Komet C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS)

ralfkannenberg

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Hallo zusammen,

ab Mitte Oktober wird ein "heller" Komet erwartet; ob er wie von manchen Autoren euphorisch angekündigt von blossen Auge sichtbar sein wird sei dahingestellt, aber er könnte ein Feldstecherobjekt werden.

Er wandert im Oktober vom Kopf der Schlange zum Kopf des Schlangenträgers, tendentiell also eher mitteltief am Horizont. Man wird also gute Sichtbedingungen benötigen.

Hier noch zwei Links:

Weiterer Komet im Oktober: Übersteht C/2024 S1 die Sonne, könnte er sehr hell werden (Tanja Banner)

C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS)

Im ersten Artikel wird noch erwähnt, dass er seinen Periheldurchgang überstehen muss, was mich bei einem Perihel von 0.3914 AU allerdings etwas überrascht.

Am 17.Oktober ist er in der Nähe von Arktur, konkret in der Nähe von Unuk und ε Serpenti.

Unuk findet man eigentlich recht einfach: verlängert man die Deichsel des Grossen Wagen, so gelangt man zu Arktur, dem hellsten Stern der Nordhemisphäre; in etwa senkrecht zu dieser Linie nach oben sieht man eine grössere Deichsel ebenfalls aus Sternen 2.Grösser, das sind Arktur, Mirak und Gemma. Vervollständigt man diese Figur zu einem mathematischen Drachen, so steht in der 4.Ecke Unuk. Unuk ist Teil einer fast geraden Linie durch die beiden Sternbilder Schlnage und Schlangenträger, Unuk ist der 2.Stern dieser Linie, ε Serpenti der 3.Stern dieser Linie. In der Nähe der beiden Sterne findet man übrigens auch den hübschen Rosensternhaufen M5.

Ende Oktober zieht der Komet in der Nähe von Ras Alhague (ebenfalls 2.Grösse) durch, auch ihn findet man einfach mit Hilfe der Arktur - Mirak - Gemma - Deichsel, indem man diese verlängert. Wenn man sie zu kurz verlängert gelangt man zu Kornephorus, dem hellsten Stern des Herkules, d.h. die "Gegenprobe" besteht darin, dass man etwa in der Mitte zwischen der Gemma und Ras Alhague, den etwas weniger hellen Stern Kornephorus sehen muss.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

astronews.com Redaktion

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Ab diesem Wochenende könnte der Komet C-2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS) in der Abenddämmerung am Westhorizont bereits mit bloßem Auge zu beobachten sein. Anschließend wandert der Komet am Himmel immer höher, wird aber gleichzeitig auch lichtschwächer. Professionelle Hilfe bei der Beobachtung gibt es am 19. Oktober während des bundesweiten Astronomietags. (11. Oktober 2024)

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antaris

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In Berlin leider bisher zu bewölkt gewesen.

Ist er so hell wie Hale-Bobb im Jahr 1997? Da war ich 15 und beobachtete ihn fast jeden Abend. Früher habe ich ganze Nächte draußen mit meinem 8 cm Einsteiger-Refraktor von Bresser verbracht.
Ich weiß noch genau wie ich in Pullis, Jacken und Decken bei fast -20 Grad im Winter mit den Sternenatlas in der Hand den Himmel nach Objekte absuchte. Ich habe noch ein Newton im Keller aber müsste mal komplett gereinigt und justiert werden. Leider war die Lichtverscjnutzung damals schon nicht wenig aber heute macht es kaum noch Sinn in der Nähe von Großstädte zu beobachten. Erst jetzt am Wochenende meinte meine Tochter, sie würde doch gerne mal die Milchstrasse sehen…irgendwie verrückt. Für mich war der Anblick früher ganz normal.
 
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ralfkannenberg

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In Berlin leider bisher zu bewölkt gewesen.
Halo Antaris,

bei uns war es auch bewölkt, aber ich habe es trotzdem versucht. Es gab ja immer wieder grössere Wolkenlöcher, und da ich es schon seit Beginn der Dämmerung versucht habe konnte ich den Kometen verhältnismässig früh - noch während der Dämmerung - erhaschen.

