Hallo,
Die bloße Tatsache, dass die Lebensbedingungen auf der Erde für das Leben der Erde ideal sind, sagt natürlich noch nicht, dass es sich deshalb auf der Erde entwickelt haben muß. Ich kann bei diesem Thema auch nicht wirklich kompetent sagen ja, weil oder nein, weil. Aber ich hab’ mir mal zu der Energiequelle Radioaktivität ein paar Gedanken gemacht.
Zunächst aber noch ein Kommentar zu zwei Passagen aus dem Artikel:
Wickramasinghe und seine Kollegen glauben, dass radioaktive Elemente dafür sorgen könnten, dass im Inneren der Kometen Wasser in seiner flüssigen Form vorkommt - und das vielleicht viele Millionen Jahre lang.
"Die Ergebnisse der Kometenmissionen", erläutert Wickramasinghe, "haben vielleicht viele überrascht, aber sie unterstützen die Panspermia-These. Wir haben nun einen Mechanismus zur Verfügung, wie es passiert sein könnte. Alle notwendigen Bestandteile - Lehm, organische Moleküle und Wasser - sind vorhanden. Da es Kometen länger gibt als die Erde ...
so was erhöht mein Vertrauen in die Seriosität dieser Pressemitteilung nicht unbedingt.
Wenn die Entwicklung ‚nur’ einige Millionen Jahre braucht, dann frage ich mich, wie dieses Chancenverhältnis von 1/1E24 zustande kommt? Sieht für mich eher so aus, dass da die Anzahl der potentiellen ‚Mutterschiffe’ miteinander verglichen und jedem die gleiche Chance eingeräumt wurde. Das ist aber in meinen Augen nicht seriös.
Es gibt auf der biologischen Seite nur einen einzigen Anhaltspunkt für eine Zeitangabe und der hatte und hat völlig andere Bedingungen, als sie auf Kometen zu herrschen pflegen, noch dazu, wenn sie nicht um eine Sonne herumfallen. Und wie groß ist denn die Wahrscheinlichkeit, dass das eine der 1E24 potentiellen Mutterschiffe, das es geschafft hat Leben zu produzieren, ausgerechnet die Erde und noch dazu nicht zu schnell und zum richtigen Zeitpunkt trifft, damit seine Passagiere überleben? Und wenn es mehr als 1 von 1E24 sind, auf denen sich Leben entwickelte, dann ist die angegebene Wahrscheinlichkeit ja auch nicht seriös.
So, jetzt aber zum Eigentlichen.
Damit die Entwicklung länger Zeit hat, als ‚nur’ viele Millionen Jahre, braucht man ein radioaktives Element, das a) eine viele Millionen Jahre lange Halbwertzeit hat und b) auch häufig genug vorkommt. Diese beiden Bedingungen schränken aber die Möglichkeiten ganz gewaltig ein. Eigentlich bleibt dann nur noch Kalium40 mit seiner Halbwertzeit von 1,277E9 Jahren. Es kommt heute mit 0,0117% Anteil des stabilen K39 vor. Kalium 39 kommt in der Erdkruste mit ca. 2,4% Anteil vor.
Calcium48 mit 6E18 Jahren Halbwertzeit kommt mit rund 0,2% Anteil beim stabilen Ca40 vor, das wiederum einen Anteil von 3,4% an der Erdkruste hat. Ja das wär doch was, könnte man denken, is’ aber nich’. Rechnet man beim K40 den Anteil am Gesamt-Kalium vor 10 Milliarden Jahren (rund 8 Halbwertzeiten) aus, dann beträgt der rund das 100 Fache von heute, also 1,17% von 2,4%, da aber Ca48 rund 1E9 mal langsamer zerfällt, braucht man auch ganz ganz grob die 1E9 fache Menge für die gleiche Dosisleistung. (ich hab’ die Energiemengen pro Zerfall nicht mit berücksichtigt, spielt bei einem solchen Unterschied eh keine Geige). Alle anderen Halbwertzeitkandidaten kommen einfach viel zu selten vor, als dass sie über einen Zeitraum von einigen Milliarden Jahren ausreichend gleichförmig genügend viel Energie abgeben können um die Temperatur im Kometen so zu halten, das Wasser flüssig bleibt.
