Hallo JakeD,
mit einer formal-mathematischen Herleitung, hätte ich unverhältnismäßig viel Arbeit. Aber ich kann versuchen es Dir plausibel zu machen und in einem nächsten Schritt auch berechenbar.
Keppler hat, soviel ich weiss, ‚nur’ eine mathematische Beschreibung für die Beobachtungsdaten gesucht. Ursprünglich war es ja eine Art Dogma, dass die Planetenbahnen kreisförmig oder, nachdem man das nicht mehr aufrecht erhalten konnte, wenigstens aus Kreisen zusammengesetzt sein müssen, weil eben nur der Kreis den Anspruch der göttlichen Vollkommenheit erfüllte. Der Grund, warum es zu einer solchen Bahn kommt, wurde erst durch Newton erklärbar.
Der Kreis ist sozusagen der Spezialfall einer Ellipse. Immer dann, wenn die beiden Radien einer Ellipse gleich lang sind, ist sie ein Kreis.
Du kannst nun einen Kreis durch zwei, um 90° versetzte Sinus-Funktionen beschreiben. Das ist nichts anderes, als die Bewegung eines Pendels zu beschreiben. Stell Dir dazu zunächst mal folgendes vor: Du hast zwei ‚Körper’ im Raum. Außer Raum und den beiden Körpern gibt es nichts. Der Körper S ist wesentlich schwerer als der Körper P. Wenn Du nun P in einigem Abstand zu S im Raum platzierst, so dass sich die beiden nicht zueinander bewegen, dann wird S durch seine Gravitation P zu sich hin ziehen. (Da S viel schwerer ist als P, können wir den umgekehrten Vorgang, P zieht S zu sich hin, der natürlich auch stattfindet, erst mal vernachlässigen)
P wird immer schneller auf S zu fallen, bis er mit S kollidiert. Stell Dir jetzt vor, P kann S ohne jeden Widerstand durchdringen, dann fällt er durch S hindurch und wird beim weiterfallen durch die Gravitation von S wieder abgebremst, bis zum kompletten Stillstand. Jetzt ist genau der Startzustand erreicht, nur mit P auf der anderen Seite von S. Das Spiel geht von vorne los und dauert, wenn keiner die beiden stört, ewig.
Was geschieht da eigentlich genau? Im Moment des Loslassens, nach dem Plazieren, hat P gegenüber S seine größte Entfernung, ist ohne kinetische Energie (weil er sich nicht bewegt) aber hat die höchste erreichbare potentielle Energie der Lage (gegenüber S) Lässt Du P los, dann wird er durch die Gravitation zu S hin beschleunigt, und wandelt dabei potentielle Energie der Lage in kinetische Energie um. Die Summe dieser beiden Energieanteile ist überall entlang seines Weges gleich, bleibt also konstant. Wenn er genau am selben Ort ist wie S, dann hat er keine Energie der Lage mehr gegenüber S, S zieht ihn dann auch nicht mehr an, aber er hat die höchste für ihn erreichbare Geschwindigkeit. Zwischen diesen beiden Zuständen pendelt er immer hin und her und so lange dabei keine Energie verloren geht, hört er auch nicht damit auf.
Nun ist dieses ‚Durchdringen’ im richtigen Leben natürlich Unfug. Wenn wir aber jetzt dafür sorgen, dass P auf seinem Weg zu S, nicht genau durch S hindurchfallen muß, sondern wir ihm quer zu seiner Fallrichtung auch einen Schubs geben, dann fällt er an S vorbei.
Zur besseren Orientierung beschreibe ich das mit Hilfe eines Zifferblattes einer Uhr. S ist in der Drehachse der Zeiger. P lassen wir auf 12 Uhr los und er fällt auf S zu. Kollision. Wenn wir jetzt aber P nicht einfach nur loslassen, sondern gleichzeitig noch einen Schubs verpassen, und zwar nach links, also parallel zur Linie 3 Uhr 9 Uhr, dann wird er, während er in Richtung S fällt nach links ausweichen und in dem Moment, wo er eigentlich mit S kollidiert wäre, auf 9 Uhr vorbei fallen (wenn wir ihm mit unserem Schubs genau die richtige Geschwindigkeit verpasst haben).
Bei einer Kreisbahn um S herum, folgt P also zwei, aufeinander senkrecht stehenden Pendelbewegungen. Immer wenn die Richtung 12 Uhr 6 Uhr zum Stillstand gekommen ist, also P die größt mögliche Entfernung zu S in dieser Richtung erreicht hat, bewegt er sich gerade in der anderen Richtung (3 Uhr 9 Uhr) mit höchster Geschwindigkeit, ist aber genau auf der Höhe von S. Um bei der Richtung zu bleiben, die wir schon hatten. Ist P auf 12 Uhr, dann bewegt er sich mit voller Geschwindigkeit nach links, parallel zur Linie 3 Uhr 9 Uhr. Ist er dann auf 9 Uhr angekommen, bewegt er sich auf seiner Pendelrichtung zwischen 12 Uhr und 6 Uhr gerade mit höchster Geschwindigkeit auf uns zu (wenn wir die Uhr vor uns auf dem Tisch liegen haben
) usw.
Auf der Erde, mit einem Pendel ergibt das eine ellipse oder einen Kreis mit dem Mittelpunkt in der geometrischen Mitte dieser Figur, weil hier die Kraft mit der das Pendel zur Mitte gezogen wird, am stärksten ist, wenn es weit weg ist von der Mitte. Im Weltraum, mit Sonne und Planeten, ist die Anziehungskraft um so stärker, je näher sich die beiden Körper sind, deshalb ‚wandert’ hier die Ellipse aus der geometrischen Mitte aus, bis S in einem ihrer Brennpunkte liegt.
Herzliche Grüße
MAC