Hallo Neon,
(ich komme etwas spät mit meiner Antwort, aber wegschmeißen wollte ich sie auch nicht.)
Zunächst mal, willkommen im Form.
Neon schrieb:
Jetzt hat einer meiner guten Kunpels erzählt, dass die Möglichkeit bestehen würde das die sogenannte Dunkle Materie einen großen Druck auf den Raum und die übrige Materie ausüben würde und dadurch würde die Schwerkraft entstehen.
Hm, wir hatten mal einen hier, der sowas behauptete. War aber nur seine Privatmeinung, die er nicht widerspruchsfrei erklären, nicht plausibel begründen und auch nicht sonst wie belegen konnte.
Ich verwende hier einige Ausdrücke, die in meinen Augen (teilweise) zur Allgemeinbildung gehören. Da Astrophysik aber mein Hobby und Strahlenphysik und Technik meine Profession ist, halte ich es für möglich, daß ich mit dieser Auffassung etwas Weltfremd bin. Wikipedia ist in diesen Fragen eine gute Adresse, bei der Du gute Erklärungen zu den von mir/uns verwendeten Namen finden kannst.
http://de.wikipedia.org/wiki/Wiki
Inzwischen sind hier einige Begriffe und Abkürzungen verwendet worden, die für Dich sehr wahrscheinlich völlig nichts-sagend waren, bei denen Du unter den hier verwendeten Abkürzungen auch bei Wiki nicht immer fündig werden wirst, schon gar nicht, wenn Du nicht weißt welche der zahlreichen Möglichkeiten gemeint gewesen sein könnten.
NS = Neutronenstern
BZ = BD = brauner Zwerg (brown Dwarf)
SL = BH = schwarzes Loch (black Hole)
WIMP = Weakly Interacting Massive Particles
MACHO = MAssive Compact Halo Object (Massives Kompaktes Halo-Objekt) Mit Halo ist hier der mehr oder minder kugelförmige äußere, sternenarme Bereich der Milchstraße gemeint, vielleicht 300.000 Lichtjahre Durchmesser.
DM = dunkle Materie.
Das ist, wie bereits gesagt, zunächst mal nur ein beschreibender Name. Man weiß nicht aus was dunkle Materie besteht. Es gab und gibt viele Ideen dazu (wie z.B. die oben erklärten Abkürzungen), aber noch keine davon konnte bisher meßtechnisch belegt werden, einige der Ideen sind aber inzwischen widerlegt. Es gibt massenhaft braune Zwerge, aber bei Weitem nicht genug. Es gibt massenhaft Neutronensterne, aber auch hier, bei weitem nicht genug. Bei den MACHO’s gibt es, belegt durch Microlensing (schau bei Wiki nach was das ist) zwar einige, aber auch hier, bei weitem nicht genug. Allerdings gibt es da zumindest noch eine theoretische Chance, daß es zahlreiche sehr massive (einige tausend Sonnenmassen) solcher Objekte gibt, die möglicherweise bereits in der Frühzeit des Universums entstanden sind, ohne daß sie, anders als Neutronensterne und stellare schwarze Löcher (stellar: aus Sternen entstanden) im Verlauf ihrer Existenz die chemische Zusammensetzung der Materie im Universum wesentlich beeinflußt haben. Diese Chance wird aber immer kleiner, je länger man nach Microlensing Ereignissen sucht, ohne jemals einen solch massiven MACHO zu finden.
Die beobachteten Tatsachen, die auf DM hinweisen hat Jonas bereits erklärt: Die Sterne in unserer Milchstraße, besonders die, die noch weiter weg vom Zentrum der Milchstraße sind als unsere Sonne, bewegen sich zu schnell. Die Kugelsternhaufen die unsere Milchstraße begleiten bewegen sich zu schnell aber auch die Sterne in diesen Kugelhaufen sind zu schnell.
