Grundlagenprobleme der Quantenmechanik

Bernhard

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Nur die TI stellt eine letztlich einfache Hypothese auf: Die bisher verwendeten mathematischen Methoden sind nicht ausreichend; geeignet verfeinerte Methoden liefern stattdessen lokalisierte und eindeutige Korrelationsfunktionen etc. - in Übereinstimmung mit dem Experiment.
Postuliert die TI die Existenz verfeinerter Methoden oder gibt es da bereits konkrete Konzepte, so dass man damit beim Doppelspalt eventuell schon einen einzelnen Punkt vorhersagen kann?
 

TomS

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Postuliert die TI die Existenz verfeinerter Methoden oder gibt es da bereits konkrete Konzepte …
Ich habe bisher wenig gefunden.

… so dass man damit beim Doppelspalt eventuell schon einen einzelnen Punkt vorhersagen kann?
No way.

Du musst dir das ähnlich wie beim klassischen Chaos vorstellen. Du kannst nicht berechnen, wo sich der Körper auf dem klassischen Orbit befindet. Beim klassischen Chaos ist es jedoch trivial, dass er sich immer an exakt einem Ort x(t) befindet. Im Falle der Quantenmechanik muss letzteres bewiesen werden, ohne es natürlich im Einzelfall und insbs. für realistische Systeme berechnen zu können.

Je mehr ich darüber nachdenke, desto eher tendiere ich zu der Auffassung, dass es sich um einen weiteren Eintrag auf dieser Liste handelt.
 
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Bernhard

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Je mehr ich darüber nachdenke, desto eher tendiere ich zu der Auffassung, dass es sich um einen weiteren Eintrag auf dieser Liste handelt.
Ich würde es eher auf eine Liste physikalischer Milleniumsprobleme setzen, in der Art dark matter, dark energy, etc. Als möglichen Ansatz zur Lösung des skizzierten Messproblems kann ich mir momentan eigentlich nur eine Wechselwirkung mit (thermischen ?) Gravitonen vorstellen.
 
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TomS

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Ich würde es eher auf eine Liste physikalischer Milleniumsprobleme setzen …
Es ist im Kern tatsächlich eher ein mathematisches Problem - so wie die Nummer 1 auf der Liste, das Yang–Mills and Mass Gap.

Als möglichen Ansatz zur Lösung des skizzierten Messproblems kann ich mir momentan eigentlich nur eine Wechselwirkung mit (thermischen ?) Gravitonen vorstellen.
Dazu müsste man erst mal eine präzisiere Idee zu einen konkreten Modell der Quantengravitation haben.

Aber einige Physiker wie Smolin oder ’t Hooft gehen - im Gegensatz zum Mainstream - ja davon aus, dass die Gravitation unsere Sicht auf die Quantenmechanik fundamental ändern wird.
 
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Bernhard

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Hier: Schrödinger's Equation and Classical Brownian Motion (19.4.1999, G.N. Ord) kann man nachlesen, dass die brownsche Bewegung vor allem eine eindeutige mikroskopische Deutung der Diffusionsgleichung ergibt. Für eine Herleitung der Schrödingergleichung sind scheinbar noch weitere Bedingungen notwendig. In der Arbeit wird ein toy model angegeben.
Mal sehen, wie das toy model funktioniert. Das könnte neue Aspekte bringen.
Damit wird man eigentlich schon wieder direkt zurück zum Pfadintegral mit seiner anschaulichen Bedeutung geführt.
Quatsch. Damit ist man wieder beim Anfang, siehe Beitrag #1
 

Bernhard

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Das ist leider ein zu einfaches Bild. Letztlich liefert das Pfadintegral auch nur eine Wellenfunktion oder eine Korrelationsfunktion / einen Propagator.
Der ganz große Wurf ist bei Ord auch nicht zu finden, vielmehr ein alter Bekannter aus der früheren Debatte rund um den LHC. In der Referenzliste ist Otto E. Rössler aufgelistet. Die Schriften von El Naschie sind auf den ersten Blick etwas spekulativ und enthalten viel Chaostheorie, aber wer weiß.
Das Problem ist die Phase der Wellenfunktion. Die wird in der Arbeit von Ord eigentlich gar nicht gedeutet. Bei El Naschie wird die komplexe Konjugation mit Zeitumkehr interpretiert.
 

Bernhard

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Der ganz große Wurf ist bei Ord auch nicht zu finden ....
Das Doppelspaltexperiment zeigt, dass man mit einem mikroskopischen Teilchenmodell (sehr wahrscheinlich) nicht weit kommt. Im Buch von Feynman und Hibbs "Quantum Mechanics and Path Integrals" wird ganz vorne auf Seite 4, Bild 1-2 klar gezeigt, dass das Interferenzmuster der direkten Addition von Wegwahrscheinlichkeiten unmißverständlich widerspricht.

