Einleitung
Hallo zusammen,
als ich diesen Artikel damals gesehen habe dachte ich mir nur spontan "ach so" und ging dann sofort wieder zur Tagesordnung über. Was interessieren mich diese riesige Menge an Klein-Monden, von denen es vermutlich ohnehin noch sehr viel mehr geben wird ?
In dieser Einschätzung ist mir entgangen, welch‘ ungemein interessantes Thema hier vorliegt, zumal der Jupiter im Vergleich zu anderen Planeten ein sehr "schönes" Mondsystem hat. Auch wenn ich mich erst seit rund einem Jahr wieder etwas vermehrt mit den Monden unseres Sonnensystems beschäftige, so war das in meiner Kindheit eines der ersten astronomischen Themen, das ich mir angeschaut habe, auch wenn sich dieses "Anschauen" darauf beschränkte, die Namen und die Reihenfolge nach ihrem Abstand vom jeweiligen Mutterplaneten dieser Monde, deren Gesamtzahl damals noch überschaubar war, sowie ihre damals noch unsichere Größe auswendig zu lernen - Raumsonden waren noch keine an ihnen vorbeigeflogen. Vom Jupiter waren 12 Monde bekannt, wobei ich diese mit Ausnahme der großen vier galileischen Monde Io, Europa, Ganymed und Kallisto sowie von "Jupiter V", der Amalthea, die diesen Namen offiziell erst im Jahre 1975 von der IAU verliehen bekam, schlicht ignorierte. Sie waren ja auch klein, bis auf die beiden Marsmonde Phobos und Deimos waren alle anderen damals bekannten Monde unseres Sonnensystems deutlich größer.
Soweit mein persönlicher Bezug.
Man kann die Monde der vier Gasplaneten unseres Sonnensystems grundsätzlich in 3 Kategorien einteilen:
1. reguläre Kleinmonde
2. reguläre Monde
3. irreguläre Kleinmonde
Ich fange mit der mittleren Gruppe an, weil diese die massereichsten Monde sind:
Reguläre Monde
Beobachtungsmäßig zeichnen sich die regulären Monde dadurch aus, dass sie aufgrund ihrer Größe zuerst entdeckt wurden. Beim Jupiter sind das die vier galileiischen Monde Io, Europa, Ganymed und Kallisto, wobei die ersten drei in einer 1:2:4-Bahnresonanz zueinander stehen. Die Bilder, die von den beiden Voyager-Sonden im Jahre 1979 gewonnen wurden waren wohl nicht nur für mich überwältigend, vor allem diejenigen der beiden inneren Monde Io und Europa. Im Feldstecher kann man ihren täglichen Tanz um den Jupiter verfolgen, wobei hier sehr hilfreich ist, dass die Rotationsachse des Jupiter kaum zur Ekliptik geneigt ist, so dass die Monde von der Erde aus gesehen fast auf einer Linie stehen und aufgrund ihrer Helligkeit - würde der Jupiter sie nicht überstrahlen könnte man sie von bloßem Auge erkennen - und Nähe zum Jupiter auch einfach von Hintergrundsternen unterschieden werden können.
Auch wenn die vier galileischen Monde sehr kurze Umlaufzeiten von wenigen Tagen haben, so sind sie vom Jupiter etwas weiter entfernt als der Erdmond von der Erde entfernt ist: Io etwas weiter, Europa ungefähr doppelt so weit, der größte Mond unseres Sonnensystems Ganymed dreimal so weit und Kallisto fünfmal so weit. Es mag ein Zufall sein, dass der größte Saturnmond Titan – immerhin zweitgrößter Mond unseres Sonnensystems, ebenfalls ungefähr dreimal so weit vom Saturn entfernt ist wie der Erdmond von der Erde entfernt ist.