Ein Stück weit kam mir zuhilfe, dass in vor wenigen Tagen noch den Rosensternhaufen (M5) beobachtet habe, und der Komet nicht sehr weit von ihm wegsteht. Zwar konnte ich den Rosensternhaufen selber nicht erkennen, dafür waren die Sichtbedingungen zu schlecht, und bis es dann wirklich dunkel war stand M5 auch schon sehr nahe am Horizont. Aber der Komet ist ja auch 4 Grössenklassen heller als der Rosensternhaufen.

Ist er so hell wie Hale-Bobb im Jahr 1997?
Nein, er ist gefühlt deutlich weniger hell als der Hale-Bopp'sche Komet 1997 und vor allem auch viel kleiner. Aber deutlich heller als der Hale-Bopp'sche Komet 1996. Anfangs 1996 gab es noch den Hyakutake'schen Kometen zu bewundern, der war ebenfalls gefühlt viel heller als der jetzige Komet. Auch der Komet NEOWISE vor 4 Jahren war etwas heller als der jetzige Komet.

Im Jahre 2007 gab es noch den Kometen McNaught, der war so hell wie die Venus, aber er stand so ungünstig, dass ich ihn nur einmal sehen konnte und da stand er in der noch frühen Dämmerung tief am Horizont und war unauffällig. Er war ein grosser Komet für die Bewohner auf der Südhalbkugel.

Überhaupt ist die Helligkeit eines Kometen ein irreführendes Kriterium - von den hellsten Kometen der vergangenen 20 Jahre konnte kein einziger von blossem Auge gesehen werden: Kometen sind ja dann am hellsten wenn sie in der Nähe der Sonne stehen. Doch wenn sie in der Nähe der Sonne stehen sind sie fast nicht zu beobachten. - Ein heller Komet ist also ein Komet, der hell ist und der weit genug weg von der Sonne steht.

Oder aber wie der Fall des Hyakutake'schen Kometen 1996: der hatte einen "nahen" Vorbeiflug an der Erde und war die ganze Nacht über mit seinem dünnen und langen bläulichen Schweif von blossem Auge sichtbar.

Ein hübscher Komet war auch der Komet Holmes ebenfalls im Jahre 2007; zum Glück habe ich den am Anfang verpasst sonst hätte ich die gesamte Internet-Welt mit einer vermeintlichen Supernova verrückt gemacht. Dieser Komet ist kurzperiodisch und hatte gerade einen Outburst, d.h. am Anfang war der sternförmig, und in den nächsten Tagen wurde er dann "ballonförmig". In 2.Grösse ebenfalls gut von blossem Auge zu sehen.

Ebenfalls erwähnenswert ist der Komet Ikeya-Zhang im Jahre 2002, der war lange zu sehen und at its best auch von blossem Auge, ca. 3.Grösse.

Und im Jahre 2012 gab es einen Horizontkometen zu sehen, den Kometen Panstarrs, den man in der Dämmerung suchen musste. Nur weil ich einen Tag zuvor in derselben Sternregion unterwegs war kannte ich bereits die dortigen Sterne (alles in der frühen Dämmerung) und konnte dann auch den Kometen sehen ohne mich zuerst mit den ohnehin kaum sichtbaren Sternen orientieren zu müssen. Und zum Glück stand der Komet Panstarrs an diesem Tag auch in der Nähe eines helleren Sternes - sigma Andromedae wenn ich mich recht entsinne. Dies aber alles mit dem Feldstecher.

Das sind dann auch schon die 8 "wichtigsten" Kometen, die ich in meinem Leben bislang gesehen habe, insgesamt war das gestern mein 25.Komet. Der erste von ihnen war der Halley'sche Komet 1985/86, damals wenig beeindruckend. - Die Liste derjenigen Kometen, die ich versucht aber nicht gesehen habe ich ("Frustrations-Liste") übrigens fast genauso lang.

Da war ich 15 und beobachtete ihn fast jeden Abend. Früher habe ich ganze Nächte draußen mit meinem 8 cm Einsteiger-Refraktor von Bresser verbracht.
Ich weiß noch genau wie ich in Pullis, Jacken und Decken bei fast -20 Grad im Winter mit den Sternenatlas in der Hand den Himmel nach Objekte absuchte.
Das ist der Grund, warum ich kein Fernrohr habe: ich bin berufstätig und kann nicht ganze Nächte lang draussen beobachten. Selbst die gestrige Beobachtung hat insgesamt 3 Stunden gekostet und ich konnte deswegen einen beruflichen Termin nicht einhalten.

