Modified Gravity - Übersicht und Analyse alternativer Theorien

TomS

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In einer Zusammenschau auf über 500 Seiten werden die wesentlichen Modifikationen, Erweiterungen und teilw. Quantisierungsansätze der Allgemeinen Relativitätstheorie diskutiert. Alleine der Blick ins Inhaltsverzeichnis lohnt. Beim schnellen Durchblättern findet man im ersten Kapitel einige übersichtliche Grafiken, die verschiedene Ansätze einordnen und Verwandtschaften aufzeigen.

 
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ralfkannenberg

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Hallo zusammen,

ich habe mir nun einmal den "Epilog" angeschaut (38. The End of the Beginning) und zitiere einige Abschnitte daraus:

Even if the above observational issues, as well as others of less significance, will be proven to be wrong and ΛCDM cosmology with General Relativity will remain in perfect agreement with observations, still the theoretical issues are quite strong and seem to suggest that some kind of modification is still needed. In principle, the community follows two main roads to alleviate them. The first is to remain in the framework of General Relativity and modify the content of the universe, namely to consider extra fields and sectors, such as the inflaton, quintessence etc, or other particles beyond the Standard Model of particles physics. The second direction is to extend/modify the gravitational theory itself, namely construct gravitational theories which possess General Relativity as a particular limit, but which in general provide the extra degree(s) of freedom that could incorporate the aforementioned issues. Definitely, one may follow combinations of both main directions.
As one may see, the first direction, even if it successfully solved all observational and cosmology-related theoretical issues it cannot offer a solution to the theoretical issues related to General Relativity itself, since it leaves the gravitational theory unchanged. On the other hand, the ultimate goal of the second direction is to provide a complete and coherent solution to all open issues, namely both to cosmological as well as to purely theoretical ones.

If the modifications remain in the first direction, strictly speaking it will not constitute a paradigm shift, but rather an improvement of the existing paradigm (in the same lines that the discovery of extra particles in the framework of Standard Model, e.g. the top quark or the tau neutrino, is considered as its modification/completion and not as a paradigm shift). On the other hand, in the case of a novel gravitational theory, and depending on the amount of deviation from General Relativity in terms of foundations, physical interpretation and mathematical structure, a paradigm shift might seem secured. The reader must have already noticed the interesting similarity with the explanation of the perihelion shift of Mercury, where the paradigm shift of the new gravitation theory of General Relativity was proved to be the case instead of the existence of an extra planet, unseen till then and thus “dark”, in the framework of Newtonian gravity.

Ich interpretiere diese Gedanken dahingehend, dass neue Teilchen - gemeint sind wohl Dunkle Materie-Teilchen wie beispielsweise Wimps, Axionen, sterile Neutrinos o.ä. - bestenfalls eine Vervollständigung bestehender Modelle zur Folge haben, während Änderungen bestehender physikalischer Gesetze der wahre und richtige Ansatz guter Physik sind; als Beispiels wird der Übergang vom ptolemäischen zum kopernikanischen Weltsystem ausführlich dargestellt.

Die Autoren gestehen der Vervollständigung sogar eine gewisse Berechtigung zu und zitieren hierzu das top quark und das tau neutrino, ich persönlich halte diese Darstellung aber für einseitig und entsprechend irreführend.

Es waren keineswegs das top quark und/oder das tau-neutrino, die für den Erfolg des Standardmodells verantwortlich waren, sondern es war die Erkenntnis, dass es für den damals noch unverstandenen Teilchenzoo nach dem up Quark und dem down Quark ein weiteres drittes Quark (Achtung: Quark, nicht Quark-Generation) benötigt, nämlich das strange Quark. Auf dieser Basis des Quarkmodells liess sich der Teilchenzoo erklären, und ein Teilchen habe ich an dieser Stelle völlig unterschlagen, ein Teilchen welches eigentlich völlig überflüssig schien und schon Jahrzehnte zuvor entdeckt worden war, nämlich das anfangs missverstandene µ-Meson, welches sich dann aber nicht als Meson (Quark-Antiquark-Konglomerat), sondern als vergleichsweise schweres Lepton entpuppte und als Myon bezeichnet wurde; die Bezeichnung "Meson" kam ja aus der Experimentalphysik und bezeichnete im Gegensatz zu den Leptonen ("leichte Teilchen") und den Baryonen ("schwere Teilchen") die "mittelschweren Teilchen" - also ein historischer Begriff für die Teilchen.

