Hot-Jupiter in Dreifachstern-System

Bynaus

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We find that the in situ formation of the planet around HD188753 is extremely unlikely, and that the planet must have formed before the capture of the close stellar companion.

Das ist wohl der zentrale Satz des Papers. Sie gehen also davon aus, dass der Doppelsternbegleiter eingefangen wurde (bzw. umgekehrt, sieht man sich die Massen an)...

EDIT: Im Text schliessen sie aber auch nicht aus, dass das System früher vielleicht weniger exzentrisch war, und sich vielleicht noch ein weiterer Stern im System befand, der heraus geschleudert wurde und das Begleiterpaar auf seine exzentrische, planetenverhindernde Bahn beförderte.
 
Zuletzt bearbeitet:

Emil

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Hallo,

ich habe mal die Postings hier gerade mal schnell überflogen, ohne die einzelnen Links zu verfolgen, und finde die Diskussion recht interessant. Jemand hat oben schon gesagt, daß ein System mit vielen Komponenten sehr dynamisch ist, und das stimmt. Vermutlich wird sich nie so recht herausfinden lassen, wie sich speziell dieses System gebildet hat. Die Variationsfülle ist enorm, und ich will mal zu den bisherigen Vorschlägen noch einen weiteren drauflegen:

Der Dreifachstern kann ebensogut früher ein Vierfachsystem gewesen sein oder der Kern eines kleinen Sternhaufens mit 5, 6 oder noch mehr Komponenten? Dieser hat sich längst aufgelöst, und die genannten Körper von HD... sind schlicht übrig geblieben. Auch in Zukunft werden sie sich noch weiter behindern. Das Ding kann auf keinen Fall stabil bleiben.

Mir erscheint es müßig, mit Simulationen eine individuelle Konstellation erklären zu wollen, weil es zu viele Parameter sind, an denen man herumtricksen kann. Beachtlich ist es schon und auch spannend, wie es sich weiter entwickelt.

Schöne Grüße,
Emil
 

Fisch77

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Hallo.

Ich denke schon, dass dieses System in der jetzigen Konfiguration stabil ist. Die beiden Begleitsonnen sind weit genug vom Zentralstern und dessen Planeten entfernt. Ich könnte mir gut vorstellen, dass sich das System mittlerweile von selbst stabilisiert hat und es keine störenden Schwerkraftwirkungen auf den Planeten mehr gibt. Dazu steht er einfach zu dicht an seinem Stern und wird vermutlich auch nur durch sein Schwerefeld beeinflusst.
Ich habe aber in dem Link noch gelesen, dass dort auch noch eine Staubscheibe existieren soll. Wahrscheinlich ein Überbleibsel aus der Entstehungszeit. Vielleicht gibt es dort ja auch noch Asteroiden, die innerhalb der Staubscheibe ihre Bahn ziehen.

Was meint ihr dazu?

Tschau.
 

Bynaus

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Ich denke auch, dass das System sehr wohl stabil ist - warum sollte es nicht? Instabile Systeme haben die Tendenz, innerhalb weniger Umläufe auseinander zu fallen - es wäre sehr unwahrscheinlich, dass wir einen solch instabilen Zustand überhaupt beobachten könnten.

Und ich habe auch etwas mehr vertrauen in die Fähigkeiten der "Simulierer" als Emil: natürlich sind es viele Parameter - aber solche Sternsysteme werden heute regelmässig simuliert. Auch wenn man vielleicht insgesamt keine perfekten Voraussagen machen kann, so kann man doch Abschätzungen machen, in welche Richtung sich das ganze entwickelt.
 

Michael Johne

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Hallo!

Da hat wohl Bynaus meine Meinung zuerst ausgesprochen. :) "Etwas, was soll's!"

Ich bin ebenfalls davon überzeigt, dass der Exoplanet um HD 188753 A in seinem jetztigen "Zustand" recht stabil ist. Das System wird ja nicht von heute auf morgen beobachtet und dann entdeckt man "über Nacht" einen Exoplaneten. Im Gegenteil: Es dauert mehrere Jahre! (Im Falle von HD 188753 A b wegen seiner sehr geringen Umlaufzeit aber nur wenige Wochen!)

