Nomenklatur: Astronomie vs. Physik

TomS

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Als Physiker verwende ich für Kepler-Orbits

equation


Dabei sitzt in r=0 der Massenmittelpunkt (in sehr guter Näherung als der Mittelpunkt der Sonne); theta bezieht sich auf diesen Punkt r=0.

In der Nomenklatur der Astronomen finde die wahre Anomalie nu und die mittleren Anomalie M:


Für den Physiker entspricht nu dem theta, und M entspricht

equation


D.h. ich nutzte die folgende Gleichung, indem ich links nu = theta setze, und rechts M = omega t.

Richtig?

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Prokyon

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In der Nomenklatur der Astronomen finde die wahre Anomalie nu und die mittleren Anomalie M:
Wo bleiben die exzentrische Anomalie E und die Kepler-Gleichung, M = E - e sin E ?
Für Kometenbahnen ist eine Entwicklung nach der Exzentrizität e weniger nützlich.
In meinen Büchern zur Himmelsmechanik wird die wahre Anomalie meist mit v bezeichnet, nicht mit ny. Die deutsche Wikipedia-Seite zur Kepler-Gleichung verwendet kurioserweise T.
 

Prokyon

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Worauf willst du denn mit diesem Thread hinaus? Die Kepler-Bewegung ist ja ein schon ziemlich lange gelöstes Problem.
Geht es nur um Nomenklatur?
 

ralfkannenberg

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Geht es nur um Nomenklatur?
Hallo zusammen,

ich denke, es ist schon wichtig, dass man dieses Thema mal anspricht. Immer wieder gibt es Unterschiede zwischen Physik und Astronomie und ja, beide Seiten haben Recht, aber es braucht dann einen "Dolmetscher".

Eines der bekanntesten Beispiele dürfte der "Neutronenstern" sein; das in Begriff der Physik, denn in der Astronomie heissen diese Gebilde "Pulsare". Aus physikalischer Sicht sind das Gebilde, die aus Neutronen aufgebaut sind, aus astronomischer Sicht sind das Gebilde, die pulsierende Strahlung aussenden.


Oder nehmen wir den Planetoiden: dies ist ein Kleinplanet, also ein Gebilde, welches wie die Planeten direkt um die Sonne wandert. Aber in der Astronomie nennt man sie eher Asteroiden, weil sie selbst im Fernrohr sternförmig erscheinen.


Am meisten Nerven und überflüssige Diskussionen auf der Wikipedia hat mich der Begriff des "Eismondes" gekostet: gemäss Wikipedia ist das typische Beispiel eines Eismondes der Jupitermond Europa. Dies, obgleich sie zu den 3 grossen Monden unseres Sonnensystems gehört, die kein Eismond, sondern ein Gesteinsmond sind, wie man auch unschwer ihrer Dichte entnehmen kann. Alle anderen sind tatsächlich Eismonde; die drei grossen Gesteinsmonde unseres Sonnensystems sind die beiden inneren Jupitermonde Io und Europa sowie unser Erdmond.

Hier ist die Ursache des Missverständnisses aber keineswegs die Physik oder die Astronomie, sondern die Sprache: im Englischen redet man von "icy moons", also zu deutsch "vereiste Monde", d.h. Monde, die an ihrer Oberfläche eine Eisschicht haben, während man im Deutschen aber von Eismonden spricht, also Gebilden, die mehrheitlich aus Eis bestehen. Und ja: Europa ist natürlich ein "icy moon", aber eben kein "Eismond".


Freundliche Grüsse, Ralf
 

TomS

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Worauf willst du denn mit diesem Thread hinaus? Die Kepler-Bewegung ist ja ein schon ziemlich lange gelöstes Problem.
Sicher nicht in allen Aspekten, und genau darum geht es mir.

Geht es nur um Nomenklatur?
Es geht um meine Frage, ob diese Übersetzung meinerseits richtig ist. Denn damit könnte ich dann weiterarbeiten.

