Ankündigung: Major Scientific Discovery on Extrasolar Planets

galileo2609

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Bynaus schrieb:
Das ist nur teilweise richtig. Beginnen Planetesimale früh mit der Akkretion, so ist ein langsames Wachstum bis zum mittelgrossen Gasriesen selbst in den wenigen Millionen Jahren, die der Scheibe gesetzt sind, möglich. Gravitativer Kollaps erlaubt hingegen die Bildung von Planeten in wenigen Jahrtausenden. Dieser Kollaps wird vor allem für die vielen Superjupiter da draussen gebraucht, die sich ohne Kollaps durch Akkretion allein kaum hätten bilden können.

Die Frage wäre dann: können Kollisionen "Trümmer" hervorrufen, die gross genug sind, um selbst als Gasriesen zu gelten? Kann können zwei Gasriesen von 400 und 200 Erdmassen, die kollidieren, einen Gasriesen mit 550 und einen gigantischen Mond mit 50 Erdmassen hervor bringen?

Ich glaube wir reden hier ein wenig aneinander vorbei!
Natürlich führen auch die Grundannahmen des Akkretionsmodells zu Gasriesen. Ich sprach davon, dass ich aus den veröffentlichten Texten der letzten Zeit den Eindruck gewinne, dass die 'neueren' Modelle des Gravitationskollapses und auch der Migrationen (nach innen) mittlerweile wieder als (vor)schnelle Lösungen zur Erklärung abweichender Fälle betrachtet werden, das betrifft die Entstehung der Planeten vom Pegasi-Typ und die Gasriesen > Jupiter. Diese Modelldebatte sehe ich als offen, allerdings mit Argumentationsvorteilen für die 'klassischen' Akkretionsmodelle.

Und nein. Ich sehe nicht, dass Doppelplanten aus zwei Gasriesenkomponenten auf der Basis des Akkretionsmodells möglich sind. In diesem Fall würde ich die Existenz eines solchen Planetenpaares eher in Zweifel ziehen. Die Kollision zwischen zwei Planetesimalen, die bereits mit der Akkretion von Gas begonnen haben? Tja, dafür ist mir keine Spekulation bekannt. Aber vielleicht sind so die großen Monde unserer Gasplaneten entstanden?
 

galileo2609

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Bynaus schrieb:
Stimmt - die trojanischen Planeten wären dann natürlich von der Definition her keine Planeten. Und so lange sie viel weniger massiv sind als der Planet auf dieser Bahn, existieren durchaus Bahnen, die über Jahrmilliarden stabil bleiben können. So könnte es z.B. auf der Bahn eines Gasriesen einen kleinen terrestrischen "Planeten" (bzw. einen planetengrossen Planetoiden) geben.

ralfkannenberg schrieb:
Danke, darauf wollte ich auch Bezug nehmen. Insbesondere sehe ich, dass ich in meinem Buch meine Planetendefinition erweitern muss.
Ich denke, ein "terrestrischer Planet" in der Umlaufbahn eines Trojaner eines riesigen Gasplaneten sollte irgendwie ebensowenig als Planet bezeichnet werden wie ein "terristrischer Planet" als Mond eines riesigen Gasplaneten.

Ich meinte hier nicht einen Ausschluss aufgrund unserer Definitionen! Wenn wir einen 'planetengrossen Planetoiden' in den L-Punkten großer Gasplaneten berechnen oder detektieren können, müssen wir diesen Punkt für die Planetendefinition vielmehr aufgeben! Mein Argument war eher andersrum. Wenn das ein Defintionskriterium für den Begriff Planet beinhaltet, muss es physikalische Gründe geben, dass ein solches 'planetenartiges' Objekt nicht auf der gleichen Orbitalbahn existieren kann!
 

galileo2609

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Bynaus schrieb:
Ja, man darf das unterschlagen - die Anfangszeit des Sonnensystems, würde ich sagen, zählt nicht. Die Erde wurde mit Sicherheit im Laufe ihrer Frühgeschichte von dutzenden bis hunderten von Objekten getroffen, die wir heute als Planeten bezeichnen würden (zumindest, wenn Pluto einer ist).