Und was dann durch die Hinzunahme der Myonen und des strange quarks für eine unglaubliche Erfolgsstory in der Physik mit dem Standardmodell begann, in welches dann noch einige wenige weitere Teilchen integriert werden mussten, dank derer dann auch immer mehr Vorhersagen ermöglicht wurden, die sich in den nachfolgenden Jahrzehnten auch experimentell bestätigt haben und Anlass für mehrere Nobelpreise gab, brauche ich an dieser Stelle wohl nicht näher auszuführen.

Damit ist meine Ode auf die "first direction" abgeschlossen. Damit will ich die "second direction" mit ihrem Paradigmenwandel keinesfalls kleinreden, im Gegenteil - das ist aus theoretischer Sicht selbstverständlich ein essentieller Weg in der Physik; ich möchte nur vermeiden, dass die "first direction" kleingeredet wird.


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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TomS

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Danke für genau diesen Auschnitt und deine Gedanken dazu.

Ich tue mir schwer, zwei Alternativen zu bewerten, bevor man sie bewerten kann 😉

Warum hältst du die Entdeckung des dritten Quarks für so wichtig? Ich halte eher die Erkenntnis für maßgeblich, dass aus der Existenz eines einzigen Teilchen einer neuen Generation zwingend die Existenz einer vollständigen Generation folgt.

Nochmal zu den beiden Alternativen: so groß ist der Unterschied nicht. In beiden Fällen führt man neue Felder ein. In einem Fall quantisiert man diese und ordnet sie den Materiefeldern zu, im anderen Fall quantisiert man sie nicht und ordnet sie der Gravitation zu. Das ist doch kein fundamentaler Unterschied, höchstens eine fundamentale offene Frage.
 

ralfkannenberg

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Warum hältst du die Entdeckung des dritten Quarks für so wichtig? Ich halte eher die Erkenntnis für maßgeblich, dass aus der Existenz eines einzigen Teilchen einer neuen Generation zwingend die Existenz einer vollständigen Generation folgt.
Hallo Tom,

physikalisch hast Du zweifelsohne recht. Es war damals wohl eher die "psychologische" Komponente und es war in meiner sehr frühen Jugend das erste Mal überhaupt, dass ich vom damals noch umstrittenen Quarkmodell gehört bzw. gelesen habe; selbst 1983 im 3.Semester Physik war das Quarkmodell noch nicht Teil des Lehrplanes.

Jedenfalls hat mein Vater damals vom Arbeitgeber jeden Monate für einige Tage die neueste Ausgabe vom "Bild der Wissenschaft" mit nach Hause gebracht und ich habe da eben auch drin gelesen und in einer solchen Ausgabe wurde das Quarkmodell vorgestellt. Das war irgendwann vermutlich Mitte der 1970iger Jahre. Damals hatte ich auch das Buch dtV-Atlas der Atomphysik, welches ich ebenso wie den dtV-Atlas der Astronomie, welcher wohl eines der prägensten Bücher meines Lebens war, geradezu in mich aufgesogen habe. Ganz im Gegensatz zu den beiden Bänden des dtV-Atlas' für Mathematik, die mich eher wenig angesprochen haben, aber damals wäre ich auch noch nicht auf die Idee gekommen, Mathematik zu studieren. Meines Wissens hatte ich auch noch den dtV-Atlas der Biologie (ich meine, das wären auch 2 Bände gewesen), ich habe aber keinerlei Erinnerung mehr daran und ob ich das später für meinen Leistungskurs Biologie verwendet habe.

Jedenfalls war das Quarkmodell noch nicht Thema des dtV-Atlas für Atomphysik, da wurde noch ausführlich der Teilchenzoo vorgestellt, auch wenn ich irgendwoher (auch aus diesem dtV-Atlas ?) die Information hatte, dass das Proton und das Neutron möglicherweise aus 3 Komponenten bestehen könnten.