Anschaulich muss da "etwas" durch Spalt 1 und "etwas anderes" durch Spalt 2 fliegen, damit es zu konstruktiver bzw. destruktiver Interferenz kommt. So gesehen bin ich wieder bei der weiter oben erwähnten Vorstellung, dass die Wellenfunktion zumindest Aspekte eines realen physikalischen Feldes hat. Lokale Effekte muss man dann durch lokale Wechselwirkungen erklären.

Bei der Nebelkammer müssten die Startpunkte der Nebelspuren mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten auftreten? Dort wo das Absolutquadrat der Vielteilchenwellenfunktion verschwindet, dürften eigenliche keine Startpunkte entstehen, d.h beispielsweise exakt am Rand der Kammer und bei den Knotenpunkten der Wellenfunktion, die je nach Impuls an anderer Stelle liegen.

EDIT: Für die Beschreibung/Deutung einer Einteilchenwellenfunktion in der Ortsraumdarstellung ergibt sich für mich dann die folgende Formulierung. Das Absolutquadrat der Wellenfunktion an der Stelle x ergibt nicht die Wahrscheinlichkeit genau dort ein Teilchen, sondern eine lokalisierte Wechselwirkung zu finden.
 
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TomS

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Das Doppelspaltexperiment zeigt, dass man mit einem mikroskopischen Teilchenmodell (sehr wahrscheinlich) nicht weit kommt. Im Buch von Feynman und Hibbs "Quantum Mechanics and Path Integrals" wird ganz vorne auf Seite 4, Bild 1-2 klar gezeigt, dass das Interferenzmuster der direkten Addition von Wegwahrscheinlichkeiten unmißverständlich widerspricht.
Genau.

Anschaulich muss da "etwas" durch Spalt 1 und "etwas anderes" durch Spalt 2 fliegen, damit es zu konstruktiver bzw. destruktiver Interferenz kommt.
Und deswegen liefert das Pfadintegral nur scheinbar eine neue Sichtweise, tatsächlich jedoch nichts weiter als eine andere mathematische Formulierung für Wellenfunktionen etc.

So gesehen bin ich wieder bei der weiter oben erwähnten Vorstellung, dass die Wellenfunktion zumindest Aspekte eines realen physikalischen Feldes hat. Lokale Effekte muss man dann durch lokale Wechselwirkungen erklären.
Sicher.

Nur ist man bei dem hier diskutierten Problem eben noch zu keiner Lösung gelangt. Das liegt sicher auch daran, dass nicht wirklich viele dies überhaupt als Problem wahrnehmen.

Bei der Nebelkammer müssten die Startpunkte der Nebelspuren mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten auftreten? Dort wo das Absolutquadrat der Vielteilchenwellenfunktion verschwindet, dürften eigenliche keine Startpunkte entstehen, d.h beispielsweise exakt am Rand der Kammer und bei den Knotenpunkten der Wellenfunktion, die je nach Impuls an anderer Stelle liegen.
Aber in der Praxis gibt es nach deinen Kriterien viele mathematisch zulässige d.h. mögliche Startpunkte, im Experiment jedoch genau einen.

Für die Beschreibung/Deutung einer Einteilchenwellenfunktion in der Ortsraumdarstellung ergibt sich für mich dann die folgende Formulierung. Das Absolutquadrat der Wellenfunktion an der Stelle x ergibt nicht die Wahrscheinlichkeit genau dort ein Teilchen, sondern eine lokalisierte Wechselwirkung zu finden.
Nur kennen wir - außer den hier noch zu thematisierenden Ansätzen - keine Antwort auf die Frage, wie man zu lokalisierten und eindeutigen Detektorereignissen gelangt.
 
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Bernhard

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Nur kennen wir - außer den hier noch zu thematisierenden Ansätzen - keine Antwort auf die Frage, wie man zu lokalisierten und eindeutigen Detektorereignissen gelangt.
Falls du mit den zu thematisierenden Ansätzen die Punkte 1-4 des ersten Beitrages meinst, ist das aus meiner Sicht mit Beitrag #6 im Prinzip beantwortet, inklusive meiner Zustimmung. Bei Punkt 2 kann man Ergebnisse und Vorschläge der Befürworter verfolgen.

