Mögliche Struktur von Schwarzen Löchern

Rafael Chamon

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Hallo, ich bin neu im Forum und bin fasziniert von der Kosmologie. Eines der mysteriösesten Objekte, die wir finden, sind Schwarze Löcher. Sie entziehen sich jedem Verständnis. Ein Schwarzes Loch wird üblicherweise als eine „Singularität“ beschrieben, die von einer Kugeloberfläche umgeben ist, deren Fluchtgeschwindigkeit der Lichtgeschwindigkeit entspricht, also als ein Punkt mit enormer Masse. Das befriedigt mich nicht, da es mir scheint, dass solche Objekte, wie beschrieben, nicht existieren können. Deshalb habe ich versucht, mir andere Formen der Struktur von Schwarzen Löchern vorzustellen. Ich gebe zu, dass die von mir vorgeschlagenen Modelle ebenfalls selten, unbekannt und vielleicht unmöglich sind, aber ich möchte sie gerne mit Ihnen teilen.
Unten finden Sie den Link zu einem kleinen Artikel, den ich vorbereitet habe. Vielen Dank, dass ich dem Forum angehören darf.


Schöne Grusse
Rafael
 

ralfkannenberg

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Hallo Rafael,

herzlich willkommen auch von meiner Seite. Ich habe nun mal zunächst nur den Anfang Deiner Homepage angeschaut und dabei fällt mir auf, dass Du den Übergang Neutronenstern -> Schwarzes Loch ansprichst.

Das ist legitim, das ist alles gut, dennoch möchte ich hier ansetzen: zunächst einmal ergeben sich hierbei nämlich zwei völlig verschiedene Fragestellungen und ich weiss nicht, ob es im Rahmen einer alternativen Darstellung Sinn macht, diese beiden Fragestellungen von vornherein zu einer Fragestellung zu verbinden.

Ein "Schwarzes Loch" ist zunächst einmal nur ein Typ "Körper", welcher einen Schwarzschild-Horizont hat. Solche horizont-versehenen Körper können in ganz unterschiedlichen Grössenordnungen bzw. Massebereichen auftreten: die ganz massereichen im Zentrum von Galaxien, so "mittelschwere" als stellare Schwarze Löcher bis hinunter zu den ganz massearmen (beispielsweise mögliche primordiale Schwarze Löcher) im Massenbereich eines ca. 1 km grossen Gesteins-Planetoiden, ja es gibt sogar Theorien über Mikro-Schwarze Löcher im Massenbereich einiger Protonen, welche allerdings aufgrund ihrer Hawkingstrahlung innert kürzerster Zeit (kürzer als beobachtbar) zerstrahlen sollten.

Davon unabhängig ist die Fragestellung, was mit einem Neutronenstern passiert, wenn dieser einen Gravitationskollaps erleidet, beispielsweise durch Masse-Akkretion eines nahe umlaufenden Begleitsternes oder Begleit-Weissen Zwerges, so dass der Neutronenstern so viel Masse beisammen hat, dass die Gravitation nicht mehr vom Pauli'schen Ausschliessungsprinzip der Neutronen gestoppt werden kann, bzw. "analog" wenn man einen Hauptreihenstern mit so viel Masse hat, dem der Kernbrennstoff ausgegangen ist, so dass der Strahlungsdruck entfällt, die Schwerkraft aber nach wie vor vorhanden ist, so dass sich ein Gravitationskollaps ereignet, und auch hier so viel Masse vorhanden ist, dass die Gravitation nicht mehr vom Pauli'schen Ausschliessungsprinzip der Neutronen gestoppt werden kann.

Bei letzterem sind auch noch weitere Zwischenstadien wie ein Quarkstern, ein Strange-Quarkstern, ein Preonstern oder ein Axionenstern denkbar; theoretische Modelle hierzu gibt es also einige, allerdings gibt es bislang (noch) keine beobachtumgsmässige Evidenz.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

TomS

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Hallo Rafael,

schöne Seite 👍, dazu noch ein paar Anmerkungen.

Die erste:

… Kugel definiert, … auf deren Oberfläche die Fluchtgeschwindigkeit gleich der des Lichts ist.
Diese Definition basierend auf der Newtonschen Mechanik findet man zuweilen, sie ist im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie jedoch sinnlos. Statt dessen verhält es sich so, dass innerhalb dieser Kugelschale keine Bewegungsrichtung existiert, die nach außen weist; jede Bewegung mit v < c oder v = c führt näher a die Singularität; auf der Kugelschale selbst führt eine radial nach außen weisende Bewegung mit Lichtgeschwindigkeit zu einem konstanten Abstand von der Singularität. All das kann man sich jedoch nicht mehr vorstellen, jedoch mathematisch beschreiben.
 

