Hallo Mac,
ich wünsche mir, daß alle Menschen mit Deiner Ernsthaftigkeit beim Thema Ethik gesegnet wären. Drogenjunkies, Alkoholiker, Menschen mit Erbkrankheiten. Wenn sich all diese Menschen mit der selben Inbrunst wie Du um die Gesundheit ihrer Nachkommen sorgen würden, gäbe es viel weniger Elend in der Welt.
Was führt zu Erkrankungen oder Erbgutschädigungen?
a) geringere Schwerkraft nach bisherigen Erkenntnissen: Knochen- und Kreislaufprobleme, aber keine Erbgutschäden
b) Strahlenbelastung: Erbgutschädigung
c) einseitige Ernährung: Mangelerkrankungen
d) chemische Kontamination: Erkrankungen und Erbgutschädigungen
e) zu wenig Sonnenlicht: Vitaminmangel, -> Erkrankungen
bis auf a) haben wir das alles auch auf der Erde. Trotzdem bekommen wir laufend Nachwuchs. Teils mit Schädigungen, teils ohne.
Machen sich Menschen im Schwarzwald Gedanken darüber, daß sie durch den Untergrund deutlich erhöhter radioaktiver Strahlung ausgesetzt sind? Ihre Nachkommen also einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind? Handeln diese Menschen gewissenlos, unethisch, wenn sie Kinder bekommen?
Die ländliche Bevölkerung in Indien trinkt gezwungenermaßen arsenverseuchtes Brunnenwasser, weil ihre Regierung liebr ein eigenes Weltraumprojekt auf die Beine stellt, als ihrer Bevölkerung mit sauberem Wasser zu helfen. Unethisch?
Deutschland hat per Gesetz beschlossen, daß Forschung an Stammzellen und Embrionen unethisch ist. Alle Wissenschaftler, die dieses Thema beackern möchten, wandern jetzt ins unethischere Ausland ab. Und von dort kommt dann eines Tages eine funktionierende Therapie, die wir dann auch gerne in Anspruch nehmen werden.
Das ist für mich unmoralisch. Das Risiko tragen andere Staaten/Institutionen, die Forschungsergebnisse nutzen wir dann auch. So wie den Atomstrom aus Frankreich oder Tschechien...
Die bisherigen Auswanderwellen der Menschheit basierten auf hauptsächlich auf Bevölkerungswachstum und Veränderungen der Umwelt. Die Menschen wurden durch äußere Umstände zum Wandern gezwungen. Wir haben nur von den Auswanderwellen Richtung USA halbwegs verläßliche Zahlen. 1/2 bis 2/3 der Auswanderer haben die ersten paar Jahre nicht überlebt. Krankheiten, Nahrungsmittelknappheit, Unfähigkeit/Dummheit, kriminelle Handlungen, Dürreperioden, Indianerangriffe und Kriege haben sie dezimiert.
Auswanderer zum Mars haben eine wesentlich bessere Chance. Sie werden mehrmals ärztlich untersucht, ehe sie losziehen dürfen. Sie müssen Lehrgänge absolvieren, psychologische Tests durchlaufen... Sie werden sich gesünder (ausgewogener) ernähren als ein Großteil der heute lebenden Menschheit. Und ihr Trinkwasser wird sauberer sein als das vieler Menschen in Afrika, Asien oder Südamerika. Sogar sauberer als das Trinkwasser der Londoner Bevölkerung...
Ihr vertretet (wenn ich Euch richtig verstehe) die Meinung, daß hier die freie Selbstbestimmung das Maß aller Dinge sein muß, sozusagen als alleinige Instanz und ich vertrete die Meinung, daß eine freie Selbstbestimmung, die pro Person mehrere Milliarden Dollar Fremdausgaben zur Folge hat, die bisher völlig unklare biologische Konsequenzen für die Teilnehmer und ihre Nachkommen hat, nicht mehr von einer freien Meinungsäußerung der Teilnehmer abhängt, ja gar nicht abhängen kann.
Wo genau in den Angaben zu Mars one siehst Du die Millionen Dollar
Fremdausgaben? Gehst Du wirklich davon aus, daß die Menschheit (oder auch nur die westlichen Industriestaaten) Geld ausgeben werden, um die Auswanderer zurückzuholen, falls auf Mars was schief läuft?
Wenn dort etwas gravierend schief läuft, bleichen die Knochen der Auswanderer im Marssand, ehe ein Raumschiff für ihre Rückholung entworfen, gebaut und auf den Weg gebracht ist.
Die Menschheit ist prinzipiell (technisch, logistisch) dazu in der Lage, jeden Ort der Erde innerhalb von 2 oder 3 Wochen zu erreichen. Trotzdem wird kein Wissenschaftler von einem Stützpunkt auf der Antarktis in die Zivilisation evakuiert, wenn er ernsthaft erkrankt. Das ist das persönliche Risiko der Besatzungen der Forschungsstationen. Unethisch?
Ob durch die Umweltbedingungen auf Mars biologische Konsequenzen zu befürchten sind, wird die Forschung bis zum Zeitpunkt der Auswanderung beantworten können. Zumindest besser beantworten können als zum jetzigen Zeitpunkt. Ob die Auswanderer sofort nach der Ankunft auf Mars Kinder zeugen wollen, oder erst etwas abwarten, kann heute keiner sagen. Eagl, wie sie sich entscheiden, es ist ihre Sache. So wie bei allen Eltern.
Aber heute ist man dank medizinischer Forschung in der Lage, ungewollte Schwangerschaften zu verhindern. Im Gegensatz zu Menschen vor 500, 100 oder auch nur 60 Jahren ist heute allgemein bekannt, wie Babys entstehen. Und wie man es verhindern kann. Ein Jahresvorrat Antibabypillen wiegt nur wenige Gramm. Beim Gesamtgewicht der Ausrüßtung ist das ein vernachlässig kleiner Anteil. Selbst ein 10 Jahresvorrat für jede Auswanderin wäre "Peanuts"...
Kannst Du Dein Unbehagen bezüglich der Strahlendosis auf der Reise sowie dem Aufenthalt auf Mars mit konkreten Zahlen untermauern? Hast Du schon mal diese Zahlen mit verschiedenen Gebieten auf der Erde bzw. Personengruppen verglichen, die höheren Dosen ausgesetzt sind? Dir Studien angesehen, welche unfreiwillig lebenslang konsumierte Strahlendosis welche Schäden am menschlichen Erbgut anrichtet?
Ich habe den Eindruck, daß nach Deinen persönlichen "Sicherheitsvorschriften/Ethikbedenken" weder Bergarbeiter noch Flugzeugbesatzungen Kinder zeugen dürften. Denn dieser Personenkreis ist höheren Strahlendosen ausgesetzt als der durchschnittliche Mensch...
Wenn wir in unserer Gesellschaft (Deutschland) Bergarbeitern, Flugzeugbesatzungen, Arbeitern in Kraftwerken, medizinischem Personal, Alkoholikern, Drogensüchtigen, Menschen mit Erbkrankheiten sowie geistig behinderten Menschen das Recht auf Fortpflanzung zugestehen, dann muß das auch für Auswanderer zum Mars gelten. Gleiches Recht für alle. Ob jemand von diesem Recht Gebrauch macht, ist seine alleinige Entscheidung.
Und ja, freie Selbstbestimmung ohne Schädigung eines bereits gebohrenen Dritten ist für mich das Maß aller Dinge. So steht es in der Präambel unseres Grundgesetzes...
Grüße
Sissy