Zu Punkt 4 wäre mein Vorschlag, wie auch oben schon mal angedeutet, sich zu überlegen, wie man die Wechselwirkung von Quantenfeldern (Elektron-Photon, etc) präzisieren kann. Hier könnte neue Physik versteckt sein oder man entwickelt für diesen Punkt mathematische Modelle.
 

Bernhard

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Zu Punkt 4 wäre mein Vorschlag, wie auch oben schon mal angedeutet, sich zu überlegen, wie man die Wechselwirkung von Quantenfeldern (Elektron-Photon, etc) präzisieren kann.
Da ergibt sich die Frage nach der korrekten Beschreibung einer Teilchenerzeugung oder Teilchenvernichtung. Macht es überhaupt Sinn die Superposition von Zuständen mit unterschiedlicher Teilchenzahl zu betrachten? Bei der inelastischen Elektron-Elektron-Streuung wird doch entweder ein nachweisbares Photon erzeugt oder nicht, womit mal wieder Schrödingers Katze auftaucht. Will man bei einer Teilchenerzeugung oder einem Zerfall einen Zufall zulassen oder nach einer Ursache suchen? Kennt man die Ursache hat man auch die Lokalisierung beim Doppelspaltexperiment.
 

Bernhard

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Da ergibt sich die Frage nach der korrekten Beschreibung einer Teilchenerzeugung oder Teilchenvernichtung. Macht es überhaupt Sinn die Superposition von Zuständen mit unterschiedlicher Teilchenzahl zu betrachten?
Die Deutung einer Wellenfunktion als "Quantenfeld", bzw. physikalisches Objekt kann das anschaulich erklären:
Vom Zerfall des Neutrons weiß man zB, dass da ein d-Quark ein in u-Quark + Elektron + Antineutrino zerfällt. Quantenfelder können sich also ineinander verwandeln/transformieren.

Geht man davon aus, dass das kein instantaner, sondern ein kontinuierlicher Prozess ist, kann man auch von Teilfeldern sprechen. Während des Zerfalls verschwindet eine Teilchensorte (=Feldsorte) und erzeugt oder zerfällt in andere Feldsorten. So kann man dann auch Superpositionen deuten. Die Entwicklungskoeffizienten sind dann nicht mehr Wahrscheinlichkeiten sondern Feldstärken.

Die Wahrscheinlichkeiten bei Schrödingers Katze kommen bei dieser Sichtweise dann daher, dass die Angabe fehlt, ab welcher Feldstärke (=Größe der Entwicklungskoeffizienten) der Nachweis genau erfolgt, also einer ungenügenden Beschreibung des gesamten Vorganges.

Im WP-Artikel zur Kopenhagener Deutung wird so eine Sichtweise auch erwähnt. Siehe Abschnitt Deutung des Formalismus der Quantenphysik
Wenn man hingegen die Wellenfunktion als physikalisches Objekt betrachtet, ist die Kopenhagener Interpretation nichtlokal.
 

sekeri

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Einfacher geht es eventuell mit dem Feld eines eines einzelnen Elektrons und mehreren chemisch gebundenen Atomen, jeweils mit lokalisierten Wellenfunktionen. Das Feld des Elektrons muss dann plausibel eine chemische Reaktion bei den lokalisierten Atomen auslösen können. So einen Prozess könnte ich mir dann gut als Eigenzustand einer stationären Schrödingergleichung vorstellen, wobei der Eigenwert wieder die konstante Energie des Gesamtsystems ist
hallo
die Experiment wurden doch nicht im Vakuum durchgeführt.
keine Reaktion!
im Wasser währ das Ergebnis denke ich auch identisch.
lg
 

Bernhard

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Will man bei einer Teilchenerzeugung oder einem Zerfall einen Zufall zulassen oder nach einer Ursache suchen? Kennt man die Ursache hat man auch die Lokalisierung beim Doppelspaltexperiment.
Scheinbar hängen alle bereits genannten Beispiele einer Lokalisierung mit einer bestimmten Art der Teilchenerzeugung oder -vernichtung zusammen.
(Doppelspalt) Beim Nachweis eines einzelnen Photonfeldes wird dieses vernichtet und löst dabei Folgereaktionen (Schwärzung auf Fotoplatte) aus.
(Doppelspalt) Beim Nachweis eines einzelnen Elektronenfeldes wird mindestens ein Photonenfeld (Bremsstrahlung) erzeugt, welches dann weitere Folgereaktionen (Schwärzung auf Fotoplatte) auslöst.
(Radioaktiver Zerfall) Ein Teilchenfeld wird vernichtet und erzeugt dabei neue Teilchenfelder.
(Nebelkammer) Der Startpunkt der Spur könnte auch mit der Erzeugung von Bremsstrahlung zusammenfallen.

