eigentlich eine Atomuhr, dass sie sich auf Meereshöhe befindet? Die Schwerkraft allein kann es jawohl nicht sein. Denn die ändert sich ja auf dem Weg von Pol zu Äquator.

Hat es vielleicht was mit der gekrümmten Raumzeit zu tun? ART ist halt nicht meine Stärke.
 

ralfkannenberg

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Aber woher "weiß" eigentlich eine Atomuhr, dass sie sich auf Meereshöhe befindet? Die Schwerkraft allein kann es jawohl nicht sein. Denn die ändert sich ja auf dem Weg von Pol zu Äquator.

Hat es vielleicht was mit der gekrümmten Raumzeit zu tun?
Hallo Julian,

es hat wie ich es nun verstanden habe damit zu tun, dass die Erde rotationsbedingt abgeplattet ist, die Erdoberfläche also nicht überall gleichweit vom Erdmittelpunkt ist (ich meine eine ideale Erde ohne Berge und Täler). Allerdings bin ich tatsächlich ausserordentlich überrascht, dass das vom Betrag her gerade dafür sorgt, dass es die relativistische Zeitdilatation aufgrund der Rotation der Erde ausgeglichen wird, so dass die 0 müNN-Artomuhr unabhängig von der Breite dieselbe Zeit anzeigt. Es muss also irgendwie derselbe Typ Gleichung vorliegen, denn die Abplattung der Erde ist ja kein relativistischer Effekt.


Vielleicht kommt mir über Ostern noch eine einfache Idee dazu in den Sinn, sonst eröffne ich im AllTopic-Forum einen Smalltalk-Dummy-Thread zu dieser Thematik.

Ich weiss, ich mache nach wie vor den Fehler, dass ich im Hinterkopf zwei Zeitdilatationen habe, eine von der SRT ("geschwindigkeitsbedingt") und eine von der ART ("gravitationsbedingt"), statt beide zusammen als einen relativistischen Effekt zu betrachten.


ART ist halt nicht meine Stärke.
Wenn das stimmen würde, hättest Du dieses Problem nicht korrekt gelöst. Du magst in der ART vielleicht nicht so virtuos wie "Ich", TomS oder Bernhard sein, aber Dir selber darin die Kompetenz abzusprechen halte ich nun doch für ziemlich übertrieben.


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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Herr Senf

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Aber woher "weiß" eigentlich eine Atomuhr, dass sie sich auf Meereshöhe befindet?
Hallo Julian, da kriegt sie nasse Füße ;) [Witz aus]

Die Atomuhr zeigt (immer) ihre Eigenzeit, überall dort wo wir sie zur Messung hinstellen, und wir stellen sie aktiv auf den Geoiden.
Stellen wir sie auf eine andere Höhe/h-Koordinate hat sie auch ihre Eigenzeit, aber die h-Koordinatenzeiten unterscheiden sich.
Nun hat sich die Erde bei der Abkühlung fast als idealer Geoid so ausgebildet, daß Testmassen entlang der Oberfläche kräftefrei sind,
das heißt Gravitationskraft+Zentripetalkraft (nicht Zentrifugal- wäre die falsche Richtung) sind wegen der 24 h überall (fast) gleich.
Wir haben eine rotierende äquipotentiale Oberfläche (Potential h-abhängig senkrecht), damit an allen h=0-Koordinaten gleiche Zeit.

Für den Zeitvergleich zwischen Punkten benutzen wir den Geoiden WSG84, eine erste Näherung an das Potential der Erdoberfläche.
Es gibt noch einen Unterschied zwischen Äquator und Pol von ~40 μs, weil Multipolkomponenten des Gravifeldes nicht berücksichtigt sind.

Grüße Senf

PS @Ralf "Es muss also irgendwie derselbe Typ Gleichung vorliegen ...,": kleines g und kleines v - das Newtonsche Gravitationspotential
 
