Das Schicksal von Schrödingers Katze

TomS

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Ich formuliere meine Auffassung vom Messproblem wie folgt:
  • Wir verwenden zur zutreffenden Berechnung von Beobachtungsdaten eine mathematische Modellierung mittels nicht-klassischer d.h. insbs. delokalisierter und verschränkter Zustände mittels Zustandsvektoren oder Dichteoperatoren im Rahmen eines Hilbertraumes.
  • Die Frage ist, 1. ob und wenn ja, 2. wie man auf dieser Basis eindeutige und lokalisierte Detektorereignisse in Übereinstimmung mit unseren Beobachtungen berechnen kann.
Falls die Antwort zu 1. prinzipiell nein lautet, ist die Quantenmechanik diesbzgl. unvollständig; ob sie vervollständigbar ist, ob überhaupt eine diesbzl. vollständige Theorie möglich ist, ist damit noch nicht gesagt. Falls die Antwort ja lautet, haben wir die Möglichkeiten der Quantenmechanik noch nicht ausgeschöpft.

@SuperpositionSimon - hat deine Idee dazu etwas zu sagen?
 

TomS

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Zu https://arxiv.org/pdf/2310.06815

Abstract: A classification of different interpretations of the quantum formalism is examined and the concept of perspectival interpretation is presented. A perspectival interpretation implies that the truth is relative to the observer. The degree to which QBism and Convivial Solipsism are perspectival is examined and Convivial Solipsim is shown to be perspectival at a higher degree than QBism or at least than the QBism founders’version.
Das ist an sich schon spannend.

Popper folgt stattdessen Tarski und fasst "wahr" als "mit den Tatsachen übereinstimmend" auf. Das läuft auf eine objektive Korrespondenztheorie hinaus, bzw. weniger hochtrabend, dass der Satz "Es schneit" genau dann wahr ist, wenn's tatsächlich schneit. Das lernt jedes Kind, so gilt's bei Zeugenaussagen vor Gericht, und nur irgendwelche Philosophen konnten auf die Idee kommen, Wahrheit anders zu definieren. Muss man den Wahrheitsbegriff derart verbiegen, um die Quantenmechanik vernünftig interpretieren zu können? Ich verstehe ja, dass man sich leichter tut, wenn man gewisse Fesseln abstreift, aber ... 🙃

An important thing to notice is that in the ontic view, the collapse of the wave function following a measurement is a real physical change of the state of the system while in the epistemic view, it is only an update of the knowledge of the observer.
Das ist eine völlig verzerrte Darstellung. Da der Kollaps (so wie er zumeist verstanden wird, im Sinne des von Neumannschen Projektionspostulats) der unitären Zeitentwicklung widerspricht, wird wohl niemand ernsthaft zugleich diesen Kollaps und eine ontische Interpretation annehmen (z.B. nicht die MWI und nicht die TI).

... because the Harrigan and Spekkens’ taxonomy is relevant mainly in a realist context such that there is “really” a physical system independent of the presence or of the knowledge of any observer and that to this system corresponds an ontic state λ, possibly identical to ψ in the complete case. This is what I call the metaphor of the theatre. In this conception, the world is a kind of theatre inside which there are systems and where all the events take place. An event is a change in some property (position, momentum, energy, type of particle…) belonging to a system and taking place at a certain time and a certain location inside a given reference frame. We can witness such an event or not. This makes no difference. The events are objective facts.
Das ist eine Kindergarten-Karikatur der realistischen Sichtweise. Weder sind alle Ereignisse klassische Ereignisse, noch müssen alle Ereignisse unabhängig von den jeweiligen Beobachtern sein. Es ist ja gerade eine zentrale Aufgabe einer realistischen Sichtweise, zu untersuchen, ob und wie ein Beobachter als Teil eines größeren Quantensystems modelliert werden kann und muss.

They [“Copenhagenish” interpretations] satisfy the four following principles:
(1) The quantum state is epistemic (information, knowledge, beliefs). It is not a direct representation of reality.
(2) Outcomes are unique for a given observer.
(3) Quantum theory is universal. It applies to every system whatever its size. In particular, observers can be described by quantum theory.
(4) Quantum theory is complete. It does not need to be supplemented by hidden variables. There is no more fundamental ontic states assigned to systems.
Zu (4) stellt sich die Frage, inwiefern eine Theorie vollständig sein kann, wenn sie nicht berechnen kann, was tatsächlich geschieht (z.B. dass dieses Neutron in den nächsten zwei Minuten zerfällt). Vollständigkeit muss hier also in einem epistemischen Sinne aufgefasst werden.

... while QBism and Relational Quantum Mechanics are perspectival.
Nach meinem Dafürhalten meint Rovelli etwas völlig anderes als das oben gesagte
We can witness such an event or not. This makes no difference.
 
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SuperpositionSimon

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Freut mich mal wieder mit Dir zu plaudern, Tom :)

Dass dadurch alle Schwächen beseitigt werden, bezweifle ich, denn die Frage, "was passiert tatsächlich mikroskopisch im Zuge einer Messung und wie resultiert tatsächlich eine eindeutige Zeigerposition?" wird ja nicht beantwortet sondern ignoriert. Das ist aber die einzige maßgebliche Schwäche aller in der Nachfolge der Kopenhagener Interpretation entstandenen Präzisierungen, und die einzige maßgebliche Kritik.

Eine Quantenmessung ist gemäß dieser Interpretation nichts anderes wie auf die Uhr zu schauen, oder das Ergebnis eines Münzwurfes zu sichten. Dabei gibt es aber zwei Besonderheiten die von der materialistischen Sichtweise abweichen:

1) Das einzige was vor der Messung existiert, ist die Wellenfunktion. Der Zustand ist somit unbekannt und unbestimmt.
2) Eine Messung ist nicht nur ein Einholen von neuer Information, sondern der Messprozess definiert die Realität

Meines Erachtens bleibt nur eine große Frage offen: Nach welchem Selektionsmechanismus wird die eindeutige Zeigerpostion ausgewählt, sprich nach welchem Mechanismus wird ausgewählt, wo das nächste Elektron auf dem Detektorschirm landen wird. An dieser Stelle müssen wir uns noch mit dem Zufall begnügen.

