Erst mal vorab: Ich finde es sehr nutzbringend, diese Diskussion zu führen. Ich hoffe, dass sich dadurch niemand gelangweilt oder provoziert fühlt. Falls doch, möge man mir einen entsprechenden Hinweis zukommen lassen.
Bynaus schrieb:
In der Naturwissenschaft sind warum-Fragen aber doch letzlich immer "wie", "wordurch", "womit"-Fragen.
Ja, aber mit welcher objektiven Legitimation wird das „Warum“ mit dem „Wie“, „Wodurch“ oder „Womit“ gleich gesetzt? Die Naturwissenschaft sollte dann wenigstes so ehrlich sein, zuzugeben, dass sie die eigentlich nagende „Warum das alles?“-Frage nicht beantworten kann. Das scheint mir oft „vergessen“ zu werden (nicht bei allen Naturwissenschaftlern; es gibt mittlerweile viele, die in ihrer Disziplin nicht die alleinseligmachende Weisheitsquelle sehen).
Bynaus schrieb:
Das Universum hat, so wie es scheint, keinen "Zweck" - also sind "warum"-Fragen fehl am Platz.
Das ist eine mutige, kühne Aussage. Mir scheint, dass die Existenz des Universums durchaus einen „Zweck“ verfolgt, und bislang hat mich noch nichts vom Gegenteil überzeugen können. Ich gestehe aber zu, dass das eine reine Glaubensfrage ist (allerdings nicht unbedingt Religionsfrage).
Bynaus schrieb:
Und selbst wer glauben will, dass das Universum einen Zweck hat, kommt nicht darum herum, die anderen Fragen zu stellen. Das Universum lässt sich nicht in den Zeugenstand nehmen oder verhören: die Warum-Fragen darf man natürlich stellen: aber es wird nie jemand da sein, der sie befriedigend beantworten kann (denn in einem solchen Fall wäre die nächste Frage sofort: "und warum ist es diese Antwort und nicht jene oder jene?").
Einverstanden. Ich will ja auch keinem dumpfen Mystizismus das Wort reden. Naturwissenschaft ist natürlich unverzichtbar, um die Welt um uns herum schärfer wahrnehmen zu können. Aber, um ein Beispiel zu nennen, eine mir fremdartige Schrift schärfer zu sehen bringt mich u. U. dem Schritt näher, den Sinn dieser Schrift zu enthüllen – aber dieser Schritt ist damit noch nicht vollzogen. Die Botschaft, die hinter der Tatsache steht, dass das Universum nun mal existiert, bleibt nach wie vor verborgen, auch wenn man das Universum durch Naturwissenschaft besser „versteht“.
Bynaus schrieb:
[…] Deshalb ist es letztlich unerheblich, ob ein Virus oder ein RNA-Strang ein Lebewesen ist oder nicht: wir wollen die Prozesse verstehen, die zur Entstehung der heutigen Biosphäre beigetragen haben: Virus und RNA-Stränge haben darin ihren Platz: unabhängig davon, ob man ihnen nun die Ettikette "Lebewesen" umhängt oder nicht.
Das hieße dann ja, dass es im Grunde keinen Unterschied zwischen „lebendig“ und „nicht lebendig“ gibt oder uns Menschen die letztendliche Kompetenz fehlt, diesen Unterschied zu erkennen. Oder dass es doch zumindest eine Art Grauzone gibt zwischen dem, was eindeutig als ein Lebewesen bezeichnen kann und was nicht. Dann kann man aber auch sagen, dass „alles“ um uns herum eine Art „Leben“ führen könnte (eine Ansicht, die ich durchaus teilen würde). – Mal angenommen, eine Marssonde würde auf dem Roten Planeten „Etwas“ entdecken, das ein Äquivalent dieser Ursuppen-RNA wäre: Dürfen wir dann jubeln, dass wir doch nicht allein im All sind? Oder müssten wir enttäuscht sein, weil es eben doch kein „Leben“ ist? Warum also spähen wir das All so sehnsüchtig nach anderen Lebewesen aus, wenn wir noch nicht einmal objektiv beschreiben können, wonach wir eigentlich suchen? – Von daher denke ich, dass es bei der Definition, was ein Lebewesen ist, um weitaus mehr geht als um eine typisch menschlich „Etikettiersucht“ – es geht vielmehr ums Allesentscheidende.
Bynaus schrieb:
[…]Deshalb ist es auch so wichtig, nach ausserirdischem Leben (auf Mars, Europa, Titan, ausserhalb des Sonnensystems...) Ausschau zu halten: finden wir an diesen Orten Leben, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass Leben immer und überall existiert - wenn nicht, dann ist eher der "grosse Zufall" wahrscheinlich.
Siehe oben
Nach welcher Art Leben würdest du z. B. auf Europa suchen, wenn du die technschen und finanziellen Mittel hättest, um eine Forschungsreise dorthin zu schicken?
Bynaus schrieb:
Das "denke" ich selber auch - aber Gewissheit darüber kann es zum heutigen Zeitpunkt nicht geben.
Gerade deshalb ist es so wichtig zu definieren, was man unter „Leben“ überhaupt versteht, damit man weiß, wonach man sucht Denn: »Dem weht kein Wind, der keinen Hafen hat, nach dem er segelt.«