Ich habe noch ein Newton im Keller aber müsste mal komplett gereinigt und justiert werden.
Das ist nix für einen Theoretiker wie mich.

Leider war die Lichtverscjnutzung damals schon nicht wenig aber heute macht es kaum noch Sinn in der Nähe von Großstädte zu beobachten. Erst jetzt am Wochenende meinte meine Tochter, sie würde doch gerne mal die Milchstrasse sehen…irgendwie verrückt. Für mich war der Anblick früher ganz normal.
Ich hatte ehe ich verheiratet war einen gut mit dem ÖV zugänglichen Beobachtungsort weit ausserhalb der Stadt, d.h. Endstation S-Bahn und dann noch ca. 2 km zu Fuss gehen. Das war wirklich brilliant dort; da ich damals gerade einen Stellenwechsel hatte und noch Resturlaub, konnte ich das machen. Ausserdem war ich damals noch jünger und kam mit weniger Schlaf aus.


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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antaris

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Gestern Abend war es in Berlin auch sehr klar. Es war kalt auf dem Ballkon aber ich habe abgewartet, bis ich ihn sehen konnte. Kurz nach 19:00 war es dann soweit. Die Kinder haben ihn dann auch begeistert angeschaut. Damals Hale-Bopp zu sehen war aber wirklich nochmal eine andere Größenordnung.
 

ralfkannenberg

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Hallo zusammen,

seltsame Sichtbedingungen; in der Dämmerung war es dort, wo der Komet steht, bewölkt; dann habe ich etwas zugewartet und nun ist das alles unter die Wolken gezogen und man konnte - aber eben, es ist diesig/wolkig - den Kometen sehen, aber es wäre unseriös, zu fragen, wie hell er war. Unuk und ε Serpenti scheinen heller zu sein, aber der Komet steht mehr im diesigen Bereich und und beim out-out ist es schwierig wegen der Ausgedehntheit des Kometen, einen sinnvollen Vergleich durchzuführen.

Ich würde sagen, etwa so hell wie ε Serpenti, aber vermutlich ist der Komet heller, vermutlich sogar heller als Unuk.

Für's blosse Auge reichen die Sichtbedingungen nicht aus.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

ralfkannenberg

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Hallo zusammen,

heute hätte ich nun wirklich nicht damit gerechnet - alles zugezogen, selbst Arktur war nicht zu sehen. Dann plötzlich die Deichsel des Grossen Wagen, und dann habe ich eben mal dorthin geschaut, wohin ich gestern geschaut habe - ich bin im Büro, d.h. selbes Fenster, selbe Richtung, und dann standen da Unuk und ε Serpenti, und fairerweise sollte ich auch λ Serpenti (4.4 mag) erwähnen, denn diese drei Sterne sind es, die eine typische "Mikro-Konstellation" bilden.

Kein Komet, aber klar, der ist ja etwas weitergezogen und genau da war er dann auch zu sehen. Mit schlecht durchgeführter out-out-Methode bei auch eher poor conditions liegt seine Helligkeit zwischen der von Unuk und ε Serpenti, also sagen wir 3 mag, vermutlich etwas heller, weil diffuse Objekte unter schlechten Sichtbedingungen mehr leiden als sternförmige Objekte.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

ralfkannenberg

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Was muss man sich darunter vorstellen?
Hallo Bernhard,

zu dieser Frage gäbe es sehr viel zu schreiben und da muss dann auch der Name Charles Morris prominent erwähnt werden.

Dies aber bitte später. Bei der Out-Out-Methode defokussiert man den Kometen und die in Frage kommenden Referenzsterne und vergleicht dann die Helligkeiten der defokussierten Objekte. Diese Methode dient also der Helligkeitsbestimmung von Kometen.