Und in diesem Artikel wurde das Quarkmodell quasi "beworben" und eben hervorgehoben, dass mit der Entdeckung des strange Quark der Teilchenzoo deutlich besser verständlich sei, wobei gegen Ende des Artikels auch darauf hingewiesen wurde, dass es Hinweise auf ein weiteres, viertes Quark, gäbe, mit dessen Hilfe der Teilchenzoo noch besser erklärbar sei, und dieses vierte Quark hatte den Namen "charm Quark".

Und damals stellte sich auch noch die Frage, ob es wirklich Quarks gibt oder ob sich die Natur so verhält, als ob es solche Quarks gäbe; hier war das "Probem", dass diese Quarks nicht einzeln auftraten und dass sie auch keine ganzzahligen Ladungen hatten - damals fast schon eine Ketzerei.

Mir ist in diesem Zusammenhang noch eine Frage des (hypothetischen ?) Interviewers in Erinnerung, der den Autor frug, ob - wenn man die Quarks nicht einzeln haben könne - es nicht wenigstens möglich sei, sie beispielsweise mit genügend viel Energie einen Meter weit voneinander zu trennen. Auch an die Antwort erinnere ich mich noch: wenn man das versucht, wäre bald so viel Energie im System, dass sich neue Quark/Antiquark-Paare bilden würden und das ursprüngliche Proton, Neutron oder Meson dann aufbrechen und sich in mehrerer solcher Teilchen manifestieren würde.

Als dann im Jahr 1983 im 3.Semester der Physikprofessor vor dem Beginn der Vorlesung aus aktuellen Gründen und mit völlig versteinerter Miene - ich hatte ja schon gedacht, dass der Energieerhaltungssatz oder wenigstens der Impulserhaltungssatz widerlegt worden sei, die Entdeckung der "intermediären Bosonen", also des W-, W+ und Z0 uns mitgeteilt hat, war ich wohl einer der ganz wenigen, die diese Entdeckung richtig einordnen konnten. Diese intermediären Bosonen waren auch schon Thema besagten Artikels im Bild der Wissenschaft; zumindest war meine damalige Beherrschung so gut, dass ich nicht laut vor allen Studenten (und der Studentin) herausgejubelt habe, sondern mich ganz still gefreut habe: eine weitere Bestätigung dieses Modells, von dem in den letzten Jahren ja immer wieder die Rede war, auch wenn das nun mit den Quarks selber nichts zu tun hatte, wohl aber mit der Schönheit des Standardmodells.

Immerhin hatte mein Wissen auch den Vorteil, dass ich bei der Präsentation des Millikan-Versuches die beiden Ausreisser-Werte nicht schönzureden brauchte, sondern nur beiläufig mit dem Zeigestock auf diese beiden Messpunkte wies und meinte, dass ich da möglicherweise zwei isolierte Quarks gesehen habe, was bei den Professoren freundliches Gelächter, aber keine weiteren Fragen auslöste. Bei anderen Präsentationen der anderen Studenten (die Studentin hat keine Präsentation gehalten und kurz danach die Studienrichtung gewechselt) führten solche Ausreisserwerte dann des öfteren doch zu unangenehmen Fragen.


Lange her, alles Erinnerung, dennoch war es vermutlich dieser Artikel im Bild der Wissenschaft, der damals in mir mein Interesse für die Teilchenphysik geweckt hat, auch wenn ich dieses dann nicht wirklich weiter vertieft habe - hier hatte ich in der 11.Klasse ein für mich geradezu traumatisches Erlebnis, das darin mündete, dass ich in Physik allen Bemühungen zum Trotz, das auf jeden Fall zu vermeiden, eine 3 kassiert habe, nachdem es im Vorjahr noch locker zu einer 1 gereicht hatte, und ich seitdem einen grossen Bogen um die Physik und insbesondere um den Leistungskurs Physik beim selben Lehrer gemacht habe.

Im zweiten Halbjahr hatte ich dann enorm viel Zeit investiert und am Elternabend meinte der Physiklehrer zu meiner Mutter, dass er meine grosse Enttäuschung über die 3 nicht übersehen habe und sehr froh gewesen sei, dass er mir zum Ende des Schuljahres eine sichere 2 geben konnte.