Ich formuliere meine Auffassung vom Messproblem wie folgt:
  • Wir verwenden zur zutreffenden Berechnung von Beobachtungsdaten eine mathematische Modellierung mittels nicht-klassischer d.h. insbs. delokalisierter und verschränkter Zustände mittels Zustandsvektoren oder Dichteoperatoren im Rahmen eines Hilbertraumes.
  • Die Frage ist, 1. ob und wenn ja, 2. wie man auf dieser Basis eindeutige und lokalisierte Detektorereignisse in Übereinstimmung mit unseren Beobachtungen berechnen kann.
Falls die Antwort zu 1. prinzipiell nein lautet, ist die Quantenmechanik diesbzgl. unvollständig; ob sie vervollständigbar ist, ob überhaupt eine diesbzl. vollständige Theorie möglich ist, ist damit noch nicht gesagt. Falls die Antwort ja lautet, haben wir die Möglichkeiten der Quantenmechanik noch nicht ausgeschöpft.

@SuperpositionSimon - hat deine Idee dazu etwas zu sagen?

Für das Messproblem sind verschränkte Zustände nicht erforderlich (siehe Doppelspaltexperiment), interessant ist aber, dass diese Interpretation die Verschränkung sogar postuliert, da es sonst du Inkonsistenzen mit der klassischen Physik führen würde, aber das ist ein anderes Thema. Aber ja zur Berechnung der Wahrscheinlichkeiten nutzen wir die Wellenfunktion mit Zustandsvektoren, Hilbertraum und allem was dazu gehört. Nicht zu vergessen: die Born'sche Regel. Aber Nein wie soeben erwähnt kann diese Interpretation, genausowenig wie alle anderen Interpretation keine eindeutig lokalisierten Detektorereignisse vorhersagen (Die MWI schließe ich da mit ein, da sie auch nicht erklären kann, welche Welt der Beobachter nach der Messung bekommt). Deshalb sprechen die Physiker an dieser Stelle gerne von einem objektiven Zufall. Sprich ein Zufall ohne Ursache. Die Unterscheidung zwischen objektiven und subjektivem Zufall wird in dieser Interpretation übrigens ein Fall für Occams Rasierklinge, also obsolet. Ich halte es für möglich, dass an dieser Stelle neue Erkenntnisse gewonnen werden können.
 
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TomS

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Freut mich mal wieder mit Dir zu plaudern, Tom :)
😉


Vorab: Mir ging es bei meinen Anmerkungen weniger um eine Kritik dieser Interpretation an sich, eher um eine Kritik des Ausgangspunktes: wenn man eine Interpretation in einen Kontext einordnet und dadurch motiviert, dann sollte man diesen Kontext nicht derart verzerrt darstellen.

1) Das einzige was vor der Messung existiert, ist die Wellenfunktion. Der Zustand ist somit unbekannt und unbestimmt.
Der Zustandsvektor ist im mathematischen Sinne äquivalent zur Wellenfunktion. Was du meinst ist, dass bestimmte klassische oder Messgrößen unbekannt sind. Ok.

2) Eine Messung ist nicht nur ein Einholen von neuer Information, sondern der Messprozess definiert die Realität.
Das ist eine philosophische Position, die man einnehmen kann. Diese ist weder inkonsistent noch falsch, aber auch nicht alternativlos. Wie gesagt, mich interessiert stattdessen, was tatsächlich geschieht.

Meines Erachtens bleibt nur eine große Frage offen: Nach welchem Selektionsmechanismus wird die eindeutige Zeigerpostion ausgewählt, sprich nach welchem Mechanismus wird ausgewählt, wo das nächste Elektron auf dem Detektorschirm landen wird. An dieser Stelle müssen wir uns noch mit dem Zufall begnügen.
Das ist ebenfalls eine philosophische Haltung. Im Falle des klassischen deterministischen Chaos wäre sie in der Praxis teilweise zutreffend, als fundamentale Position jedoch falsch.

Für das Messproblem sind verschränkte Zustände nicht erforderlich (siehe Doppelspaltexperiment), interessant ist aber, dass diese Interpretation die Verschränkung sogar postuliert, da es sonst du Inkonsistenzen mit der klassischen Physik führen würde, aber das ist ein anderes Thema.
Für eine einfache Formulierung des Messproblems sind verschränkte Zustände tatsächlich nicht erforderlich, allerdings treten sie im Formalismus unweigerlich auf, so dass jede Erklärung zum Messproblem diese angemessen berücksichtigen muss.

Aber Nein wie soeben erwähnt kann diese Interpretation, genausowenig wie alle anderen Interpretation keine eindeutig lokalisierten Detektorereignisse vorhersagen.
Eindeutig lokalisierten Detektorereignisse wären keine Konsequenz einer Interpretation sondern müssten aus realistischeren Modellen und verbesserten mathematischen Methoden folgen – siehe das Programm der TI – oder natürlich aus einer Änderung der QM selbst – siehe z.B. GRW, Penrose.

Deshalb sprechen die Physiker an dieser Stelle gerne von einem objektiven Zufall.
Dieser Sprachgebrauch ist mit Vorsicht zu genießen, da der objektive Zufall keine objektive Tatsache ist sondern eine Hypothese bzw. eine subjektive Meinung.

Wie gesagt, derartige Interpretationen im Sinne von "Kopenhagen 2.0" interessieren mich nicht, weil sie unsere aktuell limitierte Erkenntnis als objektive Wahrheit verkaufen, ohne dass dafür überzeugende Belege präsentiert würden. Ich finde es jedenfalls interessanter, zu versuchen, dieses Rätsel zu lösen – und dabei ggf. zu scheitern – anstatt es als Dogma im Sinne "Bohr 2.0" zu bewahren.

Meine Frage,
wie man auf dieser Basis eindeutige und lokalisierte Detektorereignisse in Übereinstimmung mit unseren Beobachtungen berechnen kann.
wird jedenfalls von all diesen Interpretationen ignoriert. Es wird stillschweigend angenommen, dass es unmöglich ist, dabei wäre es viel spannender, z.B. explizite no-go Theoreme gegen die TI abzuleiten.
 
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TomS

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Ich habe an der Stelle eine Frage, bei denen ihr – @SuperpositionSimon und @ralfkannenberg – mir evtl. weiterhelfen könnt:

In der Physik werden deterministische und stochastische Dynamik als Gegensatz aufgefasst, obwohl dies m.E. falsch ist, da deterministische Prozesse als Spezialfall für spezielle Wahrscheinlichkeitsmaße verstanden werden können.

Gibt es in der Mathematik einen größeren formalen Rahmen, innerhalb dessen beide als Spezialfälle erscheinen? Oder gibt es mathematische Modelle, die man als Dynamiken auffassen kann, die weder deterministisch noch stochastisch sind, in denen z.B. kein Wahrscheinlichkeitsmaß existiert?
 