EDIT: Mir ist bei der Gelegenheit aufgefallen, dass die Physiker die Nomenklatur und Terminologie, seit Newton fortwährend angepasst haben, während die Astronomen kryptisch von einer Anomalie sprechen, wenn sie einen völlig normalen Winkel meinen. Einer der wahrscheinlich schlechtesten Wikipedia-Artikel dazu ist wohl dieser hier:

 
Zuletzt bearbeitet:

Bernhard

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Es geht um meine Frage, ob diese Übersetzung meinerseits richtig ist. Denn damit könnte ich dann weiterarbeiten.
Ich kenne die Berechnung der Planetenbahnen etwas anders und zwar auch über eine numerische Lösung der
Siehe Punkte 2,3,4 der dort angegebenen Lösungsmethoden.
Bei Interesse kann ich Literaturtipps geben. Ich kenne zwei "Standardwerke" zur Ephemeridenrechnung. Sobald die zugehörigen Algorithmen mal programmiert sind, werden die Bücher dann eigentlich nicht mehr benötigt. Wie die einzelnen berechneten Werte genau genannt werden ist dann auch egal, so lange das Programm die Planetenpositionen am Himmel korrekt berechnet. Die "Pflicht" ist damit dann erledigt. Die Kür besteht in der Störungsrechnung.
 

TomS

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Ich brauche – falls ich es richtig verstanden habe – exakt diese Berechnung: die Reihenentwicklung von theta als Funktion der Zeit, mit den Parametern omega, p und e.

Es geht um nichts wichtiges, ein kleines Rätsel, dessen vermeintliche Lösung gerne erzählt wird, für das ich aber nirgends eine wasserdichte Lösungsmethode gefunden habe.

Ich brauche aber noch ein bisschen Ruhe zum Nachdenken.
 

Bernhard

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Die unterschiedlichen Begrifflichkeiten lenken eventuell auch von einer einer klar formulierten Zielsetzung ab. Geht es nur um die Form der Bahn, also r(theta) oder die zeitliche Bewegung auf dieser Bahn, also theta(t).
 
Zuletzt bearbeitet:

Prokyon

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Es geht um meine Frage, ob diese Übersetzung meinerseits richtig ist.
Sieht so aus.
Ich brauche – falls ich es richtig verstanden habe – exakt diese Berechnung: die Reihenentwicklung von theta als Funktion der Zeit, mit den Parametern omega, p und e.
In seinem Buch "Spherical astronomy" schreibt Robin M. Green:
The difference between the true and the mean anomaly is known as the equation of the centre. It is the angle between the planet's true heliocentric direction and the direction it would have if its angular velocity were uniform. The equation of the centre is derived to order e^2 in equation (6.40). The method described above may be extended to derive higher order terms, but the algebra becomes increasingly laborious.

Es geht um nichts wichtiges, ein kleines Rätsel, dessen vermeintliche Lösung gerne erzählt wird, für das ich aber nirgends eine wasserdichte Lösungsmethode gefunden habe.
Du machst mich neugierig. :)
 

TomS

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The "Algebra" ist weniger das Problem; das war für mich tatsächlich diese Übersetzung – auch den grausigen Darstellungen mit zig irrelevanten Details und unterschiedlichen Notationen geschuldet.

Danke für die Bestätigung.

Zum Rätsel später mehr, in einem eigenen Thread. Dazu werden wir sich @ralfkannenberg brauchen …
 

albertus

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Ich brauche – falls ich es richtig verstanden habe – exakt diese Berechnung: die Reihenentwicklung von theta als Funktion der Zeit, mit den Parametern omega, p und e.
Wäre die Antwort der KI brauchbar?

"
Die Reihenentwicklung von θ(t)\theta(t)θ(t) in Abhängigkeit der Zeit ttt für eine Kepler-Bahn lässt sich aus der Kepler-Gleichung ableiten. Wir verwenden dazu die mittlere Anomalie MMM, die Exzentrische Anomalie EEE und die wahre Anomalie θ\thetaθ.

1. Grundlegende Zusammenhänge:​

Die mittlere Anomalie MMM ist gegeben durch:

M=ωt=ntM = \omega t = n tM=ωt=nt
wobei ω=n=μa3\omega = n = \sqrt{\frac{\mu}{a^3}}ω=n=a3μ die mittlere Winkelgeschwindigkeit ist.

Die Kepler-Gleichung lautet:

M=E−esin⁡EM = E - e \sin EM=E−esinE
Die wahre Anomalie θ\thetaθ in Abhängigkeit von EEE ergibt sich aus:

tan⁡θ2=1+e1−etan⁡E2\tan \frac{\theta}{2} = \sqrt{\frac{1+e}{1-e}} \tan \frac{E}{2}tan2θ=1−e1+etan2E

2. Reihenentwicklung für EEE in Abhängigkeit von MMM​

Wir setzen die Kepler-Gleichung iterativ an, indem wir EEE in Potenzreihen in eee entwickeln:

