Quantentheorie: Der mögliche Weg des Universums vom falschen ins echte Vakuum

astronews.com Redaktion

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Ist unser Universum in einem sogenannten falschen Vakuum gefangen bis ein kosmischer Übergang zu einem stabileren echten Vakuum erfolgt? Um diese Frage zu beantworten, wurde der Prozess nun mithilfe eines Quantencomputers modelliert. Die Ergebnisse könnten Aufschluss über die Entstehung des Universums und sein Schicksal in einigen Milliarden Jahren geben. (5. Februar 2025)

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ralfkannenberg

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Hallo zusammen,

das ist ja ganz nett, aber was ist die praktische Anwendung davon ?

Schützen kann man sich vor so einem Vakuumzerfall ohnehin nicht, und sich vorher selber "schmerzlos" zu töten macht wohl auch wenig Sinn, weil ein solcher Vakuumzerfall vermutlich eine der scherzlosest-möglichen Arten zu Sterben sein dürfte.

Das menschliche Wissen noch rechtzeitig zu archivieren wird wohl auch wenig Sinn machen, weil die Archivierung bei einem solchen Vakuumzerfall ebenfalls totalzerstört wird, d.h. den einzigen Nutzen, den die Kenntnis des Zeitpunktes eines solchen Vakuumzerfalles hat, ist, nicht mehr zu sparen, keinen Stress mehr bei der Arbeit zu haben, sondern die verbleibende Zeit maximal zu geniessen oder - falls jemand religiös ist, Buße zu tun, in der Hoffnung, dass die nicht-materielle Seele dem Vakuumzerfall entkommt.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

ralfkannenberg

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Hallo zusammen,

hier noch ein bisschen amüsant zu lesende Lektüre:

Das Ende der Welt kommt früher als gedacht, aber noch ist Zeit

"Spoiler": der Rechenfehler macht zwar einen Faktor 10000 aus, aber das heisst nur, dass die Zeit bis das alles eintrifft, nicht 10^794 Jahre beträgt, sondern "nur" 10^790 Jahre.

Zum Vergleich: das Alter des Universums beträgt 10^17 Sekunden; nota bene Sekunden, nicht Jahre.

Und wer mit dem Rechnen von Zehnerpotenzen nicht so vertraut ist: wäre das Universum 10x älter, so wären das 10^18 Sekunden, und wäre es 100x älter, so wären das erst 10^19 Sekunden. Weit weit weg von 10^790, die erst noch in Jahren und nicht in Sekunden angegeben sind.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

TomS

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Hallo zusammen,

das ist ja ganz nett, aber was ist die praktische Anwendung davon ?
Die Frage ist für mich eher, inwiefern die Simulation eines überschaubar kleinen und recht einfachen Spin-Systems viel mit dem realen Vakuum einer – im nicht-perturbativen Regime nicht vollständig verstanden – Quantenfeldtheorie zu tun hat, die ihrerseits in einer dynamischen Raumzeit lebt – über deren quantenmechanischen Freiheitsgrade wir nichts gesichert sagen können.

Was mich stört ist, dass suggeriert wird, die gefunden Strukturen hätten irgendetwas mit denen in der Realität zu tun. Das ist Overselling.
 

antaris

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Kann bitte kurz die Definition von falschen bzw. echten Vakuum erläutert oder auch eine Quelle zum nachlesen benannt werden?
 

ralfkannenberg

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Kann bitte kurz die Definition von falschen bzw. echten Vakuum erläutert oder auch eine Quelle zum nachlesen benannt werden?
Hallo Antaris,

nehmen wir den Bodensee: alle Gewässer in seiner Umgebung fliessen (vom abfliessenden Rhein abgesehen) in den See. Der Bodensee ist also gewissermassen das "Auffangbecken" aller dieser Gewässer, und zwar deswegen, weil er tiefer liegt als die Gewässer, die in ihn hineinfliessen.

Der Bodensee bildet also - erneut bitte vom abfliessenden Rhein absehen - ein "lokales Minimium".