TomS

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The point I want to insist on is that whatever the status we give to the state vector (whether it is directly representing the real physical state of the system or it represents the knowledge that the observer has of the system or the belief that the agent has in order to make future predictions or anything else) we have to take into account that it is mandatory to notice that the result that the observer gets from the act of measurement is not something pre-existing but is created during the measurement.
Das kann seit den Überlegungen zur Dekohärenz unter Einbeziehung von Messgerät, Umgebung, Beobachter ... niemand konsistent in Zweifel ziehen: das, was der Beobachter wahrnimmt, ist in einem Zustandsvektor (oder Dichteoperator) kodiert, der die Freiheitsgrade des Beobachters enthält. Alles andere ist im Sinne von "the state vector representing the real physical state of the system" völlig sinnlos. Ich kann nicht behaupten, dass der Zustandsvektor die Realität repräsentiert, und gleichzeitig einen Teil der Realität ausblenden. Ist das jetzt ein Strohman-Argument des Autors? Gegen eine völlig sinnlose Interpretation?

Das Problem ist doch "nur", dass eine schlüssige Interpretation für genügend einfache und daher lösbare Modelle zur MWI führt.

The epistemic status does not face the same problems [... many well-known paradoxes of the quantum formalism]. Nevertheless we cannot be satisfied with this sole fact. To claim to have completely solved the problems associated with the formalism it remains necessary to analyse precisely what a measurement is ...
Stimmt.

An observer who makes a measurement of a property therefore performs an action that has the effect of creating the value obtained, and does so in a non-deterministic way following a contextual probability calculation. An observation or a measurement is not a passive action to witness something that is a pre-existing state of affairs but on the contrary it is an action that contributes to create the result that is observed.
Zustimmung, außer zu dem hervorgehobenen Teil. Warum muss das so sein? Mir scheint, dass der Autor an genau dieser Stelle die Trennung zwischen Ereignis und dessen Beobachtung, die er zuvor noch vehement ablehnt, implizit weiterhin beibehält.

Indeed, as we have seen, for several reasons, including the contextuality of quantum mechanics, it is not permissible to think that the result of a measurement pre-exists the measurement, or that the event constituted by this measurement occurred spontaneously and that the observer plays a passive role in recording a pre-existing fact. And this is true both for ontic interpretations, where the state vector is supposed to represent reality, and for epistemic representations, where it is merely a representation of information, belief, etc. So let's forget for a moment the question of the state vector and ask ourselves about the occurrence of the event itself.
Spätestens jetzt wäre es zwingend notwendig, zu klären, welche Freiheitsgrade der Zustandsvektor umfasst – auch die des Beobachters?

As we are going to see below, QBism, on the other hand, postulates that the measurement result is created by the agent's action, that it constitutes his or her personal experience … After all, phenomenology tells us that only first-person experience should form the basis of our understanding of the world, and that the way in which this experience is formed is not something we can detail.
Was bedeutet der letzte Teil?

QBism can essentially roughly be summed up in two main theses. The first is that it gives primacy to the personal experience of each agent, which is the only thing that is directly accessible. The result of a measurement is then nothing else than the experience of the agent making the measurement. The second is the fact that the quantum formalism (in particular state vectors) does not directly represent reality, but is merely a tool that agents use to calculate the probability of their future experiences, and that is based on a personal (and therefore subjective) estimate of the agent's beliefs as a function of his knowledge of the past.
Solange die Frage des Heisenbergschen Schnitts nicht geklärt ist, bleibt das alles "pointless".

DeBrota and Stacey schrieb:
A “quantum measurement” is an act that an agent performs on the external world. A “quantum state” is an agent’s encoding of her own personal expectations for what she might experience as a consequence of her actions. Moreover, each measurement outcome is a personal event, an experience specific to the agent who incites it … The hypothesis that there is an external world, not dependent on human minds, made of something, is so obviously useful and so strongly confirmed by experience down through the ages that we can say without exaggerating that it is better confirmed than any other empirical hypothesis … For a QBist, the basic subject matter of quantum theory is an agent’s interactions with the outside world; the formalism of quantum theory makes no sense otherwise.
Das ist m.E. völlig inkonsistent.

Einerseits wird behauptet, das subjektive Ergebnis einer Messung sei insbs. eine Folge der Durchführung der Messung, andererseits wird gerade die Durchführung der Messung nicht betrachtet.

Ich bin jetzt bis zum Ende des dritten Abschnitts gelangt und kann dem hier
The problem is that it is difficult to give a meaning to this.
leider nur zustimmen.
 
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SuperpositionSimon

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In der Physik werden deterministische und stochastische Dynamik als Gegensatz aufgefasst, obwohl dies m.E. falsch ist, da deterministische Prozesse als Spezialfall für spezielle Wahrscheinlichkeitsmaße verstanden werden können.

Gibt es in der Mathematik einen größeren formalen Rahmen, innerhalb dessen beide als Spezialfälle erscheinen? Oder gibt es mathematische Modelle, die man als Dynamiken auffassen kann, die weder deterministisch noch stochastisch sind, in denen z.B. kein Wahrscheinlichkeitsmaß existiert?
Dieser scheinbare Gegensatz ist in dieser Interpretation hinfällig, da jede Wahrscheinlichkeit auf den Informationsmangel des Beobachters zurückzuführen ist. Der Notwendigkeit eines Heisenberg - Schnitts, der den Übergang zwischen der probabilistischen Quantenmechanik und der deterministischen klassischen Physik definiert ist, ist in dieser Interpretation ebenfalls hinfällig. Diese Interpretation postuliert eine uneingeschränkte Gültigkeit der Gesetze der Quantenmechanik und steht nicht mit den Gesetzen der klassischen Physik im Widerspruch. In meiner Arbeit habe ich dazu ein extra Kapitel erstellt inkl. Rechenbeispiel, wollte das Kapitel schon hier reinstellen, aber die Latex Formeln werden hier leider nicht angezeigt.
 

TomS

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Dieser scheinbare Gegensatz ist in dieser Interpretation hinfällig …
Die Frage bezog sich nicht auf eine spezielle Interpretation. Ob das hinfällig ist oder nicht, kann man erst bewerten, wenn man eine allgemeinere Dynamik untersucht hat; diese müsste aber dann nicht der der QM entsprechen, von daher wäre es höchst relevant.