Von der Größe her sind die beiden inneren galileischen Monde Io und Europa etwa so groß wie der Erdmond und die beiden äußeren galileischen Monde Ganymed und Kallisto etwa so groß wie der Merkur, haben allerdings eine geringere Masse als der Merkur.
Das kommt von der sogenannten "Eisgrenze", innerhalb der massereichere Monde entstehen. Aufgrund dieser Eisgrenze, die beim Jupiter etwas innerhalb der Umlaufbahn von Ganymed verläuft, standen nur den beiden inneren Monden schwerere Materialien zur Bildung zur Verfügung, die eine höhere Dichte haben, während den beiden äußeren Monden vor allem Wassereis zur Verfügung stand. Das hat zur Folge, dass Io und Europa zwar deutlich kleiner als Ganymed und Kallisto sind, Europa aber nur dreimal masseärmer ist als Ganymed. Io und Kallisto sind ungefähr doppelt so schwer wie die Europa, Io etwas weniger und Kallisto etwas mehr. Sei noch ergänzt, dass Europa zwar als Paradebeispiel für einen Eismond gilt, aber der Anteil des Eises an ihrem Gesamtvolumen verhältnismäßig gering ist und ihr Aufbau eher demjenigen der erdähnlichen Planeten entspricht.
Mit Ausnahme des Saturnmondes Japetus, der allerdings von allen regulären Monden den größten Abstand von seinem Mutterplaneten aufweist, haben reguläre Monde unseres Sonnensystems die Eigenschaft, dass ihre Bahnen in der Äquatorialebene ihres Mutterplaneten verlaufen. Zudem haben sie beinahe kreisförmige Bahnen.
Über die Entstehung der regulären Monde herrscht meines Wissens noch kein endgültiger Konsens in der Naturwissenschaft: es zeigt sich, dass die Mondsysteme der großen Planeten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun unseres Sonnensystems sehr ähnlich aufgebaut sind. Fast die gesamte Masse des jeweiligen Mondsystems entfällt auf die großen regulären Monde des Planeten, die über 5000 km groß werden können. Theoretischen Modellen zufolge stammen diese großen regulären Monde aus den Überresten der planetaren Gasscheibe, aus der sich der Mutterplanet gebildet hat, was auch erklärt, warum sie sich in seiner Äquatorialebene bewegen. Solange es noch genügend Material in dieser planetaren Gasscheibe gab, wurden die Monde ab einer bestimmten Größe abgebremst und sind auf ihren Mutterplaneten abgestürzt, während sich neue Monde gebildet haben. Erst als das Material der planetaren Gasscheibe aufgebraucht war wurden die Monde nicht mehr abgebremst und befinden sich in den heute beobachtbaren Umlaufbahnen. Im Rahmen dieser theoretischen Modelle schätzt man, dass die vier großen Jupitermonde die fünfte Generation solcher großen regulären Monde sind.
Auch wenn dieses Modell viele Eigenschaften der Mondsysteme korrekt beschreiben kann, so ist es nicht unumstritten und andere Modelle sehen eine weniger dramatische Entstehungsgeschichte vor. Gemäß dieser Modelle bildeten sich die ersten Protomonde aus der planetaren Gasscheibe zu einem Zeitpunkt, als die Planetenbildung noch nicht abgeschlossen war und sich in der solaren Gasscheibe, das ist das Material, das bei der Entstehung der Sonne übriggeblieben ist und aus dem sich die Planeten, die Planetoiden und die Kometen gebildet haben, noch zahlreiche Protoplaneten befanden. Protoplaneten und Protomonde bewegten sich untereinander auf sehr ähnlichen Umlaufbahnen, so dass es öfters zu Zusammenstößen kam. Aufgrund ihrer ähnlichen Umlaufbahnen handelt es sich dabei aber in der Regel nicht um zerstörerische Kollisionen, sondern um sanfte schwerkraftbedingte Aneinanderlagerungen, bei der dann nach und nach größere Körper gebildet werden. Dabei kann natürlich auch ein solcher Protomond in die Nähe seines noch wachsenden Mutterplaneten gelangen und sich ihm anlagern.
