Roman-Skript: Destabilisierung eines Planetensystems

Equilibrium

Registriertes Mitglied
Hallo liebe Forumsteilnehmer,
dies ist mein erster Beitrag und ich hoffe, dass dieser in diesem Forum und speziell im Bereich Astronomie allgemein nicht deplaziert ist.
Derzeit schreibe ich am Skript für einen Science-Fiction-Roman, und ich bin auf diesem Gebiet wenig vorbelastet. Zu der von mir erdachten Handlung habe ich einige konkrete und auch einige weniger konkrete Fragen, eventuell findet sich hier jemand, der Interesse daran hat auf meine Fragestellungen einzugehen.

Ein Handlungsstrang sieht vor, dass eine technologische Zivilisation, ähnlich der unseren, in einem Seitenarm einer Galaxie, ähnlich der Milchstraße, vor dem Szenario steht, dass das Planetensystem durch den Vorbeizug eines vagabundierenden Braunen Zwerges destabilisiert wird und der bewohnte Planet letztendlich aus dem Sonnensystem herausbeschleunigt werden soll.

Ich möchte anmerken, dass ich nicht auf dieser 2012/Nibiru-Welle zu reiten vorhabe, auf die ich im Zuge meiner Recherche nach Informationen zum Thema gestoßen bin. Ich hatte bis dato davon ausschließlich durch einen schlechten Film gehört. Es scheint wirklich Menschen zu geben, die an diesen Blödsinn glauben und wiederum andere, die mit der Angst dieser Menschen ordentlich Geld zu verdienen scheinen. Sauerei!
Sollte das Buch einmal fertig gestellt sein und den Weg zum Druck schaffen, so wird es ohnehin erst erscheinen, nachdem sich dieser unsägliche Hype zwangsläufig beruhigt haben wird.

Wie gesagt habe ich selbst bereits zum Thema recherchiert und versucht mir ein wenig grundsätzliches Wissen anzueignen. Nun stellen sich mir einige Fragen. Eventuell kann mich hier der ein oder andere Experte dahingehend unterstützen, indem er sein Fachwissen einbringt und meine Fragen versucht zu beantworten.

Zuerst einmal geht es um eine halbwegs realistische Relativgeschwindigkeit des Braunen Zwerges. Annahme soll sein, dass der Braune Zwerg nicht gravitativ an das Sonnensystem gebunden ist, sondern als Einzelgänger durch die Galaxie streift. Auch dann ist ja nicht damit zu rechnen, dass das Objekt plötzlich vor den Toren des Sonnensystems steht und bis dahin unentdeckt geblieben ist.

Es ist vorgesehen, dass die Entdeckung des Objektes dazu führt, dass die Zivilisation die Technologie zur interstellaren Raumfahrt entwickelt, um es einem Teil der Bevölkerung zu ermöglichen, besser zu erlauben, der Katastrophe zu entgehen. Ein Teil der Privilegierten wandert in Habitate aus, die weiterhin um das Zentralgestirn kreisen. Andere wiederum planen im Gravitationszug des Braunen Zwerges zu „segeln“. Im Buch wird es primär um die politischen und gesellschaftlichen Konsequenzen gehen, die durch dieses Szenarium ausgelöst würden. Das zugrunde liegende Szenario sollte aber dennoch nicht vollkommen unlogisch daher kommen.

Nun eine konkrete Frage.
Wie viele Jahre vor Eintreffen des Braunen Zwerges wäre es - eine realistische Relativgeschwindigkeit des Objektes vorausgesetzt - möglich, dieses zu entdecken und den Kurs so genau zu bestimmen, dass klar wäre, dass der Braune Zwerg das Sonnensystem durcheinander wirbeln würde? Sind einige hundert bis eintausend Jahre hierfür eine realistische Annahme?


