[Frage] Supernova und die Enstehung der Erde

kerby499

Registriertes Mitglied
Hallo,

als beigeisteter Lesch-Hörer ist mir eine Frage aufgekommen, die mir bisher niemand zu meiner Zufriedenheit beantworten konnte, daher versuche ich es mal hier.

Grundlage der Frage ist, dass alle Elemente schwerer als Eisen nur bei Supernovae entstehen können und das bei einer Supernova als Überbleibsel ein Pulsar bzw ein schwarzes Loch steht. So zumindest hoffe ich die Ausführungen richtig verstanden zu haben.

Da es ja auf der Erde sehr viele Elemente schwerer als Eisen gibt, müssen die ja irgendwo herkommen.

Die Frage wäre also, ob sich der Rest der Supernova(e) in Form von Pulsaren bzw schwarzen Löcher identifizieren lassen, die massgeblich dafür verantwortlich sind, dass u.a. auf der Erde Gold vorkommt ?

Falls die Frage an sich Unsinn ist, bitte ich sie mit einem Lächeln zu übergeben, ansonsten würde ich mich über Antworten freuen.

LG
Kerby499
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Kerby499,

willkommen im Forum.

Identifizieren lassen sich die ‚Lieferanten‘ nicht.

Das hat mehrere Gründe
Seit der Entstehung des Sonnensystems ist unsere Sonne gut 20 mal um das galaktische Zentrum gefallen, dabei mischt sich die ‚Umgebung‘ ziemlich gründlich mit.

Bei der ‚Explosion‘ einer Supernova vom Typ SN1a bleibt außer sich ausbreitendem Gas mehr oder minder ‚nichts‘ übrig.

Die Explosion einer Supernova, die anschließend zu einem Neutronenstern oder schwarzen Loch kollabiert, ist selten symmetrisch. Das hat zur Folge daß der Neutronenstern mit mehr oder minder hoher Geschwindigkeit seine ursprüngliche Bahn verläßt.

Herzliche Grüße

MAC
 

Lina-Inverse

Registriertes Mitglied
Hallo Kerby,
Da es ja auf der Erde sehr viele Elemente schwerer als Eisen gibt...
Häufig ist relativ. Siehe z.B. Elementhäufigkeit und daraus dieses .Diagramm.
Grundlage der Frage ist, dass alle Elemente schwerer als Eisen nur bei Supernovae entstehen können und das bei einer Supernova als Überbleibsel ein Pulsar bzw ein schwarzes Loch steht. So zumindest hoffe ich die Ausführungen richtig verstanden zu haben.
Das stimmt, bis auf das "nur" (Immer daran denken das Herr Lesch in einer Folge nur ein Thema bespricht). Nicht alle Supernovae hinterlassen einen kompakten Körper, je nach Typ kann es auch den ganzen Stern zerreissen.
Elemente schwerer als Eisen können auch schon in Roten Riesen (siehe AGB-Stern) im s-Prozess gebildet werden.
Die Frage wäre also, ob sich der Rest der Supernova(e) in Form von Pulsaren bzw schwarzen Löcher identifizieren lassen, die massgeblich dafür verantwortlich sind, dass u.a. auf der Erde Gold vorkommt ?
Selbst wenn alle schweren Elemente im Sonnensystem aus einer einzigen Supernova stammten, wäre das praktisch kaum noch möglich. Das Sonnensystem ist ja schon ~4,5 Milliarden Jahre alt, Sterne die sich bei seiner Entstehung in der Nähe befanden sind seitdem durch ihre Eigengeschwindigkeiten auseinandergetrieben, dieser Supernovaüberrest wäre also heute hunderte von Lichtjahren entfernt. Dazu käme das wir diese Objekt in dieser Entfernung heute gar nicht mehr sehen könnten, ein Pulsar oder Schwarzes Loch hätte in den 4,5 Mia Jahren sehr stark an Leuchtkraft eingebüsst (die Periode des Pulsars wäre stark angewachsen und das SL hätte sich die Materie in der Umgebung einverleibt und wäre heute unsichtbar).
Um überhaupt einen "Kandidaten" ermitteln zu können müsste man die Bewegung aller Sterne in der Galaxis über die gesammte Zeit rückwärts simulieren können (was dadurch weiter erschwert würde das viele davon mittlerweile ihr Leben ausgehaucht haben und dafür neue entstanden sind). Dazu müsste man zumindest die genauen Positionen und Eigengeschwindigkeiten aller Sterne kennen (und noch eine ganze Menge mehr, z.B. über die dunkle Materie wissen).