Sie gilt als die schlechteteste Methode zur Helligkeitsbestimmung und sollte von seriösen Beobachtern nicht angewendet werden, aber sie ist eben einfach. Hauptproblem ist, dass sie sehr sensitiv auf schlechte Witterungsbedingungen ist, d.h. die Helligkeit von Kometen unter einer Helligkeit von ca. 6 mag systematisch unterschätzt wird, da kann man dann locker noch eine halbe Grössenklasse pauschal draufschlagen (d.h. heller schätzen) und liegt dann gar nicht so schlecht. Nur ist "pauschal draufschlagen" eben nicht wissenschaftlich. Das Problem hier ist eben, dass auch bei gut erscheinenden Sichtbedingungen beim Defokussieren die Aussenbereiche des defokussierten Objektes gar nicht mehr sichtbar sind und auch der Innenbereich zu schwach erscheint. Streng genommen muss man also bei solchen Helligkeitsbestimmungen auch noch das Gerät (z.B. 10x50) benennen sowie die Grenzhelligkeit der Sterne, die man gerade noch mit diesem Gerät erkennen kann. Und auch die Grenzhelligkeit der Sterne, die man von blossem Auge erkennen kann. Ziemlich mühsam das alles.

Bei hellen Kometen versagen übrigens erstaunlicherweise fast alle diese Methoden, sei es Out-Out, In-Out oder die kombinierte Morris-Methode, d.h. helle Kometen werden systematisch heller geschätzt als sie sind.

Soviel für den Moment; das Wetter ist schlecht, regnet aber nicht und ich versuche es nun trotzdem.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

ralfkannenberg

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zu dieser Frage gäbe es sehr viel zu schreiben und da muss dann auch der Name Charles Morris prominent erwähnt werden.
Hallo zusammen,

"aktiv" habe ich Kometen erst ab Ende 1973 miterlebt, damals gab es diesen riesigen Hype um den Kometen Kohoutek. Es war die Zeit der absoluten technischen Machbarkeit, Menschen waren gerade erst auf dem Mond und da passte natürlich ein Jahrhundertkomet bestens ins Konzept. Eine der damaligen Schlagzeilen in deutschen Zeitungen lautete "Ach du Schreck, der Kohoutek".

Es gab Sonderausgaben in den Zeitungen über Kometen, Planetoiden, natürlich auch den prominenten Halley'schen Kometen u.s.w., und eine davon dürfte auch mein weiteres astronomisches Leben (neben dem dTV-Atlas der Astronomie) wesentlich mitgeprägt haben. Dabei war man damals keineswegs "abstinent" - die grossen Kometen, der Komet Ikeya-Seki 1965 und der hübsche Komet Bennet 1970, waren noch gar nicht so lange her.

Natürlich habe ich keinen der beiden gesehen, weil es niemanden gab, der sie mir als Kind gezeigt hätte.

Und nun gab es eben die Möglichkeit, einen Kometen zu sehen, den man auch ohne jegliche astronomische Vorkenntnisse sehen kann. Wie gesagt, der Hype war riesig, doch leider leider blieb die Helligkeitsentwicklung des Kometen Kohoutek weit hinter den Erwartungen zurück, d.h. gesehen hat man als Normalbürger nichts. Ich natürlich auch nicht, weil mir niemand gezeigt hätte, wo ich ihn suchen muss.

Eine unserer Nachbarinnen hat ihn übrigens "gesehen" und berichtete meiner Mutter ganz begeistert, wie sich der Komet mit blinkenden Lichtern langsam über den Himmel fortbewegt habe. Meine Mutter hat sich dann überlegt, ob sie die Nachbarin in ihrem Glauben belassen solle oder ob sie ihr die Wahrheit sagen solle, hat sich dann aber um sie nicht zu enttäuschen für ersteres entschieden.

Noch 20 Jahre später war in der Kometen-Literatur zum Kometen Kohoutek von einen "astronomischen Public Relations Desaster" die Rede. Dies, obgleich es mit dem Kometen West 1976 (den ich natürlich auch nicht gesehen habe, weil ihn mir niemand gezeigt hat) durchaus einen Jahrhnderkometen zu sehen gab. Wenigstens habe ich es damals ohne passende Vorkenntnisse versucht und schliesslich aufgegeben, weil ich nicht wusste, wann ich eigentlich beobachten sollte. Statt dessen fing ich um sicher zu gehen viel zu früh mit dem Beobachtungsversuch an und hörte schliesslich entnervt auch viel zu früh wieder auf. Zumal ärgerlicherweise die chemische Industrie an unserem Wohnort ausgerechnet an diesem Morgen ihre volle Beleuchtung einschaltete und man ohnehin nichts mehr sehen konnte. - Erst ein Jahr später fing ich endgültig von der Situation entnervt damit an, mir den Sternenhimmel autodidaktisch Stück um Stück selber beizubringen. Im Sommer, wo es wärmer ist.