Da sich dann immer mehr herauskristalisiert hat, dass ein Mathematikstudium die wahrscheinlichste Option würde, habe ich sicherheitshalber in der 12.Klasse auch den Grundkurs Physik belegt. Für das Abitur barg das kein Risiko, da man die schlechtest-bewerteten Kurse damals streichen konnte, so dass ich auch keinerlei Ambitionen in diesen beiden Physik Grundkursen in der 12.Klasse hatte. Völlig wider Erwarten setzte es dann aber eine 1 und eine 1+, welche mein Abitur nett aufgehübscht haben, sowie das Erstaunen des Lehrers, der sich vor der ganzen Klasse gefragt hat, warum solche Leute wie ich im Grundkurs und nicht im Leistungskurs sind. Ich wusste aber sehr wohl um meine Defizite in der Physik und liess mich von den beiden sehr guten Noten auch nicht blenden. In der 13.Klasse wurde leider kein Physik-Grundkurs mehr angeboten. Dafür gab es in der 13.Klasse einen Lehrerwechsel im Grundkurs Chemie, so dass ich - ebenfalls völlig wider Erwarten - eine 1+ und eine 1 in der Chemie bekam, die mein Abitur ebenfalls sehr nett aufgehübscht haben.

Nochmal zu den beiden Alternativen: so groß ist der Unterschied nicht. In beiden Fällen führt man neue Felder ein. In einem Fall quantisiert man diese und ordnet sie den Materiefeldern zu, im anderen Fall quantisiert man sie nicht und ordnet sie der Gravitation zu. Das ist doch kein fundamentaler Unterschied, höchstens eine fundamentale offene Frage.
Ich mag mich irren, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass sich die Verfechter der MOND-Theorien in den vergangenen Jahrzehnten immer einen grossen Unterschied in beiden Ansätzen gemacht haben und die "Teilchenthese" schon verworfen haben ehe überhaupt Experimente vorlagen.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

antaris

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Die Autoren favorisieren in 37.8 die Modelle (aus den vielen verschiedenen) der skalaren, gescreenten Modifikationen der Gravitation?
Das "screening" bezieht sich auf "abschirmen" und darauf, dass die "fifth force" umweltabhängig ist, sodass diese bei hohen Dichten "abgeschirmt bzw. unterdrückt" wird (screened) und in Regionen geringer Dichten, wie z.B. innerhalb der Voids, die "fifth force" nicht "abgeschirmt bzw unterdrückt" (unscreened) ist und zum Newton-Potential(?) beiträgt?

Interessant wird es als 3. Punkt beim Übergang innen/außen der Galaxien- bzw. Cluster-Halos (teilweise screened), da dort die Rotationsgeschwindigkeitskurven direkte Überprüfungen der Modelle zulassen?
Die favorisierten Modelle sind das Symmetron und Chameleon / f(R), haben aber nichts mit MOND gemein? Es sind skalare-Tensor-Modelle, da sie ein neues skalares Feld einführen?

Beim Symmetron geht die Kopplung des Feldes von geringer Dichte nach hoher Dichte gegen 0 und bei Chameleon / f(R) steigt die Masse des (neuen postulierten?) Feldes von geringer zu hoher Dichte?

Ziel ist, dass die fifth force vor allem in Bereichen geringer Masse und dem Übergang wirkt, sodass somit die abweichenden Rotationskurven der Außenbereiche der Galaxien erklärt werden können?
 
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ralfkannenberg

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dass die "fifth force"

dass die fifth force
Hallo Antaris,

Modelle, die eine 5.Kraft benötigen, sind mit grösster Vorsicht zu geniessen, weil mit dieser 5.Kraft weitere Freiheitsgrade gibt und somit auch mehr Beliebigkeit/Willkürlichkeit ermöglicht wird.

Es ist selbstverständlich richtig, so etwas zu untersuchen, sollte sich aber dessen jederzeit bewusst sein. Vielleicht ist die richtige Lösung am Ende ja sogar eine Kombination einer 5.Kraft und einer 6.Kraft .......