Gruss
Michael
 
Zuletzt bearbeitet:

Bynaus

Registriertes Mitglied
Ergänzend möchte ich hier noch folgendes hinzufügen:

Sterne und ihre Planeten entstehen aus dem Kollaps von interstellaren Wasserstoffwolken. Da die Galaxis in ihrer Geschichte schon sehr viele Ereignisse gesehen hat, die schwerere Elemente als Helium produzieren (von den erwähnten AGB-Sternen bis hin zu Supernovae), wurden diese Wolken im Verlauf der Zeit immer stärker mit schwereren Elementen angereichert (machen aber auch heute nur einen kleinen Teil, ~1-2% aus). Diese schweren Elemente liegen vorwiegend in Form von sehr feinem Staub (sogenannten "präsolaren Körnern") vor. Man muss sich das ganze als sehr gut durchmischt vorstellen - man geht z.B. davon aus, dass zu den Materialien des Sonnensystems über 1000 verschiedene AGB-Sternquellen beigetragen haben, sowie mehrere Supernova-Ereignisse, einige davon in dem Sterncluster, der zusammen mit der Sonne entstand, einige davon aus früheren Zeiten (die AGB-Sterne stammen allesamt aus früheren Zeiten). Letztes Jahr konnte in einer Arbeit, an der ich ebenfalls beteiligt war, gezeigt werden, dass die präsolaren Körner, die man in primitiven Meteoriten findet, bis zu einigen 100 Mio Jahren im All unterwegs waren, bevor sie in unserem Sonnensystem zu grösseren Körpern verklumpten.

Kurz: Da sind viele Köche, die gemeinsam an einer riesigen Suppe kochen, und jedes Planetensystem ist ein kleiner Löffel daraus... :)
 

TomTom333

Registriertes Mitglied
@ MAC:

danke für deinen freunlichen Hinweis! War mir dies auch sehr Bewust.....
schau dir meinen Link an..... da steht unter Entstehung:
Es wird vermutet, dass die Lokale Blase vor ein paar Hunderttausend bis ein paar Millionen Jahren durch eine oder mehrere Supernovae gebildet wurde
Zitat Ende
Ähmmmm klar, oder?

Aber es verdeutlicht die komplexität der Frage und gibt eine Grundlage wie so´ne SN das Gas kräfitg durchmischt.
Michael ist spezifischer geworden und hat einen großteil, weiterführend Beantwortet.
Wollte ja kein ganzes Referat ablegen und euch auch noch die Chance geben ...:D...

Bis neulich
Tom
 
Zuletzt bearbeitet:

kerby499

Registriertes Mitglied
Hallo,

ich habe hier nun etwas gefunden, dass es doch möglich sein soll die Überreste einer SN zu finden, welche mit dazu beigetragen hat unser Sonnensystem entstehen zu lassen. Kann mir jemand einen Tipp geben, wo ich hierzu weitere Infos bekommen kann, die vielleicht nicht ausschließlich in mathematischer Weise formuliert ist.

Vielen Dank schon mal, und hier nun das Zitat mit Quelle:

Auch unser Sonnensystem hat sich unter dem Einfluss eines Riesensterns gebildet, sagt Peter Schilke vom physikalischen Institut der Universität Köln. Jener Gigant wurde einige Millionen Jahre nach seiner Geburt durch eine Explosion dahingerafft. Die dabei entstandene Supernova erzeugte Druckwellen in der Urwolke, aus der unsere Sonne entstand. Die Rückstände jener Supernova sind in unserem Sonnensystem noch heute nachweisbar.

Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltall/0,1518,706564,00.html
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo kerby,

damit ist nicht gemeint, daß man die Überreste, in Form eines (Neutronen)Sterns gefunden hat.

Ein Stern erzeugt während seines ‚Lebens‘ eine Reihe verschiedener chemischer Elemente durch die Kernfusion die sich in seinem Inneren abspielt. Das funktioniert maximal bis hin zum Eisen. Warum diese Grenze? Für die Fusion von noch schwereren Elementen (mit mehr Protonen und Neutronen im Atomkern) muß vorher mehr Energie aufgewendet werden, als hinterher dabei entsteht.

Ja aber, wenn das so wäre, dann dürfte es doch gar keine schwereren Elemente wie z.B. Wolfram, Silber, Eisen, Jod, Gold, Kupfer, Uran bei uns geben?

Stimmt!

Es dürfte aber auch keinen Kohlenstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Eisen geben, denn die würden ja alle in ihrem Stern stecken bleiben und wären für den Rest des Universums für immer verloren.

Die Beobachtung, daß (manche) Sterne explodieren, löste gleich beide Rätsel.

Bei einer SN-Explosion ‚fegt‘ eine derart gewaltige Druckwelle durch das Material des kollabierenden Sterns, daß genügend Druck, Temperatur und Energie zur Verfügung steht, um jedes denkbare Element zu erzeugen. Je schwerer, um so seltener zwar, aber trotzdem in ungeheuren Mengen. Auch Elemente, die es in unserer (natürlichen) Umgebung gar nicht (mehr) gibt.

Warum gibt es die nicht mehr?

Neben den in der Natur, oder besser in der uns umgebenden Natur vorkommenden stabilen (chemischen) Elementen gibt es zu jedem dieser Elemente etliche Isotope. Elemente mit gleicher Chemie, weil gleiche Anzahl Protonen im Kern, aber unterschiedlich vielen Neutronen. Die Anzahl von Protonen und Neutronen in einem Element muß in einem für dieses Element ‚richtigen‘ Verhältnis stehen, sonst ist es nicht stabil. Solche Elemente sind, so lange sie noch existieren, radioaktiv. Sie zerfallen mehr oder minder schnell, im Wesentlichen abhängig davon wie groß das ‚mißverhältnis‘ zwischen den Protonen und Neutronen in ihrem Kern ist und auch ob sie insgesamt noch nicht zu groß/schwer sind. Zerfallen sie schnell genug, dann gibt es in der uns direkt umgebenden Natur keine mehr davon.

Bei diesem radioaktiven Zerfall ‚strahlt‘ ein solcher instabiler Atomkern allerlei ‚Zeugs‘ in die Gegend. Elektonen, Positronen, Neutronen, Alpha-Teilchen, Neutrinos, Gammastrahlung … Das macht er im Prinzip so lange (in ein bis mehreren Zwischenschritten), bis er einen stabilen Zustand erreicht hat.

Der Clou bei der Sache ist aber, daß bei diesem Zerfall aus z.B. einem Uran-Atom etwas völlig anderes wird (ein anderes chemisches Element). Der Chemie, die sich ja in der Elektronenhülle der Atome abspielt, ist es nahezu egal was für ‚Unruhe‘ im Kern herrscht, so lange nur die richtige Anzahl von Protonen für die richtige Anzahl von Elektronen sorgt. Zerfällt aber ein solcher unstabiler Kandidat zu einem ganz anderen chemischen Element, ändert sich auch die Chemie die dieses Atom vorher noch an einen geeigneten Partner gebunden hatte.


Wenn sich nun in einer Staubscheibe um einen werdenden Stern herum verschiedene chemische Elemente mit einander verbinden, dann geschieht das nach den Gesetzen der Chemie.

Ein möglichst einfaches fiktives Beispiel. Die Buchstaben die ich im Beispiel verwende, haben nichts mit den chemischen Elementen zu tun, die damit sonst im richtigen Leben verbunden werden : Ein Atom der Sorte A verbindet sich immer nur mit einem Atom der Sorte B und diese Verbindung bildet ihrerseits Kristalle aus dieser Verbindung.
(im richtigen Leben bilden z.B. Natrium und Chlor Kochsalzkristalle.)

