Hallo,
Zu den anderen Schwachpunkten komme ich (vielleicht) später.
Ein weiteres, schwierig einzuschätzendes Argument ist das Motiv für einen solchen Schritt.
Oft hört man dann solche Argumente wie: vor 1000 Jahren konnte man sich einen regen Flug- und Schiffsverkehr zwischen Amerika und Europa auch nicht vorstellen. Oder, was war denn an den Pyramiden wirtschaftlich?
Diese Argumente sind zwar nicht grundsätzlich falsch, aber auch sie unterliegen Regeln. Weil man sich gestern etwas nicht vorstellen konnte, was heute möglich ist, hat man keinen Beweis in Händen, dass morgen etwas möglich ist, was man sich heute vorstellt. (und das liegt nicht nur am Kalauer)
Da sich die Parameter menschliche Arbeitskraft und einsetzbare Energie, die jeder für sich limitierende Wirkungen haben, nicht parallel entwickeln, ja, die menschliche Arbeitskraft sogar fast gänzlich wegfallen könnte, ist es schwierig vernünftige Berechnungen für die Kosten eines solchen Projektes anzustellen.
Ich will es daher überwiegend qualitativ versuchen.
Völkerwanderung: Ist nur möglich, wenn vorher genügend Ressourcen überproduziert wurden, die eine Wanderung ermöglichen oder während der Wanderung eine Versorgung aus Ressourcen der Umgebung der Wanderwege gelingt.
Columbus’ Fahrt nach Amerika war nur möglich, weil sie von der spanischen Bevölkerung finanziert wurde (übrigens, ohne diese zu befragen!), nachdem ein unerhört hoher Anreiz genügend Gier geweckt hatte, um dieses Risikokapital aufs Spiel zu setzen.
So nebenbei: Bei der Art der Darstellung der Entdeckung Amerikas (und anderer Geschichten) fällt mir immer mal wieder auf, dass manche derjenigen die darüber berichten, die Handlungsweisen der Beteiligten aus der Sicht beurteilen, die erst nach Kenntnis des Ablaufs entsteht.
Mondlandung: hat, so wird gesagt, 1E10 US$ gekostet, aufgebracht von der amerikanischen Bevölkerung. Nicht nur durch geschickte Motivation mehrere Jahrzehnte eher, als dieses wohl unter normalen Umständen geschehen wäre.
Vergleicht einmal bei diesen Beispielen die Kosten pro Kopf der Bevölkerung.
Bei den Völkerwanderern war es alles was sie hatten, von jedem Einzelnen. Welches Motiv muß man haben, um so etwas zu tun?
Bei der spanischen Bevölkerung war es ein nicht ganz unerheblicher Teil ihrer Wirtschaftskraft, der über die bloße Ernährung hinaus erbracht werden konnte. Vielleicht kennt ihr das Beispiel: Um sich einen Ritter halten zu können, braucht es 1000 Menschen, die außer sich selbst zu ernähren, auch noch zusätzlich diesen Ritter ermöglichen.
Bei der amerikanischen Bevölkerung waren es 5 US$/Kopf und Jahr. (Ich bin von 2E8 Menschen ausgegangen)
Vergleicht einmal die moralische Entrüstung, die diese Ausgaben in der jeweiligen Zeit verursacht haben.
Die immer großartigeren Pojekte, die auch für sich genommen immer teurer werden, verbrauchen immer weniger Leistungsfähigkeit der Bevölkerung, werden aber trotzdem immer schwieriger zu initiieren.
Wie wird dieses Verhältnis wohl aussehen, wenn die ersten Generationenschiffe Kurs auf Alpha2 Centauri c nehmen sollen? Den Planeten hab’ ich mir gerade ausgedacht. 3. Planet (c) um Alpha 2 Centauri. Hört sich doch gut an, oder?
Ob dann wohl 50cent pro Kopf schon zu viel sind, um es politisch machbar erscheinen zu lassen? Wieviel mehr, als die bemannte Mondlandung wird es kosten? Dann könnt ihr Euch auch gleich ausrechnen, ob es ohne Besiedlung des nahen Weltraums überhaupt so weit kommen wird.
Wirtschaftlichkeit:
Wenn man vor dem Verhungern flieht, gibt es keine Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit im kapitalistischen Sinne. Man wird alles einsetzen, was man hat, wenn man eine Chance sieht, und noch nicht zu geschwächt ist.
Bei der Finanzierung von Columbus Flotte stand eine Vervielfachung um mehrere Größenordnungen des eingesetzten Staats-Kapitals in (sehr vager) Aussicht. (Gewürzhandel)
Bei der Mondlandung? Na ja, den Russen zeigen, wo der Hammer hängt, war wohl auch mit dabei. Ausbeutung des Mondes als Ziel in ferner Zukunft vielleicht auch? Ich glaube kaum. Den ersten Menschen was gutes tun, was sie sich alleine nie leisten könnten? (war ein Scherz
) Großer Enthusiasmus und der Glaube wir schaffen es?
Es wird wohl eine Mischung aus dem Ersten und Letzten gewesen sein, die so gerade eben ausreichte, 10 mal 5$ pro Kopf, verteilt auf etwa 10 Jahre, locker zu machen.
Beim Auswandern nach Alpha2 Centauri c? ? ? ?
Für die Auswanderer: Man kommt nicht selbst an, also ein Entschluß für die eigenen Ururenkel, bei dem man weder die eigenen Kinder noch die eigenen Enkel fragen kann, mit einem nicht unerheblichen Risiko gar nicht anzukommen. Ich weis, dass dieses Risiko bei den Siedlern auch nicht anders war, nur ihre Alternativen sahen auch ganz anders aus.
Für die professionellen Geldgeber: Ausgeschlossen. Es kostet sehr viel und es kommt nichts zurück. Welche Renditeerwartung muß ich an eine Inverstition haben, die vielleicht, wenn alles gut geht, 2000 Jahre danach Erträge abwirft? Und dann die Transportkosten. Welches Wirtschaftsgut kann ich von dort billiger importieren, als ich es hier Produzieren kann. Und umgekehrt ebenso. Vielleicht Informationshandel? Hat immer einen Zeitmalus von gut 8 Jahren. Mir fällt nichts ein, außer Kunst und Pflanzen die nur im jeweiligen Sonnenlicht wachsen (wenn es den Transport lohnt, dann kann man die aber garantiert auch vor Ort herstellen, selbst wenn sie 200 m hoch und 500 m im Durchmesser wachsen).
Für die nicht professionellen Geldgeber: Gilt wahrscheinlich die abnehmende Motivation.
Ich mag zwar nicht recht daran glauben, dass all diese Dinge eine Besiedlung garantiert ausschließen, sie werden sie aber garantiert weit über die Zeit hinaus verzögern, in der sie eigentlich technisch schon lange machbar wäre.
Herzliche Grüße
MAC