Aber das "globale Minimum", also der Meeresspiegel, ist er nicht: er liegt 395.23 m über dem Meeresspiegel. Wenn es nun an einer Stelle zu einem "Durchbruch" käme und das gesamte Wasser des Bodensees sich durch diesen Durchbruch den Weg auf Meeresniveau bahnen würde, so hätten wir es mit einer fast 400 m hohen kastrophale Folgen habenden Flutwelle zu tun.

In der Wikipedia findest Du bei den Vakuumflutuationen dazu das Folgende:
Zu beachten ist, dass mit Vakuum in diesem Zusammenhang nicht der von jeglicher Materie und Energie entleerte Raum gemeint ist, sondern der quantenmechanische Zustand niedrigst möglicher Energie (Grundzustand).


Freundliche Grüsse, Ralf
 

TomS

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Kann bitte kurz die Definition von falschen bzw. echten Vakuum erläutert oder auch eine Quelle zum nachlesen benannt werden?

Die Graphik zeigt immer nur das Potential für den als konstant angenommen Wert des Feldes. Natürlich fluktuiert das Feld um diesen Wert.

Der Übergang vom falschen ins echte Vakuum wäre eine Art Tunneln.

Sowas gibt es tatsächlich, z.B. frustrierte Spins im Magnetfeld.
 

antaris

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Woher wissen wir, dass das uns umgebende Vakuum das echte ist? Die Annahmen zum falschen Vakuum sind, so wie es auch in Wiki steht, rein hypothetisch?
 

ralfkannenberg

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Woher wissen wir, dass das uns umgebende Vakuum das echte ist? Die Annahmen zum falschen Vakuum sind, so wie es auch in Wiki steht, rein hypothetisch?
Hallo Antaris,

das hängt vom Unterschied der Energieniveaus der beiden ab. Wenn dieser moderat ist, könnten wir den Übergang überleben und dann vermutlich auch messen, wenn er grösser ist könnte die baryonische Materie totalzerstört werden oder bei noch grösseren Energieniveau-Unterschieden das gesamte Universum einen unmittelbaren Gravitationskollaps erleiden.

Ich finde, der von Tom genannte Wikipedia-Artikel beschreibt das besser als ich es je könnte:

If our universe is in a false vacuum state rather than a true vacuum state, then the decay from the less stable false vacuum to the more stable true vacuum (called false vacuum decay) could have dramatic consequences. The effects could range from complete cessation of existing fundamental forces, elementary particles and structures comprising them, to subtle change in some cosmological parameters, mostly depending on the potential difference between true and false vacuum. Some false vacuum decay scenarios are compatible with the survival of structures like galaxies, stars, and even biological life, while others involve the full destruction of baryonic matter or even immediate gravitational collapse of the universe.
Bemerkung: fett-kursiv hervorgehoben von mir


Freundliche Grüsse, Ralf
 

antaris

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Hallo Ralf,

was ist der Hintergrund für das falsche Vakuum? Warum wurde es eingeführt? Was soll es erklären?
Darüber hinaus, warum soll es nur ein echtes und ein falsches aber keine Vakua "dazwischen", sozusagen als stetiger Übergang von einem zum anderen geben?

Nun habe ich auch mal das AI-Orakel ChatGPT befragt:

Frage:
Könnte die Energie des Vakuumzustand abhängig vom Abstand zu einer Masse sein, als eine Art stetiger Übergang vom echten Vakuum fernab jeder Gravitation, hin zum falschen Vakuum in der Nähe von Ereignishorizonte.

Antwort:
Das ist eine interessante Frage! In der theoretischen Physik wird das Vakuum oft als der Zustand mit der niedrigsten Energie betrachtet, aber es gibt verschiedene Konzepte, die das Vakuum beeinflussen können, insbesondere in der Nähe von massiven Objekten wie Schwarzen Löchern.

Die Idee eines "falschen Vakuums" bezieht sich auf einen metastabilen Zustand, der nicht der energetisch günstigste ist. In der Nähe von massiven Körpern könnte man sich vorstellen, dass die Energie des Vakuumzustands durch die Gravitation beeinflusst wird, was zu einem Übergang zwischen verschiedenen Vakuumzuständen führen könnte.

