Hallo Garfield,
mit der Zeit habe ich auch so meine Probleme, dennoch ...
Allerdings habe ich das Gefühl, daß wir mit unseren Argumenten allmählich Karussel fahren. Eine Überzeugung des anderen Lagers, egal in welche Richtung, erscheint mir ziemlich unwahrscheinlich.
Wovon willst du denn die „anderen Lager“ überzeugen? Ich bin weder Kreationist noch bibelgläubig, und selbst fundierte Einwände gegen naturwissenschaftliche Theorien, die diese über den Haufen werfen würden, könnten mich nicht von der Richtigkeit der Schöpfungsberichte der Genesis überzeugen. Falls das deine Absicht gewesen sein sollte, hättest du dir die viele Mühe sparen können.
Klingt das alles nicht doch ein bißchen dogmatisch?
Mag sein, dass es so klingt, aber es ist mit Sicherheit nicht so gemeint, dass man eine gut fundierte Theorie mit einem Glaubensdogma gleichsetzen wollte. Würde dies versucht werden, verließe man das Fundament der Wissenschaften und grenzte sich somit von vornherein aus dem wissenschaftlichen Diskurs aus. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand, der als Wissenschaftler noch ernstgenommen werden will, dies auch nur in Erwägung ziehen würde. Dass die Begeisterung über eine erklärungsmächtige Theorie bei dem einen oder anderen damit befassten Forscher gelegentlich zu überschwänglichen Formulierungen führt, kann man getrost tolerieren, da es in den Wissenschaften nicht um Missionierung geht, sondern um das Finden plausibler Lösungen für spezifische Fragestellungen im Kontext des naturalistischen Prinzips.
Aber nur wegen des naturalistischen, atheistischen Dogmas der Naturwissenschaften.
… das wiederum kein Dogma ist, sondern notgedrungen aus der Methode naturwissenschaftlichen Forschens resultiert. Es ist das Prinzip, keine supranaturalistischen Erklärungen zu bemühen, um natürliche Phänomene hinsichtlich ihrer Entstehung herzuleiten. Es ist auch nicht zutreffend, dieses Prinzip als atheistisch zu bezeichnen, da über die Frage, ob Gott existiert oder nicht, gar nicht erst der Versuch unternommen wird, eine Antwort zu finden. Passender wäre der Begriff „Non-supranaturalistisches Prinzip“, wenn wir dem Ding schon einen Namen geben wollen, der seinem Wesen entspricht. Dass dieses Prinzip von manchen Atheisten in Beschlag genommen wird, um die Plausibilität ihrer weltanschaulichen Position argumentativ zu untermauern, ist auf derselben Ebene angesiedelt wie die In-Beschlag-nahme des Urknalls durch monotheistische Religionsgemeinschaften zur Bestätigung der Weltschöpfung aus dem Willen ihres jeweiligen Gottes heraus. Beides ist nicht sehr klug, denn die Heranziehung wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Beleg außerwissenschaftlicher Thesen verweist auf mögliche Defizite des Lehrgebäudes der jeweiligen Lager, die deren Anhänger zu solchen Maßnahmen verleitet – was nicht unbedingt für deren Lehren wirbt, sondern sie eher in einem zweifelhaften Licht erscheinen lässt. Über die Frage, ob der Atheismus eher richtig ist als der Theismus, ist es müßig, zu streiten, denn man gelangt zu keinem endgültigen Resultat. Unfair ist es, wissenschaftliche Theorien (oder die Kritik an ihnen) in diesem Streit als Argumente aufzufahren, um den Gegner zu bezwingen. Das ist nur billiges Schauspiel für das gaffende Volk, das sich an solchem Wortgeklingel erfreut. Ich habe es schon mehrfach in diesem Thread ausgesprochen, dass man hier sauber trennen muss. Wissenschaft hat nichts damit zu tun, dass man Gott wegerklären will. Wer etwas anderes behauptet, ist unredlich und disqualifiziert sich damit selbst als nicht ernstzunehmender Gesprächspartner.
Was Du hier beschreibst, ist Mikroevolution. Und die Kombination oder Verdoppelung schon vorhandener Information ist keine Entstehung neuer Information, was jedoch zur Darwinschen Höherentwicklung vonnöten wäre.