Derzeit kommen meines Wissens beide, d.h. die Dunkle Materie und die modifizierte Newton Dynamik, ohne solche Zusatzkräfte aus.

Beispiel: unser Raum kennt 3 Dimensionen; füge noch 3 weitere Dimesnionen dazu, da kannst Du ein komplettes zusätzliches Universum mit den x-Koordinaten = 0, y-Koordinaten = 0 und z-Koordinaten = 0 hineinpacken, von dem wir wegen der linearen Unabhängigkeit der 6 Dimensionen zunächst einmal nichts bemerken.


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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antaris

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Hallo Ralf,

vielleicht habe ich den Text falsch verstanden aber die Abweichungen zur ART bei geringer Dichte (Rotationskurven Grenzgebiet Halos und noch weiter in den Voids) werden m.E. von den Autoren als "fifth force" bezeichnet und um diese zu untersuchen können die zwei Wege (first und second direction) eingeschlagen werden. Ob das wirklich als 5. Grundkraft angenommen werden soll oder nur ein "Platzhalter", wie z.B. "dark", darstellt würde mich auch interessieren. Die Autoren setzen das immer in Anführungsstriche "fifth force" und benutzen nicht das Wort "fundamental", insofern denke ich eher an einen Patzhalter.
 

TomS

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Was das dann wirklich ist, ergibt sich aus den Modellen, d.h. Gleichungen. Ich kann nur dazu raten, diese zu betrachten, nicht irgendwelche Begriffe.

Speziell 37.8 bezieht sich natürlich auf 37.1.
 

TomS

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Die favorisierten Modelle sind das Symmetron und Chameleon / f(R), haben aber nichts mit MOND gemein? Es sind skalare-Tensor-Modelle, da sie ein neues skalares Feld einführen?
MOND alleine ist völlig untauglich, auch wenn viele das nicht hören wollen. Erstens sind diverse Effekte nicht vollständig erklärbar, und zweitens ist MOND eine nicht-relativistische Theorie.

Einen relativistisch verallgemeinerten Rahmen, aus der MOND als Grenzfall folgen kann, stellt die Tensor–Vector–Scalar gravity (TeVeS) dar.

Allerdings löst auch TeVeS nicht alle Probleme, und bringt zudem noch eigene mit.
 

antaris

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Speziell 37.8 bezieht sich natürlich auf 37.1.
Stimmt...ich habe irgendwie nicht wahrgenommen, dass die Conclusion in 37.8 nicht die der gesamten Arbeit ist. In 38 ist ja eher als Essay und im historischen Vergleich im Bezug zu den vergangenen undmöglichen zukünftigen Paradigmenwechseln zu sehen.

Also wird in dem gesamten Review kein Modell wirklich hervorgehoben bzw. favorisiert? Die Arbeit ist rein als Übersicht zu verstehen? Die einzelnen Modelle wurden nirgends miteinander verglichen?

Ist das "Ende vom Anfang" nicht erst gekommen, wenn ein Modell gegenüber den anderen bzw. ΛCDM + Einstein hervorsticht?
 
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TomS

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Irgendwo fokussieren sich die Autoren schon auf bestimmte Modelle: sie analysieren nicht alles, was sie zu Beginn im Überblick darstellen.

Ich habe aber nicht das gesamte Paper gelesen.
 

antaris

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Bei der Stichwortsuche "smoking gun", im Bezug zu potentiell heute oder bald testbar, fällt auf, dass der Begriff nur bei 4 Modelle genannt wird (darunter die beiden in 37.1).

Bedeutet das allgemein im Umkehrschluss, dass jedes Modell, welches bei geringer Dichte auf die Standard-ART zurückführt, zwar empirisch richtig aber, genau wie die ART, in diesem Regime phänomenologisch unvollständig ist? Wünschenswert wäre, dass die Rotationskurven an den Grenzen der Halos aus einem Modell heraus mit erklärt werden?
 
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Bernhard

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Damit ist meine Ode auf die "first direction" abgeschlossen. Damit will ich die "second direction" mit ihrem Paradigmenwandel keinesfalls kleinreden, im Gegenteil - das ist aus theoretischer Sicht selbstverständlich ein essentieller Weg in der Physik; ich möchte nur vermeiden, dass die "first direction" kleingeredet wird.
Mir fehlt bei so einer Einteilung in zwei "große" Richtungen das "verbindende Element", das auch Nightmare Scenario for Dark Matter genannt wird.
 