BTW: Auch von mir ein gutes Neues 2023.
 

Bernhard

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Spaß beiseite
Da ergibt sich die Frage nach der korrekten Beschreibung einer Teilchenerzeugung oder Teilchenvernichtung. Macht es überhaupt Sinn die Superposition von Zuständen mit unterschiedlicher Teilchenzahl zu betrachten?
Immerhin passt das zu der Veröffentlichung von N. Maxwell, denn er schlägt ja auch Wahrscheinlichkeiten für die Erzeugung oder Vernichtung vor. So bekommt man dann im Prinzip auch beim Doppelspalt eindeutige Ergebnisse.

Da man die geforderten Wahrscheinlichkeiten vermutlich über ein quantenmechanisches Modell berechnen kann, bleibt eine bestimmte Art der Deutung unterschiedlicher Entwicklungskoeffizienten.

In der verlinkten Arbeit von N. Maxwell wird zudem ein Experiment vorgeschlagen, welches eine experimentelle Überprüfung dieses Ansatzes ermöglichen soll.

EDIT: Die Erweiterung der "orthodoxen" QM besteht darin, dass bei einer Modellierung mit Hilfe einer Vielteilchenwellenfunktion diese bei jeder möglichen Teilchenerzeugung oder -vernichtung immer wieder experimentell überprüft werden muss.
 
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Jakito

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Und zur Lösung des dritten Problems schreibt er weiter
… due to the highly nonstationary situation involved, the problem raised in point 3 is effectively unsolved. Within quantum field theory, which should provide the correct setting for answering the question, the formulated assertion can currently not even be precisely stated.
Das ist das Ergebnis der Thermal Interpretation nach dem insgs. fünften langen Paper: sie löst genau dieses zentrale Problem 3, das noch offen ist, nicht. Es existiert noch nicht mal ein Ansatz ??
Neumaier hat sogar mehr als fünf lange Paper (im Zusammenhang mit seiner Thermal Interpretation) geschrieben, es gibt ja auch seinen alten Buchentwurf "Classical and Quantum Mechanics via Lie algebras" mit Dennis Westra (der irgendwann hoffentlich auch als echtes Buch erscheinen wird), und sein Buch "Coherent Quantum Physics". Interessanter sind aber möglicher Weise zwei kurze Paper:

https://arnold-neumaier.at/ms/phenTherm.pdf (Phenomenological thermodynamics in a nutshell, December 15, 2014)
https://arnold-neumaier.at/ms/ren.pdf (Renormalization without infinities – an elementary tutorial, June 22, 2015)

Beides sind schon echte Tutorials, aber trotzdem gibt es klare Verbindungen zu seinen Zielen mit seiner Thermal Interpretation. So diskutiert er bei dem Thermodynamik Tutorial die dort natürlich auftretende Eichfreiheit. Und seine Einführung in die Renormalisierung mit intuitiv nachvollziehbaren Beispielen zielt natürlich auf die Quantenfeldtheorie, die aus seiner Sicht das tiefste Fundament seiner Interpretation sein sollte. (Allerdings ist es gerade in Bezug auf die Quantenfeldtheorie für mich schwer "zu erraten", was genau er damit im Sinn hat. Ich habe zwar ein paar Ideen, was er im Sinn haben könnte und warum, allerdings orientieren sich diese Ideen recht stark an dem, was ich in seinen Papern inhaltlich lesen konnte, und weniger an dem, was er über seine programmatischen Ziele geschrieben hat.)

Die Frage, welche Fortschritte er in diesem Zusammenhang erreicht hat, ist natürlich zulässig. Aus meiner Sicht sind sie sehr gross. Zum Beispiel überzeugt mich seine Verwendung von (unscharfen) Erwartungswerten als "beables". (Denn damit lande ich wenigstens im gewohnten Raumzeitkontinuum, statt in einem abstrakten Hilbertraum). Tim Maudlin scheint weniger überzeugt, wie aus seiner (erzwungenen) Schlussbemerkung "No, an expectation value is not a beable! It's not!" hervorgeht, nachdem Lev Vaidman (ein "Everett-Befürworter") versucht hatte, ihm diese Idee zu erklären:

Ob Lev Vaidman jetzt diese Idee (so wie ich) bei Neumaier zum ersten Mal gesehen hat, kann ich natürlich nicht sagen. Aber ich finde die Diskussion zwischen Lev und Tim zeigt schön, wie schwer es ist, eine neue Ideen zu verteidigen, insbesondere in Bezug auf Interpretationen der Quantenmechanik.
 
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