Außerdem lässt sich anhand der Radialgeschwindigkeit von HD 1887583 A recht schnell erkennen, ob der Exoplanet seine Bahnlage (-entfernung, Exzentrizität etc.; außer Neigung) ändert.

Tschau!
 

Emil

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Liebe Leute, ich habe das Vergnügen, euch mitteilen zu dürfen, daß ich selber Simulationen mit selbstgravitierenden Systemen durchführe. Ein System mit 3 Körpern ist instabil. (Eine Ausnahme sind die Lagrange-Punkte L4 und L5, aber dazu braucht man zusätzliche Voraussetzungen, die hier nicht gegeben sind.) Es mag sein, daß es eine kurze Zeit lang "gutgeht", aber früher oder später entwickelt sich die Wechselwirkung zwischen allen Komponenten dahingehend, daß ein Körper nach dem anderen herausgeworfen wird.

Bezogen auf den hier diskutierten Spezialfall, finden wir "mehrere" Schwerpunkte im System: Der Schwerpunkt des A-/Ab-Systems rotiert um den (Gesamt-)Massenschwerpunkt, den es mit dem Schwerpunkt des B/C-Systems bildet. Wenn ihr wollt, könnt ihr jetzt eure Simulationsprogramme rausholen und rumspielen: Ihr werdet sehen, daß keine einzige eurer Konfigurationen erhalten bleibt.

Hinzu kommt noch, daß die Milchstraße ein externes Gravitationsfeld liefert, so daß das Gesamtgebilde im Raum herumdriftet. Zwangsläufig kommt es zu Störungen. Ich rede von Zeitskalen von wenigen Millionen Jahren - für astronomische Begriffe ein Klacks. Die Lebenserwartung der Sterne ist tausendfach länger als die dynamische Stabilität dieses Dreifachsternsystems plus Riesenplanet. Daher sind "Entstehungsgeschichten" eines solchen Systems reine Spekulation.
 

Bynaus

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Es mag sein, daß es eine kurze Zeit lang "gutgeht", aber früher oder später entwickelt sich die Wechselwirkung zwischen allen Komponenten dahingehend, daß ein Körper nach dem anderen herausgeworfen wird.

Das mag für Spezialfälle gelten - im Allgemeinen ist das sicher nicht so: das Sonnensystem hat sicher mehr als 3 Körper und ist seit 4.5 Milliarden Jahren mehr oder weniger stabil (obwohl auch hier vermutlich Planetenmigrationen stattgefunden haben). Auch bei der Erde liegt der Schwerpunkt des Erde-Mond-Systems wesentlich ausserhalb des Erdmittelpunktes, und das ganze umkreist die Sonne - trotzdem ist das System einigermassen stabil geblieben...

Bei den drei Sternen handelt es sich auch um Hauptreihensterne. Das heisst, sie haben die T-Tauri-Phase hinter sich, sind also mindestens schon einige 10 Millionen Jahre alt. Mag sein, dass da noch mehr Sterne im System waren, aber so extrem instabil kann das ganze ja nicht sein, sonst wäre es schon lange auseinander gefallen. (Ich weiss auch nicht, auf welches Alter die drei Sterne geschätzt werden)

Trotzdem interessiert mich das: welche Art von Simulationen führst du durch, Emil? und wo?
 

Zap

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Mehr als 2, Chaos dabei ;-)