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Ich

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Nun hat sich die Erde bei der Abkühlung fast als idealer Geoid so ausgebildet, daß Testmassen entlang der Oberfläche kräftefrei sind,
das heißt Gravitationskraft+Zentripetalkraft (nicht Zentrifugal- wäre die falsche Richtung) sind wegen der 24 h überall (fast) gleich.
Wir haben eine rotierende äquipotentiale Oberfläche (Potential h-abhängig senkrecht), damit an allen h=0-Koordinaten gleiche Zeit.
Nicht die Kraft ist überall gleich, sondern das Potential. Sonst richtig.
@Julian
Der Trick für das Verständnis ist es, eben nicht in gravitative und kinematische (geschwindigkeitsabhängige) Zeitdilatation aufzuspalten. Das Ergebnis ist zwar dasselbe, aber es ist ja kein Grund ersichtlich, warum die Geschwindigkeit gerade so groß sein soll, dass die ZD überall gleich ist.
Stattdessen geht man in ein mitrotierendes Bezugssystem. Dort bewegt sich die Erdoberfläche zwar nicht, es gibt also auch keine kinematische Zeitdilatation. Dafür taucht aber mit der Zentrifugalkraft mw²r zusätlich zur Gravitation eine neue Scheinkraft auf. Das Potential aller Scheinkräfte zusammen bestimmt die "gravitative" Zeitdilatation.
Deine Formel lautet also:
$$\frac{\Delta t}{t_0}=\frac{1}{c^2}\cdot \int_{0}^{r}g(r)-\omega^2r\;dr=\frac{1}{c^2}\cdot \int_{0}^{r}g(r)\;dr-\frac{\omega^2r^2}{2\cdot c^2}=\frac{1}{c^2}\cdot \int_{0}^{r}g(r)\;dr-\frac{v_e^2}{2\cdot c^2}$$
Genau dasselbe, wie man an der letzten Umformung erkennt. Aber wenn man sich die Erde als ausreichend plastischen Körper denkt, also als Flüssigkeit, dann ist klar, dass ihre Oberfläche genau auf einer Äquipotentialfläche liegt, sprich: Auf "gleicher Höhe", wenn man Schwerkraft und Fliehkraft zusammen berücksichtigt. Wäre dem nicht so, dann würde die Flüssigkeit vom höheren Potential zum niedrigeren fließen, bis alles wieder ausgeglichen ist.
Das heißt, derselbe Mechanismus, der die Erdoberfläche formt, bestimmt auch die Zeitdilatation. Energie und Zeit sind eng verwoben (ich erwähne diesmal zur Abwechslung nicht die Noethertheoreme). Wenn sich die Erdoberfläche so formt, dass ihre potentielle Energie überall gleich ist, dann formt sie sich so, dass auch die Zeitdilatation überall gleich ist. Das ist dasselbe.

Und um Tom zu beruhigen: Diese ganze Rechnung ist in der Tat nur eine Näherung der ART für schwache Felder und kleine Geschwindigkeiten vor einem stationären Hintergrund. Solche Näherungen haben den Vorteil
- das richtige Ergebnis zu liefern
- eine brauchbare Intuition auszubilden
- einigermaßen zugänglich zu sein, wenn man von Newton her kommt (wie es aufgrnd der Schulbildung jeder tut)
- überhaupt berechenbar zu sein, im Gegensatz zu den nicht geschlossen vorliegenden allgemeinen Lösungen der ART
 

TomS

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Der Trick für das Verständnis ist es, eben nicht in gravitative und kinematische (geschwindigkeitsabhängige) Zeitdilatation aufzuspalten.


Stattdessen geht man in ein mitrotierendes Bezugssystem ...


Und um Tom zu beruhigen: Diese ganze Rechnung ist in der Tat nur eine Näherung der ART für schwache Felder und kleine Geschwindigkeiten vor einem stationären Hintergrund.
Richtig, man sollte diese Aufspaltung zunächst nicht vornehmen. Man kann sie nicht einmal vornehmen, solange man nicht ein spezielles Bezugssystem auszeichnet und eine (sicher nicht allgemeingültige) Näherung durchführt. Mein Weg ist daher, von der allgemeingültigen Darstellung auszugehen und schrittweise für das konkrete Experiment den Effekt zu berechnen. Dabei sieht man dann, ab welcher Stelle und durch welche Näherung überhaupt erst scheinbar (!) zwei getrennte Effekte auftreten (dies ist ein Artefakt der Näherung).


Soll ich das hier mal vorführen?


Nochmal: meine Kritik richtet sich nicht gegen die Berechnungs- und Näherungsmethode, sondern dagegen, dass man den Spezialfall nach erfolgter Näherung interpretiert, nicht den allgemeinen Fall.
 

Ich

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Soll ich das hier mal vorführen?
Warum nicht?

Nochmal: meine Kritik richtet sich nicht gegen die Berechnungs- und Näherungsmethode, sondern dagegen, dass man den Spezialfall nach erfolgter Näherung interpretiert, nicht den allgemeinen Fall.
DIe Interpretation des allgemeinen Falls würde micht interessieren. Die Kernzielgruppe (JA) hat nach eigenem Bekunden Realschulabschluss. Die Fragestellung ist: gehen auf Meereshöhe alle Uhren gleich schnell, und wenn ja, warum? Ist ja kein Zufall.
Mein Ansatz war, ein effektives Potential einzuführen und das damit zu begründen. Die Näherung war dazu da, das Potential berechenbar zu machen und auf Schulphysik zurückzuführen.
Wie würdest du vorgehen?
 