Diese Interpretation postuliert eine uneingeschränkte Gültigkeit der Gesetze der Quantenmechanik.
Welche Interpretation? Diese hier
A quantum measurement is an act that an agent performs on the external world. A quantum state is an agent’s encoding of her own personal expectations for what she might experience as a consequence of her actions.
trennt ganz offensichtlich in Agent und externer Welt.

Wäre die Quantenmechanik universell gültig, so müsste sie natürlich auch für das Subsystem des Agenten gelten, d.h. aber für jeden beliebigen Heisenbergschen Schnitt H und damit jede beliebige Zerlegung eines abgeschlossenen Systems wie des gesamten Universums in externe Welt W(H) und Agent A(H).

Wie wird dies mathematisch formuliert und bewiesen?
 
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SuperpositionSimon

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trennt ganz offensichtlich in Agent und externer Welt.
Ja stimmt, das ist aber die klassische Auffassung der Vertreter von Qbism. Der Autor von Consol und ich distanzieren uns davon:

In ConSol only first person statements are allowed. That implies that each sentence has to
be attached to one unique observer; i.e. it must be indexed by an observer. The consequence is
that it is meaningless to speak of the possibility that two observers can share a perception, a
result or even worse a part of reality. Each observer lives in her own world and there is no
commensurability between two observers’ worlds. This is why ConSol is maximally
perspectival even though it is convivial.
It seems to me that this should also be the logical conclusion that QBism implies. But
strangely enough, QBists are not keen to go that far and even though what they say on this
subject is far from clear, they seem to be willing to keep the possibility to consider shared
knowledge or a shared reality.

I don’t find these different claims very consistent between them and I assume that it is only
by shyness that QBists want to conserve a minimum kind of a traditional vision of the world
which is not the case for ConSol.
 
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TomS

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Das ändert nichts daran, dass das Ich = der subjektiv ausgezeichnete Agent von einem Heisenberg-Schnitt abhängt.

Und es erzwingt genau das, was ich oben schrieb, dass wenn die Quantenmechanik universell gültig ist, sie auch für mich = für mein Gehirn o.ä. gelten müsste. Und natürlich auch für andere Agenten, die durch andere Schnitte definiert sind.

Damit bleibt das, was ich oben sagte, oder deine etwas andere Sichtweise, weiterhin mathematisch zu formulieren und beweisen. Wie machst du das?

Es sollte klar sein, dass wenn man auf den Schnitt verzichtet, die Dekohärenz und die MWI aus dem Kasten springt. Irgendwie muss sich daran also etwas ändern. Wie genau geht das vor sich?
 
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SuperpositionSimon

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Das ändert nichts daran, dass das Ich = der subjektiv ausgezeichnete Agent von einem Heisenberg-Schnitt abhängt.
Hier ein Auszug meiner noch nicht veröffentlichten Arbeit:
Es bedarf keiner Definition eines heisenbergschen Schnitts, der die Grenze zwischen der Quanten- und der klassischen Welt definiert. Dies impliziert, dass die Quantenmechanik universell gültig ist und nicht nur auf mikroskopische Systeme beschränkt ist. Die Notwendigkeit, zwischen einem quantenmechanischen und einem klassischen Beschreibungsregime zu unterscheiden, entfällt, da alle physikalischen Systeme, unabhängig von ihrer Größe, durch die Prinzipien der Quantenmechanik beschrieben werden können. Demnach befinden sich Systeme, für die dem Beobachter keine ausreichenden Informationen vorliegen, in einem Zustand der Superposition, unabhängig davon, ob es sich um mikroskopische oder makroskopische Systeme handelt.
"Wir hatten ja beim Doppelspalt gesehen, dass, wann immer es zwei oder mehr Möglichkeiten eines Zustandes eines Quantensystems gibt, und wenn keinerlei Information darüber existiert, welcher der beiden Zustände tatsächlich vorliegt, wir mit einer Superposition zu rechnen haben" \citep[p.131]{2}.
"Nirgendwo in der Theorie kommt vor, dass Superpositionen prinzipiell nur für sehr kleine Systeme, sehr kleine Teilchen etc. möglich wären \citep[p.155]{2}.

Damit bleibt das, was ich oben sagte, oder deine etwas andere Sichtweise, weiterhin mathematisch zu formulieren und beweisen. Wie machst du das?
Das ist eine Interpretation der Quantentheorie die folgende Axiome aus (https://arxiv.org/pdf/2206.10445) erfüllt:
Axiom 1 The state of a system is described by a vector |Ψ〉 in
a Hilbert space H .
Axiom 2 Observables are described by Hermitian operators
ˆO. Possible measurement outcomes correspond to one of the
mutually orthogonal eigenvectors of the measurement observ-
able |OI 〉.
Axiom 3 In the absence of a measurement, the time-evolution
of the state is determined by the Schr¨odinger equation
i∂t|Ψ〉 = ˆH|Ψ〉.
Axiom 4 (Collapse Postulate) In the event of a measure-
ment, the state of the system is updated to the eigenvector that
corresponds to the measurement outcome |Ψ〉 → |OI 〉.
Axiom 5 (Born’s Rule) The probability of obtaining out-
come |OI 〉 is given by |〈Ψ|OI 〉|2.
Axiom 6 The state of a composite system is described by a
vector |Ψ〉 in the tensor product of the Hilbert-spaces of the
individual systems.
Aufgabe einer Interpretation ist es nicht weitere Formalismen zu erschaffen, wenn nicht erforderlich, sondern die Phänomene widerspruchsfrei zu erklären. Diese Interpretation ist nach wie vor die einzige mir bekannte, die das Messproblem widerspruchfrei löst. Wer einen Widerspruch entdeckt, immer her damit.
We show that no current interpretation of quantum mechanics solves the problem, and that, being interpretations rather than extensions of quantum mechanics, they cannot solve it. (Quelle: https://arxiv.org/pdf/2206.10445)

Es sollte klar sein, dass wenn man auf den Schnitt verzichtet, die Dekohärenz und die MWI aus dem Kasten springt. Irgendwie muss sich daran also etwas ändern. Wie genau geht das vor sich?
Was genau meinst du damit? Dass eine physikalische Wechselwirkung mit der Umgebung unabhängig von einem Beobachter zum Kollaps der Wellenfunktion führt, halte ich seit den Erkenntnissen aus den delayed choice Experimenten für widerlegt. Viel Interessanter finde ich die viele Welten Interpretation. Auch dazu habe ich in meiner noch nicht veröffentlichten Arbeit ein Unterkapitel verfasst:

Die Ansätze der vielen Welten Interpretation unterscheiden sich grundlegend von dieser Interpretation. Im folgenden Kapitel wird erläutert, warum die MWI (many worlds interpretation) dennoch mit dieser kompatibel ist.
Die wesentlichen Unterschiede sind wie folgt:
1) Die MWI (many worlds interpretation) verzichtet auf den Kollaps der Wellenfunktion, da alle möglichen Zustände in parallelen Universen realisiert werden
2) Die MWI ist vollständig deterministisch. Es gibt keine unbestimmten Zustände.

