Der Absatz aus Wikipedia zeigt, dass der Autor leider recht wenig Ahnung hat!
Unterscheiden wir bitte zunächst klassische Mechanik und Quantenmechanik.
Klassische Mechanik
Hier gilt im weitesten Sinne die Hamiltonsche Mechanik. Dabei folgen die Bewegungsgleichungen für verallgemeinerte Orte q und Impulse p aus
dq/dt = {H,q} = h[SUB]q[/SUB](q,p)
dp/dt = {H,p} = h[SUB]p[/SUB](q,p)
Bei bekannten Anfangsbedingungen q(0), p(0) sind diese Gleichungen prinzipiell streng deterministisch für q(t), p(t) lösbar. Die exakte Kenntnis der Anfangsbedingungen scheitert nicht prinzipiell, sondern lediglich praktisch aufgrund der Messungenauigkeit. Chaos bedeutet lediglich, dass benachbarte Anfangsbedingungen nicht zu benachbarten Trajektorien führen, sondern dass letztere sich exponentiell voneinander entfernen. Dennoch sind die Trajektorien prinzipiell streng deterministisch.
Quantenmechanik
Ich könnte nun in der formal praktisch identischen Heisenbergdarstellung argumentieren, verzichte jedoch darauf, da du diese wahrscheinlich nicht kennst. Die Schrödingergleichung für einen Zustand |u> lautet
i d/dt |u> = H |u>
Diese wird formal gelöst durch den Zeitentwicklungsoperator
U(t,0) = e[SUP]-iHt[/SUP]
|ψ, t> = U(t,0) |ψ, 0>
Bei bekannten Anfangsbedingungen |ψ,0> ist die Schrödingergleichung prinzipiell streng deterministisch für |ψ, t> lösbar. Die exakte Kenntnis der Anfangsbedingungen scheitert wiederum nicht prinzipiell, sondern lediglich praktisch aufgrund der Messungenauigkeit bzw. der Präparation des Quantenzustandes |ψ, 0>.
Die Argumentation in der Wikipedia ist insofern falsch, als hier klassische Mechanik und QM vermischt werden. Es ist völlig unsinnig, klassisch zu argumentieren, jedoch bei den Anfangsbedingungen plötzlich die QM ins Spiel zu bringen. Und
wenn man die QM ins Spiel bringt, dann muss man sie
konsistent und
umfassend verwenden und die Anfangsbedingungen im Quantenzustand |ψ, t> formulieren, nicht in q und p! Letzteres ist Quatsch, und zwar nicht aufgrund der Heisenbergschen Unschärfenrelation, sondern aufgrund des Wesens der QM an sich; diese funktioniert einfach anders, als hier suggeriert wird.
Also: klassische Systeme klassisch betrachtet sind streng deterministisch; klassische Systeme irgendwie mit QM vermischt sind Quatsch; quantenmechanische Systeme sind im Bezug auf die Zeitentwicklung gemäß der Schrödingergleichung streng deterministisch; sie sind stochastisch gemäß der
Kollapsinterpretation, jedoch deswegen nicht chaotisch.
was macht eine andere Deutung als die Kopenhagener daran determinierter und besser messbar?
Gemäß der
Viele-Welten-Interpretation entfällt der stochastische Kollaps. Bei exakter Kenntnis der Anfangsbedingungen, d.h. des Quantenzustandes,
ist die QM global streng deterministisch, da die Schrödingergleichung universell gültig bleibt; die QM wird lediglich subjektiv = Zweig-lokal stochastisch
wahrgenommen.