Das Problem ist einfach, dass du mit einer Klassifikation, die auf Formationskriterin basiert, niemals eine sichere Zuordnung treffen kannst - es wird immer unsicher sein, da die Vergangenheit der Körper im Sonnensystem (und erst recht ausserhalb) kaum so perfekt rekonstruiert werden kann. Stell dir vor, welchen Aufwand es bedeuten würde, auch nur zu versuchen festzustellen, wie sich Titan gebildet hat: Eingefangen? Akkretion? Kollision? Und so lange soll die Definition dessen, was Titan ist, in der Luft hängen? Das ist einfach nicht praktikabel. Wir müssen die Objekte hier und jetzt beurteilen, aufgrund ihrer dynamischen Eigenschaften. Dass es dabei zu Überlappungen kommt, ist unvermeidlich, aber nicht weiter schlimm. Sollte sich heraus stellen, dass trojanische Planeten extrem weit verbreitet sind (nur bei uns nicht), dann kann man das Klassifikationsschema ja immer noch anpassen.

Genau das wollte ich problematisieren. Unsere Vorstellungen von Planetendefinition und Klassfizierungen von Mehrfachkörpern richtet sich *biased* auf eine Momentaufnahme der beobachteten Systeme. Auch wenn sie sich im Orbit bewegen, ist das eine statische Betrachtung, die dynamische auf langen Zeitskalen geht dabei verloren. Klar hat diese statische Inventur ihre Berechtigung und Vorteile. Aber sie läßt uns trotzdem hilflos zurück. Wir haben keinen Begriff für die determinierte Dynamik der bekannten Orbitalkörper. Im Gegenteil: für jeden Planeten und Mond unseres Sonnensystems haben wir eine Entwicklungsgeschichte im Hinterkopf, die aber in der begrifflichen Inventarisierung Planet/Mond/usw. wieder vernachlässigt wird. Jeder dieser Körper ist ein Einzelfall, der statistisch bezüglich der empirisch beschreibbaren Planetensysteme noch keine belastbare Entsprechung/Verteilung hat.
 

galileo2609

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Bynaus schrieb:
Ich denke, man sollte als Planeten bezeichnen, was...
1. ...einen Stern umkreist...
2. ...aufgrund seiner Masse eine mehr oder weniger runde Form annehmen kann...
3. ...seine Umgebung dynamisch kontrolliert, das heisst in den meisten Fällen, das bei weitem grösste Objekt auf der eigenen Bahn ist.

Gemäss dieser Definition würden die trojanischen Planeten allerdings rausfallen, ebenso wie die Monde der Gasriesen. Diese sind aber, so lange sie Bedingung 2 erfüllen, "planetarische Objekte", das heisst, Objekte, die von ähnlichen (aber nicht zwingend gleichen) geologischen Prozessen dominiert werden wie Planeten. Man bedenke z.B., dass Objekte wie Ganymed, Europa oder Titan nicht die selben wären, wenn sie ausserhalb des Systems ihrer heutigen Mutterplaneten die Sonne umkreisen würden.

Ich stimme deinen Punkten 1.-3. in der aktuellen Diskussion (Stichwort Pluto, Xena, usw.) uneingeschränkt zu, da sie physikalische Prozesse implizieren. Ich möchte dennoch noch einmal den Gedanken in die Runde werfen, dass wir hier vielleicht trotzdem zu kurz springen.
Solange wir keine widerspruchsfreinen Planetenbildungsmodelle haben, sollten wir uns vielleicht eingestehen, dass uns diese Begriffe nicht sonderlich weiter bringen. Wie ich schon sagte, wahrscheinlich benötigen wir zumindest das erste Tausend an extrasolaren Planetensystemen, um unsere Modelle selektiv zu testen!
In zehn Jahren wissen wir mehr! :)
 

Bynaus

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Um die Modelle zu testen, ja. Aber wenn wir die Entstehungsprozesse in die Klassifikation einfliessen lassen wollen, müssen wir noch einige zehntausend Jahre warten, nämlich so lange, bis wir auf genügend (hunderten? tausenden?) unterschiedlichen Welten die Frühgeschichte bis ins letzte Detail rekonstruiert haben.

Ich stimme dir auf jeden Fall zu, dass wir, um Planetenbildungsmodelle zu testen, eine möglichst grosse Sammlung an Infos über extrasolare Planetensysteme brauchen - insbesondere dürften terrestrische Planeten wichtig sein. Gibt es sie zum Beispiel auch "hinter" Hot Jupiters? In welchen Systemen mit exzentrischen Gasriesen kommen sie vor? Etc.
 
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