Nun einige eher unspezifische Fragestellungen.
Ich weiß, es ist rein hypothetisch, aber schließlich handelt es sich ja um Science-Fiction, also - ist es halbwegs realistisch, dass eine Zivilisation in einem solchen Fall keine Möglichkeit hätte in verbleibender Zeit den Kurs des Objektes so weit abzulenken, dass dieses das System verfehlen würde?
Was könnten die Gründe dafür sein einen Braunen Zwerg nicht ablenken zu können? Schlicht die Masse des Objektes und somit der erforderliche Energieaufwand? Die Kürze der verbleibenden Zeit? Andere hypothetische Probleme die auftreten könnten?

Wenn es schlussendlich zum Eintreffen des Objektes kommt, wie wären die Auswirkungen auf den Planeten? Bei Vorhandenseins eines Äquivalents zur Oortschen Wolke der Einschlag/mehrere Einschläge von Asteroiden als erste Vorboten der bevorstehenden Katastrophe?
Was wären die Auswirkungen auf die Planetenoberfläche und wie würden diese von den Bewohnern wahrgenommen?
Ich möchte einige Stichpunkte nennen die mir in diesem Zusammenhang eingefallen sind.
Ist mit Erdbeben oder dergleichen durch auftretende Gezeitenkräfte zu rechnen?
Stürme durch die plötzliche Bahnveränderung des Planeten, die veränderte Neigung der Planetedrehachse, die veränderte Einstrahlung der Sonne? Welche weiteren Auswirkungen wären denkbar?
Wie lange würde es dauern bis das Leben auf der Oberfläche auch durch technische Maßnahmen nicht mehr möglich wäre? Einfrieren der Wassermassen, der Planetenatmosphäre?

Mit einem kleinen Programm zur Simulation eines Planetensystems habe ich bereits experimentiert, dieses bietet eine 2D-Draufsicht. Hier war es sehr wohl möglich, dass ein kleinerer Planet bei genügend nahem Vorbeizugs eines größeren Planeten innerhalb weniger Tage oder Wochen das Schwerefeld des Sonnensystems komplett verlässt, oder zumindest plötzlich eine sehr stark exzentrische Bahn einnimmt.
Wäre also ein schnelles Herauskegeln des Planeten aus dem System denkbar oder würde dies zwangsläufig mehrere Jahre/Jahrzente/Jahrhunderte... dauern müssen?

Ich erwarte von niemandem eine wissenschaftliche Abhandlung zum Thema. Das Buch wird, wie bereits erwähnt, auch nicht Hauptaugenmerk auf die detailgetreue Beschreibung der hier erwähnten Vorgänge legen. Ich möchte lediglich vermeiden, dass der potentielle Leser, der sich schon länger mit solcherlei Themen beschäftigt, das Buch zur Seite legt weil das zugrunde liegende Szenario in keinerlei Weise logisch nachvollzogen werden kann.

Vielleicht findet der ein oder andere von Euch meine kindlich anmutenden Gedankengänge auch einfach nur albern.

Letztendlich finde ich das Thema mittlerweile jedoch einfach spannend!

Es würde mich deshalb sehr freuen hier jemanden zu finden, der Fachwissen mitbringt und/oder vielleicht einfach Spaß daran hat, sich an meinen Spekulationen zu beteiligen.

Herzliche Grüße,
Matthias
 
Zuletzt bearbeitet:

Loki

Registriertes Mitglied
Also, ich bezeichne mich nicht als einen Experten, aber vielleicht kann ich dir ja ein kleines bisschen weiterhelfen.

1) Wie früh sehen wir ihn?

Das mit dem Erkennen von Sternen ist immer so eine Sache. Grundsätzlich ist da eine gute Portion Glück dabei, da wir nicht ständig sämtliche Bereiche der Himmelskugel überwachen können, aber da selbst ein Brauner Zwerg noch durch seine Leuchtkraft sichtbar ist, und wir inzwischen dadurch und durch das Testen von Lithium oder Methan sowie der Masse eine ziemlich schnelle und eindeutige Klassifizierung vollziehen können, wird ein solcher Stern relativ schnell bemerkt werden. Ausgehend von der Geschwindigkeit eines beliebigen Sternenhaufens (z.B. den Hyaden):
v= 43 km / s
das macht im Jahr rund 3'500'000'000 km also etwa 0,0015 Lichjahre. Das heisst er bräuchte rund 666 Jahre um 1 Lichtjahr zurückzulegen.
Ich weiss nicht inwiefern die Geschwindigkeit eines solchen Zwergs vergleichbar ist mit der eines Sternenhaufens, ich wollte dir nur mal eine generelle Dimension geben.

