Ist ein Antimaterieanteil in einem Schwarzen Loch identifizierbar?

Jomi

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Für den Energieinhalt eines Schwarzen Loches sollte es wohl unerheblich sein, ob es sich aus „normaler Materie“, aus Antimaterie oder einer Mischung aus beiden gebildet hat.
Kann man irgendwie unterscheiden, ob ein Schwarzes Loch nur durch „normale Materie“ oder aber durch Antimaterie entstanden oder gewachsen ist?
 

mac

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Hallo Jomi,

da aus einem schwarzen Loch nichts entkommen kann, kann man auch diese Information aus dem 'Schwarz' nicht erwarten.

Herzliche Grüße

MAC
 

TomS

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Nach der ART tragen Schwarze Löcher keine Information außer Masse M, Drehimpuls J und elektrische Ladung Q (wobei verallgemeinerte Ladungen gemäß der elektro-schwachen Theorie und der QCD and anderen Gründen irrelevant sind). D.h. jegliche Information über den Zustand, der dem Schwarzen Loch vorausging, geht beim Kollaps verloren (allerdings existiert dazu kein strenger mathematischer Beweis, jedoch Beweise für Spezialfälle sowie viele Indizien pro und keine contra)

https://en.m.wikipedia.org/wiki/No-hair_theorem
https://en.m.wikipedia.org/wiki/Black_hole_information_paradox
 

pauli

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oder einer Mischung aus beiden

Das ist interessant, angenommen man lässt eine Kugel aus Antimaterie hineinfallen, ich nehme an noch bevor sie mit Materie reagieren kann überschreitet sie den Ereignishorozont. Selbst wenn sie nun völlig atomisiert und zermahlen wird treffen Materie/Antimaterie irgendwie aufeinander ... und können nicht richtig zerstrahlen :)
 

TomS

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Das ist interessant, angenommen man lässt eine Kugel aus Antimaterie hineinfallen, ich nehme an noch bevor sie mit Materie reagieren kann überschreitet sie den Ereignishorozont. Selbst wenn sie nun völlig atomisiert und zermahlen wird treffen Materie/Antimaterie irgendwie aufeinander ... und können nicht richtig zerstrahlen :)
Das kann heute niemand beantworten.

Nach der ART befindet sich im SL weder Materie noch Antimaterie, sondern lediglich eine Singularität, die ein Gravitationsfeld wie von einer Masse M erzeugt; sämtliche Informationen über mikroskopische Freiheitsgrade (Materie, Antimaterie, Teilchensorten, ...) ist verloren gegangen.

Wir wissen jedoch, dass die ART in diesem extremen Regime unvollständig ist (Singularitäten) und mit der Quantenfeldtheorie inkompatibel ist (Verletzung der Unitarität, d.h. Informationsverlustparadoxon). Wir benötigen also eine erweiterte Theorie der Quantengravitation, die mikroskopische Freiheitsgrade enthält, und in deren Rahmen man den Zustand des SLs mikroskopisch beschreiben kann; dazu gibt es Hypothesen (Loops, Strings, ...) jedoch keine allgemein akzeptierten oder gar bestätigen Theorien.
 

Jomi

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Hallo Tom,
Neben den genannten Eigenschaften hat das SL ja auch eine Ausdehnung (Schwarzschild-Radius), ist also keine Singularität im räumlichen Sinne. Mit der Zunahme der Masse wächst sein Radius linear. Rechnerisch nimmt die Dichte ab, d.h. sie kann kleiner werden als bei Neutronensternen. Der von einer kubischen Funktion abweichende Zusammenhang zwischen Größe und Masse erinnert etwas an Quantenobjekte, ist aber anders als bei diesen. Offensichtlich sind SL keine Quantenobjekte.

Der Ereignishorizont ist anscheinend eine Informationsbarriere, aber seine Existenz beweist m.E. nicht, dass es im Inneren der SL keine Struktur gibt. Es fällt mir sehr schwer, mir vorzustellen, dass Elementarteilchen, die den Ereignishorizont größerer SL passieren, auf einmal ihre Identität verlieren. Stattdessen sollten sie ihren Weg in das Innere des SL fortsetzen, in dem sie vielleicht später auf einem Kern aufschlagen. Auf diesem Weg würde weiter potenzielle Energie abgebaut. Die Folge könnte eine Freisetzung von Gravitationsenergie sein, die höhere Beträge als die Ruhemasseenergie der Teilchen erreicht. Diese müsste sich dann auch in einer höheren Gesamtgravitation des SL bemerkbar machen. Kann die Gravitationswirkung eines SL - mithin seine Masse - größer sein als die Summen der Massen und Energien, die es geschluckt hat?
Viele Grüße
Jomi
 

TomS

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Neben den genannten Eigenschaften hat das SL ja auch eine Ausdehnung (Schwarzschild-Radius), ist also keine Singularität im räumlichen Sinne.
Das ist ein Missverständnis, bzw. eine Folge des teilw. unsauberen Sprachgebrauchs.