Diese scheinbaren Gegensätze lassen sich jedoch folgendermaßen auflösen:
Wie gezeigt wurde, reduziert diese Interpretation die Definition von physikalischer Existenz auf das Vorhandensein der Wellenfunktion. Die Annahme, dass außerhalb der Wahrnehmung des Beobachters Materie im klassischen Sinne existiert ist mit dieser Interpretation nicht kompatibel bzw. ist nicht von Relevanz, da dies nicht gegen die Definition von physikalischer Existenz verstößt, sondern lediglich gegen die menschliche Intuition. Außerhalb der eigenen Wahrnehmung existiert das Universum nur noch als Wellenfunktion. Durch den Messprozess wird wahrscheinlichkeitsabhängig, jedoch nach aktuellem Wissenstand zufällig, der Zweig definiert, den der Beobachter erlebt. Ein anderer Beobachter könnte entsprechend einem anderen Zweig zugeordnet sein. Aus Sicht des Beobachters ist der Zustand der Eigenwerte der Observablen vor der Messung unbestimmt, da der Messprozess selbst einen der möglichen wahrnehmbaren Eigenwerte definiert. Objektiv betrachtet sind jedoch alle möglichen Zweige in Form der Wellenfunktion vorhanden, was mit dem deterministischen Ansatz der Viele-Welten-Interpretation übereinstimmt. Die postulierten vielen Welten existieren daher ebenfalls nur als mathematisches Konstrukt der Wellenfunktion. Ob die Wellenfunktion dabei ein Elektron, eine Katze, ein Universum oder viele Universen umfasst ist nicht relevant.
Diese Interpretation führt die Konzepte der gängigsten Interpretationen, wie der Kopenhagener Deutung, QBism und der Viele-Welten-Interpretation, in ein konsistentes Gesamtkonzept zusammen.
 

TomS

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Du hast diese Problematik schön formuliert:
Es bedarf keiner Definition eines heisenbergschen Schnitts, der die Grenze … da alle physikalischen Systeme, unabhängig von ihrer Größe, durch die Prinzipien der Quantenmechanik beschrieben werden können. Demnach befinden sich Systeme, für die dem Beobachter …
Also behauptest du, dass kein Schnitt notwendig ist, führst ihn jedoch ein, indem du zwischen Systemen und Beobachtern trennst.

Das muss nicht inkonsistent sein, aber du muss mathematisch formulieren, wie du diese potentiell unendlich vielen Schnitte definierst. Deswegen nochmal meine Frage nach dieser mathematischen Formulierung.

Was genau meinst du damit? mm
Ich meine damit, dass für einfache abgeschlossene Systeme mathematisch sicher kein Kollaps und damit kein eindeutiges Messergebnis resultiert; alles was darüber hinausgeht, bedarf einer Zusatzannahme. Wenn im QBism ein Kollaps als Update der Information des Beobachters vorkommt, dann stammt dieser Kollaps sicher nicht aus der unitären Dymamik.

Ich würde das alles gerne anhand konkreter Rechnungen bewerten können.
 
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SuperpositionSimon

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Also behauptest du, dass kein Schnitt notwendig ist, führst ihn jedoch ein, indem du zwischen Systemen und Beobachtern trennst.

Das muss nicht inkonsistent sein, aber du muss mathematisch formulieren, wie du diese potentiell unendlich vielen Schnitte definierst. Deswegen nochmal meine Frage nach dieser mathematischen Formulierung.

Der klassische Heissenbergsche Schnitt definiert den Übergang zwischen Mikrokosmos = Materie hat vor der Messung keine eindeutige Wertdefiniertheit zum Makrokosmos = Materie hat immer eine eindeutige Wertdefiniertheit. Nachdem Systeme in dieser Interpretation vor der Messung unabhängig von der Systemgröße keine Wertdefiniertheit besitzen, ist der Heisenbergsche Schnitt obsolet.

Wo ich dir aber recht gebe, ist, dass diese Interpretation (und auch keine andere mir bekannte Interpretation) noch keine Antwort darauf gibt, welche Schritte im Detail durchlaufen werden, wenn eine Messung durchgeführt wird. Das wird vermutlich auch erst möglich, wenn das Bewusstsein besser erforscht ist. Die Forschung widerum könnte durch eine idealistischere Sichtweise evtl. beschleunigt werden, wozu wiederum diese Interpretation nützlich sein könnte, wenn sie denn breiteren Anklang in der Wissenschaft findet.

Soweit kann ich an dieser Stelle auch nur spekulieren, dass es der Prozess ähnlich wie in einem Videospiel abläuft (Siehe Post #79):
1.Lade den Algorithmus: Der Computer lädt den Quellcode des Videospiels, der den Algorithmus enthält, um den Mond zu erstellen und darzustellen.
2.3D-Modellierung: Das 3D-Modell des Mondes wird anhand der berechneten geometrischen Formen und Daten erstellt.
3.Texturierung: Die zuvor geladenen Texturen werden auf das 3D-Modell projiziert, um dem Mond Farben, Muster und Details zu verleihen.
4.Physiksimulation: Der Mond erhält die physikalischen Eigenschaften und Bewegungsparameter, die ihn realistisch in der Spielumgebung wirken lassen.
5.Rendering: Der Computer berechnet das finale Erscheinungsbild des Mondes durch Beleuchtungsberechnungen, Schattierung und Texturierung.
6.Anzeige auf dem Monitor: Das fertige 3D-Modell des Mondes wird auf dem Monitor angezeigt und zusammen mit anderen Elementen der Spielwelt gerendert.
7.Spielerinteraktion: Der Spieler kann nun den Mond in der Spielwelt sehen und je nach Spielmechanik damit interagieren.

Ich meine damit, dass für einfache abgeschlossene Systeme mathematisch sicher kein Kollaps und damit kein eindeutiges Messergebnis resultiert;
Das ist konsistent mit dieser Interpretation.