2) Könnten wir ihn ablenken?

Nein. Wie willst du das anstellen? Braune Zwerge mögen zwar nur etwa eine Masse von 0,1 x 10^30 kg haben, aber selbst das ist, um das mal anschaulicher darzustellen
1000000000000000000000000000 Tonnen. Na viel spass!
Allein die Gravitation macht dir bei einem solchen Objekt das Verschieben schon fast unmöglich. An der Oberfläche eines solchen Objekts herrscht mal eben eine Fallbeschleunigung von 1,3 x 10^8 m/s^2. Du würdest schon einige tausend Kilometer vor dem Stern zerrissen werden. Die Temperatur von etwa 2000K (1725°C) mal aussen vor.

3) Auswirkungen

Die Auswirkungen hängen sehr stark vom Winkel ab, in dem der Stern durch unser Sonnensystem driftet. Aber grundsätzlich würde er unser Sonnensystem ganz schön durcheinander bringen. Je nach dem wie er an der Erde vorbeifliegt, könnte er zu einer temporären Erwärmung führen, und mit Sicherheit würde er die Umlaufbahn der Erde beeinflussen. Wie, wage ich nicht zu vermuten, aber grundsätzlich wäre sowohl eine Veränderung der Umlaufbahn in Richtung Sonne als auch in die entgegengesetzte Richtung möglich, um unsere Erde aus dem Sonnensystem zu katapultieren würden aber die 0,07 Sonnenmassen wohl nicht ausreichen. Würde der Zwerg nah genug an uns vorbeiziehen um den Planeten hypothetisch aus dem Sonnensystem zu werfen wären wir davor wahrscheinlich schon geröstet, und aller Wahrscheinlichkeit nach würde die Erde eher auf den Zwerg fallen als dass er aus dem System driftet. Akute Auswirkungen wären einerseits eine starke Änderung der Gezeiten, d.h. Springfluten etc., Wetteränderungen (durch die eigene Strahlung oder durch die Änderung der Umlaufbahn). Ob die Gravitation ausreicht um die Kontinentalplatten zu verschieben um somit Erdbeben zu erzeugen wage ich nicht zu vermuten.

Ich hoffe ich konnte dir mit meinen Hypothesen(!) weiterhelfen und dir einen generellen Eindruck verschaffen. Ich wäre allerdings froh wenn ein qualifizierterer Physiker eventuell nocheinmal seine Meinung dazu äussern könnte. Eventuell hat ja sogar jemand eine Simulation zuhause rumliegen, mit der sich das Szenario ungefähr nachstellen lässt

Schöne Grüsse und Gute Nacht
Loki
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Klingt spannend, die Idee.

Loki hat dir bereits einen Eindruck davon gegeben, wie früh man ihn sehen könnte. Zu dieser Frage könnte man auch anführen, dass man bis heute nicht ausschliessen kann, dass sich in der Oortschen Wolke noch der eine oder andere Planet / Braune Zwerg findet, insofern könnte sich in diesem Moment ein Brauner Zwerg auf Kollisionskurs mit dem Sonnensystem befinden, ohne dass wir davon wüssten (dann wäre er allerdings heute noch sehr weit draussen, einige 10000 AU oder so). Mit Lokis Geschwindigkeit kommt man dann auf eine Vorwarnzeit von zumindest Jahrzehnten bis Jahrhunderten.

Einschläge als Vorboten, oder zumindest viele Kometen am Himmel sind denkbar. Bedenke aber, dass dies Prozesse sind, die nicht dramatisch von einem Tag auf den anderen auftauchen, sondern das wäre ein langsamer, über die Jahrtausende verteilter Anstieg.

