Das kommt jedoch reichlich spät - vielleicht sogar zu spät - um hier hinsichtlich Abschreckungspotenzial gegenüber Russland etwas zu reißen. Man hat wohl zu lange darauf spekuliert, dass Trump die Wahl verliert und die USA wie gehabt für die Sicherung Europas den Kopf hinhalten wird. Wie es aussieht, kommt Putin mit seiner Strategie durch und wird den Krieg mit Gebietsgewinnen für sich entscheiden - ob nun innerhalb von 24 Stunden, wie von Trump vollmundig angekündigt, oder nach weiteren 24 Monaten Stellungskrieg mit Frontverschiebungen im Schneckentempo, wie in den 24 Monaten zuvor, ist dabei einerlei.
Weltpolitisch verlagert sich das Konfliktgeschehen danach in den ostasiatischen Raum, wobei China den Versuch unternehmen wird, die aus ihrer Sicht abtrünnige Provinz Taiwan wieder "heim ins Reich" zu holen und Nordkorea einen weiteren Versuch starten wird, Südkorea zu "befreien" - immerhin dann mit einem gestärkten strategischen Partner Russland an der Seite. Für die USA bedeutet das, sich auf den pazifischen Raum zu konzentrieren und dort auf den Philippinen und in Japan mit Militär präsent zu bleiben, um wenigstens den dann entstandenen Status quo zu halten. Europa fällt dann in der Sicherheitsprioritätenliste auf einen hinteren Rang zurück, so dass Russland hier seine hybriden Kriegsspielchen weitgehend ungestört fortsetzen kann, um hier die Bevölkerung zu spalten.
An einen globalen Atomkrieg glaube ich nicht, aber den Einsatz von einigen wenigen taktischen Atomwaffen halte ich für möglich, um zu signalisieren, dass man sich nicht scheut, noch weiter zu eskalieren, wenn gewisse Unterstützungsleistungen seitens des Westens für den Waffeneinsatz seitens der Ukraine fortgesetzt werden sollten. Da die Prioritäten der USA anderweitig sortiert sind, als sich auf einen atomaren Konflikt mit Russland einzulassen, wird man die Ukraine opfern - egal, wie man das dann in Gestalt eines Verhandlungsfriedens dann euphemistisch verklausuliert ausdrücken wird.
Danach kommt dann erst mal für 20 Jahre oder mehr klammheimliches Wundenlecken und der Versuch, die inzwischen eingetretenen wirtschaftlichen und finanziellen Krisenerscheinungen dahingehend zu managen, dass man auf Kriegswirtschaft und Hochrüstung umstellt, ohne dabei zu sehr in eine überbordende Verschuldung gegenüber der USA zu gelangen, die dann natürlich von den zu erwartenden Rüstungsdeals und Technologietransfers profitieren wird. Das spült dann dort Geld in die Kriegskasse, welches für das Engagement in Fernost benötigt wird. Europa hingegen ist dann erst mal wirtschaftlich auf einem absteigenden Ast, was sich dann auch im Hinblick auf den Wohlstand und damit dann auch auf die politische Stabilität der einzelnen Länder auswirken wird.
Tja, dumm gelaufen, kann man da nur sagen - das hätte nicht so weit kommen müssen, wenn man die grundsätzlichen Bedenken Russlands ab den 1990er Jahren (NATO-Osterweiterung 1994 - man hatte im Vorfeld aus der politischen Elite in den USA den damaligen Präsidenten Bill Clinton vor diesem Schritt gewarnt), zumindest aber ab 2007 (Auftritt Putins vor der Münchener Sicherheitskonferenz) ernst genommen und berücksichtigt hätte, statt mit Arroganz darüber hinwegzulächeln, um dann doch das durchzuziehen, was man sich in Bezug auf den in Aussicht gestellten NATO-Beitritt von Georgien und Ukraine ab 2008 vorgestellt hatte. Der Krug geht eben nur so lange zum Brunnen, bis er bricht und wenn man den Bogen überspannt - na ja, dann bricht er eben auch. Hätte man wissen können, bevor man die Grenzen ausreizt ...