Das astronomische Public Relations Desaster setzte sich dann natürlich mit dem Halley'schen Kometen 1985/86 fort, obgleich diesesmal die Fachleute wussten, dass er unauffällig bleiben würde, aber die Presse wollte das nicht wahrhaben. Um kein Risiko einzugehen ging ich mit einem Studienkollegen (heute ist er mein Trauzeuge) in Zürich in die Sternwarte und schaute mir den Kometen dort an. Später konnte ich ihn dann aber auch noch selber finden, als Komet 6.Grösse war er aber alles andere als einfach zu finden. - Ein Jahr später gab es einen Kometen Bradfield zu sehen, ca. 4.5 mag, den ich dann vor der Haustüre unserer WG angeschaut habe und meinen beiden WG-Kollegen, u.a. auch meinem heutigen Trauzeugen, gezeigt habe. Es war damals gar nicht so einfach, zugehörige Sternkarten zu erhalten - im astronomischen Institut der ETH Zürich wusste man nicht weiter, doch schliesslich fand ich einen Sonnenbeobachter, ebenfalls an der ETH Zürich, und der hatte ein astronomisches Zirkular und kopierte es für mich.

Der Komet war eine Zeitlang ganz gut zu sehen und mit diesen beiden Kometen war dann mein Bedarf an Kometen auch schon abgedeckt. Den nächsten "Jahrhundertkometen" Austin habe ich dann gar nicht erst versucht, natürlich wurde der auch kein Jahrhundertkomet, und ich fing an, auf das Wort "Jahrhundertkomet" allergisch zu reagieren. Damals war mein Interessensgebiet der Kuipergürtel und nicht Kometen. Für den nächsten Jahrhundertkometen, zu dem es ab 1995 regelmässig im SuW Artikel gab, hatte ich nur ein müdes Lächeln übrig, das war ein Komet namens "Hale-Bopp". Besonders witzig war das im März 1996, als man sich im SuW wieder fragte, ob der Komet Hale-Bopp der nächste Jahrhundertkomet würde, und man brauchte nur vor die Haustüre zu treten und konnte dort von blossem Auge einen prächtigen Kometen bewundern, nämlich den hübschen Kometen Hyakutake. Ab dem Sommer erreichte dann auch der Hale-Bopp'sche Komet die 6.Grösse, so dass ich auch seine Spur am Himmel fast ein Jahr lang bei jeder Gelegenheit mitverfolgte.

Im Herbst 1996 gab es dann noch einen Feldstecherkometen, der am Morgenhimmel stand, zu sehen, das war der Komet Tabur. Die Informationen bekam man übrigens über eine Telefonnummer, die das SuW betrieb, und die einem die neuesten Infos zur Verfügung stellte. Ich habe noch nicht vergessen, wie man beim Telefondienst etwas konsterniert feststellte, dass der Komet Hale-Bopp unerwartet Helligkeit verloren habe und nun der Komet Tabur der hellste beobachtbare Komet sei. Einen Monat lang stand ich jeden Morgen um 5 Uhr auf, einmal zogen die Wolken in dem Moment zu, als ich den Feldstecher bereit machte, aber einmal konnte ich ihn tatsächlich sehen und hatte meinen 5.Kometen "im Kasten". Im Frühling 1997 hatte dann ja der Hale-Bopp'sche Komet seine grosse Show, wobei bis heute umstritten ist, ob er wirklich ein "Jahrhunderkomet" war oder nicht, aber zumindest konnte auch der Laie ihn ganz gut beobachten.