Ein Schwarzes Loch ist wörtlich genommen zunächst mal ein Raumbereich, aus dem kein Licht entkommen kann. Mathematisch liegt dabei ein Eignishorizont vor, der diesen Raumbereich umschließt. Im Inneren befindet sich jedoch eine Singularität (zumindest kenne ich keinen "echten Ereignishorizont" bei dem dies nicht der Fall wäre). Innerhalb des Ereignishorizontes liegt jedoch - mit Ausnahme der Singularität- leerer Raum vor, der sich in nichts von dem außerhalb unterscheidet, außer durch die nach innen zunehmende Gravitation.

Rechnerisch nimmt die Dichte ab, d.h. sie kann kleiner werden als bei Neutronensternen.
Aber die Masse ist immer in der Singularität konzentriert.

Offensichtlich sind SL keine Quantenobjekte.
Nach der ART natürlich nicht, denn dabei handelt es sich um eine klassische Theorie.

Nach den Ansätzen der Quantengravitation schon, und zwar Quantenobjekte von der Größe des Ereignishorizontes. Darin stimmen letztlich alle Ansätze überein, auch wenn sie in Details sehr unterschiedlich sind. Es gibt m.W.n. auch ein recht allgemeines Theorem, dass wenn die QM für SLs überhaupt gültig sein kann, d.h. wenn kein Informationsverlust wie durch Hawkingstrahlung vorliegt, dies nicht durch mikroskopische Quanteneffekte erklärbar ist.

Der Ereignishorizont ist anscheinend eine Informationsbarriere, aber seine Existenz beweist m.E. nicht, dass es im Inneren der SL keine Struktur gibt.
Nach der ART ist dies bewiesen. Nach Theorien der Quantengravitation sicher nicht - s.o.

Es fällt mir sehr schwer, mir vorzustellen, dass Elementarteilchen, die den Ereignishorizont größerer SL passieren, auf einmal ihre Identität verlieren.
Das ist auch nicht die Aussage der ART. Sie besagt zunächst lediglich, dass außen keine Details über die enthaltenen Elementarteilchen sichtbar sind. D.h. dass man einem Objekt der Masse M nicht ansieht, aus welchen Teilchen diese Masse M gebildet wurde.
 
Zuletzt bearbeitet:

Bernhard

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Im Inneren befindet sich jedoch eine Singularität (zumindest kenne ich keinen "echten Ereignishorizont" bei dem dies nicht der Fall wäre).
Dem möchte ich hinzufügen, dass das nur dann gilt, wenn man Materie im Wesentlichen die Eigenschaften einer idealen Flüssigkeit zuspricht. Für einzelne Quantenobjekte (z.B. Elektron o.ä.) muss das mMn nicht unbedingt gelten.
 

TomS

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Dem möchte ich hinzufügen, dass das nur dann gilt, wenn man Materie im Wesentlichen die Eigenschaften einer idealen Flüssigkeit zuspricht. Für einzelne Quantenobjekte (z.B. Elektron o.ä.) muss das mMn nicht unbedingt gelten.
Wie meinst du das? Quantenobjekte in einer klassischen Raumzeit, oder das SL selbst als Quantenobjekte betrachtet?

Meine Aussage bezog sich natürlich auf die rein klassische ART.
 

TomS

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Ich meine Quantenobjekte in einer klassischen Raumzeit.
Ich glaube nicht, dass diese Näherung für schwarze Löcher sinnvoll ist und dass wir heute dazu etwas verlässliches aussagen können. Wir haben doch drei Stufen:
1) klassische Geometrie plus klassische Materie und Strahlung: ART
2) klassische Geometrie plus Quantenfeldtheorie für Materie und Strahlung: Hawking-Strahlung, ... aber auch diverse Probleme, siehe z.B. Firewall-Paradoxon
3) Quantengravitation plus Quantenfeldtheorie

Ich denke, mit (2) sind wir in einer ähnlichen Situation wie mit dem Bohrschen Atommodell. Es hilft und im wesentlichen zu verstehen, was wir nicht verstehen ...
 

