Hallo Ralf,
Aussage Generalstaatsanwaltschaft Dresden
Beachtenswert ist hier, dass beide, also Maaßen und Klein, mit ihrer Beurteilung recht haben könnten. Während Maaßen sagte, dass es keine Belege gibt, die das Video zweifelsfrei als authentisch ausweisen, sagte Klein, dass es keine Belege gäbe, die das Video zweifelsfrei als Fälschung ausweisen würden. Das heißt, beide legen sich nicht darauf fest, ob das Video nun unmanipuliert ist oder nicht. Somit könnten beide letztendlich recht behalten, da beide mit Zweifelsvorbehalt argumentieren.
Die dargestellten Szenen zeigen eine Gruppe offenbar ausländerfeindlich eingestellter Leute, die einen dunkelhäutigen Menschen aus ihrem näheren Umkreis verscheuchen. Bis in welche Distanz dieses Verscheuchen durch Hinterherrennen ausgeübt wurde, ist nicht auszumachen, aber eine Hetzjagd ist auf dem Video nicht auszumachen, da die Mehrheit der ausländerfeindlich eingestellten Leute keine Anstalten machen, sich am Verscheuchen zu beteiligen.
Da dieses Video aber seitens verschiedener Medien als Beleg für eine Hetzjagd präsentiert wurde, ist zumindest zweifelhaft, ob dieser Beleg als solcher geeignet gewesen ist. Was mich an dieser Debatte damals gestört hat, war die Festlegung auf einen Kampfbegriff, um die zweifelsfrei vorgekommenen Übergriffe auf ausländisch aussehende Menschen sowie die zweifelsfrei vorgekommenen Gesetzesverstöße durch Zeigen verfassungsfeindlicher Symbole noch dramatisch zu überspitzen, als wäre das tatsächlich Vorgefallene nicht schon schlimm genug gewesen.
Deine Einschätzung, dass sich seit drei Jahren die Auffassungen, was politisch geboten oder nicht geboten ist, deutlich verändert haben, teile ich ebenfalls. Über die Ursachen kann man nun spekulieren, sei es um bisher latentem Ausländerhass, der sich erst jetzt Bahn bricht, nachdem mit der AfD ein Ventil vorhanden ist oder sei es, dass es sich um neu entstandene Xenophobie handelt, die sich als Folge von Angela Merkels Entscheidung zur Grenzöffnung herausgebildet hat. Gefährlich und demokratiefeindlich sind diese Tendenzen allemal. Aber ein Blick in die europäischen Nachbarländer zeigt, dass diese Tendenz hin zu nationalem und ethnischem Protektionismus offenbar en vogue geworden ist. Das heißt, dass wir noch einige Zeit mit dieser protektionistischen Stimmung leben müssen und vor allen Dingen, dass wir noch einige Zeit damit leben müssen, dass diese Stimmung sich als nationale Politik in der Regierung etablieren wird.
Zu befürchten ist, dass sich die politischen Ränder mit zunehmender Breite radikalisieren, wobei die einen sich als Antipoden der anderen verstehen und sich über diesen Antagonismus als politische Kraft definieren. Während die einen sich als "Antifaschisten" in Szene setzen, tun das die anderen gegen die "linksgrün versiffte Überfremdungspolitik". Die Diskreditierung des Projekts Europäische Union durch nationale Alleingänge untergräbt zusätzlich die politische Mitte, wo ich die politische Vernunft verorte, die sich an den Standards einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung orientiert.
Falls dann noch eine wirtschaftliche Rezession hinzukommt, steht tatsächlich das Scheitern der EU und ein Rückschritt in Richtung Nationalismus in Aussicht. Auf welche Weise sich dann binationale Konflikte zu internationalen Konflikten auswachsen, ist dann nicht mehr absehbar. Wenn es ganz dumm kommt, dann hätten die verbliebenen Großmächte USA, Russland und China neben dem Nahen Osten noch eine weitere Spielfläche für das Austragen ihrer Rivalitäten zur Verfügung.
Aber so weit ist es noch nicht, und es wird hoffentlich nicht so weit kommen. Einstweilen sind alle gut beraten, überflüssige Übertreibungen und Sticheleien zu unterlassen, um die ohnehin bereits gereizte Stimmung nicht noch mehr zu befeuern. Besser ist sachliche Aufklärung zu diversen akuten Streitpunkten (derzeit gerade der sogenannte "UN-Flüchtlingspakt", der Flüchtlinge gar nicht zum Thema hat, sondern die Modalitäten regelt, wie mit Migration umzugehen ist und wie mit Migranten umzugehen ist). Aber da die diversen Störer und Hetzer alle in ihren Filterblasen festhängen, ist es schwer, zu ihnen durchzudringen. Mal sehen, wie sich das in der nächsten Zeit noch entwickelt.
Wir leben jedenfalls in spannenden Zeiten!
Viele Grüße!