Prototyp ermöglicht eigene Forschung
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
25. Juli 2019
Mit dem Square Kilometre Array planen Astronominnen
und Astronomen das größte Radioteleskop der Erde. Ein deutsches Team hat nun
einen Prototyp für Signale im mittleren Frequenzbereich entwickelt. Eine neue
Studie zeigt, dass sich dieser nicht nur als Testgerät, sondern auch als
eigenständiges Forschungsinstrument nutzen lässt - etwa um mehr über die
kosmische Hintergrundstrahlung zu erfahren.
Aufbau des SKA-MPG Teleskops in der Karoo-Halbwüste
in Südafrika.
Bild: South African Radio Astronomy
Observatory (SARAO) [Großansicht] |
Das "Square Kilometre Array" (SKA) soll das größte Radioteleskop auf der Erde
werden. Wissenschaftler der Universität Bielefeld und des Max-Planck-Instituts
für Radioastronomie in Bonn (MPIfR) haben mit internationalen Partnern das
SKA-MPG Teleskop untersucht – einen Prototyp für den Teil des SKA, der Signale
im mittleren Frequenzbereich empfängt. Die jetzt veröffentlichte Studie zeigt:
Das gemeinsam vom MPIfR und der Firma MT-Mechatronics GmbH entwickelte Teleskop
ist nicht nur ein Prototyp, um das Design für das SKA zu testen, sondern es kann
auch als wissenschaftliches Instrument genutzt werden, mit dem bereits alleine
Erkenntnisse über die Entstehung des Universums gewonnen werden können.
"Das SKA-MPG Teleskop in Südafrika wird uns dabei helfen, die kosmische
Hintergrundstrahlung zu verstehen", sagt Dr. Aritra Basu, Physiker in der
Arbeitsgruppe Astroteilchenphysik und Kosmologie der Universität Bielefeld. Die
kosmische Hintergrundstrahlung ist Licht im Mikrowellenbereich, das kurz nach
dem Urknall entstanden ist. Ihre Erforschung gibt Aufschluss über die Entstehung
des Universums. "Messungen der kosmischen Hintergrundstrahlung werden jedoch von
anderen Effekten im Vordergrund verzerrt – zum Beispiel durch ultraschnelle
Elektronen im magnetischen Feld der Milchstraße. Um die kosmische
Hintergrundstrahlung messen zu können, müssen wir daher die Details dieser
Effekte kennen. In unserer Studie haben wir gezeigt, dass das neue Teleskop
geeignet ist, die Vordergrundstrahlung zu untersuchen", so Basu.
Das SKA-MPG Teleskop wurde gemeinsam vom Max-Planck-Institut für
Radioastronomie (MPIfR) in Bonn und der Firma MT-Mechatronics GmbH entwickelt.
Das Kürzel "MPG" steht für die Max-Planck-Gesellschaft, die das Teleskop
finanziert. Das Radioteleskop hat einen Durchmesser von 15 Metern und kann
Signale zwischen 1,7 und 3,5 Gigaherz empfangen. Momentan wird es in der
südafrikanischen Karoo-Wüste aufgebaut. Einen ersten regulären Einsatz erwartet
der Projektleiter für das Teleskop, Dr. Gundolf Wieching vom MPIfR, für Herbst
2019.
Das Radioteleskop ist in erster Linie als Prototyp für einen Teil des SKAs
geplant, der Signale aus einem mittleren Radiofrequenzbereich empfängt. Bewährt
sich der Prototyp in einer Reihe von Tests, werden etwa 200 solcher Teleskope
für das SKA in Südafrika gebaut. Das SKA wird neben mittleren auch niedrige
Radiofrequenzen beobachten. Dieses zweite Instrument soll aus tausenden kleinen
Radioantennen bestehen, die miteinander kombiniert werden können und ein
riesiges Radioteleskop simulieren. Die beiden Teile des SKA erstrecken sich dann
über einen Quadratkilometer in Australien und Südafrika – daher der Name "Square
Kilometre Array".
"Schon mit unserem Prototyp sind wir durch ein cleveres Design für das
Teleskop und neue Entwicklungen in Empfänger- und Backendtechnologie in der
Lage, tief in das Universum zu blicken", sagt Dr. Hans-Rainer Klöckner,
Astrophysiker am MPIfR. "Ich bin gespannt, was wir erst entdecken werden, wenn
200 von diesen Teleskopen für das SKA synchronisiert werden."
Mit dem SKA sollen zum Beispiel Gravitationswellen und Dunkle Energie
erforscht sowie Einsteins Relativitätstheorie unter extremen Bedingungen
getestet werden. Das SKA wird die erste globale Wissenschaftsorganisation mit
Standorten auf drei Kontinenten sein: Afrika, Australien und Europa. Hinzu
kommen über die ganze Erde verteilte Datenzentren. Eine besondere
Herausforderung liegt im Umgang mit dem riesigen Datenvolumen: Das SKA wird pro
Jahr über 600 Petabyte Beobachtungsdaten sammeln, das entspricht der
Speicherkapazität von mehr als einer halben Million Laptops.
Die deutschen Forschungseinrichtungen, die an den Vorarbeiten zum SKA
beteiligt sind, haben sich im "German Long Wavelength Consortium"
zusammengeschlossen, darunter die Universität Bielefeld und das
Max-Planck-Institut für Radioastronomie. Zu den Projekten des Konsortiums zählt
auch D-MeerKAT, in dem der Prototyp SKA-MPG Teleskop evaluiert wird – zum
Beispiel durch die nun veröffentlichte Studie. Das Bundesministerium für Bildung
und Forschung fördert D-MeerKAT als Verbundforschungsprojekt.
Professor Dr. Dominik Schwarz, Leiter der Bielefelder Arbeitsgruppe
Astroteilchenphysik und Kosmologie, koordiniert D-MeerKAT. "Unsere
Untersuchungen mit dem SKA-MPG Teleskop bilden einen eigenständigen wichtigen
Beitrag zur modernen Kosmologie – mit viel Arbeit und ein bisschen Glück können
wir ein neues Fenster zum Verständnis des Urknalls aufstoßen", sagt Schwarz. Das
Max-Planck-Institut für Radioastronomie beteiligt sich an allen diesen
Projekten, sowohl über den (S-Band) Empfängerbau für die MeerKAT-Teleskope, als
auch mit dem SKA-MPG-Prototyp-Teleskop in Hinblick auf das SKA.
Über ihre Untersuchungen berichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift Monthly Notices of the Royal
Astronomical Society erschienen ist.
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