Natürlich ist die Chance, dass ein frei herumstreifender Brauner Zwerg genau so nahe an einen Stern rankommt, um den bewohnbaren Planeten des Systems zu destabilisieren, extrem klein. Sowas sollte "statistisch" im Leben eines Sterns nur alle (grob über den Daumen gepeilt) paar hundert Milliarden Jahre geschehen. Aber das heisst natürlich nicht, dass es ausgeschlossen ist! :)

Damit sich auf dem Planeten spektakuläre Änderungen wie Springfluten, Erdbeben und ein Kippen der Achse ergeben, müsste der Braune Zwerg schon SEHR, SEHR NAHE am Planeten vorbeiziehen. Das ist selbst im Rahmen eines spekulativen Szenarios eher unrealistisch. Dass der Planet aber aus dem System geworfen wird, die "Sonne" am Himmel darauf immer kleiner wird und die Temperatur immer tiefer fällt, ist durchaus denkbar. Die Entweichgeschwindigkeit bei der Flucht in den interstellaren Raum muss dabei bei mindestens Wurzel(2) mal der Orbitalgeschwindigkeit liegen, also bei rund 42 km/s. Daraus kannst du nun berechnen, wie schnell die Sonne kleiner wird. Die Strahlungsleistung der Sonne fällt mit dem Quadrat zum Abstand ab, die Gleichgewichtstemperatur (dh, Durschnittstemperatur auf dem Planeten, wobei die tatsächliche Temperatur immer noch etwas darüber liegen sollte, weil der Planet ja abkühlt) berechnest du mit

T = 4. Wurzel aus (1367 * (1-Albedo) / R^2 * 4 * 5.67*10^-8)

Albedo = Rückstrahlungsvermögen, 0.3 für die Erde, 0.99 für einen komplett zugefrorenen Planeten
R = Entfernung in Vielfachen der ursprünglichen Entfernung

(das alles unter der Annahme, dass der Planet ursprünglich erdähnlich ist)

Eine Ablenkung ist wohl völlig unrealistisch. Kennst du Isaac Asimovs Buch "Nemesis"? Dort kommt ein ähnliches, wenn auch verschiedenes Szenario vor. Dort versuchen sie schliesslich, mit Hyperraumantrieben den Stern vom Kurs abzulenken. Ist aber trotzdem ein gutes Buch... ;)

Es könnte höchstens sein, dass wenn der Rauswurf des bewohnten Planeten eine sehr knappe Sache wäre, die nur eine kleine Verschiebung des Kurses des Braunen Zwergs nötig machen würde, man versuchen könnte, diese Verschiebung durch eine nahe Begegnung mit einem anderen massiven Körper (einem kleinen Planeten) herbeizuführen. Natürlich müsste man dann zuerst diesen Planeten auf eine entsprechende Bahn bringen, aber dafür könnte man vielleicht ein massives Programm zur Ablenkung von Millionen kleiner Asterioden / Kometen in den Aussenbezirken des Systems starten, um durch nahe Vorbeiflüge an ebendiesem Planeten diesen auf seinen geplanten Ablenkkurs zu bringen. Das wäre aber eine hochkomplexe Sache mit ungewissem Ausgang, die bedingt, dass die Parameter der Begegnung gerade so sind, dass eine solche Ablenkung überhaupt möglich ist.

So, ich hoffe, ich konnte dir helfen. Viel Glück mit dem Buch!
 

Frankie

Registriertes Mitglied
Na da schwebt mir grade noch was anderes vor:

Ein einzelner Planet in großem Abstand um einen massereichen Stern. Geringe Bahngeschwindigkeit. Kann also leicht auf Fluchtgeschwindigkeit gebracht werden. Ein Zivilisation auf einem solchen Planeten wäre eh (bei heutigen Wissenstand) extrem fluchtbereit, vielleicht weil Veränderungen der Sonne schon gemessen wurden. Der braune Zwerg wäre dann nur ein weiterer Anschub in der Motivation - es müßte dann alles etwas früher fertig werden...