TomS

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Das [Quantenobjekte in einer klassischen Raumzeit, und dass wir dazu nichts verlässliches aussagen können] sehe ich anders, weil die zugehörigen Gleichungen vom Mainstream stammen und lösbar sind.
Welche Gleichungen sind lösbar? Welche verlässlichen Aussagen haben wir? Und welcher Mainstream?
 

Bernhard

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Welche Gleichungen sind lösbar?
Die hier: https://en.wikipedia.org/wiki/Dirac_equation_in_curved_spacetime

Welche verlässlichen Aussagen haben wir?
Dass es innerhalb des EH eine stationäre Lösung für ein Elektron gibt, welches nicht bei r=0 lokalisiert ist. Inwieweit diese Rechnung verlässlich ist, kann natürlich noch diskutiert werden, weil diese Rechnung meines Wissens nach momentan nur in meinen privaten Notizen zu finden ist.

Und welcher Mainstream?
Die zitierte Gleichung wurde von "Schwergewichten" der Physik, wie H. Weyl und E. Schrödinger u.a. hergeleitet und von Physikern wie J. Wheeler und D. Brill angewendet. Wenn das kein Mainstream ist, wer ist dann Mainstream?
 

TomS

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Die hier: https://en.wikipedia.org/wiki/Dirac_equation_in_curved_spacetime

Dass es innerhalb des EH eine stationäre Lösung für ein Elektron gibt, welches nicht bei r=0 lokalisiert ist. Inwieweit diese Rechnung verlässlich ist, kann natürlich noch diskutiert werden, weil diese Rechnung meines Wissens nach momentan nur in meinen privaten Notizen zu finden ist.

Die zitierte Gleichung wurde von "Schwergewichten" der Physik, wie H. Weyl und E. Schrödinger u.a. hergeleitet und von Physikern wie J. Wheeler und D. Brill angewendet. Wenn das kein Mainstream ist, wer ist dann Mainstream?
OK, muss ich mir anschauen.

Mir geht es letztlich um folgendes: Hawking's Berechnungen liefern zum einen eine thermische Strahlung außerhalb eines EH, zeigen damit aber zum anderen, dass die Unitarität - einer der Eckpfeiler der QM - maximal verletzt ist. Weitere Überlegungen wie z.B. das Firewall-Paradoxon zeigen, dass die Kombination aus QM plus klassischer Raumzeit wohl inkonsistent ist. Deswegen denke ich, dass wir aus dieser Kombination keine verlässlichen Aussagen ableiten können.
 

Bernhard

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Deswegen denke ich, dass wir aus dieser Kombination keine verlässlichen Aussagen ableiten können.
Ich will damit ja auch keine neue Theorie der Quantengravitation proklamieren, sondern lediglich so etwas wie einen Denkanstoß. Meiner Meinung nach zeigt dieses kleine Beispiel zumindest einige Eigenschaften eines möglichen Zusammenspiels von Quantenmechanik und Gravitation und das alleine ist für mich schon interessant genug, um es hier in die Diskussion einzubringen.
 

TomS

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Nochmal zum Ausgangspunkt: oben schreibst du

Dem möchte ich hinzufügen, dass das [die innerhalb des Ereignishorizontes enthaltene Singularität] nur dann gilt, wenn man Materie im Wesentlichen die Eigenschaften einer idealen Flüssigkeit zuspricht. Für einzelne Quantenobjekte (z.B. Elektron o.ä.) muss das mMn nicht unbedingt gelten.

Nun führst du als Beispiel

https://en.wikipedia.org/wiki/Dirac_equation_in_curved_spacetime


an.

Aber das ist eine Gleichung für das Dirac-Feld in einer gekrümmten, jedoch fest vorgegeben Hintergrundraumzeit, d.h. ohne Rückwirkung des Dirac-Feldes auf die Raumzeit. Die Gleichung ist nicht dazu geeignet, die Dynamik der Raumzeit aufgrund des Quantenobjektes zu beschreiben, weil dies durch die feste Vorgabe der Raumzeit ja gerade ausgeschlossen wurde - so wie bei klassischen Testteilchen.

Wenn, dann müsste man das gekoppelte Gleichungssystem aus Einsteinschen Feldgleichung plus Dirac-Gleichung heranziehen.
 

Bernhard

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Wenn, dann müsste man das gekoppelte Gleichungssystem aus Einsteinschen Feldgleichung plus Dirac-Gleichung heranziehen.
Korrekt. Das macht die Gleichungen dann aber noch komplizierter.

Ich habe inzwischen bei genauem Hinsehen leider auch gemerkt, dass meine Rechnungen noch nicht fehlerfrei, bzw. abgeschlossen sind.
 
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