Ganz witzig war damals ein Beobachtungsbericht über den Hale-Bopp'schen Kometen im SuW von einem Beobachter, der gleichalt war wie ich, denn auch er wollte 1976 den Kometen West beobachten. Im Gegensatz zu mir kannte er sich aber aus. Jedenfalls brachte er seine Ausrüstung in Position als ausgerechnet an jenem Morgen der Fussballverein seine Beleuchtung einschaltete und seine Beobachtung verdarb. Im Gegensatz zu mir aber gab er nicht auf - er kannte sich ja auch aus - und konnte dann etwas später nahe am Horizont unterhalb der Beleuchtung des Fussballvereins den Kometenkopf sehen. Und realisierte, dass das keineswegs die Beleuchtung des Fussballvereins, sondern der gewaltige Schweif des Kometen West war. - Möglicherweise hatte ich 20 Jahre zuvor also auch keineswegs die Beleuchtung der chemischen Industrie gesehen, sondern den gewaltigen Kometenschweif. Ich nehme das aber als Kuriosum am Rande und zähle diese Beobachtung nicht mit, d.h. meine erste Beobachtung ist nach wie vor diejenige des Halley'schen Kometen.


Soweit die (bzw.meine) "Vorgeschichte"; in meinem nächsten Beitrag werde ich dann schreiben, was es mit diesen Methoden zur Helligkeitsbestimmung und mit Charles Morris auf sich hat.


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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ralfkannenberg

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Hallo zusammen,

der arme Komet hat nun leider wie erwartet Helligkeit eingebüsst; trotz (im Gegensatz zu gestern) guter Sichtbedingungen war er nicht mehr auf gut Glück zu finden.

Man muss nun von den beiden Sternen δ und ε Ophiuchi bei δ senkrecht hinauf zum nächsten helleren Stern, das ist Marfik (λ Ophicuchi) und von dort etwas links oberhalb, da kann man ihn sehen. Marfik hat 3.8 mag und war per out-out deutlich heller, d.h. der Komet dürfte irgendwo zwischen 4. und 5 Grösse anzusiedeln sein.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

ralfkannenberg

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Der Schweif ist im Fernglas immer noch sehr beeindruckend.
Hallo Bernhard,

ich hatte zwar einen Feldstecher, aber es hier diesig und auch etwas wolkig. Ich habe es nochmals vor wenigen Minuten versucht, aber da konnte man den Kometen nur noch erahnen, obgleich er ja noch recht hoch steht.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

ralfkannenberg

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in meinem nächsten Beitrag werde ich dann schreiben, was es mit diesen Methoden zur Helligkeitsbestimmung und mit Charles Morris auf sich hat.
Hallo zusammen,

wieder einmal habe ich aufgrund privater Aufgaben wenig Zeit, so dass ich nun diese Mittagspause nutzen möchte, wenigstens kurz diesen Beitrag zu schreiben.

Nach den beiden "Jahrhunderkometen", Hyakutake 1996 und Hale-Bopp 1997, war der Kometen-Hype doch wieder recht gross und in den folgenden Jahren haben auch weniger auffällige Feldstecherkometen eine gewisse Aufmerksamkeit erhalten. Das waren u.a. C/1999 S4 (LINEAR), dann vor allem C/2001 A2 (LINEAR), den man lange beobachten konnte, C/2000 WM1 (LINEAR) sowie C/2002 C1 (Ikeya-Zhang), den man ebenfalls lange beobachten konnte und der at its best sogar von blossem Auge sichtbar war.

Damals konnte man seine Beobachtungen einreichen, dazu gab es zwei "Kometenseiten", nämlich eine der NASA, die von Charles S.Morris betrieben wurde, und eine vom MPC (Minor Planet Center), die von Dan Green betrieben wurde.

Eine Beobachtung auf der Seite von Dan Green unterzukriegen war schwierig, weil sie doch recht hohe Anforderungen vor allem an die Helligkeitsschätzung hatte und ich hatte auch einige Male einen interessanten Austausch mit ihm per email. Immerhin war ich froh, wenn es mir gelang, pro Komet wenigstens eine oder zwei Beobachtungen bei ihm unterzubringen. Grund für diese restriktive Haltung ist die, dass die MPC-Seite für wissenschaftliche Auswertungen genutzt wurde und tatsächlich war es nie mein Anliegen, mit meinen doch sehr amateurhaften Methoden die wissenschaftliche Erkenntnis zu behindern.

Für den mehr zwanglosen Austausch von Kometenbeobachtungen eignete sich indes besser die NASA-Seite von Charles S.Morris, er war so eher der "Kometen-Papa" für uns Beobachter. Ich habe hier einen ganz interessanten Artikel über Charles Morris gefunden, der unbedingt lesenswert ist und den ich teilen möchte:

Heads and tails: Charles S. Morris to speak on comets Friday night at Moorpark College

Im Übrigen wurden ihm zu Ehren der Planetoid (3783) Morris benannt, und seiner Ehefrau zu Ehren der Planetoid (48416) Carmelita.

