Quantentheorie und Gravitation

antaris

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Wieso eigentlich?
Ein Teilchen...
Es geht in der QFT nicht um ein Teilchen, sondern den reinen Zustand eines Quantenfeldes, welches verbotenerweise in einen gemischten Zustand übergeht.
Ich denke aber TomS könnte das sicher besser nochmal erläutern.

Es gilt:
  1. für jede QFT sind unter allen Umständen und für alle Zustände die Zeitentwicklung und damit insbs. die S-Matrix unitär
  2. für die von Hawking konstruierte QFT existiert ein Zustand (der initiale Vakuumzustand), dessen Entwicklung in den finalen Zustand (den thermischen Zustand der Hawking-Strahlung) nicht-unitär ist; damit ist insbs. auch die S-Matrix nicht-unitär
(2) ist ein explizites Gegenbeispiel zu (1); damit ist die von Hawking konstruierte QFT inkonsistent. Das Problem ist seit ca. 50 Jahren bekannt, eine Lösung nicht. Ende der Aussage.

Hawking’s calculation of black hole evaporation and the apparent loss of information challenged the heart of quantum mechanics. If his argument was correct, then quantum mechanics as it was known had to be wrong.
(nach Susskind)

Das sehen aber offensichtlich nicht alle Physiker gleich, wobei m.E. beide Seiten "glauben" müssen, da niemand etwas nachweisen kann.
Wenn man vom "ontischen" Charakter der Wellenfunktion überzeugt ist und etwas anderes als unitäre Entwicklung für ausgeschlossen hält, muss man das wohl glauben.
 

antaris

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TomS schrieb:
antaris schrieb:
Hawking seine Arbeiten zeigen, dass die Konstruktion der QFT [auf der Raumzeit mit Schwarzem Loch] Fehler hat, da sie zu Inkonsistenzen führen (z.B. Bruch der Unitarität).
Richtig. In einer flachen Raumzeit funktioniert die QFT super.
Fangen die Probleme mit allgemein gekrümmten Raumzeiten an oder sind die Krümmungen der Raumzeit durch Singularitäten schwarzer Löcher das eigentliche Problem?

Nicht, dass man das nicht seit 50 Jahren intensiv untersuchen würde.
Davon kann wohl ausgegangen werden. Aber ob z.B. die Unitarität fundamental ist, scheint ja eben auch nicht Konsenz zu sein, wie das Beispiel Prokyon zeigt. Wird ein Kollaps und der Zufall ernst genommen, so ist die Verletzung der Unitarität "kein Problem"...zumindest habe ich das so verstanden und wenn das so ist, dann hängt doch das "Wie und Was" untersucht wird, von den individuellen Weltbildern der Forschenden (bzw. derer Geldgeber) ab. Das alles ist aber nicht wichtig, solange es genügend Vertreter der jeweiligen Lager gibt und dennoch wird am Ende niemand eine zweifelsfreie Aussage tätigen können, da die Überprüfbarkeit nicht gegeben ist.
 

TomS

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Dieses Problem habe ich noch nicht verstanden. Wieso ist der Bruch der Unitarität ein Problem?
Die nach wie vor einfachste Antworten lautet weiterhin:

Wenn ich
  1. Axiome für eine QFT formuliere, von denen eines besagt, dass die Abbildung U(t',t) von einem beliebigen Zustand zur Zeit t auf den Zustand zu einer späteren Zeit t' > t unitär ist, und wenn ich
  2. im Rahmen meiner Überlegungen zu dieser QFT eine Abbildung X von einem Zustand zur Zeit t auf den Zustand zur Zeit t' > t finde, die nicht-unitär ist (wobei nie ein unitäres U konstruiert werden konnte)
dann liegt eine Inkonsistenz vor.

Das kann man auch anders formulieren:

Ein initialer Zustand wird im Rahmen einer QFT mittels einer unitären Abbildung – der S-Matrix – auf den finalen Zustand abgebildet. Hawking konstruiert aber eine Abbildung zwischen diesen Zuständen, die nicht-unitär ist. Damit existiert für diese QFT keine unitäre S-Matrix.

Das läuft auf folgende Optionen hinaus:
  • die S-Matrix ist in diesem Fall tatsächlich nicht-unitär
  • die S-Matrix ist auch in diesem Fall unitär, und Hawking's Berechnung letztlich falsch, wir sind aber nicht in der Lage, die S-Matrix zu konstruieren
Hawking hat lange in die erste Richtung gedacht. Er war dann aber von der zweiten überzeugt.
 
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TomS

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ist diese [Schrödingergleichung] ja nur eine Idealisierung ohne inkohärente Teilchen.
Ja.

Dafür benötigt man dann mehrere Schrödingergleichungen.
Falsch.

Wir benötigen die Zeitentwicklung für eine Dichtematrix (siehe PDF). Aber auch diese Zeitentwicklung ist für ein abgeschlossenes System immer unitär.