TomS

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Mir fehlt bei so einer Einteilung in zwei "große" Richtungen das "verbindende Element", das auch Nightmare Scenario for Dark Matter genannt wird.
Du meinst das verbindende Element, es gäbe da etwas – seien es zusätzliche gravitative Freiheitsgrade oder zusätzliche Materiefelder mit nahezu verschwindender Kopplung an normale Materie – das sich tatsächlich ausschließlich gravitativ bemerkbar macht, ohne in unabhängigen Tests sichtbar zu werden – zum Beispiel in Beschleunigerexperimenten. Im Falle zusätzlicher gravitativer Freiheitsgrade ist das klar, im Falle zusätzliche Materiefelder wären für deren Nachweis als "Teilchen" Energien zum Beispiel im Bereich der GUT-Skala notwendig, was natürlich außerhalb jeglicher experimenteller Reichweite ist.

Man darf eines nicht vergessen: die Idee, DM mittels SUSY o.ä. zu erklären war ja nicht die einzige Motivation: SUSY löst für sich betrachtet Probleme der Quantenfeldtheorien des Standardmodells; man schlägt mehrere Fliegen mit derselben Klappe. Ähnliches gilt für Axionen. Nun ist SUSY also per se interessant, eine nur schwer zu vermeidende Konsequenz der Superstringtheorie und zudem ein Lösungsansatz für die Astrophysiker, wobei ich letztere eher als Trittbrettfahrer sehe, die gerne bei den Teilchenphysikern aufsprangen.

MOND u.a. ist dagegen eher Krampf. Letztlich führt man ein inkonsistentes Modell ein, ignoriert diese Inkonsistenzen geflissentlich, löst ansatzweise jedoch keineswegs vollständig genau ein Problem ohne zusätzliche Vorhersagen … Die im vorliegenden Artikel diskutierten Theorien gaben zumindest nicht den offensichtlichen Konstruktionsfehler von MOND.

Das zweite verbindende Element neben der Unbeobachtbarkeit ist aber folgendes: entwickelt man die Theorien sorgfältig, so dass sie die Probleme wirklich lösen können, nicht nur ansatzweise, so werden sie mathematisch unbeschreiblich hässlich. Bereits die einfachste SUSY-Erweiterung, die als Kandidat gehandelt wurde, ist extrem unschön, je mehr sich das Fenster für experimentell noch zulässige Modelle schließt, desto furchtbarer wird es. Man stelle sich einen italienischen Sportwagen vor, der sukzessive eine Anhängerkupplung, ein Blaulicht … einen kleinen Kran … eine Ladefläche ähnlich eines Pick-Ups … erhält, was der Hersteller jedoch verschweigt und immer noch das ursprüngliche Modell bewirbt. Das trifft auf SUSY m.E. in ziemlich ähnlicher Weise zu wie auf modifizierte Gravitationstheorien.

Ich halte daher von beiden Ansätzen sehr wenig: man sucht in einem Kontext unendlich vorher möglicher Theorien weiterhin vermutlich immer noch unendlich viele Kandidaten, die einige Probleme lösen, darüberhinaus jedoch nicht testbar sind. Ist das noch wissenschaftlich im Sinne Popper's kritischer Methode?

Die Alternative kann m.E. nur in einem fundamental neuen Prinzip stecken, das insbs. Gravitation und Quantentheorie versöhnt, und aus dem im Sinne Ockham's deutlich mehr neue Erkenntnisse und Phänomene resultieren als man hineinsteckt – genau das war nämlich bei Einstein aber auch bei Heisenberg, Schrödinger, Dirac etc. der Fall.

Dieses Kriterium ist natürlich kein Garant für Erfolg, jedoch Garant für kritische Wissenschaft: man kann scheitern. SUSY, Strings, aber auch diverse Ansätze zur modifizierten Gravitation sind dagegen die modernen Epizyklen.