Nur so ne Blitzidee... macht die Sache aber etwas nachvollziehbarer finde ich. Bewohnbare Zone sollte man dann aber kalkulieren für den Anhang... aber ein paar Millionen Jahre ungestörter Entwicklung (daher nur ein Planet) sollten für die Entwicklung einer Zivilisation plausibel sein.

Grüße,
Frankie
 

Runzelrübe

Registriertes Mitglied
Ich empfehle Dir Sternenfall von Michael McCollum. Er hat sich als Luftfahrt- und Nukleartechniker bereits sehr intensiv mit einer ähnlichen Thematik auseinandergesetzt und in o.g. faktenschwangeren Roman verpackt.
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo und willkommen im Forum, Matthias!

Zuerst einmal geht es um eine halbwegs realistische Relativgeschwindigkeit des Braunen Zwerges.
hier hast Du in sehr weiten Grenzen freie Hand.

Unter den rund 3800 Sternen des CNS3-Kataloges (Katalog aller bekannten Sterne, näher als 25 Parsec. (Inzwischen durch den RECONS-Katalog aktualisiert)) ist Dir vielleicht Barnard’s Pfeilstern ein Begriff?
http://de.wikipedia.org/wiki/Barnards_Pfeilstern
er hat eine Geschwindigkeit von rund 142 km/Sekunde relativ zu unserer Sonne. Er ist aber bei weitem nicht der schnellste Stern der in diesem Katalog aufgeführt wird. Wolf 424 mit 555 km/s hat dort die ‚Krone‘ Der gehört auch zu den leuchtschwächsten bekannten Sternen innerhalb von 15 Lichtjahren. http://www.solstation.com/stars/wolf424.htm


Würde sich dieser Stern heute mit dieser Geschwindigkeit auf unsere Sonne zu bewegen, würde er rund 8000 Jahre benötigen, um hier anzukommen, aber noch vor 100 Jahren hätten wir ihn in seinem jetzigen Abstand nicht entdeckt und vor gut 400 Jahren hätten wir ihn mit bloßen Augen erst entdeckt (ohne zu verstehen was wir da sehen), wenn er bereits auf rund 100 astronomische Einheiten heran gekommen wäre und ab dann hätte es bei dieser Geschwindigkeit nur noch 10 Monate gedauert, bis er die Sonne trifft/passiert.

Wahrscheinlicher als diese rund 500 km/s wären aber Geschwindigkeiten im Bereich von unter 100 km/s und im Erdbahnabstand von der Sonne, über 40 km/s. Während er ins Sonnensystem ‚runter‘ fällt, wird er schneller. Wenn er nicht gravitativ ans Sonnensystem gebunden ist, dann ist er im jeweiligen Abstand zur Sonne, relativ zur Sonne immer mindestens so schnell, wie die dortige Fluchtgeschwindigkeit zur Sonne groß ist.



Nehmen wir an, der Braune Zwerg hat eine Masse von 2E29 kg (1/10 der Sonnenmasse) Wieviel Energie würde man brauchen, um die Geschwindigkeit dieses braunen Zwerges um 1 m pro Sekunde zu verändern? (Bei 1 m/s legt er in 8000 Jahren eine Strecke von 1,7 astronomischen Einheiten zurück)

Die kinetische Energie errechnet sich aus:

Kinetische Energie (in Joule = Wattsekunden) = 0,5 * Masse * Geschwindigkeit zum Quadrat __________________ (F 1)

In unserem Fall:

Wkin = 0,5 * 2E29 kg * (1 m/s)^2 = 1E29 Joule

Für diese Energiemenge, bei sagen wir mal einem Wirkungsgrad von rund 10%, müßte man rund 1.000.000.000.000 Tonnen Wasserstoff zu Helium fusionieren. Das ist sehr viel ‚Arbeit‘, heute noch nicht möglich, aber nicht prinzipiell unmöglich.