Allerdings ist dies ein komplexes Thema, das tief in die Bereiche der Quantenfeldtheorie und der allgemeinen Relativitätstheorie eintaucht. Es gibt noch viele offene Fragen und theoretische Modelle, die untersucht werden müssen, um diese Konzepte vollständig zu verstehen. Es ist ein spannendes Forschungsfeld, das weiterhin viele Physiker beschäftigt!
 
Zuletzt bearbeitet:

TomS

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… was ist der Hintergrund für das falsche Vakuum? Warum wurde es eingeführt?
Es zeigt sich in sehr vielen Systemen, dass es unterschiedliche lokale Minima des Potentials gibt, die sogar bei der selben Temperatur koexistieren können; siehe z.B. das Phasendiagramm hier:


Auch in Quantenfeldtheorien sind unterschiedliche Phasen und daher Phasenübergänge bekannt:


Phasenübergänge sind in komplexen Systemen sozusagen Alltag.


Außerdem sind Phänomene wie Metastabilität bzw. "verzögerte Phasenübergänge" bekannt.


Was soll es erklären?
Es handelt sich letztlich um eine naheliegende Vermutung. Hier der Originalartikel von Sidney Coleman.

Darüber hinaus, warum soll es nur ein echtes und ein falsches aber keine Vakua "dazwischen", sozusagen als stetiger Übergang von einem zum anderen geben?
Weil sich ein echtes bzw. falsches Vakuum durch Stabilität bzw. Metastabilität auszeichnet.
 

ralfkannenberg

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was ist der Hintergrund für das falsche Vakuum? Warum wurde es eingeführt? Was soll es erklären?
Hallo antaris,

wegen des Vakuums sind wir ein bisschen konditioniert. Ich denke, die Frage ist einfach falsch herum gestellt: was gibt uns die Gewissheit, dass "unser" Vakuum wirklich das Vakuum mit global minimalem Energieniveau ist ?

Der Allgemeinfall ist ein lokales Minimum und wenn man ein globales Minimum annimmt, so man beweisen, dass dieses Minimum wirklich minimal ist. Also nicht umgekehrt.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

antaris

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Phasenübergänge sind in komplexen Systemen sozusagen Alltag.
Ok, ja das ist alles nachvollziehbar.
Außerdem sind Phänomene wie Metastabilität bzw. "verzögerte Phasenübergänge" bekannt.
Das ist aber alles im Bezug auf normale Materie und spiegelt nicht direkt verschiedene Zustände des Vakuums wieder?
Es handelt sich letztlich um eine naheliegende Vermutung. Hier der Originalartikel von Sidney Coleman.
Danke.
Weil sich ein echtes bzw. falsches Vakuum durch Stabilität bzw. Metastabilität auszeichnet.
Ja ich meine das auch eher wie folgt und in Anlehnung an der Grafik im false-Vacuum-Wiki-Artikel skizziert:
 

antaris

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Der Allgemeinfall ist ein lokales Minimum und wenn man ein globales Minimum annimmt, so man beweisen, dass dieses Minimum wirklich minimal ist. Also nicht umgekehrt.
Ok, die Frage ist doch aber zuerst, wenn es ein globales und unendlich viele lokale Minimum gibt, wovon diese in der Natur abhängen? Irgendeinen Bezug zwischen unserem lokalen und dem zu suchenden globalen Minimum muss es ja geben, wenn es nicht nur reine Mathematik sein soll.
 