Wenn im QBism ein Kollaps als Update der Information des Beobachters vorkommt, dann stammt dieser Kollaps sicher nicht aus der unitären Dymamik.
Korrigiere mich wenn ich falsch liege, aber betrachtet man das radioaktive Atom von Schrödingers Katze, ändern sich die Amplituden der Wellenfunktion und damit auch die Wahrscheinlichkeit im Laufe der Zeit zugunsten eines zerfallenen Atoms (Schrödingergleichung). D.h. der Beobachter hat auch vor der Messung die Information bzgl. der Halbwertszeit des Atoms und kann Aussagen über die Wahrscheinlichkeiten treffen (zerfallen / nicht zerfallen).
 

TomS

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Der klassische Heissenbergsche Schnitt definiert den Übergang zwischen Mikrokosmos = Materie hat vor der Messung keine eindeutige Wertdefiniertheit zum Makrokosmos = Materie hat immer eine eindeutige Wertdefiniertheit. Nachdem Systeme in dieser Interpretation vor der Messung unabhängig von der Systemgröße keine Wertdefiniertheit besitzen, ist der Heisenbergsche Schnitt obsolet.
Wie erhältst du in deiner Interpretation Werte-Definiertheit?

Welche Freiheitsgrade umfasst der vom Agenten betrachtete Quantenzustand? Wenn nicht auch die des (oder aller) Agenten, dann definiert dies einen (ggf. viele unterschiedliche) Schnitte, Subsysteme, Projektion auf Teil-Hilberträume ... nenne es, wie du willst.

Noch bessre wären Formeln 🙃

Wo ich dir aber recht gebe, ist, dass diese Interpretation (und auch keine andere mir bekannte Interpretation) noch keine Antwort darauf gibt, welche Schritte im Detail durchlaufen werden, wenn eine Messung durchgeführt wird.
Die Dekohärenz und die MWI tut genau dies (für vermutlich zu einfache Modelle und mit dem bekannten Ergebnis).

Korrigiere mich wenn ich falsch liege, aber betrachtet man das radioaktive Atom von Schrödingers Katze, ändern sich die Amplituden der Wellenfunktion und damit auch die Wahrscheinlichkeit im Laufe der Zeit zugunsten eines zerfallenen Atoms (Schrödingergleichung).
Ja.

D.h. der Beobachter hat auch vor der Messung die Information bzgl. der Halbwertszeit des Atoms und kann Aussagen über die Wahrscheinlichkeiten treffen (zerfallen / nicht zerfallen).
Das ist aber keine Beobachtung, und kein Kollaps als Update der Information.
 

SuperpositionSimon

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Wie erhältst du in deiner Interpretation Werte-Definiertheit?
Und wieder entlockst du mir einen Auszug aus meiner Arbeit:
Wie in den vorherigen Kapiteln erläutert, postuliert diese Interpretation, dass der Informationsmangel des Beobachters zu superponierten Zuständen führt (unbekannt = unbestimmt). Nach aktuellem Stand wird dieses Postulat als uneingeschränkt gültig angesehen. Dieses Postulat umfasst also auch makroskopische Systeme wie z.B. Katzen und ist für jeden Informationsmangel des Beobachters anzuwenden. Letztlich werden in dieser Interpretation lediglich die Erkenntnisse der Quantentheorie in denen ein System durch den Messprozess Wertdefiniertheit erlangt auf den Makrokosmos übertragen. Für das Gedankenexperiment von Schrödingers Katze bedeutet das, dass es völlig egal ist, ob man die Katze mit einem radioaktiven Atom oder ohne Nahrung in eine Box sperrt. Sobald der Beobachter einen Informationsmangel hat, befindet sich die Katze in einem Superpositionszustand. Gleiches gilt auch für das Gewicht, die Haarfarbe oder die Größe der Katze, deren Eigenschaften vor der Messung keine Wertdefiniertheit besitzen. Generell kann man also sagen, dass diese Interpretation postuliert, dass nichts außerhalb der eigenen Wahrnehmung Wertdefiniertheit besitzt. Selbst innerhalb der eigenen Wahrnehmung besitzen nur die wahrnehmbaren Größen definierte Eigenschaften und diese vermeintlich scharfen Eigenwerte unterliegen ebenso wahrscheinlichkeitsabhängigen und somit superponierten Toleranzen. Beobachtet man beispielsweise einen Stein erlangen viele Eigenschaften wie z.B. Größe und Farbe Wertdefiniertheit. So wird durch die Beobachtung definiert, wie groß der Stein in etwa ist. Dennoch sind die exakten Messwerte des Steins weiterhin unbekannt und unbestimmt. Eigenschaften, die nicht wahrgenommen werden, bleiben hingegen in einem superponierten Zustand. Ein Beispiel hierfür wäre die Temperatur des Steins. Zusammenfassend handelt es sich somit nur um eine gewöhnliche stochastische Wahrscheinlichkeitsrechnung mit dem Unterschied, dass unbekannte Zustände auch als unbestimmt angenommen werden. Eine Unterscheidung zwischen quantenmechanischen Wahrscheinlichkeiten und gewöhnlichen Wahrscheinlichkeiten ist hiermit obsolet. Mehr dazu siehe Kapitel \ref{Wahrscheinlichkeiten}.

Die Dekohärenz und die MWI tut genau dies (für vermutlich zu einfache Modelle und mit dem bekannten Ergebnis).
Da bin ich jetzt gespannt. Nach meinem aktuellen Stand behaupten die Vertreter der Dekohärenz, dass die Wechselwirkung mit der Umgebung zum Kollaps der Wellenfunktion führt. Auch hier fehlt mir jegliche Begründung, wie hier der genaue Prozess ist, der zum Kollaps der Wellenfunktion führt. Warum sollte beispielweise das radioaktive Atom von Schrödingers Katze definierte Werte annehmen, wenn es mit einem Luftmolekül wechselwirkt? Wo wird mathematisch die Abhängigkeit zu einer Systemgröße definiert und bewiesen?
Wie lässt sich ferner das delayed Choice Experiment erklären, wenn die Wechselwirkung mit makroskopischen Objekten stattgefunden hat sich aber das Interferenzmuster wiederherstellen lässt, wenn man die Information nachträglich entfernt, welchen Weg das Teilchen genommen hat?

Bei der MWI ist der Prozess auch völlig unklar, wie und warum die parallelen Universen gebildet werden und warum man nur eine der vielen Welten erlebt. Geschweige denn welche der vielen Welten man selbst erlebt. Wenn das ganze nur bei einer "Quantenmessung" passiert muss ein Heisenberg Schnitt definiert werden. Wo genau liegt der und wovon hängt er ab?