Nach der Fusion zu Helium wiegt der Heliumkern nur noch rund 99% seiner ursprünglichen Bausteine. Rund 1% seiner Masse wird bei der Fusion in Energie umgewandelt.

Energie = Masse * Lichtgeschwindigkeit zum Quadrat.

Gelingt es 10% davon zur Beschleunigung des braunen Zwerges zu verwenden, dann kommt man auf diese hier von mir gemachte Massenangabe.

Wenn der braune Zwerg aber nicht 555 km/s sondern nur 1/3 dieser Geschwindigkeit hat, dann hat man 24000 Jahre Zeit und wenn man sonst alles so läßt, braucht man auch nur 1/3 m/s um mit dem gleichen Abstand an der Sonne vorbei zu kommen, dafür braucht man dann nur noch 1/9 der Energie. In (F 1) geht die Geschwindigkeit im Quadrat ein, daher 1/9 und nicht 1/3)

Das ist nur eine Beispielrechnung, mit Zeiten, wenn man mit dieser Energiemenge bereits am Zielstern angekommen ist. Unter realen Bedingungen muß man sowas schon noch etwas sorgfältiger berechnen. ;) Und braucht auch deutlich mehr Energie.



Ob und mit welcher Vorwarnzeit man ein solches Objekt ausreichend von seinem Kurs ablenken kann, hängt nur davon ab, welche Technologie und besonders, wieviel Energie man dafür einsetzen kann.

Der Rahmen in dem Du Dich dabei bewegen mußt, wenn Du nicht unlogisch werden willst, ist nun dadurch gegeben, daß Du die Technik-Entwicklung immer hinter der Fähigkeit solche Energiemengen einzusetzen und der Zeit die dafür noch zur Verfügung steht, hinterherhinken lassen mußt. Wer mit einem Habitat (und anders geht es mit lebenden ‚Menschen‘ wahrscheinlich nicht) in ein anders Sonnensystem auswandern kann, der beherrscht grundsätzlich die Technik solche Energiemengen anzuwenden.

Wenn Du mit Aussicht auf Erfolg eine solche Wanderung unternehmen willst, dann sollte bereits im Vorfeld, im Sonnensystem geklärt sein, wie ein solches Habitat beschaffen sein muß, damit seine Bewohner es unabhängig von äußerer Hilfe selber funktionsfähig halte und es beliebig oft reproduzieren können. Ohne diese Fähigkeit ist das Auswandern ein Sackgasse.

An dieser Stelle solltest Du Dich fragen, ob es eine Notwendigkeit für Dich gibt, Deine Zivilisation in der Milchstraße anzusiedeln. Denn tust Du das, wird es bei bereits mindestens 2 technisch intelligenten Zivilisationen in einer Galaxis völlig unglaubwürdig, daß diese Galaxis bisher noch nicht von einer dazu fähigen Zivilisation überwuchert wurde.


Die durch die Passage induzierten geologischen und Gezeiten Auswirkungen auf die Erde hängen davon ab, welcher Unterschied in der Anziehung zwischen Zwerg-ferner und Zwerg-naher Erdseite bestehen. So lange die nicht größer sind als das was die Sonne oder der Mond mit der Erde machen, sind auch ihre Auswirkungen nicht größer.

Wenn sich Erde und Stern aber so stark annähern, daß die Anziehungskraft des braunen Zwerges die Anziehungskraft der Erde auf der ihm zugewandten Seite auch nur minimal übertrifft, dann wird die Erde aufgelöst. (Siehe dazu auch http://de.wikipedia.org/wiki/Roche-Grenze)