Bernhard

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Weil das voraussichtlich zu weit über die eigentliche Frage von JA hinausgehen würde. MMn hast Du die Frage mustergültig beantwortet, aber bitte: Man kann natürlich auch auf klassischem Weg zuerst eine plausible Form der Erde berechnen und dann die Zeitdilatation (ZD) für einen bewegten Testkörper innerhalb der Schwarzschildmetrik berechnen oder auch die Kerr-Metrik verwenden. Allerdings wollen die Leute vom Mahag damit doch eh nichts zu tun haben?

Was eventuell Sinn machen könnte, wäre ein neues Thema zur ZD auf Orbits der Kerr-Metrik. Dazu wurde ja schon gute Vorarbeit geleistet.
MfG
 
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ralfkannenberg

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PS @Ralf "Es muss also irgendwie derselbe Typ Gleichung vorliegen ...,": kleines g und kleines v - das Newtonsche Gravitationspotential
Hallo Herr Senf,

besten Dank, das beantwortet schon einen grossen Teil meiner Frage. Der nun noch ausstehende Teil wird mit dem ersten Teil Deines Beitrages und dann ausführlich mit Ich's Beitrag beantwortet.

Besten Dank für Eure Mühe :)


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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ralfkannenberg

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Soll ich das hier mal vorführen?


Nochmal: meine Kritik richtet sich nicht gegen die Berechnungs- und Näherungsmethode, sondern dagegen, dass man den Spezialfall nach erfolgter Näherung interpretiert, nicht den allgemeinen Fall.
Hallo Tom,

wenn es ein Mathematiker, der nach dem Vordiplom keinerlei Physik mehr gemacht hat, das nachvollziehen kann, wäre ich sehr interessiert.

Wenn es aber primär ein Herumwerfen mit Nabla-Operatoren, Divergenzen und Rotationen ist, dann begnüge ich mich gerne damit, zu staunen.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

TomS

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Im folgenden möchte ich kurz zusammenfassen, in welcher Weise die Effekte der gravitativen sowie der kinematischen Zeitdilatation in der ART miteinander verwoben sind, und wie man sie für konkrete Probleme zumindest näherungsweise trennen kann.

Man betrachtet die Weltlinie eines Beobachters in der vierdimensionalen Raumzeit. Die Eigenzeit tau entlang einer derartigen Weltlinie = Kurve C, also die Zeit, die ein Beobachter auf einer mitbewegten Uhr misst, lautet

$$\tau = \int_C d\tau$$

Entlang eines infinitesimalen Kurvensegments d.h. eines infinitesimalen Eigenzeitintervalls legt der Beobachter (betrachtet in einem beliebigen Koordinatensystem) eine infinitesimale Koordinatenzeit dt sowie eine infinitesimale räumliche Distanz dx zurück (für letztere muss man i.A. drei Richtungen i = 1,2,3 angeben). Im Gegensatz zur invarianten Eigenzeit tau sind die Koordinatenzeit t sowie die räumlichen Koordinaten natürlich koordinatensystemabhängig.

Zur Berechnung des Kurvenintegrals benötigt man die "vierdimensionale Länge"; zunächst betrachten wir dazu das Integral für die SRT im flachen Minkowski-Raum:

$$\tau = \int_C d\tau = \int_C\sqrt{dx_\mu \, dx^\mu} = \int_{t_a}^{t_b}dt\sqrt{\dot{x}_\mu \, \dot{x}^\mu} = \int_{t_a}^{t_b}dt\sqrt{1-\vec{v}^2(t)} $$

wobei der Punkt die Ableitung nach einer Koordinatenzeit t bedeutet. Der Wurzelausdruck entspricht einem "verallgemeinerten Pythagoras". Die "vierdimensionale Länge" kann also einerseits durch einen "verallgemeinerten Pythagoras" in den vier Komponenten mu = 0,1,2,4 berechnet werden, andererseits auch in einem Koordinatensystem, bzgl. dessen die Geschwindigkeit v vorliegt. Für v = const. folgt sofort die aus der SRT bekannte Beziehung zwischen Koordinatenzeit t und Eigenzeit tau.

Diese Formel kann nun für die ART verallgemeinert werden, indem man die Metrik g einführt, die die Krümmung der Raumzeit beschreibt:

$$\tau = \int_C\sqrt{dx_\mu \, dx^\mu} = \int_C\sqrt{g_{\mu\nu}\,dx^\mu\,dx^\nu}$$

Die Metrik g "modifiziert" den "verallgemeinerten Pythagoras". Die spezielle Form für die SRT erhält man wieder zurück, wenn man für die Metrik

$$g_{\mu\nu} = \text{diag}(1,-1,-1,-1)$$

setzt.

