Restart des LHC

FrankSpecht

Registriertes Mitglied
Moin,

an diesem Osterwochende wurde der LHC nach zweijähriger Umbaupause erfolgreich in Betrieb genommen.

Dieses Ereignis nahmen einige Medien zum Anlass, nicht nur eine "neue Ära der Physik" einzuläuten, sondern gleich eine neue Physik:
Mit dem erfolgreichen Neustart des Large Hadron Colliders am Kernforschungszentrum Cern kann eine neue Ära der Physik beginnen. Die Forscher schicken dafür die Teilchen mit doppelter Geschwindigkeit aufeinander.
http://www.n-tv.de/wissen/Geschwister-der-Higgs-Teilchen-gesucht-article14842936.html

:rolleyes:
 

TomS

Registriertes Mitglied
Mit dem erfolgreichen Neustart des Large Hadron Colliders am Kernforschungszentrum Cern kann eine neue Ära der Physik beginnen. Die Forscher schicken dafür die Teilchen mit doppelter Geschwindigkeit aufeinander.
Verspäteter Aprilscherz, oder? Doppelte Energie ja, doppelte Geschwindigkeit sicher nicht!

Dazu gehört die Supersymmetrie, kurz "Susy". Diese Theorie würde Lücken im Standarmodell und damit im Verständnis der Grundlagen unserer Welt schließen helfen. "Wir schauen, was wir mit dem LHC entdecken werden und überlegen dann, was dies für künftige Theorien zum Aufbau der Welt bedeutet", sagt Gianotti.
Sagt sie das alles wirklich?

Genauer: wer sagt
Diese Theorie würde Lücken im Standarmodell und damit im Verständnis der Grundlagen unserer Welt schließen helfen.

Wer sich mal genauer mit der SUSY befasst hat, stellt schnell fest, dass diese Theorie vielleicht ein paar Probleme löst, sicher jedoch viel mehr neue schafft.

Die SUSY ist elegant, solange sie nicht gebrochen ist; ihre Brechungen sind allesamt extrem hässlich - und in unserer Welt ist sie sicher gebrochen! Sie erklärt kaum Parameter, führt dafür aber etliche dutzend neue ein. Sie enthält Hinweise auf eine Vereinheitlichung aller Kräfte, nämlich die Konvergenz aller drei laufenden Kopplungskonstanten; sie enthält jedoch noch keine explizite Vereinheitlichung dieser Kräfte. Sie sagt evtl. etwas zur DM (je nachdem welche Variante tatsächlich realisiert ist); sie sagt jedoch nichts zur DE. Sie würde dazu führen, dass alle möglichen Stringtheoretiker behaupten, Recht zu haben, da die SUSY ein starkes Indiz für die Stringtheorie wäre; m.E. ist sie ein ungefähr genauso starkes Indiz wie die Existenz des Standardmodells selbst ...
 
Zuletzt bearbeitet:

Bernhard

Registriertes Mitglied
Ich persönlich sehe die Suche nach weiteren schweren Teilchen als wichtig und vorteilhaft. Die Supersymmetrie ist dabei ein interessantes Konzept unter anderen, wie z.B. den Extradimensionen. Ob das den Theoretikern nun mehr oder weniger Arbeit macht sollte dabei doch völlig zweitrangig sein. Entscheidend ist die Frage, ob die Anwendung dieser Symmetrie funktioniert und Sinn macht oder ob bei hohen Energien andere Fragen und Effekte wichtig werden. Alltagstauglich sind alle diese Fragen sowieso nicht mehr und eher von naturphilosophischer Tragweite, aber gerade deswegen wünsche ich den Damen und Herren dort viel Erfolg bei ihrer Arbeit.
MfG
 

ralfkannenberg

Registriertes Mitglied
Ich persönlich sehe die Suche nach weiteren schweren Teilchen als wichtig und vorteilhaft. Die Supersymmetrie ist dabei ein interessantes Konzept unter anderen, wie z.B. den Extradimensionen.
Hallo Bernhard,

ich fürchte, dass TomS hier recht hat: es spricht insgesamt irgendwie "zuwenig" für die SUSY. Es ist ein Konzept in Richtung GUTs, wobei wie Tom schon geschrieben hat die SUSY selber noch gar keine Vereinheitlichung liefert, sondern erst die Konvergenz aller drei laufenden Kopplungskonstanten, und sie könnte eben elegant die DM als leichtesten supersymmetrischen Partner liefern. Es sind zwei zweifelsohne sehr starke Argumente, aber inzwischen weiss man halt auch, dass es nicht minder starke Argumente gibt, aufgrund derer die SUSY nicht zu favorisieren ist.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

TomS

Registriertes Mitglied
Man sollte zwei Dinge auseinanderhalten: was uns die Natur in Form von Experimenten mitteilt, und wie wir die Natur im Rahmen unserer Modelle beschreiben.

Wenn
die Natur bei hohen Energien tatsächlich supersymmetrisch "ist", d.h. wenn Experimente dies nahelegen, und wenn es gelingt, die Supersymmetrie hin zu niedrigen Energien vernünftig zu reduzieren bzw. zu brechen, dann lasse ich mich gerne davon überzeugen. Insofern ist jede Suche in dieser sowie anderen Richtungen natürlich zu begrüßen.