Was zu beweisen wäre … Immerhin wird durch meinen Beitrag deutlich, dass zur sogenannten „Makroevolution“ keine anderen Prozesse herbeikonstruiert werden müssen als die, die für die sogenannte „Mikroevolution“ gelten. Mit der Etablierung des genetischen Codes war zugleich die Möglichkeit etabliert, dass Mutationen neuen „Sinn“ ergeben, bis hin zu neuen „Bauplänen“ für Organismenstämme. Unter welchen Bedingungen sich welche „Baupläne“ entwickeln und etablieren, ist zwar weitgehend von Zufällen abhängig, aber sobald praktikable Lösungen gefunden wurden, setzten sich diese durch und besetzten alle möglichen ökologischen Nischen, bis durch Konkurrenz die Ausbreitung begrenzt wurde. Es hätten also auch ganz andere Organismenstäme entstehen können – darunter auch solche, die viel schneller zu Intelligenz geführt hätten als es bei den Wirbeltieren geschehen ist – aber zufällig entstanden eben diese, die wir heute auf der Erde finden. An welcher Stelle soll da eine Unmöglichkeit ableitbar sein?
Bei der Forschung mit Bakterien (alle 20 Minuten eine neue Generation) hätte man eigentlich schon mal eine Höherentwicklung beobachten müssen – wenn es denn eine gäbe. (Hab ich schon mal in einem Beitrag weiter oben geschrieben)
Informiere dich mal über den Lederbergschen Stempelversuch. Hier wurden „neue“ Informationen nachgewiesen, also neue DNA-Sequenzen, die neue Proteine codierten mit neuen Eigenschaften, die einen echten Überlebensvorteil in einer feindlichen Umwelt mit sich brachten. Falls du das wiederum nur als „Mikroevolution“ interpretierst, weil die Bakterien immer noch Bakterien geblieben sind, dann müsstest du schon einmal eine Abgrenzung vornehmen, ab wann eine „neue“ Information als Höherentwicklung anzusehen ist und warum.
Nach meiner Überzeugung ist das Gegenteil durch den Entropiesatz (Informationsentropie) bewiesen, auch wenn Du das nicht so sehen magst.
Deine Überzeugung in allen Ehren – auf mich wirkt sie nicht überzeugend, und ich habe auch geschrieben warum. Lebewesen sind keine geschlossenen Systeme und daher ist der Entropiesatz auf sie nicht anwendbar. Wäre dein Argument stichhaltig, dürfte es z.B. keine wissenschaftlichen Theorien geben, denn diese sind ebenfalls spontan entstanden, genauso wie die sprachlichen Zeichen, mit denen sie fixiert werden. Da es nicht so ist, ist die spontane Entstehung neuer Informationen offensichtlich möglich und verstößt nicht gegen den Entropiesatz. Es ist nicht einzusehen, dass das was für Konstrukte menschlicher Sprachen möglich ist (also wissenschaftlicher Theorien), für Konstrukte der Sprache des genetischen Codes (nämlich der Phänotypen) unmöglich sein soll. Damit ist dein Argument entkräftet.
Z. B. die Zunahme von Erbkrankheiten beim Menschen.
Und bei den Tieren? bei den Pflanzen? bei den Pilzen? bei den Protisten? … Lassen sich da Erbkrankheiten feststellen?! Ist es nicht eher so, dass auf den Genpool der Menschheit die natürliche Selektion keine oder nur eine sehr beschränkte Auswirkung hat und daher Mutationen mit schädlicher Auswirkung länger erhalten werden (und sich folglich umfassender verbreiten) als in den Genpools anderer Organismen? Das hat nichts mit Degeneration zu tun, sondern mit der Ablösung der biologischen Evolution des Menschen durch die kulturelle Evolution, welche den medizinischen Fortschritt einschließt. Die Alternative wäre Eugenik. Aber diesen Themenkomplex möchte ich an dieser Stelle nicht aufreißen. Das wurde an anderer Stelle schon einmal diskutiert.
Ich gestehe Dir natürlich Deine Überzeugungen zu, ohne daß ich sie aber für mich persönlich annehmen kann.
Diesen Satz kann ich voll und ganz unterstreichen und gebe ihn – auf meine Perspektive bezogen – postwendend an dich zurück.
Viele Grüße!