Reguläre Klein-Monde
Innerhalb der Umlaufbahnen der großen regulären Monde befinden sich in allen diesen Planetensystemen noch weitere reguläre Kleinmonde, deren Ursprung ebenfalls noch nicht völlig verstanden ist. Mit Ausnahme des knapp 200 km großen Jupitermondes Amalthea wurden diese regulären Kleinmonde erst beim Vorbeiflug von Raumsonden entdeckt; so wurden beim Jupiter-Vorbeiflug der beiden Raumsonden Voyager 1 und Voyager 2 im Jahre 1979 die Metis, die Adrastea und die Thebe entdeckt, die ebenso wie die Amalthea den Jupiter innerhalb der Bahn des ersten Galileischen Jupitermondes Io umlaufen. Sie sind reguläre Kleinmonde des Jupiter, das heißt, dass ihre Umlaufbahnen wie diejenigen der großen Galileischen Jupitermonde ebenfalls fast kreisförmig sind und in der Äquatorialebene des Jupiters verlaufen. Die Thebe ist immerhin ungefähr 100 km groß. - Man vermutet, dass es sich bei ihnen um eingefangene Planetoiden oder um Trümmer, die bei der Mondentstehung übrig geblieben sind, handelt. Aufgrund der starken Gezeitenkräfte in der Nähe des Jupiter wurden im Verlaufe der Zeit ihre Umlaufbahnen auf fast kreisförmige Bahnen in der Äquatorialebene ihres Mutterplaneten angepasst.
Irreguläre Kleinmonde
Außerhalb der Umlaufbahnen der großen regulären Monde befinden sich in allen diesen Planetensystemen zahlreiche irreguläre Kleinmonde, von denen die Mehrzahl auf rückläufigen Bahnen ihren Mutterplaneten umlaufen. Das entspricht auch den Modellen, die gezeigt haben, dass bei besonders großen Abständen vom Mutterplaneten rückläufige Umlaufbahnen etwas stabiler als normalläufige Umlaufbahnen sind. Der große Neptunmond Triton wird üblicherweise nicht zu den irregulären Monden gezählt, sondern einer eigenen Kategorie zugerechnet.
Sieben Jahre nach der Entdeckung des fünften Jupitermondes Amalthea wurde im Jahre 1899 der Saturnmond Phoebe entdeckt, die etwa gleich groß ist. Während die Amalthea ein regulärer Kleinmond ist, die immerhin fast 200 km im Durchmesser aufweist und deren Bahn innerhalb der Bahn des innersten großen Jupitermondes Io verläuft, ist die Phoebe rückläufig und umläuft den Saturn in großem Abstand von 30-fachem Mondabstand von der Erde, das ist ungefähr ein Viertel Merkurabstand von der Sonne. Sie ist ein irregulärer Mond. Im Jahre 1949 wurde der irreguläre Neptunmond Nereid entdeckt, der rund 350 km groß ist und wenn man den Neptunmond Triton nicht mitzählt der größte irreguläre Mond unseres Sonnensystems ist. Allerdings muss man beim Neptunsystem etwas vorsichtig sein, da der Einfang des großen Neptunmondes Triton, der immerhin ungefähr 3/4 so groß wie der Erdmond ist, das übrige Neptunsystem völlig durcheinander gewirbelt haben dürfte, was man auch daran erkennen kann, dass der Neptun mit Protheus nur noch einen regulären Mond hat, der überdies am unteren Masse-Ende regulärer Monde angesiedelt ist. Hierfür spricht auch der Umstand, dass die Umlaufbahn der Nereid eine ungewöhnlich hohe Exzentrizität aufweist.
Im nächsten Beitrag werde ich etwas über irreguläre Monde schreiben.
Freundliche Grüße, Ralf