Rafael Chamon

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Hallo Rafael, herzlich willkommen im Forum. Du hast da eine interessante Homepage erstellt. Mich würde interessieren, ob Du bereits die Messungen an S2 kennst.
Vielen Dank Bernhard, ich habe gerade den Link zum S2-Stern gelesen. Ich wusste von der Existenz riesiger Schwarzer Löcher in den Zentren von Galaxien. Im Fall unserer Galaxie ein Schwarzes Loch mit 4,1x10^6 Sonnenmassen ist eine faszinierende Sache.
Ich würde gerne wissen, wie sowohl kleine Schwarze Löcher, sagen wir 2 Sonnenmassen, als auch das supermassereiche Schwarze Loch, das die Galaxie bewegt, entstehen. Es scheint, dass die kleinen nur aus Neutronensternen entstehen können und dass die großen das Ergebnis der Akkretion benachbarter Sterne sind. Aber die Frage bleibt: Wie entstehen Schwarze Löcher?
 

Bernhard

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Aber die Frage bleibt: Wie entstehen Schwarze Löcher?
Ich halte es schon für nachvollziehbar, dass bei einer Supernova ein Gravitationskollaps stattfinden kann und so ergibt sich dann eine plausible Erklärung für stellare Schwarze Löcher (SL) mit einigen Sonnenmassen. Zusätzlich können Schwarze Löcher verschmelzen, was experimentell bereits nachgewiesen wurde und somit ergibt sich dann auch ein prinzipieller Mechanismus für noch massereichere Schwarze Löcher.

Die Bildung von Galaxien mit zentralen supermassereichen SLs ist im Detail dann ein recht komplizierter Vorgang, bei dem vermutlich durch Forschung erst noch weitere Erkenntnisse gebildet werden müssen.
 

Rafael Chamon

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Als ich heute im Internet durchsuchte, fand ich einen Eintrag, der mit dem Artikel zusammenhängt, den ich am Anfang dieses Threads vorgestellt habe.

Dies ist das theoretische astrophysikalische Objekt „Kugelblitz“, eine auf Einsteins Gleichungen basierende Vermutung, die vollständig mit dem Modell des Schwarzen Lochs übereinstimmt, das ich in meinem Artikel als „Energetisches schwarzes Loch“ vorgestellt habe.


Wenn solche Objekte existieren könnten, könnten Schwarze Löcher vielleicht tatsächlich „Kugelblitze“ sein.
 

TomS

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Der Titel suggeriert, es ginge um eine Struktur schwarzer Löcher.

In der ART ist das sehr einfach, ein schwarzes Loch ist eine Singularität. Die Singularität ist punktförmig (Schwarzschild-SLs, Drehimpuls J = 0) oder ringförmig (Kerr-SLs, Drehimpuls J > 0). Man geht davon aus, dass die Singularität von einem Ereignishorizont umgeben ist (cosmic censorship), mathemische Modelle für Kerr-SLs lassen jedoch (für genügend großes J bei festem M) zu, dass kein EH vorliegt (naked singularity). Eine weitere Struktur existiert nicht, insbs. handelt es sich um Vakuum.

Eine echte Struktur resultiert im Rahmen – heute noch spekulativer – Theorien der Quantengravitation.
 

Rafael Chamon

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Hallo, Tom5. Ich bewundere und schätze alle Ihre Erklärungen zu diesem Thema. Aufgrund meiner Unwissenheit als Laie der Kosmologie (ich bin Ingenieur) scheint es mir offensichtlich, dass sowohl eine „Singularität“ als auch ein „Kugelblitz“ sehr seltsame Objekte sind, aber das zweite scheint mir physikalischer zu sein.

Schöne Grüsse
Rafael
 

Petz

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Zusätzlich können Schwarze Löcher verschmelzen, was experimentell bereits nachgewiesen wurde und somit ergibt sich dann auch ein prinzipieller Mechanismus für noch massereichere Schwarze Löcher. Die Bildung von Galaxien mit zentralen supermassereichen SLs ist im Detail dann ein recht komplizierter Vorgang, bei dem vermutlich durch Forschung erst noch weitere Erkenntnisse gebildet werden müssen.

Da die großen schwarzen Löcher von der Dichte her nur in der Größenordnung von Wasser oder Luft liegen braucht man dazu überhaupt keinen sonderlich komplizierten Mechanismus, man muss ganz einfach nur genügend Sterne innerhalb eines Volumens haben.
 

Bernhard

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Da die großen schwarzen Löcher von der Dichte her nur in der Größenordnung von Wasser oder Luft liegen braucht man dazu überhaupt keinen sonderlich komplizierten Mechanismus, man muss ganz einfach nur genügend Sterne innerhalb eines Volumens haben.
Das zentrale Schwarze Loch (SL) in unserer Heimatgalaxie hat eine Masse von etwa 4 Mio. Sonnenmassen. Da liegt die durchschnittliche Dichte noch sehr weit über dem Wert der Sonne/Wasser.

Bei supermassereichen SL mit 1 Mrd. Sonnenmassen liegt die Dichte dann etwa bei 18 kg/m³. Auch da wären die Sterne noch ungewöhnlich dicht angeordnet. Ich denke, dass sich die Sterne bei so dichter Packung gegenseitig bereits sehr stark beeinflussen würden. Ich bin mir nicht sicher, ob es da nicht schon wahrscheinlicher wird, dass die supermassereichen SL aus der Verschmelzung leichterer SL entstehen.