Das ist aber keine Beobachtung, und kein Kollaps als Update der Information.
Nein hab ich auch nicht behauptet, aber meines Erachtens konsistent mit der zeitlichen Änderungen der Wellenfunktion gemäß der Schrödinger Gleichung --> Auch nur ein Informationsmangel dessen Wahrscheinlichkeit sich im Laufe der Zeit ändert.
 
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TomS

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Und wieder entlockst du mir einen Auszug aus meiner Arbeit:
Und wieder zeigst du, dass die Behauptung, die Quantenmechanik sei universell gültig, nicht zutrifft, da du über Systeme und Beobachter völlig unterschiedlich sprichst 🙃

Da bin ich jetzt gespannt. Nach meinem aktuellen Stand behaupten die Vertreter der Dekohärenz, dass die Wechselwirkung mit der Umgebung zum Kollaps der Wellenfunktion führt.
Nein, das ist falsch. Die Dekohärenz führt nicht zu einem Kollaps, sie führt zu einer dekohärenten Superposition ohne Kollaps - daher dann viele Welten.

Bei der MWI ist der Prozess auch völlig unklar, wie und warum die parallelen Universen gebildet werden und warum man nur eine der vielen Welten erlebt.
Nein, das ist für lösbare (aber daher vermutlich zu simple) Modelle völlig klar.

Geschweige denn welche der vielen Welten man selbst erlebt.
Da die eigenen Freiheitsgrade Bestandteil des Hilbertraumes sind, verzweigt man selbst in alle diese Welten und beobachtet in jeder dieser Welten genau das, was die jeweilige Komponente der Dichtematrix kodiert.

Wenn das ganze nur bei einer "Quantenmessung" passiert muss ein Heisenberg Schnitt definiert werden. Wo genau liegt der und wovon hängt er ab?
Die MWI kennt keinen solchen Schnitt. Das ist gerade der Witz dabei.
 

SuperpositionSimon

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Und wieder zeigst du, dass die Behauptung, die Quantenmechanik sei universell gültig, nicht zutrifft, da du über Systeme und Beobachter völlig unterschiedlich sprichst 🙃
Das ist ja ein Ding, jeder Vertreter seiner Interpretation behauptet, es gebe keinen Heisenbergen - Schnitt und jeder Kritiker behauptet das Gegenteil. Ich versuche mal das Missverständnis aufzuklären.

Ich meiner Interpretation sind Systeme unabhängig von Ihrer Größe in einem Zustand der Superposition solange dem Beobachter die Information darüber fehlt. Mit der Aussage die Quantenmechanik sei universal gültig ist gemeint, dass damit sowohl ein Elektron als auch eine Katze den Zustand der Superpostion annehmen (sofern dem Beobachters die Information fehlt) und die Gesetze der klassischen Physik parallel zu den Gesetzen der Quantenmechanik widerspruchsfrei Anwendung finden. Deshalb vertrete ich nach wie vor den Standpunkt, dass ein Heisenberg - Schnitt obsolet ist.

Also behauptest du, dass kein Schnitt notwendig ist, führst ihn jedoch ein, indem du zwischen Systemen und Beobachtern trennst.
In meiner Interpretation gibt es einen Übergang zwischen einem System, dass sich im Zustand der Superposition befindet zu einem System mit konkreten Werten. Dieser Übergang ist aber nicht der Heisenberg Schnitt, sondern eine Messung.

Die MWI kennt keinen solchen Schnitt. Das ist gerade der Witz dabei.
Die MWI postuliert, dass bei einer "Quantenmessung" mehrere Welten entstehen. Es erfolgt dabei kein Kollaps der Wellenfunktion, sondern alle möglichen Eigenwerte (werden in parallelen Universen realisiert). Die Frage ist jetzt, bei welcher Messung entstehen parallele Universen und bei welcher nicht. Messe ich beispielsweise im Doppelspaltexperiment durch welchen Spalt das Teilchen fliegt, entsteht ein Universum in dem das Teilchen durch den oberen und eins in dem das Teilchen durch den unteren Spalt geflogen ist. Lasse ich die Teilchen nun immer größer werden und erreiche irgendwann die Größe eines Fußballes, ist das doch keine Quantenmessung mehr, sondern eine ganz gewöhnliche Messung in der keine neue Universen gebildet werden. Das widerum bedeutet aber, dass dazwischen irgendwo eine Systemegröße erreicht wird, wo keine parallelen Universen mehr geschaffen werden. Das ist meines Erachtens der Heisenberg Schnitt.
 

TomS

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Ich meiner Interpretation sind Systeme unabhängig von Ihrer Größe in einem Zustand der Superposition solange dem Beobachter die Information darüber fehlt. Mit der Aussage die Quantenmechanik sei universal gültig ist gemeint, dass damit sowohl ein Elektron als auch eine Katze den Zustand der Superpostion annehmen (sofern dem Beobachters die Information fehlt) und die Gesetze der klassischen Physik parallel zu den Gesetzen der Quantenmechanik widerspruchsfrei Anwendung finden.
Klar.

Deshalb vertrete ich nach wie vor den Standpunkt, dass ein Heisenberg - Schnitt obsolet ist.
Du trennst zwischen System und Beibachter und führst damit einen Schnitt ein. Nenne ihn, wie du willst, das ist gleichgültig. Aber er ist da!

Oder werden die Freiheitsgrade des Beobachters quantenmechanisch beschrieben?

Dieser Übergang ist aber nicht der Heisenberg Schnitt, sondern eine Messung.
Klar.

Aber werden die Freiheitsgrade des Messgerätes quantenmechanisch beschrieben?

Die MWI postuliert, dass bei einer "Quantenmessung" mehrere Welten entstehen.
Sie postuliert das nicht, sie akzeptiert, dass auch nach einer Messung der vollständige und unprojizierte Zustand die Realität beschreibt.