Immer wieder wurden auf seiner Webseite auch die verschiedenen Methoden zur Bestimmung der Helligkeiten erörtert; out-out habe ich schon beschrieben mit all seinen Problemen, bei der man Komet und den Referenzstern defokussiert und dann die Helligkeiten der defokussierten Bilder vergleicht. Diese Methode ist bei sehr guten Sichtbedingungen gar nicht schlecht und ich möchte an dieser Stelle nicht verschweigen, dass mir einmal auf diese Weise gelungen ist, einen 7.9-mag Kometen auf 0.1 mag genau zu ermitteln. Allerdings habe ich mich dafür weit von der Stadt weg begeben, kam dort in der Dämmerung an und habe meine Augen über eine Stunde an die Dunkelheit gewöhnt, dies an einem Tag mit ausgezeichneten Sichtbedingungen. So konnte man an jenem Abend den Andromedanebel von blossem Auge erkennen, dass er grösser als der Mond war - allerdings länglich, also nicht als Kreis, und die beiden spontan am Himmel gesehenen Nebelchen, also ohne zu suchen, waren tatsächlich h und χ Persei, das Schatzkästlein der Milchstrasse, einfach so am Himmel. An jenem Tag konnte man sogar 2 Kometen gleichzeitig am Himmel bewundern, das waren C/2003 K4 (LINEAR) und C/2001 Q4 (NEAT).

Die bessere Methode ist eigentlich in-out, aber (nicht nur) ich finde das schwierig: man merkt sich die Helligkeit des Kometen und defokussiert dann die Referenzsterne und vergleicht diese mit dem "gemerkten nicht-defokussierten" Bild des Kometen. Das erstaunliche ist, dass man trotz der problematischen Anwendung damit bessere Ergebnisse erzielt.

Wie die kombinierte Morris-Methode funktioniert habe ich indes wieder vergessen.

Die NASA-Seite wurde übrigens auch von renommierten Beobachtern wie Alan Hale, den Mitentdecker des Hale-Bopp'schen Kometen, regelmässig besucht.

Einmal hat Charles mit anderen Leuten zusammen versucht, einen Kometen - ich glaube, das war C/2002 V1 (NEAT) - in seinem Helligkeitsmaximum in unmittelbarer Nähe der Sonne zu beobachten. Den Bericht habe ich sicherlich noch irgendwo kopiert; er ist lang, aber keine Zeile zuviel, und wenn man ihn liest stehen einem regelmässig die Haare zu Berge: mit einem Fernrohr und allerlei Sicherheitsmassnahmen eine Beobachtung unmittelbar neben der Sonne !! Immer wieder der Satz "very difficult conditions" und man konnte sich als Leser vorstellen, wie das so ungefähr vonstatten gegangen sein muss. Erfolgreich war das Ganze übrigens nicht, aber zumindest konnten sie damals eine Maximalhelligkeit des Kometen abschätzen.


Leider hat die NASA dann Geld gekürzt und Charles Morris entlassen; zwar versuchte er, die Seite noch eine Zeitlang weiterzubetreiben, hatte aber zu wenig Zeit, weil er sich nach der Entlassung selbständig gemacht hat und zusammen mit seiner Frau ein Fotogeschäft eröffnet hat. Es war ein grosser Verlust für die Community, aber das Leben ist nicht immer gerecht, auch wenn Charles nicht geklagt hat und mir geschrieben hat, dass er das Fotogeschäft mit seiner Frau ebenfalls mit grosser Freude betrieben hat.


Freundliche Grüsse, Ralf


EDIT 15:57:
Ich habe einige Sachen, die ich falsch in Erinnerung hatte, korrigiert; so war der Kometen- und Planetoiden-Gott nicht Dan Green, sondern natürlich Brian Marsden. Und der sonnennahe Komet, den Charles zu beobachten versucht hat, war nicht C/2001 Q4 (NEAT), sondern vermutlich C/2002 V1 (NEAT). Zudem habe ich noch einige weitere Kometen ganz konkret ergänzt
 
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