Denkbar wäre eventuell die Bildung eines Ereignishorizontes bei der Verschmelzung von zwei Galaxien, mit jeweils sehr hoher Sterndichte im Zentrum.
 
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Petz

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Bei supermassereichen SL mit 1 Mrd. Sonnenmassen liegt die Dichte dann etwa bei 18 kg/m³. Auch da wären die Sterne noch ungewöhnlich dicht angeordnet. Ich denke, dass sich die Sterne bei so dichter Packung gegenseitig bereits sehr stark beeinflussen würden.

Das ist zwar ein bisschen mehr als Luft, aber immer noch weniger als Wasser, mit irgendwelchen Pauli Prinzipen muss man sich dabei also nicht herumschlagen. Auf dem Weg zur Singularität hinunter auch nicht, da wird die Materie nicht zusammengedrückt sondern den ganzen Weg lang nur spaghettifiziert.

Die Ringsingularität von rotierenden schwarzen Löchern gibts es höchstwahrscheinlich gar nicht, denn die wird nur als Anfangsbedingung bei eternal schwarzen Löchern hineingesteckt, aber da die ja eigentlich gravitativ abstoßend ist wird die sich bei einen stellaren Kollaps gar nicht erst bilden sondern sich irgendwo beim inneren Horizont einpendeln.
 
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TomS

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Auf dem Weg zur Singularität hinunter auch nicht, da wird die Materie nicht zusammengedrückt sondern den ganzen Weg lang nur spaghettifiziert.
Doch, sie wird komprimiert.

Reine Spaghettifizierung ohne Volumenänderung gilt nur für Testkörper im Vakuum. Aber im Falle eines Kollapses von Materie liegt ein solches nicht vor.

Die Ringsingularität von rotierenden schwarzen Löchern gibts es höchstwahrscheinlich gar nicht, denn die wird nur als Anfangsbedingung bei eternal schwarzen Löchern hineingesteckt, aber da die ja eigentlich gravitativ abstoßend ist …
Was ist gravitativ abstoßend?
 

Petz

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Doch, sie wird komprimiert.

Wo? So lange r>0 wird nicht komprimiert, und bei r=0 kann man auch nicht sagen dass sich das Material dort auf einem unendlich kleinen Punkt sammeln würde, in dessen Bezugssystem ist das nicht einmal ein Ort sondern eine Zeit und die proper distance eines Atoms zum nächsten Atom ist auch nonstop am Steigen. So lange es noch einen Gegendruck gibt wird zwar komprimiert, aber sobald die Gravitation dominiert nicht mehr.

Reine Spaghettifizierung ohne Volumenänderung gilt nur für Testkörper im Vakuum.

Die Gezeitenkräfte sind auf jeden Fall positiv. Transversal wird zwar gestaucht, aber radial gedehnt.

Was ist gravitativ abstoßend?

Das bedeutet dass d²r/dτ² positiv ist. Exakt am Äquator ist es zwar negativ, aber von allen anderen Winkeln aus betrachtet ist es positiv. Deswegen ist die Kerr Singularität im Gegensatz zur Schwarzschild Singularität auch nicht spacelike sondern timelike, und sie zu erreichen ist dann auch nicht mehr unvermeidlich sondern umständlich.
 
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Bernhard

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Für das Thema finde ich die Referenz 22 des Artikels https://de.wikipedia.org/wiki/Schwarzschild-Metrik auch ganz interessant. Dort wird berechnet, dass man innerhalb des Schwarzschildradius (und bei Gültigkeit der allgemeinen Relativitätstheorie) auch bei gleichmäßiger Materieverteilung von einer Singularität und einem unendlich hohen Druck bei r=0 ausgehen muss. Im Text wird das Zentrum eines Quasars auch als ewig kollabierende Masseansammlung bezeichnet und auch durch Hawkings Singularitätentheoreme motiviert.
Zum Nachlesen hier der Link: https://www.scirp.org/journal/paperinformation?paperid=7358
 

TomS

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So lange r>0 wird nicht komprimiert ...
Doch, die Materie wird im Zuge des Kollapses komprimiert.

Reine Spaghettifizierung ohne Volumenänderung gilt nur für Testkörper im Vakuum. Aber im Falle eines Kollapses von Materie liegt ein solches nicht vor.

Das mit der einfallenden d.h. der kollabierenden Materie mitbewegte Volumen nimmt entlang der Geodäten abnimmt. Dies gilt für den Kollaps wegen Materiedichte ungleich Null und daher Ricci-Krümmung ungleich Null.


(Es gilt nicht für eine kleine Testmasse, die in ein vorhandenes SL stürzt, da letzteres einer Vakuumlösung entspricht, für die die Ricci-Krümmung verschwindet. Die nicht-verschwindende Weyl-Krümmung und die resultierenden Gezeitenkräfte komprimieren das Volumen tatsächlich nicht. Aber das war nicht die Frage, es ging um den Kollaps)

Die Gezeitenkräfte sind auf jeden Fall positiv. Transversal wird zwar gestaucht, aber radial gedehnt.
Im Zuge des Kollapses existieren nicht nur Gezeitenkräfte.
 
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