In der o.g. Darstellung ist die Formel allgemeingültig, d.h. sie gilt für beliebige Raumzeiten (beliebige Metriken) und sie ist koordinatensystemunabhängig formulierbar (die Eigenzeit als "verallgemeinerte Länge" der Kurve C hängt nicht vom verwendeten Koordinatensystem ab).

Um nun jedoch konkrete Berechnungen durchzuführen, muss eine konkrete Metrik (d.h. eine konkrete Raumzeit) betrachtet werden; außerdem wird diese üblicherweise in einem konkreten Koordinatensystem dargestellt.

In vielen Fällen kann die Metrik dabei auf Diagonalform gebracht werden, wobei die Einträge noch Funktionen der Koordinaten sein können. Metrik und Integral für tau lauten dann

$$g_{\mu\nu} = \text{diag}(g_{00},g_{ii})$$

$$\tau = \int_C\sqrt{g_{\mu\nu}\,dx^\mu\,dx^\nu} = \int_C \sqrt{g_{00}\,dt^2 + g_{ii}\,(dx^i)^2}$$

Nun kann außerdem, wie im Falle der SRT, das Kurvenintegral in ein dt-Integral umgeformt werden:

$$\tau = \int_{t_a}^{t_b} dt\sqrt{g_{00} + g_{ii}\,(v^i)^2}$$

In dieser Form können z.B. die Schwarzschildgeometrie für das Gravitationsfeld einer sphärisch symmetrischen Massenverteilung sowie die FRW-Geometrie für ein homogenes und isotropes Universum dargestellt werden.

Nun zur Frage, warum die Effekte der Raumzeitkrümmung sowie der Geschwindigkeit nicht separiert werden können bzw. warum man eigtl. gar nicht von zwei getrennten Effekten reden kann:

Die Raumzeitkrümmung ist in der Metrik g codiert; diese gilt immer für ein spezielles Koordinatensystem, in dem dann auch die Geschwindigkeit v angegeben wird. Die Eigenzeit tau entlang einer Kurve C ist aber koordinatenunabhängig, d.h. der Wert von tau = die Eigenzeit eines entlang von C bewegten Beobachters hängt nicht davon ab, in welchem Bezugssystem diese Bewegung beschrieben wird. Man kann z.B. immer die Bewegung in einem mitbewegten Bezugssystem formulieren, d.h. die Eigenzeit tau entspräche damit direkt der Koordinatenzeit. In diesem Koordinatensystem wäre offensichtlich v = 0 (ein Beispiel ist die Eigenzeit eines mitbewegten Beobachters in der FRW-Metrik; ein anderes Beispiel wären die Raindrop-Koordinaten eines frei fallenden Beobachters in der Schwarzschildgeometrie; letzterer spürt gem. des Äquivalenzprinzips nichts von einer Raumzeitkrümmung).

D.h. eine Trennung der beiden Effekte setzt zunächst voraus, dass ein spezielles Koordinatensystem ausgezeichnet wird, in dem die Bewegung betrachtet wird, während die Eigenzeit tau entlang C natürlich koordinatensystemunabhängig ist (denn für die mitbewegte Uhr muss es ja egal sein, in welchem Koordinatensystem wir sie beschreiben).

Abschließende Bemerkung: selbst wenn man durch Einführung eines speziellen Koordinatensystems die Effekte separieren möchte, erhält man nicht einfach eine Addition gem. "Effekt der Raumzeitkrümmung plus kinematischer Effekt der Geschwindigkeit", wie man der obigen Formel sofort ansieht.

So, das war's erst mal; später mehr für den speziellen Fall der Schwarzschildmetrik. Dabei dann auch die Diskussion einer Näherung, aus der. zwei (näherungsweise!) getrennte, additive Effekte folgen.
 
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ralfkannenberg

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Die Metrik g "modifiziert" den "verallgemeinerten Pythagoras". Die spezielle Form für die SRT erhält man wieder zurück, wenn man für die Metrik

$$g_{\mu\nu} = \text{diag}(1,-1,-1,-1)$$

setzt.
Hallo Dgoe,

was weisst Du hierzu zu sagen ?

2 Tipps:
1. handelt es sich um das Standard-Skalarprodukt ?
2. ist diese "Metrik" positiv-definit ?


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Dgoe

Gesperrt
Hallo Ralf,

ich weiß nicht, nein und nein?
Prognose der Antwort: ...nicht raten...
:(

Gruß,
Dgoe
 
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