Oder anders gesagt: Wie sieht die Schrödingergleichung für einen Atomkern aus, und wie für einen Atomkern mit Betazerfall?
Wie immer:

i dψ/dt = H ψ

Der Unterschied zwischen verschiedenen Systemen steckt in H. H ist immer selbstadjungiert, und U(t) damit immer unitär.

Verletzt der Betazerfall auch die Unitarität?
Nein.
 
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TomS

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Aber ob z.B. die Unitarität fundamental ist, scheint ja eben auch nicht Konsenz zu sein …
Es wäre natürlich möglich, dass das Prinzip der Unitarität nicht vollumfänglich gültig ist. Dann ist die "Korrekturmaßnahme" aber keine Kleinigkeit, sondern bedarf eines vollständig neuen Fundamentes. In diese Richtung hat Hawking lange gearbeitet.
 
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Rainer

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Aber auch diese Zeitentwicklung ist für ein abgeschlossenes System immer unitär.
Das System ist aber nicht abgeschlossen.
Die Hubble Sphäre verändert sich, ihr Inhalt verändert sich, andauernd, solange, bis nur noch Vakuum vorhanden ist, oder ein einziges Teilchen oder ein einziges Ensemble. Genau genommen ist dies ein asymptotischer Vorgang. Die vorhandene Hintergrundstrahlung (und andere Strahlung) schwindet. Diese Hintergrundstrahlung stammt aus unterschiedlichen Hubble Sphären zur Zeit der Rekombination und stand nie im Kontakt.
 
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Bernhard

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Das läuft auf folgende Optionen hinaus:
  • die S-Matrix ist in diesem Fall tatsächlich nicht-unitär
  • die S-Matrix ist auch in diesem Fall unitär, und Hawking's Berechnung letztlich falsch, wir sind aber nicht in der Lage, die S-Matrix zu konstruieren
Hawking hat lange in die erste Richtung gedacht. Er war dann aber von der zweiten überzeugt.
Das ist ja spannend und würde bedeuten, dass Hawking in der Originalarbeit das Klein-Gordon-Feld möglicherweise zu "naiv" quantisiert hat. Er benutzte eventuell zu stark das Anfangswertproblem aus der nicht-quantisierten Feldtheorie?
 

TomS

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Das System ist aber nicht abgeschlossen.
Das betrachtete System ist abgeschlossen.

Die Hubble Sphäre verändert sich …
Hawking betrachtet aber kein expandierendes Universum, sondern im Endzustand eine statische Schwarzschildlösung plus adiabatische Rückwirkung. Im räumlichen Sinne ist das System also abgeschlossen.

Die vorhandene Hintergrundstrahlung (und andere Strahlung) schwindet. Diese Hintergrundstrahlung stammt aus unterschiedlichen Hubble Sphären zur Zeit der Rekombination und stand nie im Kontakt.
Das ist alles irrelevant.

Du betrachtest Systeme, aus denen zugegebenermaßen Probleme folgen könnten. Hawking betrachtet aber ein in dieser Hinsicht so einfaches System, für das niemand derartige Probleme erwartet, erhält dennoch eine Verletzung der Unitarität – und bis heute keine schlüssige Erklärung, warum. Es geht nicht darum, das das betrachtete System unrealistisch oder sein Ergebnis irgendwie physikalisch unschlüssig wäre; es geht darum, dass das System so einfach ist, dass man bei der Konstruktion nichts übersehen haben kann, keinen offensichtlichen Fehler begangen hat, das Problem also nicht in einer Näherung oder sonstwas begründet liegt, sondern auf eine fundamentale Inkonsistenz hinweist. Davon ist bis heute jeder Physiker überzeugt.

Zur Idee: Hawking wollte zeigen, dass die von Bekenstein vermutete Entropie eines schwarzen Lochs inkonsistent ist: eine Entropie S > 0 müsste zwingend mit einer Temperatur T > 0 zusammenhängen; er wollte zeigen, dass T = 0 und damit S = 0 gelten muss. Dazu betrachtete er das einfachst-mögliche System eines initialen Vakuumzustandes (aus Sicht eines Beobachters in unendlich ferner Vergangenheit) mit T = 0, und fand, dass dieser Zustand äquivalent ist zu einem thermischen Endzustand (aus Sicht eines Beobachters in unendlich ferner Zukunft) mit T > 0. Er zeigte also exakt das Gegenteil dessen, was er zeigen wollte.
 

TomS

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Und wieso soll das nicht für das SL mit Hawkingstrahlung gelten?
Hawking konstruiert gar kein H.

Hawking zeigt, dass das fragliche ψ nicht eindeutig definiert sondern beobachter-abhängig ist. Für zwei Beobachter bei t=-∞ und t=+∞ sowie ausgehend von einem initialen Vakuumzustand ψ(t=-∞) erhält er einen thermischen Endzustand ψ(t=+∞) *. Die von ihm konstruierte Transformation ist zwischen beiden ist also nicht-unitär, daher wären auch die S-Matrix S ** bzw. die Zeitentwicklung U nicht-unitär, und damit wäre letztlich das fragliche H nicht selbstadjungiert. All das widerspricht aber den Prinzipen der Quantenmechanik.