Aus dieser Perspektive: Fig. 1.1 – 1.3 sind als Leitlinien untauglich. Evtl. mögen Theorien darin als Ergebnisse eines neuen Prinzips resultieren. In 1.3 ist das bei Einstein-Cartan ist das eigtl. schon der Fall, da Spinorfelder für Fermionen dies ohnehin erzwingen. Non-commutative Geometrie a la Connes hat durchaus Potential, ist allerdings für die meisten Physiker zu schwierig.

Evtl. kann man mal einiges aus Fig. 1.4 diskutieren – wobei auch da nicht unbedingt ein fundamental neues Prinzip erkennbar ist.
 
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Bernhard

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MOND u.a. ist dagegen eher Krampf.
Puuhhh :ROFLMAO:
Ich halte daher von beiden Ansätzen sehr wenig:
Meiner Meinung nach zeigt sich da die wahre Herausforderung in der Grundlagenforschung. Spätestens mit Einführung der QED im letzten Jahrhundert muss es für Physiker doch immer mehr zur Selbstverständlichkeit werden mit ziemlich aufwändigen mathematischen Modellen und komplizierten physikalischen Deutungen zu jonglieren. Leichte Erfolge deute ich mittlerweile schlicht als romantisierenden Blick auf die Vergangenheit ;) .
man sucht in einem Kontext unendlich vorher möglicher Theorien weiterhin vermutlich immer noch unendlich viele Kandidaten, die einige Probleme lösen, darüberhinaus jedoch nicht testbar sind. Ist das noch wissenschaftlich im Sinne Popper's kritischer Methode?
Wissenschaftstheorie ist ein zulässiger und hilfreicher Überbau.
Die Alternative kann m.E. nur in einem fundamental neuen Prinzip stecken, das insbs. Gravitation und Quantentheorie versöhnt, und aus dem im Sinne Ockham's deutlich mehr neue Erkenntnisse und Phänomene resultieren als man hineinsteckt – genau das war nämlich bei Einstein aber auch bei Heisenberg, Schrödinger, Dirac etc. der Fall.
Ein spannender Aspekt. Ja. Möglicherweise ist dabei tatsächlich auch interdisziplinäre Arbeit nötig, siehe z.B. https://en.wikipedia.org/wiki/Network_science
SUSY, Strings, aber auch diverse Ansätze zur modifizierten Gravitation sind dagegen die modernen Epizyklen.
Gut möglich. Ja.
Insofern tut es mir fast schon leid, dass ich diesen Artikel verlinkt habe …
Grins .... Halb so wild ;)
 

Bernhard

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Aus dieser Perspektive: Fig. 1.1 – 1.3 sind als Leitlinien untauglich. Evtl. mögen Theorien darin als Ergebnisse eines neuen Prinzips resultieren. In 1.3 ist das bei Einstein-Cartan ist das eigtl. schon der Fall, da Spinorfelder für Fermionen dies ohnehin erzwingen.
Einstein-Cartan steht in meinem persönlichen Ranking auch ziemlich weit oben. Den nötigen Feinschliff hat die ART erst durch Mathematiker wie Elie Cartan, Wilhelm Killing u.a. bekommen.
 

TomS

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Meiner Meinung nach zeigt sich da die wahre Herausforderung in der Grundlagenforschung. Spätestens mit Einführung der QED im letzten Jahrhundert muss es für Physiker doch immer mehr zur Selbstverständlichkeit werden mit ziemlich aufwändigen mathematischen Modellen und komplizierten physikalischen Deutungen zu jonglieren. Leichte Erfolge deute ich mittlerweile schlicht als romantisierenden Blick auf die Vergangenheit.
Es geht ja nicht um leichte Erfolge und einfache Theorien sondern um einfache fundamentale Prinzipien. SRT und ART haben derartige einfache Prinzipien, und QED und QCD zunächst auch. Bei letzteren muss man noch unterscheiden zwischen den Prinzipien einer QFT allgemein und einer speziellen Theorie mit spezifischen Feldern; für ersteres ist eine mathematische Absicherung wie bei der ART (insbs. durch Grossmann, Weyl, Cartan ... ADM ... Penrose u.a.) noch nicht gelungen.
 
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