So weit erst mal

Herzliche Grüße

MAC
 

Loki

Registriertes Mitglied
Aber selbst wenn du die Energiemenge zur Verfügung stellst, ist es immernoch fraglich wie du die Energie auf den Stern übertragen willst. Ausser die von Bynaus angesprochene möglichkeit von einer Kollision mit einem Planeten fällt mir da nichts ein. Denn jegliche Materie die auf den Stern zufliegt wird von dessen Gravitation erheblich beschleunigt und würde den Aufprall wohl kaum überleben, dazu kommt dann noch eine Oberflächentemperatur von fast 2000°C.. ausser einem riesigen Felsbrocken würde mir da nichts einfallen was eventuell noch eine Chance hätte die Bahn auch nur geringfügig zu beeinflussen.
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Loki,

Aber selbst wenn du die Energiemenge zur Verfügung stellst, ist es immernoch fraglich wie du die Energie auf den Stern übertragen willst.
Das hängt von vielen Faktoren ab. Es könnte z.B. unter bestimmten Umständen energetisch günstiger sein, das Sonnensystem statt den Stern zu beschleunigen.

Prinzipiell gibt es einige Möglichkeiten den nötigen Impuls zu übertragen. Eine davon kannst Du ab hier: http://www.astronews.com/forum/showthread.php?p=74375#post74375 nochmal nachlesen (Wenn die Sonne die Venture Star auf diese Art und Weise beschleunigen kann, dann geht das auch umgekehrt)

Herzliche Grüße

MAC
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Das bringt mich auf eine Idee: Wenn der Braune Zwerg strahlt: könnte man ihn dann mit einer innen reflektierenden Halbkugelschale umgeben? Wenn man sie so positioniert, dass ihr Gewicht (im Gravitationsfeld des BZ) gerade den vom BZ ausgehenden Strahlungsdruck kompensiert? Dann würde der BZ schliesslich effektiv gerichtet Energie abstrahlen, was ihn vom Kurs abbringen würde - dann braucht man nur noch die Halbkugelschale am richtigen Ort (mit dem Zenit in die Richtung zeigend, in die man will...) zu positionieren...
 

Loki

Registriertes Mitglied
An sich, ja. Aber was schwer werden würde wäre die Halbkugel parallel zum Stern zu beschleunigen und sie in einer konstanten Distanz vom Stern zu halten..
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Aber was schwer werden würde wäre die Halbkugel parallel zum Stern zu beschleunigen und sie in einer konstanten Distanz vom Stern zu halten..

Ich nehme an, mit dem "Stern" meinst du den Braunen Zwerg? Wenn man das tun muss, fällt natürlich der ganze Sinn des Projektes zusammen, wonach der BZ selber die Energie für seine Bahnverschiebung liefern sollte. Müsste man sie um den Betrag des Rückstosses beschleunigen, wäre das natürlich so, wie wenn man den Rückstoss selbst bewirken würde...

Wenn man sich jetzt mal vorstellt, dass die Halbkugel (irgendwie) fest am BZ befestigt wäre, wird sofort klar, warum man so einen Antrieb erhalten kann (ganz ähnlich wie bei der nun bekannten Lösung der Pioneer-Anomalie... ;) ). Nun muss man nur noch einen Weg finden, wie man die Halbkugel tatsächlich am BZ befestigen kann. Dabei habe ich an eine Kompensation zwischen Strahlungsdruck und Gravitation gedacht.

Aber vielleicht wäre es einfacher, den BZ ganz mit einer verspiegelten Kugelschale zu umgeben, die an einer Stelle ein relativ kleines Loch hat. Dann muss sämtliche Strahlung dort raus - zudem dürfte es einfach sein, eine kugelsymetrische Struktur über dem BZ in der Schwebe zu halten als eine Halbkugel. Oder mache ich da einen Denkfehler?
 

Equilibrium

Registriertes Mitglied
Hallo Zusammen,
zuerst einmal vielen lieben Dank für die zahlreichen Antworten! Toll, dass sich hier so eine rege Diskussion entwickelt hat!

Derzeit bin ich unterwegs und verknote mir beim Schreiben mit meinem Telefon gerade die Finger.
Am morgigen Samstag werde ich wieder zu Hause sein und werde mich dann nochmals ausführlicher zu Wort melden.

Herzliche Grüße,
Matthias
 
Oben