Alleine aus theoretischen Gründen ist die Supersymmetrie allerdings eine ziemliche Katastrophe. Die QCD ist "schön", die masselose elektroschwache Theorie ohne Higgs ist erträglich. Die Kombination geht so. Mit Higgs wird sie wirklich hässlich und schreit nach einen Vereinheitlichung und Vereinfachung. Die SUSY "vereinfacht" den Niedrigenergiesektor zunächst durch die Verdopplung der Teilchenzahl, anschließend durch weitere Teilchen wie Higgs u.a., die die SUSY direkt oder indirekt brechen usw. Von ca. 20 freien Parametern kommen wir auf geschätzt 100.

Wenn uns nichts besseres einfällt - bitte sehr; aber der liebe Gott ist doch hoffentlich nicht so furchtbar phantasielos.
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
die masselose elektroschwache Theorie ohne Higgs ist erträglich. Die Kombination geht so. Mit Higgs wird sie wirklich hässlich und schreit nach einen Vereinheitlichung und Vereinfachung.
Ich habe im Winter 2012 hier mal einen Ansatz zu einer Higgs-freien Beschreibung der schwachen Kernkraft zur Diskussion gestellt. Dieser Ansatz ist alles andere, als im Detail ausgearbeitet. Man könnte da beispielsweise noch Symmetrien wie die SU(2) einbauen und müsste überhaupt erst mal versuchen einige bekannte Streuquerschnitte damit zu berechnen.

Sollte es also möglich sein, eine (higgs-lose) Alternative zum Standardmodell zu entwickeln, so wäre das 2012 am LHC entdeckte Teilchen bei ca. 126 GeV wieder frei für weitergehende, eventuell supersymmetrische Theorien.

Soweit meine aktuelle Begriffswelt mit der ich zumindest meinen inneren Frieden relativ gut erhalten kann, was nicht heißen muss, dass dieser Ansatz nicht kritisiert oder auch widerlegt werden darf.
MfG
 

TomS

Registriertes Mitglied
Ein SM ohne Higgs ist kaum vorstellbar; das Higgs am LHC ist real nachgewiesen; eine effektive Theorie, in der das Higgs als gebundener Zustand auftritt, wäre jedoch theoretisch denkbar.

Im Rahmen der SUSY treten weitere Higgs-ähnliche Teilchen auf; zum einen wird das Higgs noch weitere Partner erhalten, zum anderen benötigt man weitere Higgs-artige Teilchen zur Brechung der SUSY.
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
Elektronen-Myon-Streuung ist scheinbar ein ziemlich spannendes Forschungsgebiet:
http://arxiv.org/abs/1209.2679
http://comet.kek.jp/Documents_files/IPNS-Review-2014.pdf
http://indico.cern.ch/event/43639/session/5/contribution/31/material/slides/0.pdf
und andere.
Allerdings finden diese Experimente vorwiegend nicht am LHC statt.
Ebenfalls interessant: Lepton-Flavor-Verletzung am ATLAS-Experiment, Masterarbeit von Julia Harz, 2010 mit einigen technischen Details des LHC und der Simulationssoftware PYTHIA
http://www.physik.uni-wuerzburg.de/fileadmin/11030200/Master_Arbeiten/harz-julia_master.pdf
MfG
 
Zuletzt bearbeitet:

ralfkannenberg

Registriertes Mitglied
Ebenfalls interessant: Lepton-Flavor-Verletzung am ATLAS-Experiment, Masterarbeit von Julia Harz, 2010 mit einigen technischen Details des LHC und der Simulationssoftware PYTHIA
http://www.physik.uni-wuerzburg.de/fileadmin/11030200/Master_Arbeiten/harz-julia_master.pdf
Hallo Bernhard,

Vorsicht: so eine Verletzung wurde (noch) nicht beobachtet ! Es geht darum, obere Grenzen zu finden, bis wohin man das ausschliessen kann.

Seite 27f:

Die größte Forschungsaktivität im Bereich der Flavor-Verletzung des geladenen Lepton-Sektors findet zur Zeit bezüglich der seltenen τ - und μ-Zerfälle statt. Vor allem die beiden B-Fabriken Belle und BaBar leisten mit der Suche nach den Lepton-Flavor-verletzenden τ -Zerfällen wie z.B. τ → μγ, τ → eγ sowie τ → μη ihren Beitrag hierzu. Bis jetzt wurden diese Kanäle zwar von keinem der genannten Experimente entdeckt, aber dennoch konnte im Vergleich zu früheren Experimenten (z.B. CLEO) die oberen Grenzen (90% C.L.) um ungefähr eine Größenordnung verbessert werden.

Dass übrigens Neutrinos, also ungeladene Leptonen, diese verletzen ist ja hinreichend bekannt und mit dem Standardmodell nicht erklärbar.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Dgoe

Gesperrt
Dass übrigens Neutrinos, also ungeladene Leptonen, diese verletzen ist ja hinreichend bekannt und mit dem Standardmodell nicht erklärbar.
Aha,

noch so ein Mysterium. Du hattest ja gefragt, was mir am Standardmodell nicht gefällt.

Bedauerlicherweise kann ich aber auch kein alternatives Modell aus dem Ärmel schütteln.

Gruß,
Dgoe
 
Oben