Bynaus schrieb:
Das mag für Spezialfälle gelten - im Allgemeinen ist das sicher nicht so: das Sonnensystem hat sicher mehr als 3 Körper und ist seit 4.5 Milliarden Jahren mehr oder weniger stabil (obwohl auch hier vermutlich Planetenmigrationen stattgefunden haben). Auch bei der Erde liegt der Schwerpunkt des Erde-Mond-Systems wesentlich ausserhalb des Erdmittelpunktes, und das ganze umkreist die Sonne - trotzdem ist das System einigermassen stabil geblieben...
Bei kinematischen Mehrkoerproblemen (also mit mehr als 2 Koerpern) ist das deterministische Chaos der Regelfall und eine stabile Konfiguration die absolute Ausnahme bzw. Unmoeglichkeit. Dieses gilt auch fuer unser Sonnensystem. Sein chaotisches Verhalten aeussert sich nun nicht darin, dass es sich mit der Zeit zerlegt und Komponenten aus ihm zwingend herausgeschleudert werden. Sondern es zeigt sich, dass sich die Plantenstellungen zueinander ueber einer gewissen Zeitskala hinaus nicht mehr exakt vorhersagen lassen. Dieses kann man durchaus "einfach" simulieren, indem man die Kinematik der Planeten eben nicht entkoppelt.
Und damit haben wir schon ein Indiz fuer ein "traeges" chaotisches Verhalten. Wenn man in erster Naeherung die gravitativen Einfluesse entkoppeln kann, so dass man in dieser Naeherung immer mit einem 2-Koeperproblem rechnen kann, so ist die tatsaechliche chaotische Entwicklung gutmuetig. Und das gilt im speziellen Fall in unseres Sonnensystem. Die Sonne hat nun mal den absolut groessten Anteil an der Gesamtmasse unseres Sonnensystems. Somit laesst sich alles auf ein 2-Koerperproblem reduzieren (Keppler). Gleiches gilt fuer die Erde und den Mond. Da kann man wiederum in erster Naeherung die grav. der Sonne und auch recht der anderen Planeten weglassen. Beruecksichtigt man aber in einer numerischen Simulation diese Effekte, kommt man halt auf dieses von mir am Anfang erwaehnte deterministische Chaos. Dieses Chaos wird umso spektakulaerer, je mehr sich die Massen der beteiligten Objekte gleichen und endet in dem Fall in der Regel mit dem Aufloesen des Verbundes.

Gruss,

Zap
 

Michael Johne

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Hallo!

Welche(s) Programm(e) benutzt du eigentlich für deine Simulationen? Oder benutzt eine selbstprogrammierte Anwendung? :)

Tschau!
 

Emil

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Bynaus schrieb:
Das mag für Spezialfälle gelten - im Allgemeinen ist das sicher nicht so: das Sonnensystem hat sicher mehr als 3 Körper
Gerade das Sonnensystem sollte man als Spezialfall ansehen; die Antwort hat Zap geliefert:
Zap schrieb:
Dieses Chaos wird umso spektakulaerer, je mehr sich die Massen der beteiligten Objekte gleichen
Und so dreht es sich beim hier diskutierten Stern HD xy... weitgehend um ein Dreikörper-Problem mit ähnlich großen Massen: ein enges Doppelsternpaar B/C und ein entfernter Begleiter A; der Planet Ab ist nur ein kleiner Störenfried.

Meine Simulationen betreffen die Dynamik von Sternhaufen und ihre Folgen. Dabei sind nicht die Trajektorien einzelner Sterne von Interesse, sondern das globale Verhalten des Haufens. Das Programm heißt NBODY und ist faktisch OpenSource. Allerdings braucht man Programmiererfahrung (Fortran) für die Anwendung, denn es kommen zuerst nur massenweise Zahlenkolonnen raus. Die anschaulichen Graphiken bzw. Bewegungsabläufe muß man mit weiterer Verarbeitung (kommerzielle Auswerteprogramme) erst herstellen. So viel ich weiß, gibt es aber viele andere Programme (für Windows), mit denen man solche Sachen auch nachvollziehen kann. Diese sind meist einfach strukturiert und weniger exakt. Die qualitativen Ergebnisse sollten aber die gleichen sein.
 

Bynaus

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Gibt es nicht in jedem dynamischen System "Inseln der Stabilität", in dem das System am stabilsten wird, wenn die Parameter die entsprechenden Werte annehmen? Möglicherweise befindet sich dieses System innerhalb einer solchen "Insel". Es ist sogar davon auszugehen, wenn man sieht, dass das System schon mindestens einige 10 Mio Jahre alt sein muss.

Ansonsten: danke für die Erklärungen! :)
 

Michael Johne

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Hallo!

Die beiden Begleitsonnen sind weit genug vom Zentralstern und dessen Planeten entfernt.
Ich bin - wie Fisch77 es bereits sagte - der gleichen Meinung, dass die beiden Begleitsonnen von HD 188753 A in einer stabilen Umlaufbahn sind und den neuen Exoplaneten HD 188753 A b "keinen Schaden können" (bezogen auf die Stabilität seiner Bahn).

