Ich dachte da an Kühlung der Außenhülle; Rohre mit flüssigen Medium auf 0 Kelvin (+- man misst natürlich die Außentemperatur und passt an.)
Das klingt logisch für ein jemanden, der in einer Atmosphäre aufgewachsen ist. Im Weltraum funktioniert das nicht. Zuerst einmal gibt es keine Aussentemperatur - da ist nur ein Vakuum, und das hat keine Temperatur (da ist eigentlich nur die 3 K Hintergrundstrahlung). Jedes Objekt nimmt die Temperatur an, die es im thermischen Gleichgewicht hat: also die Summe aller Energiequellen muss gleich der Abstrahlung sein, und die Abstrahlung ist proportional zur Oberfläche, zur Emissivität und zur Oberflächentemperatur in der vierten Potenz.
Was heisst das konkret? Sagen wir, das Raumschiff ist ein Zylinder von 50 m Länge und 10 m Durchmesser (= ca. 1700 m^2 Oberfläche) und hat einen Kernreaktor an Bord, der 100 MW (elektrisch + thermisch) produziert. Zudem befindet es sich bei 1 AU und wird deshalb von der Sonne mit 1362 W/m2 (Einstrahlung über den Zylinderdeckel = 80 m^2) beschienen. Welche Temperatur hat das Raumschiff-Innere?
Reaktor: 100 MW
Sonne: 0.11 MW
Den Beitrag der Sonne könnte man also ruhig vernachlässigen (ein erster Hinweis auf Probleme...). Die Abstrahlung muss gleich der Einstrahlung sein, also = 100.11 MW. Bei einer Oberfläche von 1700 m^2 und einer Emissivität von 0.9 (Metall) erhält man:
100 110 000 = 0.9 * 1700 * 5.67e-8 * T^4
Aufgelöst nach T ergibt das: 1040 K, oder gut 760°C... ups.
Okay, könnte man jetzt sagen, dann machen wir die Oberfläche grösser. Das ist natürlich eine Möglichkeit, und genau deshalb hat die ISS diese "Radiatoren": sie vergrössern die effektive Oberfläche der Raumstation und strahlen "überschüssige" Wärme ins All ab. Wie gross muss die Oberfläche sein, um die Schiffstemperatur bei einem 100 MW Reaktor auf 25°C zu moderieren?
100 110 000 = 0.9 * A * 5.67e-8 * 298^4
Aufgelöst nach A ergibt das: ~250'000 m^2 (Zur Erinnerung, Schiffs-Zylinderoberfläche = 1700 m^2). Wären das zwei quadratische Radiatoren (die jeweils hinten und vorn abstrahlen), so hätten sie eine Kantenlänge von 250 m... (Schiff 50 m)
Doch wie sieht es jetzt mit Tarnung aus? Die Radiatoren werden ungefähr mit der Betriebstemperatur des Raumschiffs strahlen, das heisst, sie wären im Infrarot klar sichtbar und das Raumschiff somit nicht getarnt. Das Raumschiff kann vor der Hintergrundstrahlung nur dann "unsichtbar" werden, in dem man es (bzw., die Radiatoren, die ja die grösste Struktur ausmachen) auf 3 K auskühlen lässt. Also gut, schalten wir erst mal den Reaktor aus: Dann haben wir nur noch die Sonne, mit vergleichsweise "mikrigen" 0.68 MW (wir nehmen an, dass das Raumschiff die Radiatoren mit ihrer ideal dünnen Kante zur Sonne wendet, so dass diese nicht auch noch zur Erwärmung beitragen indem sie Sonnenlicht einsammeln). Dann wäre die Gleichung:
110 000 = 0.9 * 250000 * 5.67e-8 * T^4
Aufgelöst nach T ergibt das: 54 K oder -219 °C. Schon viel besser. Aber es ist immer noch wärmer als der Hintergrund und damit sichtbar.
Was ist jetzt mit aktiver Kühlung? Kühlung benötigt Energie (wir müssen also den Reaktor wieder anschalten) - und egal welche Energiequelle wir nehmen, diese setzt zwingend Wärme frei. Ein Raum, in dem ein Kühlschrank steht, wird wärmer, wenn der Kühlschrank an ist, ganz egal ob die Kühlschrank-Tür offen oder geschlossen ist. Das grösste Problem ist aber: wenn die Oberfläche gekühlt wird, verringert sich die Abstrahlfähigkeit der Oberfläche - entsprechend "staut" sich die Wärme im Inneren. Und wenn die Oberfläche auf 3 K gekühlt wird, fällt die effektive Abstrahlung auf exakt Null -die Wärme im Schiffsinneren würde dann theoretisch auf beliebig hohe Werte steigen (und dabei erst die Crew und dann das Raumschiff selbst zerstören).
Es gibt ein paar "halbe" Schlupflöcher: so könnte man z.B. nur eine Seite kühlen (etwa jene, die einem Sensor ausgesetzt ist) und die Wärme über die andere (Sensor-abgewandte) Seite abstrahlen. Das hat natürlich den Nachteil, dass die Tarnung nur dann funktioniert, wenn es genau einen einzigen Sensor gibt. Zudem dürfte es in der Praxis nahezu unmöglich sein, eine Seite wirklich auf 3K zu kühlen (z.B., weil ja die Sonne auch ständig draufscheint). Alternativ könnte man nur für eine sehr kurze Zeit kühlen und die entstehende Wärme in eine Wärmesenke (ein Material mit hoher spezifischer Wärmekapazität) leiten. Aber auch da hat man ein Problem, denn irgendwann muss man dieses Material loswerden, und dann wird es der Welt superheiss und freuden-"strahlend" mitteilen, dass da jemand versucht hat, sich zu tarnen...
Wenn ich einen Mantel aus flüssigen Medium um den Triebswerkstrahl ausstoße (das die selbe Umgebungstemperatur hat), kann man die Triebswerks-Wärme-Strahlung erkennen?
Das Medium müsste für die vom Triebwerksstrahl ausgehende thermische Strahlung undurchsichtig sein - und wenn es undurchsichtig ist, wird es sich durch genau diese Absorbtion aufwärmen. Geht nicht.
Wie sieht das Verhältnis bei Kern- oder Fusionskraft aus? Mischt du da nicht ISS und Raumschiff zusammen?
Siehe oben - je stärker die Energiequelle, desto grösser das Problem.
Also ich, wenn ich mein Schiff tarnen will, bemale das nicht auffällig; bzw ummantel meine "komplexe technische Struktur" mit einer unauffälligen.
Natürlich. Aber wie oben erwähnt, der Umstand, dass du eine Energiequelle brauchst, um dein Schiff zu betreiben, wird alle Versuche, dein Schiff als "natürliches" Objekt erscheinen zu lassen zunichte machen.
Natürlich wäre die nächste, wie können wir das ändern?
In dem wir eine Sonde hinschicken? So und jetzt nur noch das nötige Kleingeld auftreiben.