ralfkannenberg

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Ok, die Frage ist doch aber zuerst, wenn es ein globales und unendlich viele lokale Minimum gibt, wovon diese in der Natur abhängen? Irgendeinen Bezug zwischen unserem lokalen und dem zu suchenden globalen Minimum muss es ja geben, wenn es nicht nur reine Mathematik sein soll.
Hallo antaris,

das Problem ist, dass wir nur einen von diesen vielen - sind es wirklich unendlich viele, wie Du schreibst ? - kennt. Und wir wissen nicht, welcher von ihnen das ist.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

antaris

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Hallo Ralf,

beim Begriff lokales Minimum gehe ich von mögliche metastabile Minima lokal an jedem Punkt der Raumzeit aus und darum unendlich viele. An mindestens einen Punkt, (irgendwo) in der globalen Raumzeit, entspricht das lokale Minimum aber dem globalen Minimum. Oder ist das falsch?
 

ralfkannenberg

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beim Begriff lokales Minimum gehe ich von mögliche metastabile Minima lokal an jedem Punkt der Raumzeit aus und darum unendlich viele.
Hallo antaris,

ein lokales Minimum im Punkt P einer Funktion f(x) hast Du dann, wenn in jeder hinreichend kleinen epsilon-Umgebung von P nur Punkte liegen, deren f(x) ≥ f(P) sind.

Wenn Du also im tiefsten Punkt in einem Tal bist, so führt jeder Weg zunächst einmal hinauf. Dennoch kann es natürlich sein, dass wenige Kilometer weiter ein anderes Tal ist, dessen tiefster Punkt noch tiefer liegt.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

antaris

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Hallo Ralf,

ein lokales Minimum im Punkt P einer Funktion f(x) hast Du dann, wenn in jeder hinreichend kleinen epsilon-Umgebung von P nur Punkte liegen, deren f(x) ≥ f(P) sind.
(y)
Wenn Du also im tiefsten Punkt in einem Tal bist, so führt jeder Weg zunächst einmal hinauf. Dennoch kann es natürlich sein, dass wenige Kilometer weiter ein anderes Tal ist, dessen tiefster Punkt noch tiefer liegt.
Genau und irgendwo befindet sich ein Tal unter den vielen Tälern, dass am tiefsten von allen liegt. Dieses Tal entspricht dann dem globalen Minimum.
 

TomS

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Das ist aber alles im Bezug auf normale Materie und spiegelt nicht direkt verschiedene Zustände des Vakuums wieder?
Das macht keinen großen Unterschied.

Kühle einen Kristall mit einem bestimmten Kristallgitter sehr vorsichtig ab, und er wird nicht sofort in die energetisch günstigere Kristallstruktur übergehen; also befindet er sich in einem metastabilen, falschen Grundzustand (um den Begriff 'falsches Vakuum' zu vermeiden).

Ok, die Frage ist doch aber zuerst, wenn es ein globales und unendlich viele lokale Minimum gibt, wovon diese in der Natur abhängen?
Das wären einfach verschiedenen mögliche Zustände (so wie bei Festkörpern, d.h. Kristallen usw., u.a. Systemen, nur nicht so anschaulich).

beim Begriff lokales Minimum gehe ich von mögliche metastabile Minima lokal an jedem Punkt der Raumzeit aus und darum unendlich viele. An mindestens einen Punkt, (irgendwo) in der globalen Raumzeit, entspricht das lokale Minimum aber dem globalen Minimum. Oder ist das falsch?
Ja, das ist leider ein Missverständnis. Es geht in den Diagrammen nie um Punkte in der Raumzeit.

Stell dir vor, du hast einen Parameter, der den Zustand charakterisiert (x-Achse), und als Funktion dieses Parameters die Energie, besser gesagt, die Energiedichte (y-Achse). Dann nimmt man zunächst an, der Parameter und damit ein Feld hätte überall im Universum exakt denselben Wert, denn in einer räumlichen Variation eines derartigen Parameters steckt zusätzliche Energie. Die verschiedenen lokalen Minima in den Zeichnungen stellen also zunächst nicht verschiedene Zustände an verschiedenen Orten dar, sondern verschiedene mögliche Zustände, von denen genau einer an allen Orten vorliegt.

Erst der nächste Schritt wäre dann koexistierende jedoch räumlich getrennte Zustände, also z.B. eine Blase mit Zustand B, eingebettet in das restliche Universum mit Zustand A. Das stellen die Diagramme aber nicht dar.
 
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