Fraglich ist es allerdings, ob es auch langezeitlich bleiben wird. Vielleicht gibt es kleine "Variationen" in der Bahn, die einen Langzeit-Trend ankündigen und der Exoplanet nach vielen, vielen tausenden Umläufe plötzlich aus der Bahn katapuliert wird.

Tschau!
 

Emil

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@Bynaus:
Ja, diese "Inseln der Stabilität" wären beispielsweise die Lagrange-Punkte! Dazu müssen aber die Massen der beteiligten Körper so beschaffen sein, daß M_1 >> M_2 >> M_3 gilt. Vielleicht gibt es weitere Sonderfälle...?

@Michael:
Es können auch Millionen von Umläufe sein, ohne daß das Gebilde auseinander bricht! Das hängt von Details der jeweiligen Konfiguration ab. Im Doppelsternsystem spricht dann schon lieber von "Bindungsenergien". Den hier vorliegenden Fall halte ich deswegen für wenig stabil, weil die beiden leichteren Sterne B+C zwar eine relativ hohe Bindungsenergie haben, aber der Hauptstern A groß genug ist, um irgendwann mal ordentlich durchzumischen - obwohl er weiter weg steht.
 

Bynaus

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@Emil: die Lagrange-Punkte sind sicher solche "Inseln der Stabilität", allerdings meinte ich nicht nur im Raum. Manchmal erweisen sich auch andere Parameter (etwa Exzentrizität versus Neigung der Umlaufbahn oder so) in einigen Kombinationen günstiger als in anderen. Ich habe zumindest schon viele solche Plots gesehen, sie werden meist genutzt, um die wahrscheinlichste Inklination des Systems gegen die Sichtlinie zu bestimmen, in dem man sich sagt, dass die Planeten höchstwahrscheinlich Parameter innerhalb einer solchen "Insel der Stabilität" haben.
 

Emil

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Ja, das ist oft bei der Analyse von Lichtkurven der Fall, bei denen Bedeckungsveränderliche vermutet werden: Anhand der Form der Lichtkurve (Anstiegszeit, Asymmetrie in den Flanken etc.) kann man einige Paramater der Doppelsternbahn herausfinden. Ich vermute mal, daß solche Dinge auch von den Beobachtern eben dieses Systems angewandt wurden (z.B. für die Komponenten B+C?). Unsereins hat ja schlicht die Nachricht bzw. die Daten zur Kenntnis genommen, aber die praktische Arbeit eines Beobachters könnte in der Tat so aussehen, wie du sie beschrieben hast: Man sucht einen wahrscheinlichsten Fall, der zur Lichtkurve paßt. - Velleicht kennst du dich ja darin besser aus als ich...?

Schöne Grüße,
Emil
 

galileo2609

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galileo2609 schrieb:
Nach Sky & Telescope ist die Entdeckung aber noch nicht ganz sicher:

"Several astronomers have expressed caution about this reported discovery, noting the relatively low precision and small number of radial-velocity observations reported in the Nature paper."

Ich habe den nature-Artikel heute endlich über subito-doc.de erhalten! Ich denke mal, hier ist das letzte Wort wirklich noch nicht gesprochen. Das Announcement basiert auf 22 RV-Messungen im Zeitraum zwischen August 2003 und November 2004.

M. Konacki, der mir bislang nur aus dem OGLE-Projekt bekannt war, schildert hierzu die Anwendung einer neuen Methode der RV-Messungen, die sich sich auf enge Binaries anwenden läßt, insb. eine bes. angepasste Jod-Gaszelle für die Refenzspektren. Zu den techn. Details s.a. http://www.nature.com/nature/journal/v436/n7048/extref/nature03856-s1.pdf

Aus der Dokumentation der RV-Messungen und insb. der Residuals/Errors lässt sich auch die Skepsis nachvollziehen, die im Web-Artikel von S&T anklang:
http://www.nature.com/nature/journal/v436/n7048/fig_tab/nature03856_T1.html#figure-title

Das ist mal ein erster Kuzabriss, nachdem ich den Artikel überflogen habe. Leider habe ich irgendwie mal wieder den Eindruck, dass ein schnell veröffentliches Artwork über ein neues ESP-System den kritischen Blick zunächst mal blendet! :(
 
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