Kosmologie: Neuer Blick auf die großräumigen Strukturen im lokalen Universum

TomS

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[In ADM] enthalten ist also auch die nicht-Linearität der ART?
Ja, denn ADM = ART + globale Kausalität

Der ADM-Formalismus ist lediglich eine Umformulierung der allgemeinen Relativitätstheorie als Cauchy- bzw. Anfangswertproblem *. Man geht aus von einem 3-Raum und betrachtet dessen Zeit-Entwicklung. In "diesem 3-Raum" werden sozusagen zu "einem Zeitpunkt" – die Definition ist mathematisch etwas kompliziert – alle notwendigen Anfangsbedingungen festgelegt, insbs. Metrik bzw. Krümmung und die Materieverteilung.

ADM hat einige Besonderheiten, insbs. 1. die strikte globale Kausalität, d.h. keine geschlossenen zeitartigen Kurven; 2. geometrische Klarheit für Größen des 3-Raums wie dessen Krümmung, insbs. dieses k in den Friedmann-Gleichungen; 3. gut geeignet für numerische Berechnungen.

Geschlossene zeitartige Kurven können gar nicht erst entstehen; man muss nichts besonderes beachten, außer das oben (*) gesagte. ADM ist einfach etwas restriktiver.
 
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Bernhard

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Geschlossene zeitartige Kurven können gar nicht erst entstehen; man muss nichts besonderes beachten, außer das oben (*) gesagte. ADM ist einfach etwas restriktiver.
Da ergibt sich eine Detailfrage zum Verschmelzen Schwarzer Löcher, weil es nahe der Kerr-Singularität angeblich geschlossene zeitartige Kurven gibt. Entweder muss bei solchen ADM-Simulationen der innere Drehimpuls der Komponenten also gesondert behandelt oder vernachlässigt werden.
 

antaris

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ADM ist einfach etwas restriktiver.
Sinnvolle Einschränkungen aus den Prinzipien des Formalismus heraus sind dann wohl als positive Eigenschaften zu werten.
Ich muss erst mal lesen. Das Konzept der Weltlinie und der raumartigen Hyperflächen (auch in der Diskussion mit Neumaier) stammt aus dem ADM-Formalismus?
 
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TomS

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Da ergibt sich eine Detailfrage zum Verschmelzen Schwarzer Löcher, weil es nahe der Kerr-Singularität angeblich geschlossene zeitartige Kurven gibt. Entweder muss bei solchen ADM-Simulationen der innere Drehimpuls der Komponenten also gesondert behandelt oder vernachlässigt werden.
Keine Ahnung, müsstest du nachlesen.

Meine Vermutung ist, dass sie den Innenraum nicht betrachten.

Evtl. findest du hier etwas in den Referenzen [2], [3], [4]:
 
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TomS

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Die raumartigen Hyperflächen (auch in der Diskussion mit Neumaier) stammen aus dem ADM-Formalismus?
Die gehen auf Cauchy (Anfang 19. Jh.) zurück und sind damit schon älter. Das ist Standard bei der Lösung partieller DGLs, z.B. in der Elektrodynamik (19. Jh.).

Angewandt auf gekrümmte Raumzeiten und für die Raumzeit selbst wurde dies von ADM.
 

Rainer

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Erschwerend kommen noch mögliche Geschwindigkeiten dazu, die auch zu berücksichtigen sind.
Diese kannst Du auf großen Skalen vergessen.

Ok soweit klar aber die (Super-)Cluster expandieren ja nicht einfach nur, sondern bewegen sich gemeinsam, je nach betrachteter Skala, auf noch größere Strukturen zu.
Nicht wirklich, sie entfernen sich. Diese Pekuliarbewegungen sind nur ein Bruchteil der tatsächlichen Bewegung.
Ich hatte das erst vor Kurzem für den Großen Attraktor vorgerechnet.

Nehmen wir zB den Großen Attraktor. Seine Pekuliargeschwindigkeit wird mit (wenn ich das nicht verwechsle)
uGR = 551944 m/s
angegeben.
Die Pekuliargeschwindigkeit der Milchstraße wird mit
uMil = 565000 m/s
angegeben.
Selbst wenn man beides addiert, also sich beide Strukuren genau aufeinander zu bewegen würden, (wenn nicht ohnehin beide Male Dasselbe gemeint war) ergibt dies nur
1100000 m/s
Der Hubble Flow dazwischen, also die Rezessionsgeschwindigkeit beträgt hingegen
vGA = H°dGA ≈ 4368000 m/s
Die hochgejubelte individuelle "Anziehung" ist also PIPIFAX.
Vermutlich handelt es sich bei der Geschwindigkeit 551944 m/s um den Teil der Pekuliargeschwindigkeit der Milchstraße, die zum GA gerichtet ist, das hatte ich wohl verwechselt. Die beiden Angaben sind also nicht zu addieren, sondern nur die geringere ist maßgeblich, und eben weit geringer (nur knapp 13%) als der Hubble Flow 4368000 m/s (Die Quelle PDG 2017 muss sich erst suchen.)
 