E=M+esin⁡M+e22sin⁡2M+e38(3sin⁡3M−sin⁡M)+O(e4)E = M + e \sin M + \frac{e^2}{2} \sin 2M + \frac{e^3}{8} (3 \sin 3M - \sin M) + \mathcal{O}(e^4)E=M+esinM+2e2sin2M+8e3(3sin3M−sinM)+O(e4)

3. Reihenentwicklung für θ\thetaθ​

Nun setzen wir EEE in die Formel für tan⁡(θ/2)\tan (\theta/2)tan(θ/2) ein und erhalten die Reihenentwicklung für θ\thetaθ:

θ=M+2esin⁡M+5e24sin⁡2M+13e312sin⁡3M+O(e4)\theta = M + 2e \sin M + \frac{5e^2}{4} \sin 2M + \frac{13e^3}{12} \sin 3M + \mathcal{O}(e^4)θ=M+2esinM+45e2sin2M+1213e3sin3M+O(e4)

4. Ergebnis für θ(t)\theta(t)θ(t)​

Da M=ωtM = \omega tM=ωt, folgt:

θ(t)=ωt+2esin⁡(ωt)+5e24sin⁡(2ωt)+13e312sin⁡(3ωt)+O(e4)\theta(t) = \omega t + 2e \sin (\omega t) + \frac{5e^2}{4} \sin (2\omega t) + \frac{13e^3}{12} \sin (3\omega t) + \mathcal{O}(e^4)θ(t)=ωt+2esin(ωt)+45e2sin(2ωt)+1213e3sin(3ωt)+O(e4)

Fazit:​

Diese Reihenentwicklung beschreibt die Winkelposition θ(t)\theta(t)θ(t) der Bahn als Funktion der Zeit ttt unter Berücksichtigung der Exzentrizität eee. Für kleine Werte von eee kann die Bewegung näherungsweise als harmonische Schwingung mit zusätzlichen Korrekturgliedern beschrieben werden. "
 

albertus

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Zu den Quellen gab es die Antwort (mit LLM-Model:
"
Die dargestellte Reihenentwicklung basiert auf der klassischen Störungstheorie der Kepler-Orbits und folgt der Entwicklung der Kepler-Gleichung nach Exzentrizität e wie sie in verschiedenen Lehrbüchern zur Himmelsmechanik zu finden ist, etwa:
  • Murray & Dermott: Solar System Dynamics
  • Fitzpatrick: An Introduction to Celestial Mechanics
  • Brouwer & Clemence: Methods of Celestial Mechanics

Allerdings fehlt hier die vollständige Entwicklung der höheren Ordnungen in ωt\omega t, insbesondere Terme höherer Exzentrizitätsordnung. Möchtest du eine erweiterte Entwicklung bis zur fünften Ordnung oder eine Ableitung ausgehend von der vollständigen Kepler-Gleichung?"

Die gewünschte vollständige Entwicklung: (Kopie aus einer Word-DOCX-Datei)
"

Reihenentwicklung von θ(t) für Kepler-Orbits​

Die Reihenentwicklung von θ(t) in Abhängigkeit der Zeit t für eine Kepler-Bahn ergibt sich aus der Kepler-Gleichung:

M = ω t = n t

wobei ω = n = sqrt(μ / a³) die mittlere Winkelgeschwindigkeit ist.

Die Kepler-Gleichung lautet:

M = E - e sin E

Die wahre Anomalie θ ist über die Exzentrische Anomalie E gegeben durch:

tan(θ / 2) = sqrt((1+e) / (1-e)) * tan(E / 2)

Die Reihenentwicklung für E in Abhängigkeit von M lautet:

E = M + e sin M + (e² / 2) sin 2M + (e³ / 8) (3 sin 3M - sin M) + (e⁴ / 3) (4 sin 4M - sin 2M) + (e⁵ / 24) (125 sin 5M - 36 sin 3M + sin M) + O(e⁶)

Daraus folgt die Reihenentwicklung für θ:

θ = M + 2e sin M + (5e² / 4) sin 2M + (13e³ / 12) sin 3M + (103e⁴ / 96) sin 4M + (1097e⁵ / 960) sin 5M + O(e⁶)

Setzt man M = ω t, ergibt sich:

θ(t) = ω t + 2e sin(ω t) + (5e² / 4) sin(2ω t) + (13e³ / 12) sin(3ω t) + (103e⁴ / 96) sin(4ω t) + (1097e⁵ / 960) sin(5ω t) + O(e⁶)

Diese Entwicklung beschreibt die Winkelposition θ(t) der Bahn als Funktion der Zeit t unter Berücksichtigung der Exzentrizität e."
 
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