Man könnte sich jetzt natürlich darauf zurückziehen, dass z.B. ein mit U235 angereicherter Komet existiert. Aber bitte, ganz bestimmt nicht in 1E24 Exemplaren. Will man es seriös rechnen, dann muß man von der durchschnittlichen Verteilung ausgehen, die man beobachtet.
Ohne die entsprechenden Daten ist es schwierig auszurechnen, welche ‚Heizleistung’ bei welcher Kometengröße nötig ist, um Wasser flüssig zu halten. Prinzipiell ist es so: Je besser nach Außen isoliert, um so weniger Heizleistung bzw. um so mehr Volumen kann geheizt werden. (genau wie zu Hause
)
Weiterhin hat H2O einige Besonderheiten. Unter Anderem:
Im Temperaturbereich von etwa 0 bis 273,16 K (-273,15 bis 0,01 °C) und einem Druckbereich von Vakuum bis ungefähr 0,006 bar, also im Bereich unterhalb des Tripelpunktes, existiert Wasser nicht in flüssiger Form, sondern nur gasförmig und fest.
Aus dem Wiki Artikel „Wasser“. Das bedeutet dass man für flüssiges Wasser einen Druck von mindestens 0,006 bar braucht und den bekommt man nur durch Gravitation.
Vor einiger Zeit hatte ich mal mit den Charon-Daten nachgerechnet, ob in seinem Inneren flüssiges Wasser existieren könnte. Damals hatte ich nur die anfallende Energie durch den K40 Zerfall berechnet. Legt man die Wärmeleitfähigkeit von Eis zugrunde, dann kann in seinem Inneren flüssiges Wasser existieren.
http://www.astronews.com/forum/showthread.php?p=25831
Wenn ich mit dem für Charon angenommenen Verhältnis 50% Fels (3 g/cm^3) und der Rest Eis, mit eben seinem Durchmesser als Schichtaufbau für einen Kometen annehme, dann muß dieser Komet vor 10E9 Jahren, mit dem damals bestehenden Anteil an K40 einen Mindestdurchmesser von rund 50 km haben, davon knapp 2 km Eis um noch genügend Wärme für flüssiges Wasser produzieren zu können, bei seiner Abstrahlfläche. Das ist etwas schwierig genau zu berechnen, da Eis nicht gleich Eis ist und die Abstrahlleistung in Vakuum nicht gleich der Wärmeabgabe an Luft ist. Deshalb hab’ ich auch nur versucht ähnliche Verhältnisse wie bei Charon (Wärmeleistung, Eisschicht als Islolierschicht, Abstrahlfläche) hinzukriegen.
Ich bin mir also nicht ganz sicher, ob die 50 km Durchmesser damals wirklich die Untergrenze für flüssiges Wasser waren. Ob damit bereits ein Dampfdruck von 0,006 bar erreichbar ist, hab’ ich auch noch nicht nachgerechnet. Aber ½ so groß, wäre ziemlich sicher schon zu klein.
Vorläufiges Fazit:
Möglich, dass es sehr viele Kometen mit flüssigem Wasser im Inneren gab und viel weniger (die ganz großen nur noch) auch heute noch gibt. Wieviele davon im Sonnensystem? Als ganz grobe Abschätzung: Alle, die größer 50 km Durchmesser haben, können für einige Milliarden Jahre im Inneren flüssig gewesen sein. (kann mit Wasserdampf noch genügend (0,006 bar) Druck aufgebaut werden, bei 0° C? Muß noch geklärt werden)
Wie aber z.B. die anorganische und später die organische Chemie unter solchen, fast nur auf Infrarot- und Mikrowellen fußender Energiequelle aussieht? Wieviel mehr Zeit da zur Verfügung stehen muß, weil alle Reaktionen viel langsamer ablaufen?
Prinzipiell würde ich sagen: Vielleicht nicht unmöglich! Aber von der aufgemachten Wahrscheinlichkeitsangabe in dem Artikel, halte ich gar nichts. Müßte zumindest mal etwas näher aufgeführt werden, warum so und nicht anders.
Herzliche Grüße
MAC