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Rainer

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Hier habe ich etwas Genaueres gefunden:

Nach Abschluß der Untersuchungen der sieben Samurain zeigte sich folgendes Bild: Dort wo die Hubble-Expansion etwa 4.500 Kilometer pro Sekunde beträgt, das entspricht einer Entfernung von etwa 200 Millionen Lichtjahren, zeigen die Galaxien KEINE Eigenbewegung mehr - sie haben hier die "richtige" Fluchtgeschwindigkeit! Bei weiter entfernten Galaxien dreht sich Spieß dagegen um: Sie haben eine für ihre Entfernung zu geringe Fluchtgeschwindigkeit! Da sich diese weiter entfernten Galaxien von der anderen Seite auf den Punkt in 200 Millionen Lichtjahren zubewegen, ist ihre Eigenbewegung auf uns zu gerichtet und muß daher von der allgemeinen Fluchtgeschwindigkeit abgezogen werden.

Dies ist die Entfernung des Großen Attraktors, der somit (fast) KEINE Eigenbewegung hätte.
Allerdings soll er sich ebenfalls in Richtung Shapley-Superhaufen bewegen.
It has been found that the Great Attractor and all the galaxies in our region of the universe (including our galaxy, the Milky Way) are moving toward the Shapley Supercluster.
 
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Bernhard

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Ich würde einfach mal Orbits von masselosen Testkörpern um die Zentralmasse in der DeSitter-Schwarzschild-Geometrie betrachten. Da hat man zwar nur ein Massenzentrum, dafür ist die Metrik einfach und man findet evtl. anschauliche Lösungen.
Da reicht ein Blick auf die Größenordnungen.

Nimmt man die Bahnparameter der Erde um die Sonne, hat der erste radiale Term die Größenordnung 1e-8 (Eine astronomische Einheit ist etwa 1e11 und der Schwarzschildradius der Sonne etwa 1e3). Nimmt man für den Parameter b die kosmologische Konstante, ergibt sich für den zweiten radialen Term entsprechend die Größenordnung 1e-30, da für die kosmologische Konstante die Größenordnung 1e-52 angegeben wird. Der Einfluss der kosmologischen Konstante auf die Erdbahn ist also in sehr guter Näherung zu vernachlässigen.
 

TomS

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ADM ist anspruchsvoll.

Die Idee wird für einen 2-dim. Universum klar. Nimm ein flexible * Blatt Papier und lege dessen Form ** fest; es sieht dann irgendwie verbogen und wellig aus. Auf diesem Papier ist außerdem eine Materieverteilung *** vorhanden. ADM liefert dann den Formalismus **** der es erlaubt, zukünftige Form und Materieverteilung zu berechnen; es entstehen je Zeitschritt ein neues Blatt, letztlich ein Blätterstapel, die 2+1 dim. Raum-Zeit. Form des Blattes und Materieverteilung auf dem Blatt ändern sich mit der Zeit.

Das ist strikt äquivalent zur üblichen Formulierung der ART, mit Ausnahme einiger pathologischer Fälle, die bei ADM nicht auftreten können.

* unendlich ausgedehnt
** Form meint mathematisch präzise im wesentlichen die Metrik und extrinsische Krümmung
*** in der Praxis sollte dies zur Materieverteilung passen
**** (3.24 ff)
 

antaris

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ADM ist anspruchsvoll.
Ich glaube es ist keine Schande, wenn ich nicht zu den sehr begrenzten Personenkreis gehöre, der die Mathematik dahinter wirklich vollständig versteht.
Das paper Introduction to the ADM Formalism scheint mir persönlich als besserer Einstieg in die Hintergründe, auch wenn dieses allgemeiner formuliert ist.

Folgendes verstehe ich aber ganz gut.
Was genau ist mit extrinsischer Krümmung gemeint?
Die Idee wird für einen 2-dim. Universum klar. Nimm ein flexible * Blatt Papier und lege dessen Form ** fest; es sieht dann irgendwie verbogen und wellig aus. Auf diesem Papier ist außerdem eine Materieverteilung *** vorhanden. ADM liefert dann den Formalismus **** der es erlaubt, zukünftige Form und Materieverteilung zu berechnen; es entstehen je Zeitschritt ein neues Blatt, letztlich ein Blätterstapel, die 2+1 dim. Raum-Zeit. Form des Blattes und Materieverteilung auf dem Blatt ändern sich mit der Zeit.

Das ist strikt äquivalent zur üblichen Formulierung der ART, mit Ausnahme einiger pathologischer Fälle, die bei ADM nicht auftreten können.

* unendlich ausgedehnt
** Form meint mathematisch präzise im wesentlichen die Metrik und extrinsische Krümmung
*** in der Praxis sollte dies zur Materieverteilung passen
**** (3.24 ff)
 
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TomS

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Was genau ist mit extrinsischer Krümmung gemeint?
Wenn du eine 2-dim. Fläche in einen 3-dim. Raum einbettest, dann resultiert daraus eine gewisse Freiheit, diese Fläche zu krümmen, ohne sie tatsächlich intrinsisch zu krümmen. Z.B. ist eine 2-dim. Ebene und ein 2-dim. Zylindermantel im 3-dim. Raum intrinsisch flach. Misst du die Krümmung mittels Maßstäben in den Flächen, so ist sie in beiden Fällen Null. Misst du sie teilweise durch Maßstäbe senkrecht zu den Flächen, dann erhältst du für den Zylindermantel eine nicht-verschwindende extrinsische Krümmung.

Bei ADM ist die zusätzliche Dimension zeitartig. Die intrinsische Krümmung ist die Krümmung des betrachteten 3-dim. Raumes, die extrinsische misst die Krümmung, die durch die zusätzliche Dimension resultieren kann. "Einbetten" sollte man das in dem Fall eher nicht nennen. Beide Krümmungen sind nicht einfach Zahlen.
 
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