Die Frage ist jetzt, bei welcher Messung entstehen parallele Universen und bei welcher nicht. Messe ich beispielsweise im Doppelspaltexperiment durch welchen Spalt das Teilchen fliegt, entsteht ein Universum in dem das Teilchen durch den oberen und eins in dem das Teilchen durch den unteren Spalt geflogen ist. Lasse ich die Teilchen nun immer größer werden und erreiche irgendwann die Größe eines Fußballes, ist das doch keine Quantenmessung mehr, sondern eine ganz gewöhnliche Messung in der keine neue Universen gebildet werden. Das widerum bedeutet aber, dass dazwischen irgendwo eine Systemegröße erreicht wird, wo keine parallelen Universen mehr geschaffen werden. Das ist meines Erachtens der Heisenberg Schnitt.
Die MWI besagt, das für alle abgeschlossenen Systeme beliebiger Größe – dabei jeweils eingeschlossen das Messgerät, Umgebungs-Freiheitsgrade, der Beobachter – die Dynamik der Quantenmechanik gilt. Daher gibt es keine prinzipielle Unterscheidung auf Basis von Systemgrößen, speziellen Systemen wie Beobachtern, Schnitten o.ä.

Es werden auch keine "parallelen Universen geschaffen". Es gibt einen Zustandsvektor, der dieser Interpretation zufolge immer die Realität vollständig repräsentiert. Dieser Zustandsvektor weist eine mathematische Struktur auf (Decoherence, Einselection …) die man anhand des Hamiltonians analysieren kann. Dieser Struktur hat de Witt den Namen "viele Welten" gegeben.

Die Many-Worlds-Interpretation ist eigentlich furchtbar einfach. Man eliminiert aus den bekannten Postulaten
  • das Projektionspostulat (= den Kollaps),
  • die Bornsche Regel (diese muss als Theorem abgeleitet werden)
  • und das Postulat, Messwerte entsprächen Eigenwerten (an diese Stelle tritt im Zuge der Lösung der Schrödingergleichung die Einselection auf Pointer States).
Jede andere Interpretation * ist komplizierter (bzw. nicht universell), weil sie mehr Postulate benötigt, zwischen beobachteten Systemen und Beobachtern unterscheidet (und letztere nicht quantenmechanisch behandelt).

* Evtl. liefert die Thermal Interpretation eine noch einfachere Lösung, aber dazu müsste man für eine große Klasse realistischer Systemen (insbs. Detektoren) zunächst zeigen, dass statt der o.g. Struktur (Decoherence) tatsächlich eindeutige Messergebnisse folgen; das ist ggw. nur eine Vermutung von Prof. Neumaier. Dann wäre die scheinbar stochastische Dynamik lediglich ein Artefakt des unbekannten Mikrozustandes des Messgerätes vergleichbar dem klassischen deterministischen Chaos. Und das Messproblem, der ganze Kram rund und Kopenhagen und die MWI wären ein großer historischer Irrtum.
 
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SuperpositionSimon

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Aber werden die Freiheitsgrade des Messgerätes quantenmechanisch beschrieben?
Aufgrund der Verschränkung werden die Freiheitsgrade des Messgeräts nicht unabhängig betrachtet:
Wie in Kapitel \ref{Beobachterrolle} erläutert, postuliert diese Interpretation dass der Informationsmangel des Beobachters zu superponierten Zuständen von Systemen führt. Diese Interpretation wäre inkonsistent, wenn Sie gegen etablierte Naturgesetze verstoßen würde. Das wäre jedoch der Fall, wenn die Messung den Zustand eines Systems definiert ohne dabei auch den Zustand eines davon abhängigen Systems zu definieren. Im Gedankenexperiment von Schrödingers Katze ist somit ein Postulat, dass es egal ist, ob das radioaktive Atom, der Geigerzähler, die Giftflasche oder die Katze beobachtet wird. Sobald eine Messung an einem der Objekte des Versuchsaufbau durchgeführt wird, erlangen auch alle anderen Objekte einen definierten Wert. Es bedarf also einem Postulat, das Situationen wie z.B. lebendige Katze und zerstörte Giftflasche vermeidet. Für Arbeiten, die dieses Postulat experimentell beweisen wurde Anton Zeilinger mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Es handelt es sich dabei um das Phänomen der Verschränkung.
Allgemein kann man also sagen, dass Systeme immer dann verschränkt sind, wenn naturwissenschaftliche Zusammenhänge bestehen. Das umfasst nicht nur die Physik, sondern auch die Biologie, Chemie etc. und findet unabhängig von der Systemgröße Anwendung. Kennt der Beobachter beispielsweise nicht den Betrag seiner Stromrechnung befindet sich dieser in einem superponierten Zustand. Um sich diese Information einzuholen, kann er entweder beim Energieversorger anrufen, oder das Kuvert mit der Stromrechnung öffnen. Durch den Anruf beim Energieversorger und Nennung des Rechnungsbetrages wird auch instantan der Betrag in dem Kuvert definiert. Streng genommen existiert der Rechnungsbetrag im Kurvert zu dem Zeitpunkt noch immer in einer Superposition, aber mit einer neuen Wahrscheinlichkeitsverteilung, da die unwahrscheinliche Möglichkeit besteht, dass der Mitarbeiter aus versehen oder absichtlich einen falschen Betrag genannt hat.
Damit lässt sich auch das Gedankenexperiment von Wigners Freund widerspruchsfrei auflösen.
 

TomS

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Aufgrund der Verschränkung werden die Freiheitsgrade des Messgeräts nicht unabhängig betrachtet:
Was bedeutet das?

Diese Interpretation wäre inkonsistent, wenn Sie gegen etablierte Naturgesetze verstoßen würde. Das wäre jedoch der Fall, wenn die Messung den Zustand eines Systems definiert ohne dabei auch den Zustand eines davon abhängigen Systems zu definieren. Im Gedankenexperiment von Schrödingers Katze ist somit ein Postulat, dass es egal ist, ob das radioaktive Atom, der Geigerzähler, die Giftflasche oder die Katze beobachtet wird.
Das ist eine Grundvoraussetzung, um Problemen wie Wigner's friend zu entgehen

Es ist aber nicht meine Frage. Diese lautet – wie bereits mehrfach geschrieben:

Werden die quantenmechanischen Freiheitsgrade des Messgerätes und des Beobachters selbst ebenfalls im Zustandsvektor kodiert?

Eine Formel dazu wäre gut.

Es bedarf also einem Postulat, das Situationen wie z.B. lebendige Katze und zerstörte Giftflasche vermeidet. Für Arbeiten, die dieses Postulat experimentell beweisen wurde Anton Zeilinger mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.
Behauptest du ernsthaft, Zeilinger hätte experimentell bewiesen, es dazu zwingend eines Postulates bedarf? Oder dass sein Postulat sicher zutreffend ist? Und die Dekohärenz damit sicher irrelevant? Die MWI falsch?

Auf welches konkrete Paper beziehst du dich da?
 
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