Nehmen wir mal an, daß während der Explosion einer Supernova gleich viele stabile Isotope der Sorte A entstehen, wie deren radioaktive Variante. Beide Sorten tun sich nun mit den Atomen der Sorte B zusammen und bilden in dieser Verbindung ‚große‘ Kristalle aus zahlreichen AB-Molekülen (wir würden dazu auch ‚Staub‘ sagen)

Wir finden diesen ‚Staub‘ heute und stellen fest: Nur die Hälfte aller Moleküle des gefundenen Kristalls besteht aus AB Molekülen, die andere Hälfte besteht aus den Atomen der Sorte B und der Sorte C (1/4 Anteil C im Kristall. C soll das stabile Zerfallsprodukt vom radioaktiven A sein)

Dann können wir daraus schließen, daß zur Zeit als sich dieser Kristall gebildet hatte, der Anteil stabiles A und der Anteil radioaktives A gleich groß war.


Nehmen wir jetzt mal an, daß das radioaktive A eine sogenannte Halbwertzeit von 1 Million Jahren hat. Den Fall, daß sich die Kristalle gleich nach der Supernovaexplosion bildeten haben wir nun schon besprochen.

Wenn es nun aber z.B. 1 Million Jahre dauert, bis sich die Atome dieser Supernova zu solchen Kristallen verbinden, dann werden wir heute nicht mehr einen Kristall finden bei dem die Hälfte der B-Atome ohne geeigneten Partner im Kristall eingeschlossen ist, sondern nur ¼ der B-Atome im Kristall wären dann ohne geeigneten Partner und 1/8 aller Atome im Kristall wären dann von der Sorte C.

Auf diesem Wege kann man herausfinden wann nach der Entstehung ihrer Bausteine (in einer Supernova) sich bestimmte Kristalle oder andere chemische Verbindungen gebildet haben. Man kann damit auch herausfinden, daß zwar die Supernovaexplosionen die das meiste Material unseres Sonnensystems hergestellt hatten schon länger zurück lagen, daß aber mindestens eine stattgefunden haben muß, die ‚frischeres‘ Material beigetragen hat. Z.B. dadurch, daß man zwar überwiegend die Kristalle mit nur 1/8 C-Anteil findet, aber eben auch einen gewissen Anteil Kristalle mit ¼ Anteil C.

Diese und andere auch auf radioaktivem Zerfall beruhende Methoden zur Altersbestimmung setzen aber voraus, daß man weiß, wann sich solche Kristalle bilden (welche Temperaturen das Gas in der Staubscheibe oder schon vorher in der Sternbildungsregion unterschreiten und welche Dichte es überschreiten muß und noch viele andere Rahmenbedingungen, die aus ganz verschiedenen Fachgebieten zusammengetragen werden müssen, um sowas ‚gewinnbringend‘ einsetzen zu können.

Herzliche Grüße

MAC
 
Zuletzt bearbeitet:

Sphere82

Registriertes Mitglied
Moin!

Hier mal ein Link zu diesem Thema:
http://www.spektrum.de/artikel/828408

Leider wird in dem Artikel nicht erwähnt wie groß diese 'urtümlichen' Sterne gewesen sein müssen. Aber wenn sie ein supermassives schwarzes Loch bilden können, an dem unsere Galaxie heute 'aufgehangen' ist, muss es schon erheblich gewesen sein. Welche Menge an schweren Elementen bei der Explosion von solchen Riesensternen frei geworden sein könnte, überlass ich lieber denen die Ahnung haben :)

Gruß
 

kerby499

Registriertes Mitglied
Hallo MAC,

herzlichen Dank für die wirklich ausführlichen Infos. Ich musste sie zwar mehrmals Lesen und ich glaube, dass sich dadurch mein Interesse für solche Themen weiter erhöht hat.
Meine Frau hat sich schon gewundert welche Art von Büchern seit einiger Zeit auf meinem Nachttisch stehen.

LG
Kerby499
 
Oben