Galaxien sind häufig in sogenannten Galaxienhaufen gruppiert und fallen umeinander herum, fast wie ein Mückenschwarm. Das kann man natürlich nicht live beobachten, dazu dauert es viel zu lange (hunderte Jahrmillionen) und wir können es gerade mal seit knapp 100 Jahren überhaupt beobachten. Aber wir können (extrem genau) messen, wie schnell sie sich auf uns zu oder von uns weg bewegen. Daraus kann man mit statistischen Verfahren die mittlere Geschwindigkeit solcher Objekte errechnen.
All diese Beobachtungen passen nicht zu der, durch ihre Leuchtkraft ermittelten Anzahl und Masse der Sterne, aus denen diese Objekte bestehen.
Ein Teil dieser Diskrepanz liegt sicher immer noch daran, daß wir nicht alles sehen können was sichtbar wäre, wenn wir näher dran wären und größere und bessere Teleskope hätten, aber es geht bei dieser Beobachtung nicht um einige zehn Prozent mehr oder weniger, sondern um etwa das vier bis sechsfache dessen, was wir bisher ‚sehen‘ können.
Ganz einverstanden bin ich mit Jonas‘ Auffassung zum Ignorieren des Problems nicht. Fritz Zwicky hat es bereits 1933 erkannt und die naheliegenden Schlüsse daraus gezogen.
Wiki schrieb:
Weiterhin wandte er 1933 als erster das Virialtheorem auf Galaxienhaufen an[1][2] und schloss so auf die Existenz von Dunkler Materie.
Virialtheorem ist eine der Grundlagen für das statistische Verfahren von dem ich oben geschrieben habe.
Um hier keine Mißverständnisse zu produzieren: Die Beschreibung die ich Dir hier aufgeschrieben habe, ist sehr stark vereinfacht. Aus dieser Vereinfachung den Schluß zu ziehen, daß man es sich bei der Beobachtung und der Suche nach der dunklen Materie genau so einfach gemacht hat, wäre völlig an den Tatsachen vorbei interpretiert.
Gravitation wird zur Zeit vereinfacht so beschrieben: Masse (=Energie) ‚sagt‘ dem Raum wie er sich zu krümmen hat und der gekrümmte Raum ‚sagt‘ der Masse/Energie wie und wohin sie sich zu bewegen hat, bzw. ihre Bewegung zu verändern hat. In dem Sinne ist Gravitation eine Scheinkraft oder auch eine Eigenschaft des Raumes, die er durch die Anwesenheit von Materie/Energie ‚aufgeprägt‘ bekommt.
Die Auffassung, daß Gravitation vergleichbar mit einem Druck ist, der in Richtung Materie wirkt, ist problematisch, weil er fest stehende Begriffe (Druck) mit neuer Bedeutung verwendet, die ohne entsprechende Erklärung sofort zu Mißverständnissen führen.
Druck hat seine Ursache in der (schnellen) Bewegung sehr vieler Gas-Atome/Moleküle. Die Kollision jedes einzelnen dieser Moleküle mit z.B. ihrer Behälterwand, verursacht den Druck. Der Druck steigt, wenn mehr Gas im Behälter eingeschlossen ist, weil dann mehr Atome/Moleküle in der gleichen Zeit auf die Behälterwände prallen und er steigt, wenn die Bewegungsgeschwindigkeit der Gas-Atome/Moleküle größer wird (ihre Temperatur ansteigt)
Wenn man jetzt für die Gravitation den Begriff Druck verwenden möchte, dann wechselt man damit (auch wieder unausgesprochen) den Bezugsort, den Blickwinkel. Was vorher ‚aktive Anziehung‘, verursacht durch Materie z.B. war, ist jetzt ‚passive Anziehung‘ für den Raum. Es ändert sich nichts, außer den Vorzeichen bei der Berechnung durch den Wechsel des Bezugsortes. Das hat aber mit Druck, im Sinne von Luftdruck, nichts mehr zu tun.
Herzliche Grüße
MAC