Selbst wenn S, U oder H vorlägen, widersprächen sie den Regeln der QM; Hawking muss also H nicht konstruieren, um die Inkosistenz zu zeigen: Die QM fordert, dass H selbstadjungiert ist, seine Überlegungen zeigen, dass H nicht selbstadjungiert sein kann, ergo kann ein derartiges H nicht existieren.

Ohne H existiert kein U, kein S, und damit existiert auch keine Schrödingergleichung, die das gewünschte leistet, weil keine Schrödingergleichung zugleich eine nicht-unitäre Zeitentwicklung und eine unitäre Zeitentwicklung des selben Zustandes ψ(t=-∞) liefern kann.

Ende der Geschichte.


* statt ψ müsste man streng genommen eine Dichtematrix betrachten

** hier steht S für die S-Matrix, nicht für die Entropie
 
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TomS

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Nein.

Ich schrieb
Dazu betrachtete er das einfachst-mögliche System eines initialen Vakuumzustandes (aus Sicht eines Beobachters in unendlich ferner Vergangenheit) mit T = 0.

Damit ist gemeint: der Vakuumzustand einer Quantenfeldtheorie auf einer Raumzeit mit SL.

Denn MIT SL ist ja T>0.
Nicht für den initialen Zustand sondern nur für den Endzustand.

Und woher kommt das SL bei T=0 denn?
Das ist egal.

Nachdem der EH entstanden und ggf. zusätzlich vorhandene Materie sich innerhalb des EH befindet, ist der Innenraum inkl. evtl. vorhandener Materie kausal vom Äußeren entkoppelt. Es ist also egal, was da genau wie kollabiert ist, im Außenraum ist ausschließlich die kollabierte Masse M wirksam, nicht die Details des kollabierten Zustandes. Zudem zeigt auch die Konstruktion des Vakuumzustandes der QFT, dass ggf. vorhandene Zustände bzw. deren Details im Inneren nicht zu diesem Vakuumzustand beitragen können. So wie klassisch nichts nach außen propagiert, kann auch quantenmechanisch nichts nach außen propagieren.

Auch der mögliche Einwand, diese Vernachlässigung des Eingangszustandes der Materie sei zu einfach, greift nicht. Es geht wie gesagt nicht darum, dass das Modell physikalisch unrealistisch ist, sondern darum, dass bereits ein sehr einfaches Modell zu einer Inkonsistenz führt. Eine Inkonsistenz verschwindet nicht dadurch, dass man sie durch viele Details zukleistert.

Zudem kann man den Eingangszustand der Materie als lokalisierten, reinen Zustand modellieren. Dann führt dessen Kollaps sowie der spätere thermische Endzustand wieder auf eine Inkonsistenz.

Derartige Reparaturen wurden erprobt und sind gescheitert.


Wichtig: Natürlich erfolgen alle diese Erklärungen im etablierten Kontext von Quantenfeldtheorien, und natürlich können sie genau deswegen auch allesamt letztlich inkonsistent sein. Wenn das Konzept einer Quantenfeldtheorie auf einer Raumzeit mit SL bzw. EH sowie adiabatischer Rückwirkung auf die Inkonsistenz der nicht-Unitarität führt, dann führt dies eventuell auf alle möglichen anderen Inkonsistenzen. In dieser Kombination von ART + QFT mit SL erscheint irgendwie alles fragwürdig; das ist ja gerade das verstörende.
 
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TomS

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Jedes SL hat immer eine T>0
Nein, nicht immer, bzw. nicht für jeden Beobachter.

Schau dir doch bitte mal die originalen Rechnung von Hawking an. In Gleichung (2.9) steht explizit der initiale Vakuumzustand, ein reiner Zustand, also S = T = 0.
 
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antaris

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ausgehend von einem initialen Vakuumzustand ψ(t=-∞)

Der reine initiale Anfangszustand hat S = T = 0, weil der Zustand des Anfangszustands überall gleich ist und somit im Prinzip kein Energietransport stattfindet? Ähnlich wie Energie im thermischen Gleichgewicht im Prinzip nicht übertragen wird, wenn 2 gleich angeregte Teilchen ihren Ort vertauschen (da sich nach dem Tausch am System nichts geändert hat)? Oder warum hat ein reiner Zustand S = T = 0? Das der initiale Anfangszustand rein ist, wurde so definiert, da der reine Zustand Ausgangspunkt vieler (erfolgreicher) Überlegungen in der QM bzw. der QFT ist?
 
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TomS

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Der reine initiale Anfangszustand hat S = T = 0, weil der Zustand des Anfangszustands überall gleich ist und somit im Prinzip kein Energietransport stattfindet?
Nein, sondern weil das als sinnvolle Anfangsbedingung so festgelegt wird. Man betrachtet zunächst den Vakuumzustand, der ist rein, daraus folgt der Rest.

Oder warum hat ein reiner Zustand S = T = 0?
Weil er rein ist. S = 0 folgt dann aus der Definition von S. Siehe PDF.
 
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